So, komme aus dem Schleimkeim-Film, bzw. der Doku über
Schleimkeim, Otze und die DDR von unten. Bin dafür sogar über 70 KM gefahren.. Schnuckliges, kleines Programmkino, in dem ich früher oft war als ich noch da lebte, da immer etwas besondere Filme kommen. Stilecht ein kleiner Saal mit keinen 40 Sitzplätzen. Altes Sesselformat, kleine Leinwand, Seitentüre direkt auf die Straße, wo die Straba-Halte ist, Faust auf's Auge. Schön, dass ich heute mit einem Rudel Freunden da war. Die Plätze waren nicht ausverkauft, aber einige alte Punker, die man noch von früher kennt, waren da. So war es lauter, es wurde viel gelacht und bestätigend geraunt, da wohl auch einige in der DDR aufgewachsene Leute da waren, die sich bestätigt fühlten. Der Film. Nachdem Interview im Ox mit dem Regiesseur Jan Heck war ich doch gespannt, hätte auch Potential um schief zu gehen. Aber es war gut. Richtig gut sogar. Anfangs hatte ich noch Bedenken, weil mir die Einleitung zu lustig geriet, aber dann war es stark. Der Filmemacher hat einen Haufen ehemaliger Weggefährten von Otze Ehrlich aufgestöbert und so erhält man nicht nur einen tieferen Einblick in den Werdegang der kultigsten und, mit Verlaub, wichtigsten DDR Punkband und die Biografie von Otze, sondern auch Punksein in der DDR generell. Und das sind die Stärken des Filmes.
Der Film hat viele humoristische Anekdoten parat, gerade als es um den Beginn von Punk "drüben" geht. Die ersten Proben in einem Schweinestall mit schier abenteuerlichem Equipment, Konzerte in Kirchen inkl. Interviews mit dem damaligen Pastor, die ikonische Sau-Kerle Split-LP usw. Als es dann aber in Richtung der vielen grundlosen Verhaftungen geht und die Leute aus der Knast- und Verhör-Perspektive erzählen, nimmt es eine Wende, denn aus subversivem Spaß, Freiheitsdrang und anarchischem Lebensstil, wird Ernst, der seine Spuren hinterlässt. Stasi und Informantenunwesen spalten die Punks dennoch nicht, man zieht es voll durch. Und ab dem Thema Wende wird der Film auch merklich ernster, dunkler. Es kommt zum Verlust von Otzes ewigem Feindbild, dem DDR-Regime, der Kanal für seine Wut fehlt. Plötzlich sind nicht nur Alkohol, sondern vor allem Drogen aller Art interessant. Er landet mehrmals in der Psychiatrie, und begeht schließlich die Tat an seinem Vater, bevor er in der Geschlossenen 2005 verstirbt. Was ich gut finde ist, das die Bluttat, die im Wahn, aber nicht grundlos geschah, nicht den ganzen Film einnimmt und nach Sensation heischt. Es wird trotz all der wirklich verrückten Geschichten auch glaubwürdig einfühlsam, gerade wenn die verbliebenen Freunde dies aus ihrer Sicht erzählen.
Unglaubliche Typen hat man da vor die Linse gekriegt, du denkst dir ständig, das gibt es doch nicht.. während manche die Kurve irgendwie gut gekriegt haben, sind andere wirklich fertig wirkende Alki-Punks geblieben/geworden. Aber gerade diese, wie Abse und Speiche, bei deren Interaktion miteinander man ständig kopfschüttelnd laut auflacht, weil sie so, ja, kultig sind, sind super authentisch und gerade all diese Leute haben letztlich das Herz an der richtigen Stelle und haben etwas zutiefst liebevolles an sich. Wir waren ziemlich begeistert. Ich finde die Aufarbeitung subersiver Szenen in der DDR enorm spannend, immernoch. Was bleibt: wir waren, als die ersten beiden "Sicher gibt es bessere Zeiten"-Sampler rauskamen, gerade von SK geflasht, da räudiger, aggressiver und authentischer kaum geht. Und auch heute haben sie ihren Stellenwert bei mir. Seltsam bleibt dennoch: während ex-Mitlgieder wie Dippel und Lippe (der wohl heute Black Metaler ist?), die die Band heute weiter führen, Hagen oder auch Höhnie und Otzes damalige Freundin fleißig erzählen, bleibt Otzes Bruder Klaus, der die Band mitgründete, aus, und kommt nur in Erzählungen mal vor..