@M.T. Quatermass
Manuel, da sagst du vieles, was ich für grundsätzlich richtig halte, auch wenn ich es speziell bei mir nicht so wirklich wiederfinde. Aber das liegt zum einen an meiner praktizierten Entmystifizierung der "10 Punkte", die für mich halt nicht mehr und nicht weniger sind als ein "sehr gut" im Schulaufsatz, und die keine Klassiker-Konnotation haben, und zum anderen daran, dass ich niemals dieses Gefühl hatte, ein Album später als "eigentlich schlecht" empfunden zu haben, das mich mal wirklich begeistert hatte. Speziell nicht aus der ersten und zweiten Generation des 90er-BMs. Die finde ich nach wie vor nahezu alle fantastisch, und zwar neue wie alte Werke jener Bands. Ehrfurcht ist das aber eher weniger. Einfach eine Prägung und rostfreie alte Liebe, die mich nie mehr losgelassen hat. Die dritte, vierte und fünfte Welle ließ dann zwar vorübergehend auch meine BM-Euphorie wanken, aber so seit gut 5-7 Jahren ist sie wieder voll da.
Dass man einem neuen Album einer jungen Band auch mal 10 Punkte geben darf (das ja eh), und ihr meinetwegen auch künftigen Klassikerstatus attestieren, finde ich aber absolut richtig und auch wichtig. Zwar werfe ich mit dem Klassiker-Begriff nicht so wirklich oft um mich, weil ich das Gefühl habe, dass die Zeit für panmetallische Klassiker leider ziemlich vorbei ist; aber für engere Subgenres können natürlich durchaus noch "späte" Klassiker alter Stile entstehen. Und natürlich auch in Stilen, die in neue Bereiche vordringen. Kurz gesagt: Für Klassiker wie "Back in Black" oder "A Blaze in the Northern Sky" ist die Zeit in den althergebrachten Stilen meines Erachtens tatsächlich vorbei, was ich sehr bedauere. Aber künftige Genreklassiker in kleinen, überschaubaren Zielgruppen sehe ich genauso noch kommen, wie eben Klassiker in moderneren Metalvarianten (z.B. System Of A Down, wie immer man zu der Band stehen mag). Wobei mir die Beispiele bei der ersteren Kategorie schon etwas schwerer fallen, da ich zwar etliche 10er für m.E. perfekte Genrealben gegeben habe, deren künftigen Klassikerstatus aber doch anzweifle (z.B. Dante im Prog, oder Burning Saviours im 70er-"Retro"-Bereich, Sönderfall im Black Metal und viele mehr).
Außerdem hast du in der 1985-vs.-2015-Kiste natürlich recht, dass man die Sulphur Aeon nicht mit "Where No Life Dwells" vergleichen sollte. Daher vergleiche ich sie halt mit "Dawn of the Nine", die ja netterweise im selben Monat kommt und im gleichen Soundcheck sein wird, und sie hat die Letztere bei mir tatsächlich fast ins Wanken gebracht. Das ist weitaus mehr als ich erwartet hätte. Am Ende, im Belastungstest der letzten Tage vor Abgabe, hat dann doch die Unleashed meine Gunst gewonnen, was aber vor allem an Johnny Hedlund lag, und eben daran, dass die Unleashed eben Gesangshooks und eingängigere Refrains hat, was zwar kein zwingendes DM-Qualitätskriterium ist, mich aber immer ganz besonders happy macht. Man darf gespannt sein, wie die Kollegen diesen Zweikampf so sehen.