Eure Hörgewohnheiten durch die Jahre

Kerkermeister

Deaf Dealer
Threadidee, weil mir letztens bewusst geworden ist, dass ich in diesem Jahr viel weniger Musik gehört habe als zuvor. Wenn ich jetzt noch weiter zurückgehe, zu den Anfängen meiner musikalischen Sozialisierung, zu meinen Teenager- und jungen Erwachsenenjahren sowie den ersten Jahren des Entdeckens, dann merke ich: da hat sich doch eine Menge in meinen Hörgewohnheiten verändert.

Wie sieht das bei euch aus?

Erst einmal hat sich mein Musikkonsum verändert. Kaum noch höre ich zuhause, nicht mehr wirklich auf CD/Vinyl, sondern fast ausschließlich im Stream und auf meiner MP3-Player-App.

Mein Entdeckerdrang ist auch zurückgegangen, ich höre momentan hauptsächlich altbekanntes und neue Alben von Bands die mir sowieso schon gefallen.

Die Genre-Gewichtung hat sich auch stark verändert. Während als Teenager und junger Erwachsener noch zu 90 Prozent Thrash Metal durch die Kopfhörer schallte, ist es nun mit Anfang 30 hauptsächlich Black- und Death Metal. Thrash höre ich kaum noch, obwohl es einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen hat - und ich kaum etwas so geil finde wie den Sound einer palm-gemuteten E-Saite auf denen Achtelnoten runtergeschrubbt werden.

Bin gespannt auf eure Berichte.

Ich glaube es gab schon mal einen ähnlichen Thread, konnte aber keinen finden...
 
Interessanter Thread! Mein Hörverhalten hat sich über die Jahre auch immer wieder gewandelt. Beobachtungen aus jüngerer Zeit: Einige Jahre habe ich fast nur Streaming gehört und nahezu ausschließlich über Kopfhörer. Vor einem halben Jahr habe ich in einen guten CD-Player und vor einigen Wochen in einigermaßen vernünftige Boxen investiert. Jetzt höre ich darüber zumindest am Wochenende viel. Zum Plattenspieler bin ich aber (noch) nicht wieder zurückgekehrt.

Ich würde sagen, dass ich in diesem Jahr tendenziell eher wenig höre. Unterwegs lande ich gerade eher bei Hörbüchern. Konstant über mein Leben hinweg bleibt aber die Quote zwischen Altbekanntem/für mich neue Oldies/neuer Kram, alles weiterhin in etwa gleichen Anteilen.

Was Genres betrifft ist es ein stetiger Wandel. Meine ersten Favoriten waren Nirvana, Pop-Punk Bands wie Bad Religion oder Green Day, und Classic Rock und Prog. Dann schnell 80s Heavy Metal für mich entdeckt und das blieb bis heute eine Konstante. Anfänglich habe ich die üblichen Thrash Metal Bands gehört (Metallica, Exodus, Megadeth, Kreator, das übliche...), aber in der Hinsicht nie meinen Horizont erweitert. Ich habe Death Metal vor Black Metal entdeckt, aber auch dabei blieb es bei einigen Favoriten (habe ich kaum je richtig verfolgt).

Für einige Jahre war Black Metal das Ding für mich. Ist mehr oder weniger bis heute so, dass ich Black Metal von allen Metal-Subgenres am meisten höre. Meine größte Liebe ist aber wahrscheinlich epischer Doom/Heavy Metal, etwas das ich in meinen Metal-Anfängen nichtt kannte. In meinen "Southern Lord"-Jaren habe ich extrem viel Drone (Metal) und Nosie gehört. Das habe ich dann viele Jahre fast gar nciht mehr, in den letzten zwei Jahren aber wieder vermehrt. Ambient höre ich in den letzten zwei Jahren auch so viel wie noch nie vorher.

Am meisten Fluktuation ist wahrscheinlich im Verhältnis Metal/Nicht-Metal. Für einige Jahre habe ich wahrscheinlich mehr Nicht-Metal (insbesondere auch Hip-Hop, Jazz und wirklich völlig "nicht-Metal-adjacent") als Metal gehört, das hat sich in den letzten Jahren aber wieder gedreht. Gerade ist es wirklich völlig ein Stimmungsding. Da ich Musik häufig höre während ich etwas lese oder programmiere bzw. anderweitig arbeite, wähle ich Musik oft danach aus, was mich in die "Zone" bringt.
 
In meiner jugendlichen Metal-Sozialisierungsphase habe ich vor allem Black und Heavy Metal gehört - da bin ich nach ein paar Umwegen inzwischen auch wieder angekommen. Von ca. 2004-12 gab es mal eine Phase, in der ich viel Gothic & Elektro gehört habe. Danach ging es schrittweise wieder mehr in Richtung Metal. Mittlerweile hör ich auch so gut wie nix anderes mehr, weil ich damit eigentlich vollkommen ausgelastet bin.

Meine Hörgewohnheiten haben sich im Laufe der Jahre sehr stark verändert. Die 90er waren geprägt davon, fast die gesamte (wenige) Kohle für CDs auszugeben, den Rest für Leertapes aufgrund exzessiven Tapetradings. Mit Beginn des Studiums war dann plötzlich gar keine Kohle mehr für Musik über, was ich aber auch nicht schlimm fand, da es im Black Metal gefühlt ziemlich langweilig wurde Anfang der 2000er. So bin ich in die Gothic-Schiene gerutscht und habe angefangen, für Online-Magazine zu schreiben - so kam ich immerhin an kostenlose Promos (und sehr coole Interviews). Das führte gegen Ende zu generellen Musik-Ermüdungserscheinungen, da ich in Spitzenzeiten 150 Reviews pro Jahr geschrieben habe. Nachdem ich das an den Nagel gehangen hatte und ins Berufsleben eingestiegen war, kam nach einer kurzen Durststrecke weitgehend ohne Musik hören so um 2013/14 das Interesse am Metal zurück.

Das nahm über die Jahre immer mehr zu und ist dank Corona so richtig eskaliert. Endlich hatte ich mal richtig viel Zeit (Kurzarbeit) und glücklicherweise trotzdem keine finanziellen Sorgen, so dass ich locker 8-10 Stunden pro Tag mit Musik hören verbracht habe. Und mir erstmal bewusst geworden ist, was mir im Metal so alles durch die Lappen gegangen ist. Auf YouTube @Ernie und KrachmuckerTV entdeckt und mich darin sofort wiedergefunden. Das Feuer der 90er war plötzlich in seiner ganzen Pracht wieder da! Schnell folgte ein Plattenspieler und damit verbunden exzessiver Plattenkauf. Mittlerweile bin ich bei stolzen 400 Platten. Später kam noch ein Tapedeck dazu und ein Deaf-Forever-Abo. Mittlerweile bleibt zwar nicht mehr so viel Zeit zum Musik hören wie im ersten Lockdown, aber auf mindestens vier Stunden pro Tag komme ich trotzdem noch und so 12-20 Konzerte/Festivals pro Jahr. Ich kann mir auch gar nicht mehr erklären, wie Metal über so viele Jahre so eine unwichtige Rolle in meinem Leben spielen konnte. Aber jetzt ist alles schön!
 
Bei mir gab es die üblichen Entwicklungen im Bereich des Trägermediums (Kassette-CD-Mp3), in Sachen stilistischer Präferenzen (Power-Prog-Death-Black-Doom) und leider auch bei der Art des Hörens (ohne Nebenbeschäftigung-mit Nebenbeschäftigung, mit Kopfhörer-ohne Kopfhörer). Meine Zeit ist kostbarer als früher, weil ich sie mit mehr Menschen teile und mehr Tätigkeiten fülle als früher. Ich höre nicht weniger Musik als noch vor 15 Jahren, aber ich höre sie weniger intensiv.

Ich habe einige Jahre Reviews/Rezensionen für ein Fanzine, später Onlinemag geschrieben. Das war durch die Bemusterung mit Sachen, die ich nicht kannte, zwar eine Horizonterweiterung, aber auf Dauer und mit zunehmender musikalischer Intoleranz war dieser Ertrag den Preis, sich regelmäßig mit Alben auseinander zu setzen, die mich nicht ansprachen, für mich nicht mehr wert.

Ich bin längst nicht mehr so breit interessiert und aufgestellt wie früher, wo ich mit Musik/Metal verschiedene Facetten meiner selbst erkundet habe, suche ähnlich wie vllt. @BonfireAtNight bei Musik heute eine bestimmte "Zone", in dem Fall eine spezifische, eng eingegrenzte Gefühlszone in mir, und mich interessieren nur noch selten Musikstücke außerhalb dieser Zone. Die Zone selbst erreiche ich nicht ausschließlich durch Metal, aber es ist schon der dominante Stil.

Die eng geführte Grenze der Zone hat sich als eine Art Ausgleich, wenn nicht Gegensatz zu meinem sonstigen Leben entwickelt. Musikleben und Restleben gingen früher mehr Hand in Hand, für die letzten zehn Jahre kann ich aber sagen, dass je schneller, aufregender und bunter mein Leben wurde, desto langsamer, monotoner und monochromer meine Musik. Das ist einerseits eine Form der Selbstregulation im Sinne eines Runterkommens, aber auch ein Weg, bestimmte negative Energien/Gefühle, die unveränderbar da sind, mir bei der Bewältigung der Aufgaben im Restleben aber im Weg stehen würden, in einer ästhetisch vermittelten Umgebung kontrolliert ausleben zu können. Das Konzept fröhlicher, positiver Musik macht für mich daher gar keinen Sinn.

Im Ergebnis ist mein verliebtes, kritikfreies Geschwafel zu Funeral Doom und Dark Ambient eigentlich ein Indikator dafür, dass es mir im Großen und Ganzen heutzutage ziemlich gut geht.
 
Ich bin längst nicht mehr so breit interessiert und aufgestellt wie früher, wo ich mit Musik/Metal verschiedene Facetten meiner selbst erkundet habe, suche ähnlich wie vllt. @BonfireAtNight bei Musik heute eine bestimmte "Zone", in dem Fall eine spezifische, eng eingegrenzte Gefühlszone in mir, und mich interessieren nur noch selten Musikstücke außerhalb dieser Zone. Die Zone selbst erreiche ich nicht ausschließlich durch Metal, aber es ist schon der dominante Stil.
Ja, so ähnlich geht mir das auch. Es muss bei mir eigentlich immer ein gewisses wütend-chaotisches und/oder tragisch-melancholisches Element vorhanden sein, sonst bringt mir das in den meisten Fällen nichts.

Die eng geführte Grenze der Zone hat sich als eine Art Ausgleich, wenn nicht Gegensatz zu meinem sonstigen Leben entwickelt. Musikleben und Restleben gingen früher mehr Hand in Hand, für die letzten zehn Jahre kann ich aber sagen, dass je schneller, aufregender und bunter mein Leben wurde, desto langsamer, monotoner und monochromer meine Musik.
Da wiederum ist bei mir genau das Gegenteil der Fall. Musik und Restleben stehen bei mir gefühlt inzwischen wieder deutlich mehr im Einklang als noch vor 10-15 Jahren. Und trotzdem empfinde ich die Musik als perfekten Ausgleich bzw. kathartischen Verstärker von dem, was sonst so abgeht.
dass es mir im Großen und Ganzen heutzutage ziemlich gut geht.
Und das ist am Ende das wichtigste. :)
 
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