Roadburn 2019 - 11-14.04.2019

Zum krönenden Abschluss kamen dann SLEEP auf die Bühne. Ich habe nicht den Vergleich zum Vortag, fand diesen Auftritt aber extrem stark. Hatte auch das Gefühl, dass der Band das neue Material extrem gut liegt. Ein super Auftritt und ein würdiger Abschluss fürs diesjährige Roadburn.
Keine Ahnung, ob es nur mir so geht, und ob es evtl. etwas mit meinem Neurosis-Fanboytum zu tun hat, aber ich hatte das Gefühl dass Jason Roeder zumindest live der wichtigste Musiker auf der Bühne ist. Er ist möglicherweise nicht der Haupt-Songwriter, aber beim Spielen ist er es, der die Songs zum Leben erweckt. 5-6 Riffs in 2 Stunden können unglaublich langweilig werden, aber durch ständige Variationen im Tempo, Betonungen, Dynamik u.s.w. bringt Jason Leben in die Songs und schafft es dadurch, die Spannung zu erzeugen, dass die eigentlich extrem simple Musik von Sleep über die volle Konzertdauer "funktioniert". Soweit zumindest meine Theorie. :D

Das war aber auch schon die Stärke von Original-Drummer Chris Hakius. Aber cool, wenn Jason Roeder den Stil auch so gut drauf hat.
 
Jepp seh ich auch so. Der groove, der Sound und das drumming machen sleep aus. Wer nicht darauf hört meint es wäre eine Stunde der gleiche Riff. Wer aufs drumming achtet merkt wie schwierig und interessant die Musik eigentlich ist. Zum hören und auch zum Spielen. Pike meinte selbst mal das er sleep Gigs viel anspruchsvoller zu spielen findet als HoF. Weil er kontinuierlich zählen muss.

Hakius hat’s geprägt aber Roeder erledigt den Job mit Bravour!
 
So, jetzt auch mal etwas ausführlicher:


MITTWOCH

Temple Fang - Weniger auf Hits fokussiert als Death Alley, dafür einiges psychedelischer unterwegs. Hat Spass gemacht und ich hoffe, dass da irgendwann auch mal ein Album kommt.

Great Grief - Boten eine wahnsinnig wilde, intensive Show, die in ihrer Emotionalität schon fast unangenehm daherkam. Da geht auf der Bühne auch schon mal Glas zu Bruch oder es wird einem Besucher das Getränk ins Gesicht geschüttet. Une Misère (mit denen man sich den einen oder anderen Musiker teilt) fand ich im Vorjahr noch einen Tick stärker, aber auch Great Grief liefern starken Island-Hardcore. Für Hellripper haben die Kräfte dann doch leider nicht gereicht und so ging es dann erstmal zurück ins Hotel...


DONNERSTAG

Sherpa - Entspannter Psych Rock aus Italien, mit einigen etwas heftigeren Fuzz-Ausreissern. Guter Einstieg in den ersten "richtigen" Festivaltag.

Molasses - Hier waren die Erwartungen natürlich riesig, schliesslich standen hier Musiker von The Devil's Blood und Astrosoniq auf der grossen Hauptbühne. Ganz erfüllen konnten sie diese leider nicht, da alles eine Spur zu verkopft gewirkt hat, die Songs zu wenig wirklich mitreissende Momente boten und auch die Gitarrensoli nie die alles vernichtende Intensität von TDB erreicht haben. Kann aber auch daran liegen, dass man mit völlig unbekanntem Material konfrontiert wurde - eventuell ändert sich meine Meinung, wenn das Album mal ein paar Runden in der Anlage hinter sich hat... Trotzdem natürlich schön, diese Menschen wieder vereint auf einer Bühne zu erleben. Und einmal mehr: Schade um Rakta, die zur selben Zeit gespielt hätten....

Hexvessel - Mat McNerney ist, egal mit welcher Band er gerade unterwegs ist, IMMER ein Garant für ein grossartiges Live-Erlebnis. Und mit einem starken Album wie "All Tree" im Gepäck, das in voller Länge gespielt wurde, konnte zudem gar nichts schief gehen. Und so stand man eine Stunde lang ergriffen in der Halle, die grandiosen Naturaufnahmen auf der Grossleinwand taten dabei ihr übriges. Gänsehaut vom ersten bis zum letzten Ton!

Territoire - Dann totales Kontrastprogramm bei den schlecht gelaunten Elektronik-Franzosen von Territoire. Hier wurde alles auf alptraumhafte Atmosphäre getrimmt: Fieseste Bassfrequenzen, extrem verzerrtes Geschrei, viel zu viel Nebel, kaum Licht ausser unregelmässig flackernde, orange Scheinwerfer. Wie ein David Lynch-Soundtrack, der durch den Horror-Fleischwolf gedreht wurde.

Bliss Signal - Bevor es im Green Room weiterging, quetschte ich mich noch kurz in die völlig vollgepackte Mainstage-Halle: Heilung begeistern offensichtlich die Massen. Nach Wardruna und Skuggsjá/Hugsjá habe ich aber erstmal genug von dieser Art von Musik und so geht es zurück in den Green Room, wo Bliss Signal Elektronik mit Black Metal-Riffs kombinierten. Das Debut-Album ist grandios, die Live-Umsetzung ebenso: Intensiv, laut und mit Strobolicht untermalt. Wer auf Granzgänger wie Liturgy steht, sollte da mal reinhören!

Mono & The Jo Quail Quartet - Mono gehören für zu den besten Post Rock-Bands überhaupt und man kann Kurator Tomas Lindberg nicht genug dafür danken, dass er die Japaner dazu gebracht hat, "Hymn To The Immortal Wind" in voller Länge zu präsentieren. Wenn sich ein Song wie "Ashes In The Snow" von der sanften Melodie bis zur übergrossen Soundwand aufbaut, dann ist das schlicht und einfach überwältigend. Absolut episch, Highlight des Tages!


FREITAG

Gold - Als ich etwas mehr als eine halbe Stunde vor Konzertbeginn auf dem Konzertgelände angekommen bin, reichte die Schlange vor dem Het Petronaat fast bis nach Amsterdam und ich hatte mich innerlich schon fast damit abgefunden, Gold einmal mehr zu verpassen.... Irgendwie habe ich es aber dann doch rechtzeitig reingeschafft. Da Gold gerade das beste Album ihrer Karriere (und eines der bisherigen Jahreshighlights) veröffentlicht haben, ist es nicht verwunderlich, dass der Auftritt zu einem einzigen Triumphzug wurde, Höhepunkte waren der Titeltrack und der Ohrwurm "He Is Not". Wenn die Band so weiter macht, werden wir sie definitiv bald auf der Hauptbühne sehen!

Triptykon & Dutch Metropole Orkest - Ursprünglich wollte ich mir ja Soft Kill angucken, da ich die aber kurz zuvor schon in Luzern gesehen habe und die Neugier auf das Orchester zu gross war, bin ich dann doch bei Triptykon gelandet. Dass diese live ebenso massive wie abgründige Shows abliefern, dürfte allgemein bekannt sein, bei dieser Orchester-Zusammmenarbeit wollte der Funke aber leider nur selten überspringen. Die einzelnen Elemente wollten nicht so recht ineinander greifen und es fehlte so etwas wie ein Spannungsbogen. Schade, viel verschenktes Potenzial.

Anna Von Hausswolff
- Kannte ich vor dem Festival nur vom Namen her, jetzt hat die Frau einen neuen Fan dazugewonnen! Düsterer Pop, der einer Chelsea Wolfe in nicht nachsteht!

Grails - Für mich eines DER Festival-Highlights! Absolut grossartiger, treibender Psych Rock, bei dem zu keinem Moment Langeweile aufkam. Dazu grandios zusammengeschnittene Szenen aus dem Fernsehen der 70er Jahre.

Drab Majesty - Es reichte in der Koepelhal gerade noch für den letzten Song der gemeinsamen Show von Emma Ruth Rundle und Thou, der sorgte aber immerhin dafür, dass ERR jetzt wieder ganz oben auf meiner Must-See-Liste steht. Drab Majesty waren dann die erwartete Grossartigkeit: Düstere, poppige, tanzbare Darkwave-Songs im allerbesten 80er-Stil! "Dot In The Sky", "Too Soon To Tell", "39 By Design" ..... Hits, Hits, Hits! Dazu die passende Aufmachung mit blonder Perücke, Sonnenbrille und Lederjacke. Kann es kaum erwarten, die beiden Herren in Island erneut zu sehen!

Craft - Nach dem öden Auftritt am Kings Of Black Metal 2015 wollte ich der Band nochmal eine Chance geben, insbesondere auch da Lindberg im Ankündigungstext das aktuelle Album ziemlich abgefeiert hat. Leider zeigte sich erneut das Problem, das ich mit diser Art von Black Metal habe: Wenn man komplett auf Atmosphäre verzichtet und stattdessen auf eine punkig-räudige Ausrichtung setzt, dann muss die Band aus meiner Sicht eine gewisse Kaputtheit und Wahnsinn mitbringen - sonst wird das ganze nach 2 Songs langweilig, wie hier. Beim einen oder anderen D-Beat-Part kam etwas Stimmung auf, ansonsten leider extrem lahm.


SAMSTAG

Have A Nice Life - Gigantisch! Der erste Auftritt der Band in Europa ist für mich auch gleichzeitig DAS Festivalhighlight 2019! Wahnsinnig mitreissender Shoegaze/Darkwave mit genügend Durchschlagkraft, damit das ganze nicht allzu melancholisch wird. Allein schon, mit welcher Leidenschaft der Sänger agiert hat, da wurde jede Zeile mit vollster Überzeugung gesungen bzw. herausgeschrien und gestenreich unterstrichen. Dazu grandios arrangierte schwarz/weiss-Aufnahmen und Animationen auf der Leinwand im Hintergrund. Kein Wunder ging da die komplette Koepelhal steil!

Doodswens - Danach ging es zum allerersten mal in den Ladybird Skatepark, wo während dem Bühnen-Aufbau noch fleissig geskatet wurde. Als es dann losging, fiel gleich mal positiv auf, wie gut selbst auf dieser improvisierten Bühne der Sound aus den Boxen hallte. Und was für Sound! Die beiden jungen Holländerinnen boten grandiosen Black Metal der alten Schule! Schnörkellos, mit spannenden Tempowechsel versehen und mit dem richtigen Gefühl für Atmosphäre. Entsprechend gross der verdiente Applaus und der Andrang auf die Demotapes, welche gleich im Anschluss an den Auftritt verkauft wurden. Würde mich nicht wundern, wenn man die beiden Mädels nächstes Jahr auf einer "richtigen" Bühne antrifft.

Henrik Palm - Nachdem er unter Anderem bei In Solitude und Ghost tätig war, präsentiert Henrik Palm jetzt sein Soloprojekt. Ich kenne das Album (noch) nicht, live war das aber eine unterhaltsame, abwechslungsreiche Darbietung irgendwo zwischen Hardrock, Psych, Doom und Goth Rock.

The Exorcist GBG - Coole Band aus der Göteborger Psych-Szene. Leider waren die Synthesizer aus meiner Sicht etwas zu sehr in den Hintergrund gemischt.

Sleep - Das erste (und bessere) der beiden Sets, das "Holy Mountain" in seiner vollen Pracht präsentiert hat. Da braucht man eigentlich nicht viel dazu sagen: Die Stoner Rock-Ikonen haben mit schwerem Groove alles in Grund und Boden gespielt.

Doolhof - Dann die Qual der Wahl: Nochmal Göteborg-Psych? Entspannt den Tag ausklingen lassen mit Jaye Jayle? Das Holland-BM-Allstar-Projekt Maalstroom (viel Spass beim Anstehen!)? Ich wählte die vierte Option, nämlich die Zusammenarbeit von Aaron Turner, Will Brooks and Dennis Tyfus namens Doolhof, von der niemand so wirklich wusste, was einem da erwartet. Einen Hinweis darauf gab dann das "Merzbow"-Shirt von Sumac-Gitarrist Aaron Turner - und leider auch auf die viel zu hoch gesteckten Ziele. Geboten wurde nämlich Noise, angereichert mit schiefen Schreien und Effekt-beladener Gittare. Wer so etwas auf die Bühne bringt, muss an die Grenze gehen, dem Auftritt einen Spannungsbogen verpassen oder zumindest etwas bieten, was die Show aus der völlig übersättigten Masse an Noise-Projekten heraushebt. Ansonsten verkommt das ganze zur vertonten Langeweile, siehe Doolhof. Nächstes mal bitte einfach Dälek ein normales Set spielen lassen. Danke.


SONNTAG

Have A Nice Life - Wie am Tag davor, lohnte sich auch am Sonntag das frühe aufstehen. Beim zweiten Auftritt, dieses mal auf der Hauptbühne, spielten Have A Nice Life ihr Album "Deathconsciousness" in voller Länge und erneut kann man einfach nur Niederknien vor der gebotenen Grossartigkeit!

Mord'A'Stigmata - Nach den ersten 2 Songs von Daughters musste ich leider feststellen, dass ich hier das selbe Problem wie mit Converge habe: Eigentlich grandiose Musik, aber sie funktioniert in einer grossen Halle für mich einfach nicht. Sowas gehört in einen engen, verschwitzten Club. Und so ging es dann rüber ins Het Patronaat, wo Black Metal aus Polen auf dem Programm stand. Mord'A'Stigmata spielen zwar (noch?) nicht in der selben Liga wie Mgla oder Furia, mit ihrem leicht doomigen Ansatz haben sie aber ganz gut unterhalten.

Marissa Nadler - Songs wie "Blue Vapor" oder "For My Crimes" sind Gänsehaut-Garanten und man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als Marissa diese nur von ihrer Gitarre begleitet zum besten gegeben hat. In den Pausen zwischen den Songs wirkte die Frau zwar etwas nervös und verwirrt, aber das machte sie nur sympathischer. Es ist einer der Gründe, warum das Roadburn für mich das beste Festival der Welt darstellt: Solche Sachen werden vom Scheuklappen-freien Publikum genau so geschätzt wie die extremste Black Metal-Truppe. Marissa Nadler war für mich ein würdiger Abschied vom Het Patronaat, das ich jetzt schon vermisse...

Crowhurst & Gnaw Their Tongues
– Dann war dann aber nochmal Krawall angesagt: Die beiden Bands haben sich zusammen durch ein kurzes, knackiges Noise-Set gewütet, dass es eine wahre Freude war!

Sleep - Beim zweiten Set widmeten sich Sleep dem aktuellen Album "The Sciences". Und so sehr ich die Band und auch dieses Album mag: Auf Dauer ist die Musik leider etwas ermüdend, zumal auf der Bühne keinerlei Bewegung stattfand und auch die Videoleinwand nicht genutzt wurde. Auch wenn es ketzerisch klingen mag, aber ein 2-Stunden-Best-Of-Set hätte mir eigentlich gereicht.


Fazit: Es war einmal mehr ein grossartiges Erlebnis mit vielen abwechslungsreichen Auftritten, alten Helden und neuen Lieblingsbands in einzigartiger Atmosphäre. Bis zum nächsten Jahr! :):):):):)

Dein Bericht zu Molasses hätte von mir stammen können :). Ne, ehrlich. Haben wir 1 zu 1 genauso empfunden. Und Rakta...ja...die einzige etwas schmerzvolle Sachen der diesjährigen Edition. Ist aber verkraftbar. Ich glaub ich schreib auch noch n Festivalbericht.
 
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