♠ MOTÖRMONTH II: Everywhere MotörSpirit Than Everyone Else! ♠

I'll Be Your Sister - der Feminist Lemmy Kilmister

Lemmy und die Damenwelt. Da denkt man zuerst daran, dass er alles andere als ein Engel war und das auch in vollen Zügen genossen hat, aber darum soll es hier nicht gehen.

Lemmy hat sich bekanntermaßen durch nichts und niemanden beeinflussen lassen, auch und gerade im Bereich der Musik das gemacht, was ihm gefällt. Da war er zeitlebens extrem loyal, was man besonders bei den Vorgruppen der regelmäßigen Tourneen gemerkt hat: alleine im Paket mit Motörhead habe ich Saxon öfter gesehen als viele andere Bands, aber auch um die geht es heute nicht, denn Lemmy war einer der ersten, der Frauen im harten Rock als absolut gleichberechtigt angenommen hat. Meine Recherche hat ergeben, dass dieses Thema von verschiedenen (Online-)Magazinen bereits aufgegriffen wurde, ein paar Links füge ich unten an.

Beginnen wir auch gleich mit einer der ersten und (für mich in ihren Anfangstagen) besten All-Girl-Bands, mit der Lemmy zeitlebens verbunden war:

Girlschool


Im Gegensatz zu anderen All-Girl-Bands der Siebziger, die immer irgendwie gecastet wirkten (und oft auch waren), waren die vier normale britische Mädels aus der Arbeiterklasse, deren Fokus auf der Musik und nicht auf der Optik war. Die ersten beiden Alben „Demolition“ von 1980 und „Hit And Run“ von 1981 sind hochenergetischer Rock/Metal zwischen Motörhead und der NWoBHM und brauchen sich vor anderen Veröffentlichungen dieser Zeit überhaupt nicht verstecken.

Höhepunkt war dann die extrem erfolgreiche „St. Valentine’s Day Massacre“ EP mit Motörhead mit „Please Don’t Touch“ als Kollaboration, die in den UK Charts richtig einschlug und beide Bands stärker ins öffentliche Blickfeld rückte, sowie zwei Tracks (Bomber und Emergency), die von der jeweils anderen Band gespielt wurde (an den Drums aber bei allen Denise Dufort).

Leider wurden Girlschool danach doch in Richtung kommerziellere Musik gedrängt und haben im Laufe der Achtziger ihre Identität und ihren Biss verloren. Schön, dass sie seit ein paar Jahren wieder da sind, aber so richtig große Highlights kamen leider bisher nicht mehr.

MotörSpirit: 4 von 5 Jackie-Cola, weil sie zu Beginn nicht eine gute Frauenband, sondern einfach eine verdammt gute Band waren, aber leider nicht die Ausdauer eines Lemmy hatten.

Kurz darauf folgte eine weitere Kooperation mit der Punk-Ikone Wendy O. Williams: "Stand By Your Man". Aufgrund des frühen Todes von Wendy gibt es aber keine MotörSpirit-Wertung.
Weiter geht es mit einer anderen Dauer-Vorgruppe von Motörhead:

Skew Siskin

Keine All-Girl-Band, aber mit der Frontfrau Nina C. Alice, mit der Lemmy seit den späten 80ern gut befreundet war und deren Karriere ohne Lemmy und Motörhead wohl deutlich weniger Beachtung gefunden hätte. Ehrlich gesagt kannte und hörte ich die Band nur im Zusammenhang mit Motörhead. Ich persönlich finde die extrem eintönig. Zuletzt habe ich sie 2014 als Vorgruppe von Motörhead in München gesehen, seit Lemmys Tod hat man aber auch Skew Siskin nicht mehr viel gehört, die letzte Platte ist sogar von 2007.
MotörSpirit: 2 von 5 Jackie-Cola, weil sie ohne Lemmys Hilfe niemals bekannt geworden wären…und das zurecht.

Eine noch ältere (also in Bezug auf ihre Aktivität in der Szene) und sehr gute Freundin von Lemmy ist:

Doro


Ja, sie nervt, wenn man Interviews von ihr sieht und ja, ihre musikalischen Outputs seit 1986 sind nicht gerade Underground (und überhaupt nicht meins), aber…
Doro zieht seit den frühen Achtzigern ihr Ding konsequent durch, lässt sich von niemandem beirren und ist enorm erfolgreich. Sie brauchte nie wirklich die Hilfe von Lemmy, sondern war einfach eine gute Freundin und Mitstreiterin für ihn, die gerne mit ihm mal zusammengearbeitet hat, aber das dann auf Augenhöhe. Das was sie macht, muss man nicht gut finden, sollte man aber respektieren, deswegen ist ihr…
MotörSpirit: 4 von 5 Jackie-Cola, weil sie nicht nur eine Pionierin ist, sondern ebenso ausdauernd in ihrer Karriere wie Lemmy, auch wenn ich mir ihr Zeugs (weder gesungen noch gesprochen) überhaupt nicht anhören kann und sie sich den 5. Jackie-Cola mit ihrem Besuch im ZDF Fernsehgarten vollends ruiniert hat.

Kommen wir noch zu einer weiteren Dame, die sich im Umfeld von Lemmy tummelte:

Skin/Skunk Anansie

Auch Skin von Skunk Anansie (sowie deren Gitarrist Ace) hat die Bühne mit Motörhead geteilt und war ebenfalls gut mit Lemmy befreundet. Skunk Anansie machen keinen Metal, sondern eine ganz eigene Form von alternativer Rockmusik, in den Neunzigern auch extrem erfolgreich und sie ziehen immer ihr Ding durch. Gerade Skin als Frontfrau, die so allen Rockklischees widerspricht (Frau, Schwarz, Bi) zieht ihr Ding ähnlich konsequent durch wie ihr Vorbild Lemmy und wenn man ehrlich ist, wurde auch dieser vom Mainstream vereinnahmt, so wie eben auch Skin.

Meine MotörSpirit Bewertung für Skin: 5 von 5 Jackie-Cola, weil Skin zwar ganz anders ist als Lemmy, aber ähnlich konsequent und beharrlich. Aus meiner Sicht der wahre weibliche Lemmy. (Der MotörSpirit von Skunk Anansie als Band ist nur bei 2, weil die Musik doch arg seicht klingt für das Metal-Ohr.)

Zum Abschluss dann noch als Randnote

Cycle Sluts From Hell

Die stehen nur hier weil der Songtitel ihres Onetime-„Hits“ so genial ist: „I wish you were a beer“, außerdem wurden sie Anfang der Neunziger auch mal mit Motörhead auf Tour geschickt.
Ansonsten eine gecastete, sehr kurzlebige Band, deswegen ist der MotörSpirit nur 1 von 5.


Zum Ende noch ein paar YouTube-Links, falls jemand die genannten Bands/Künstlerinnen gerade nicht so parat haben sollte:
Please Don’t Touch bei Top of the Pops: und nochmal Girlschool alleine: https://youtu.be/NpI777Ja07M
Stand By Your Man mit WOW: https://youtu.be/2W4RLuluK90
Skew Siskin feat. Lemmy: https://youtu.be/yd_zQpiikjU
Doro live mit Lemmy (und Mikkey) als Gast: https://youtu.be/x3X96HnI5hk
Skin und Nina C. Alice als Gäste bei Born to Raise Hell: https://youtu.be/klr30zoSlH8
Die Cycle Sluts: https://youtu.be/BeuNckmt7h8 (ob das jetzt „beer“ oder „bear“ heißt, darüber werden sich noch in hundert Jahren die Gelehrten streiten)
...sowie die oben erwähnten (englischsprachigen) Artikel zu dem Thema, zweiterem habe ich meine Überschrift ennommen:
https://www.revolvermag.com/culture/lemmy-kilmister-rocks-great-undervalued-feminist-hero
http://stackeddmagazine.com/2016/01/06/lemmy-kilmister-feminist/
ich denke Lemmy als klassischen Feministen zu bezeichnen, so weit würde ich nicht gehen;) Jedoch denke ich, dass Lemmy letzlich "das Herz am rechten Fleck" auch in soweit hatte, dass er selbstverständlich Frauen als gleichwertige Musiker betrachtete, die es genauso zu respektieren gilt, wie den männlichen Schlag. Ansonsten hätte er wohl nicht soviele weibliche Freunde (!) im Künstler-Medier gehabt. Insofern wäre das ein schön strittiges Thema.
 
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