Nachdem ich jetzt mit den 4 Vinyls der mittleren Phase bis auf Endorama alle Vinylplatten im Schrank habe, möchte ich mal meine 2ct (edit: eher 20ct, sorry) zur Kreatordiskussion in dem Ring werfen.
Kennengelernt habe ich Kreator gleich mit der Endless Pain 1985, das war für den damals 14 jährigen Prodigal Son, ähnlich wie die War and Pain von Voivod, nochmal eine Steigerung an musikalischen Extremen, kurz darauf gefolgt von der Flag of Hate Maxi und der Pleasure to Kill, die meine Adoleszenz begleitet haben. Terrible Certainty hat mir dann schon nicht mehr soviel gegeben und da habe ich Kreator auch gleich ein bisschen aus den Augen verloren (es gab einfach spannendere Bands, die um mein kleines Taschengeld gebuhlt haben).
Ich kann auch nachvollziehen, warum Mille in den 90ern mit dem damaligen Extremmetal nichts anfangen konnte: im Thrash war nach 1990 eigentlich alles gesagt und wer dann schon die 20 gut überschritten hatte, wollte nicht unbedingt die Extreme weiter ausloten, er war ja nicht der einzige aus der 80er-Generation, der experimentiert hat.
Ich selbst habe mich in der Zeit nur sehr am Rande mit klassischem Metal und Thrash beschäftigt und wieder hatte Kreator Mitte der 00er Jahre einen großen Anteil daran, dass ich wieder zurück gefunden habe: so um 2006 ist die Enemy of God bei mir gelandet und hat meine persönliche Wende zurück zum Metal mit eingeleitet.
Ich liebe das Spätwerk von Kreator, finde, dass die Phantom Antichrist eine perfekte Mischung aus klassischem Metal und Thrash ist. Gods of Violence kann in kaum einem Aspekt mithalten, ist aber trotzdem ein gutes Album, mit 2-3 Songs, die leider arg platt geraten sind.
Mit dem Mittelwerk (Extreme Aggression bis Endorama) habe ich mich erst jetzt beschäftigt. Extreme Aggression und Coma of Souls sind absolute Meisterwerke und bei Renewal, Cause for Conflict und Outcast finde ich die Mischung aus klassischem Thrash und Experimenten sehr gelungen, auch wenn sie im Songwriting etwas hinter den Werken davor und danach sind. Endorama ist beileibe kein schlechtes Album, passt halt nur überhaupt nicht in den Kreator-Katalog (bei Paradise Lost zog sich so eine Phase viel länger hin).
Ich gönne Mille und Ventor auch den größeren kommerziellen Erfolg absolut. Ich finde, dass der Werdegang über 35 Jahre nicht nur nachvollziehbar, sondern höchst respektabel ist: für mich ist Kreator die felsenfeste Nr. 1 im europäischen Thrash. Wo denn hier der Ausverkauf oder Verrat ist, kann ich null nachvollziehen.
Meine Liste:
Endless Pain 8/10
Pleasure to Kill 10/10
Terrible Certainty 8/10
Extreme Aggression 9/10
Coma of Souls 9/10
Renewal 8,5/10
Cause for Conflict 7,5/10
Outcast 8/10
Endorama 7/10
Violent Revolution 9,5/10
Enemy of God 9/10
Hordes of Chaos 9/10
Phantom Antichrist 9,5/10
Gods of Violence 8/10