Heaven shall burn (Band, Thüringen, nee)

Und komischerweise sind das meistens vegane Freunde, die so was tun (vegetarische Freunde seltsamerweise nicht so...zumindest ist das meine Erfahrung damit)

Ich bewege seit gut 20 Jahren und bewegte mich zeitweise auch exklusiv in veganen (und straight edge) Kreisen. Ich war mit Vegetarierinnen und Veganerinnen liiert, auch mit sxe-Mädchen. Ich habe damals geraucht, gesoffen und Fleisch gefressen. Ich habe mich immer unverstellt benehmen können, obwohl ich aus Rücksicht auf die Liebste und die Freunde dann eher auch freiwillig auf Exzesse verzichtet habe - aufgefordert dazu wurde ich nie, selbst von jenen mit noch so einem großen Stock im Arsch und Arroganz bis über beide Ohren hinaus nicht. Keiner aus den Kreisen hat mich deswegen (oder auch, weil ich der "Metal-Lobi" bin) je dumm angemacht oder versucht zu belehren oder zu bekehren, selbst radikale VertreterInnen nicht. Ich habe es allerdings bei anderen mitbekommen, aber in nicht wenige Fällen lag es genau deren Provokation zugrunde. (Hier ist der Bezug das RL und nicht das Netz.) Außer im Internet ist mir sowas, ehrlich gesagt, auch weitestgehend fremd. Heuer ist es eh kein Problem mehr (rauchfrei, fleischfrei)... (kein Bezug zum Zitierten) aber ich habe das Gefühl, dass hier eine gehörige Portion Opportunismus und Hysterie im Spiel ist.
 
Ja, wenngleich aber in um einiges abgeschwächterer Form als beim (überzeichneten) Video glücklicherweise

Puh, dann müssen das aber ansonsten tolle Menschen sein, wenn du sie weiterhin zu deinen Freunden zählst.

Meine Erfahrungen gleichen da eher denen von Lobi, auch wenn ich einer von den straighten fleischfreien Leuten bin. Klar möchte man andere Leute davon überzeugen und diskutiert dementsprechend, schließlich wählt man diesen Lebensstil aus Überzeugung, aber intollereantes predigen geht halt gar nicht.
 
Puh, dann müssen das aber ansonsten tolle Menschen sein, wenn du sie weiterhin zu deinen Freunden zählst.
Ja, sind sie.
Und wie gesagt ist das bei mir in weit abgeschwächterer Form als in dem Video.

Ich kann die Bekehrerei oder das madig machen halt nicht so ab. Wie ich eingangs sagte, soll jeder das essen können, was man möchte.
 
Aus einer niederen, sackdämlichen persönlichen Beleidigung (und einem persönlichen Boykott) den Vorwurf des Faschismus zu konstruieren, das ist schon sehr weit draußen - selbst wenn man keinen wissenschaftlich fundierten Faschismusbegriff bemüht, sondern sich in einer selektiven, alltagssprachlichen Variante versucht. Da fehlt mir dann wiederum jedes Verständnis, bei aller Bibeltreue. :hmmja:
Formell gesehen, hast du absolut Recht; ich glaube aber tatsächlich, dass der Faschismusbegriff in den letzten zehn Jahren und nach wie vor einen ganz massiven umgangssprachlichen Bedeutungswandel in die Richtung durchmacht, dass all jene Phänomene zunehmend als "faschistisch" oder "faschistoid" bezeichnet werden, denen ein prägender Elitismus (egal ob moralisch, ethnisch, religiös, rassisch, sozial) oder eine "politisch korrekte" Bevormundungskultur innewohnt und die sich dadurch kennzeichnen, dass eine (selbsternannte) Elite sich das Recht nimmt, anderen Menschen mit abweichender Geisteshaltung oder anderem Habitus entweder legislativ deren Freiheitsrechte nehmen oder beschneiden zu wollen, oder aber (wie hier) die "vierte Gewalt" (Medien, öffentliche Meinung, Hetze) nutzen, um die von ihr missbilligten Menschen in ihrem Sosein zu unterdrücken oder zu manipulieren; oder in eine Änderung ihres Soseins zu erpressen bzw. die Freiheitsrechte selektiv nur so zu deuten, dass man selbst alle Freiheiten hat, der politische Gegner jedoch keine.

Der den originären faschistischen Regimen innewohnende Aspekt, diesen Elitismus mit einem autoritären Staatsaufbau zu hinterfüttern, tritt da mehr und mehr in den Hintergrund, oder man unterstellt dem politischen Gegner einfach, dass er diesen errichten würde, wenn er die Möglichkeiten dazu hätte. Ebenso die Komponente, dass der ursprüngliche Faschismus immer eine nationalistische Dimension hatte.

Ja, ich denke, dass in der Umgangssprache vieler Leute diese völlig konturlose Identifizierung "Faschismus = moralisierende Bevormundung" bereits vollzogen ist. Ob da Aufklärung noch hilft? Ich wage es zu bezweifeln.

Beim Begriff "Nazi" nehme ich das dagegen etwas anders war, da der Begriff halt schon sehr speziell auf eine ganz bestimmte Weltanschauung und ein ganz spezielles Regime festgelegt ist. Doch auch dieser Begriff hat einen stark ausweitenden Bedeutungswandel durchgemacht. Je nachdem, in welcher politischen Ecke die Leute zu Hause sind, wird auch der einerseits ausweitend oder andererseits provokativ paradox verwandt. Einzelne links stehende Menschen weiten den Begriff gerne mal auf AFD, CSU und Royalisten aus; während manch rechts stehende Person den Begriff provokativ-nivellierend gegen die Linke verwendet (mit der Implikation: "die sind ja auch nicht besser").


<3
Oder doch Überzeugung? (Macht die Folgen nicht besser, aber es lohnt sich als überzeugungsstarker Mensch, doch mal drüber nachzudenken.)
Ich habe ein riesengroßes Problem damit, jemandem eine Überzeugungstäterschaft zu "Gute" zu halten, der seine Überzeugung als Rechtfertigung für Rechtsverletzungen gegen andere ansieht. Eine derart massive Egozentrizität, die keinen Halt vor der Rechtssphäre des anderen macht, ist in meiner Wahrnehmung auch dann eine Boshaftigkeit, wenn man von seiner Sache absolut überzeugt ist. Zu so viel Respekt vor Andersdenkenden und zu so viel Selbstreflexion darf man in der Lage sein. Missgunst ist es sowieso, denn man gönnt dem anderen sein Sosein, seinen Erfolg, sein Leben, seine Freude nicht und wird aktiv, um diesem Menschen das zu nehmen, was man ihm nicht gönnt, weil man ihn für moralisch unterlegen hält.

Ganz gleich, welche Begriffe man nun dafür nimmt, und ob es reine Bosheit ist, oder aus Überzeugung geborene Bösartigkeit: Wie man es dreht und wendet, bleibt es sittlich-moralisch aus meiner Sicht unterste Schublade; und das ist halt besonders krass (wenn auch nicht unüblich), wenn es aus Ecken kommt, die die Moral für sich beanspruchen (ist ja de facto nichts anderes, wie bei Jenal vs. Cannibal Corpse, wobei die zwar nicht von Untermenschen gesprochen hat, aber dafür die Staatsgewalt instrumentalisiert hat, um der Band zu schaden; oder kirchliche Kreise, die Missbrauch decken aber Verhütung verdammen; die Liste ist endlos).
 
Ich hatte etliche Jahre ohne Fleisch, einige auch vegan, ohne Alkohol, nur fair trade, nur Bio... In der Zeit habe ich nie jemanden zu bekehren versucht und auch niemanden im Freundes- oder Bekanntenkreis gehabt, der versucht hat, jemanden zu bekehren. Wir haben uns auch nie gegenseitig auf die Schulter geklopft oder so, jeder hat seine Konsumentscheidungen für sich getroffen, und unschuldig oder besser als irgendjemand ist sowieso keiner. Wie entstehen eigentlich CDs? Woher kommt mein Bandshirt? Ist es vielleicht ein grundsätzliches Zeichen von Überfluss, dass 2000 CDs in meinem Schrank stehen? Das war auch allen klar. Meine letzten Mitbewohner*innen waren ein Pärchen, er hatte täglich ein halbes Schwein als Grundnahrungsmittel, sie war Vegetarierin, seitdem sie 14 ist. Warum das trotzdem klappt? Weil man sich einfach respektiert, sich benehmen kann und nicht auf den Sack geht, ganz einfach. Die einzige Art, auf die ich in diesen beknackten Diskurs überhaupt hinein gezogen wurde, war immer dieselbe: Wenn ich mir nämlich bei irgendeiner Gelegenheit ein alkoholfreies Bier oder eine vegane Wurst holte. Dann kam sofort die Frage danach, wie schlimm vegan ich wäre usw. Auf die Antwort, dass mir sowas eigentlich egal ist und ich eigentlich auch ungern ständig darüber rede, kam grundsätzlich: "Dann ist's ja gut. Die meisten Veganer und Nichttrinker wollen einen ständig bekehren, das finde ich immer scheisse." - Ja, ok. "Ja, ich meine, ist ja auch nichts Verkehrtes dabei, kein Fleisch zu essen oder keinen Alkohol zu trinken." - Ja, ok. "Ich mein, SOOO viel Fleisch esse ich jetzt auch nicht, aber verzichten könnte ich nicht." - Ja, ok. "Aber wie gesagt, wenn du anders drauf bist, hab ich da kein Problem mit." - Ja, ok. Äh... Danke? "Bitte. :top:"

Irgendwann war ich so oft Teil dieses Gesprächs, mit dem ich nie selbst anfing (ich gehörte nicht mal zu den Leuten, die einen extra Grill wollten, obwohl das meistens eh schon getrennt wurde, wenn man nicht penibel auf die Verpackung meiner Wurst geguckt hat, konnte man also gar nichts merken), dass ich mich irgendwann fragte: Meine Fresse, die Anzahl der militanten Konsumverweigerer muss ja immens sein, wo sind die denn alle?

Ich hab sie bis heute nicht gefunden. Nur die Leute, die mir versichern, dass sie hinter jedem Currywurststand hervorspringen. Und in jeder Post-BM-Band spielen. Ich hab's so satt, ehrlich. Internet abschalten, öffentliches Leben verbieten. Dann hat endlich jeder seine Ruhe und ich korrumpiere den Safespace meines steakvertilgenden Nachbarn nur noch dann, wenn er zufällig in mein Fenster guckt und sieht, wie ich Hafermilch in meinen Kaffee schütte. Nagel ich dann natürlich zu, will ja niemandem auf den Sack gehen.
 
Ich habe ein riesengroßes Problem damit, jemandem eine Überzeugungstäterschaft zu "Gute" zu halten, der seine Überzeugung als Rechtfertigung für Rechtsverletzungen gegen andere ansieht. Eine derart massive Egozentrizität, die keinen Halt vor der Rechtssphäre des anderen macht, ist in meiner Wahrnehmung auch dann eine Boshaftigkeit, wenn man von seiner Sache absolut überzeugt ist. Zu so viel Respekt vor Andersdenkenden und zu so viel Selbstreflexion darf man in der Lage sein. Missgunst ist es sowieso, denn man gönnt dem anderen sein Sosein, seinen Erfolg, sein Leben, seine Freude nicht und wird aktiv, um diesem Menschen das zu nehmen, was man ihm nicht gönnt, weil man ihn für moralisch unterlegen hält.

Ganz gleich, welche Begriffe man nun dafür nimmt, und ob es reine Bosheit ist, oder aus Überzeugung geborene Bösartigkeit: Wie man es dreht und wendet, bleibt es sittlich-moralisch aus meiner Sicht unterste Schublade; und das ist halt besonders krass (wenn auch nicht unüblich), wenn es aus Ecken kommt, die die Moral für sich beanspruchen (ist ja de facto nichts anderes, wie bei Jenal vs. Cannibal Corpse, wobei die zwar nicht von Untermenschen gesprochen hat, aber dafür die Staatsgewalt instrumentalisiert hat, um der Band zu schaden; oder kirchliche Kreise, die Missbrauch decken aber Verhütung verdammen; die Liste ist endlos).

Ich bin in der Konsequenz wohl eher bei dir (auch wenn ich Missgunst und das Gönnen für völlig deplaziete Begriffe halte; beides ist da wohl kaum im Spiel). Mir ging es aber tatsächlich um die reine Begrifflichkeit (deswegen auch der Anhang in Klammern), da ich finde, dass der Beweggrund durchaus ausschlaggebend ist (mich wundert es sogar, dass Du als Jurist so sprichst). Um mal eine alte Freundin zu zitieren: "Ich bin in der Tat heute der Meinung, daß das Böse immer nur extrem ist, aber niemals radikal, es hat keine Tiefe, auch keine Dämonie." Überzeugung hat das schon. Auch wenn die Tat und ihre Folgen nicht akzeptabel sind. Der Vorwurf der banalen Bösartigkeit wird einer solchen Tat einfach nicht gerecht, in der ich auch keinen Spass, Neid oder Freude erkennen kann (auch nicht bei Jenal und so weiter). (Und nein, ich rechtfertige hier nichts.) (Bitte, bitte nicht so viel von die Moral reden. Das ist immer problematisch und so verflucht unbestimmt, denn auch der Geschädigten nimmt für sich eine solche in Anspruch (überhaupt weiß man nicht erst mit Nietzsche, dass der Moralkritiker selbst Moralist ist). Am besten in solche Diskussionen den Kontainer "Moral" umschiffen und konkrete bennen, was die Protagonisten bewegt. Macht so eine Diskussion auch gleich konkreter.)
 
Formell gesehen, hast du absolut Recht; ich glaube aber tatsächlich, dass der Faschismusbegriff in den letzten zehn Jahren und nach wie vor einen ganz massiven umgangssprachlichen Bedeutungswandel in die Richtung durchmacht, dass all jene Phänomene zunehmend als "faschistisch" oder "faschistoid" bezeichnet werden, denen ein prägender Elitismus (egal ob moralisch, ethnisch, religiös, rassisch, sozial) oder eine "politisch korrekte" Bevormundungskultur innewohnt und die sich dadurch kennzeichnen, dass eine (selbsternannte) Elite sich das Recht nimmt, anderen Menschen mit abweichender Geisteshaltung oder anderem Habitus entweder legislativ deren Freiheitsrechte nehmen oder beschneiden zu wollen, oder aber (wie hier) die "vierte Gewalt" (Medien, öffentliche Meinung, Hetze) nutzen, um die von ihr missbilligten Menschen in ihrem Sosein zu unterdrücken oder zu manipulieren; oder in eine Änderung ihres Soseins zu erpressen bzw. die Freiheitsrechte selektiv nur so zu deuten, dass man selbst alle Freiheiten hat, der politische Gegner jedoch keine.

Ich würde weder die Argumentationslinien zum Gegenstand des Walfangs (der entweder ein Walabschlachten, ein Massaker oder eben eine altehrwürdige Tradition eines selbstbestimmten Völkchens sehen) hier nicht in eine repressive Hierarchie einordnen, die schon a priori die Position eines Unterdrückten und eines Unterdrückers, eines Täters und eines Opfers festschreibt; vielmehr sehe ich hier zwei Erzählungen (die aufgeklärte von der Rationalität und Leidensvermeidung und die ebenso aufgeklärte um das Wissen um kulturelle Besonderheit) um die Deutungshoheit eines Phänomens streiten, das tatsächlich wohl stellvertretend für jene grundsätzliche Antinomie zu sehen ist, die die westliche Moderne bzw. Spätmoderne kennzeichnet: Universalismus vs. Partikularismus. Gerade weil dieses Thema in so vielen Manifestationen der sozialen Wirklichkeit so hitzig diskutiert wird, es aber gleichzeitig grundsätzliche philosophische, politische Entscheidungen betrifft, würde es allen Seiten anschicken, verbal abzurüsten um tatsächlich auf eine differenziertere, vielleicht auch allgemeinere Ebene zurückzufinden, um zu begreifen, was hier auf dem Spiel steht und aus welcher Perspektive die suspendierte Argumentation jeweils tatsächlich stammt. Begriffe wie Faschismus aber auch der Vorwurf der blinden politisch korrekten, autoritären Bevormundung sind ebenso Kampfrhetorik wie pejorative Äußerungen über Unaufgeklärtheit oder kulturelle Barbarei; sie sind Ausdruck einer problematischen, die Gesellschaft spaltenden Antagonistik, die wieder an den Tisch des differenzierten wie allgemeineren widerstreitenden Diskurs zurückfinden muss, will sie nicht selbst der Barbarei, die sie den anderen jeweils zeiht, zurückfallen.
 
zumindest ich tu es definitiv nicht, von mir aus kann jeder essen was er will, nur selber werde ich nie wieder Fleisch essen und diese Industrie unterstützen!!!

Das ist ja auch legitim! :) War auch jahrelang Vegetarier. Aber sobald der Ton so umschlägt wie bei dem Dude von HSB, ist Ende Gelände. Wir sind hier doch nicht im Kindergarten.
 
Ich bin in der Konsequenz wohl eher bei dir (auch wenn ich Missgunst und das Gönnen für völlig deplaziete Begriffe halte; beides ist da wohl kaum im Spiel). Mir ging es aber tatsächlich um die reine Begrifflichkeit (deswegen auch der Anhang in Klammern), da ich finde, dass der Beweggrund durchaus ausschlaggebend ist (mich wundert es sogar, dass Du als Jurist so sprichst). Um mal eine alte Freundin zu zitieren: "Ich bin in der Tat heute der Meinung, daß das Böse immer nur extrem ist, aber niemals radikal, es hat keine Tiefe, auch keine Dämonie." Überzeugung hat das schon. Auch wenn die Tat und ihre Folgen nicht akzeptabel sind. Der Vorwurf der banalen Bösartigkeit wird einer solchen Tat einfach nicht gerecht, in der ich auch keinen Spass, Neid oder Freude erkennen kann (auch nicht bei Jenal und so weiter). (Und nein, ich rechtfertige hier nichts.) (Bitte, bitte nicht so viel von die Moral reden. Das ist immer problematisch und so verflucht unbestimmt, denn auch der Geschädigten nimmt für sich eine solche in Anspruch (überhaupt weiß man nicht erst mit Nietzsche, dass der Moralkritiker selbst Moralist ist). Am besten in solche Diskussionen den Kontainer "Moral" umschiffen und konkrete bennen, was die Protagonisten bewegt. Macht so eine Diskussion auch gleich konkreter.)
Tut mir leid, aber mir fallen dafür keine anderen Begriffe ein, die treffender wären. Irgendwie sprechen wir doch unterschiedliche Sprachen, deucht mir.

Ich finde schon, dass das viel mit Missgunst und Gönnen zu tun hat (nicht aber mit Neid), denn ich gehe einfach (weniger als Jurist als vielmehr als Wortsinn-Liberaler) von dem Axiom aus, dass jeder tun und lassen kann, was er will, so lange er dadurch nicht die Rechte anderer verletzt oder danach trachtet, anderen dieses selbige Grundrecht zu nehmen. Diese freie Entfaltung der Persönlichkeit gönne ich tatsächlich von Herzen jedem Menschen, der die Rechte der anderen respektiert. Die Rechte anderer einschränken zu wollen, deren freie Entfaltung der Persönlichkeit nicht den eigenen Moralvorstellungen entspricht, ist für mich tatsächlich primär die Missgunst, anderen das nicht geben und gönnen zu wollen, was man für sich selbst in Anspruch nimmt. Für mich ist das der Inbegriff der Missgunst, auch wenn dahinter eine weitere politische Motivation stehen mag, über die man oft nur mutmaßen kann.

Der Begriff der "Moral" ist vorstehend natürlich ein Allgemeinplatz, allerdings ein bewusst gesetzter, denn er sollte ja Platzhalter für alle Kreise sein, die sich dazu berufen fühlen, aufgrund abweichender Vorstellungen von richtigem und falschem Verhalten gegen andere zu agitieren. Mir ging's ja nicht speziell um HSB, sondern auch um Sea Shepherd, um Jenal, um den Typen mit "Rockmusik ist Teufelswerk", um die Black-Metal-Boykotteure der Früh-90er usw...

Was bei den Týr-Gegnern konkret dahinter steckt? Tierschutz? Vorgeschobenen oder nicht vorgeschobenen? Kann man ihnen glauben, kann man ihnen nicht glauben. Ich neige nicht dazu, Leuten überhaupt irgend etwas zu glauben, die mit solchen Mitteln arbeiten. Aber ich bin nicht ihr Richter, der in der Tat die Motivation im Detail erforschen müsste, um ein Urteil zu fällen, sondern ich bin nur ein Beobachter, noch dazu ganz ausdrücklich kein neutraler, der sieht, dass eine Band aufs Übelste geschmäht und beschädigt wird, die er sehr gerne hat. Es kommt mir hier tatsächlich nicht darauf an, was ich glaube, welche Motive die Týr-Gegner haben, sondern für mich steht halt das Ergebnis, dass jemand verletzt wird, der hierfür keinen Rechtfertigungsgrund geliefert hat. Und selbst wenn ich unterstelle, dass ihnen ihr Tierschutzargument (oder der Jenal der Jugendschutz) ernst ist, ändert das hier nichts an meiner Bewertung des Ergebnisses, denn für eine Rechtfertigung reicht's halt nicht aus.

Daher nehme ich mir das Recht, die jeweiligen Aktionen für hasserfüllt, missgünstig und boshaft zu halten. Über die Täter selbst mag ich nichts sagen, denn ich kenne sie nicht. Gleichwohl werde ich niemanden dazu auffordern die Band zu boykottieren, ihre Konzerte zu stören, sie von der Tour zu schmeißen oder ihre Alben bei Musiksammler zu sperren. Soll jeder machen, was er es richtig findet.


Ich würde weder die Argumentationslinien zum Gegenstand des Walfangs (der entweder ein Walabschlachten, ein Massaker oder eben eine altehrwürdige Tradition eines selbstbestimmten Völkchens sehen) hier nicht in eine repressive Hierarchie einordnen, die schon a priori die Position eines Unterdrückten und eines Unterdrückers, eines Täters und eines Opfers festschreibt; vielmehr sehe ich hier zwei Erzählungen (die aufgeklärte von der Rationalität und Leidensvermeidung und die ebenso aufgeklärte um das Wissen um kulturelle Besonderheit) um die Deutungshoheit eines Phänomens streiten, das tatsächlich wohl stellvertretend für jene grundsätzliche Antinomie zu sehen ist, die die westliche Moderne bzw. Spätmoderne kennzeichnet: Universalismus vs. Partikularismus. Gerade weil dieses Thema in so vielen Manifestationen der sozialen Wirklichkeit so hitzig diskutiert wird, es aber gleichzeitig grundsätzliche philosophische, politische Entscheidungen betrifft, würde es allen Seiten anschicken, verbal abzurüsten um tatsächlich auf eine differenziertere, vielleicht auch allgemeinere Ebene zurückzufinden, um zu begreifen, was hier auf dem Spiel steht und aus welcher Perspektive die suspendierte Argumentation jeweils tatsächlich stammt. Begriffe wie Faschismus aber auch der Vorwurf der blinden politisch korrekten, autoritären Bevormundung sind ebenso Kampfrhetorik wie pejorative Äußerungen über Unaufgeklärtheit oder kulturelle Barbarei; sie sind Ausdruck einer problematischen, die Gesellschaft spaltenden Antagonistik, die wieder an den Tisch des differenzierten wie allgemeineren widerstreitenden Diskurs zurückfinden muss, will sie nicht selbst der Barbarei, die sie den anderen jeweils zeiht, zurückfallen.
Insoweit gibt es keine Widerworte von meiner Seite. Man darf an dieser Stelle durchaus Herrn Joensen dafür loben, dass er in seinem ausführlichen Statement nicht in diese Antagonistik verfällt, derer sich viele seiner Fans befleißigen, sondern sehr sachlich und unaufgeregt über die Problematik aus färingischer Sicht berichtet, um das von ihm gezeichnete Bild des blutrünstigen Walschlächters zu korrigieren. Wie gesagt: Ich gebe dir absolut Recht, dass die Antagonistik nichts bringt, ich hab nur gesagt, dass ich sowohl die Reaktionen als auch die hierzu herangezogene Wortwahl zwar nicht richtig, aber in der kurzfristigen Emotionalität verstehbar finde. Wenn man das dauernd so sagt, okay, dann ist's doof. Man soll schon noch reflektieren. Ich kann da allerdings nicht verhehlen, dass mein erstes Wort der Wahl auch "Ökofaschisten" war, als die Konzertabsagen wegen der Sea-Shepherd-Aktionen publik wurden, da ich - der ich gerne zu einem der Gigs gegangen wäre - mich akut und unverschuldet durch die Aktivisten in meiner Entfaltung meiner Persönlichkeit beeinträchtigt sah und mich direkt mit der Band solidarisierte. Am Ende wurde dann in der offiziellen Formulierung "militante Tierschützer" daraus, was natürlich präziser und sprachkulturell vorzuziehen ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
schreib doch einfach, dass Tiere bei dir von Recht und Moral ausgeschlossen sind und du dir nicht im entferntesten vorstellen kannst, dass Menschen das anders sehen und sich entsprechend engagieren :cool:
 
Ich bewege seit gut 20 Jahren und bewegte mich zeitweise auch exklusiv in veganen (und straight edge) Kreisen. Ich war mit Vegetarierinnen und Veganerinnen liiert, auch mit sxe-Mädchen. Ich habe damals geraucht, gesoffen und Fleisch gefressen. Ich habe mich immer unverstellt benehmen können, obwohl ich aus Rücksicht auf die Liebste und die Freunde dann eher auch freiwillig auf Exzesse verzichtet habe - aufgefordert dazu wurde ich nie, selbst von jenen mit noch so einem großen Stock im Arsch und Arroganz bis über beide Ohren hinaus nicht. Keiner aus den Kreisen hat mich deswegen (oder auch, weil ich der "Metal-Lobi" bin) je dumm angemacht oder versucht zu belehren oder zu bekehren, selbst radikale VertreterInnen nicht. Ich habe es allerdings bei anderen mitbekommen, aber in nicht wenige Fällen lag es genau deren Provokation zugrunde. (Hier ist der Bezug das RL und nicht das Netz.) Außer im Internet ist mir sowas, ehrlich gesagt, auch weitestgehend fremd. Heuer ist es eh kein Problem mehr (rauchfrei, fleischfrei)... (kein Bezug zum Zitierten) aber ich habe das Gefühl, dass hier eine gehörige Portion Opportunismus und Hysterie im Spiel ist.
Dazu kann ich als passionierter und überzeugter Carnivorus sagen und bestätigen, dass ich wie du - IN REAL LIFE - tatsächlich auch niemals negative Erfahrungen mit militanten oder missionierenden Vegetariern oder Veganern gemacht habe. Von den weiter oben erwähnten 10jährigen Mädchen abgesehen, die mit 12 wieder Fleisch aßen, habe ich insgesamt, so meine ich mich zu erinnern, in meinem "kurzen" Leben vier Veganer bzw. Vegetarier näher kennen gelernt, von denen einer später wieder zurück zur T-Bone-Gemeinde kam, und die waren alle nett, freundlich und unkompliziert, sie haben mir nie moralische Vorhaltungen gemacht und sie haben auch nie den zwecklosen Versuch einer Missionierung unternommen. Unter Kollegen, Freunden und Kameraden ist im wahren Leben dann halt doch regelmäßig der wechselseitige Respekt und die Freundschaft stärker als ideologische oder geschmackliche Differenzen, und das ist gut so. Ein bisschen freundschaftliches Frotzeln gab's mal wechselseitig, aber das ist ja in Ordnung, wenn man weiß, wie es gemeint ist.

Auf der anderen Seite, in der medialen, virtuellen Realität sieht's manchmal anders aus. Da muss ich halt sagen, dass es schon sehr viele Angriffe auf die freie Wahl der Lebensart gibt. Jetzt auch weniger in Foren wie dem hiesigen unter den Usern, dass diese sich ernsthaft blöd anmachen würden, sondern dieses ganze Gehabe von Leuten, die in sozialen Medien oder sonstwo irgendwelche Shitstorms auslösen und dadurch dass täglich irgend ein Depp aufsteht, der meint, allen seinen Buddies und Kontakten erzählen zu müssen, wer alles scheiße ist, wen man boykottieren sollte, und was man Unerquickliches ist, wenn man XYZ unterstützt. Ich hab's an anderer Stelle schon mal gesagt, und ich wiederhole es hier: Diese ganzen Facebook-Hetzer sollen einfach lernen, wie man ein WC benutzt, dann müssen sie nicht dauernd anderen Leuten in ihr Leben kacken. Da wäre viel gewonnen, denn wie die Beiträge hier zeigen, ist der Umgang in der Realität selbst bei Dissens oft viel fairer und sachlicher, als in den Netzwerken.

Mir ist es ganz allgemein eh zuwider, wenn die Leute aus ihren Präferenzen, Überzeugungen und Weltanschauungen Ideologien stricken, die sie kämpferisch propagieren. Das gefällt mir nicht. Positiv vorleben und durch sein positives Vorbild für etwas werben; nur so funktioniert das nachhaltig. Alles andere sorgt nur für Zweitracht und bringt meist auch der Sache des Aktivisten langfristig mehr Abneigung als Zulauf.
 
schreib doch einfach, dass Tiere bei dir von Recht und Moral ausgeschlossen sind und du dir nicht im entferntesten vorstellen kannst, dass Menschen das anders sehen und sich entsprechend engagieren :cool:

Er nun wieder... immer die gleiche Tour, gell? Es wäre ja langweilig, wenn ein Beitrag dieser Art von dir nicht gekommen wäre. :)

Wenn du willst, kann ich das natürlich schreiben, aber es wäre in mehrerlei Hinsicht gelogen, und das wollen wir ja nun auch nicht.

Sich für Tierschutz zu engagieren, für Vegetarismus, Veganismus oder ein geringeres Maß an Fleischkonsum zu werben und auch Tierschutzstandards zu schaffen, die einer Massentierhaltung entgegen wirken und Tieren bei Zucht, Transport und Schlachtung unnötige Quälereien ersparen, finde ich alles legitim und zum Teil sogar erstrebenswert. Die Vorstellung, dass ich auch schon Tierschutzprojekte unterstützt haben könnte, ist dir vermutlich nicht im entferntesten gekommen. Aber egal.

Es liegt mir aber indes tatsächlich völlig fern, Tieren Menschenrechte einzuräumen, da ich die Nutzung von Tieren als Nahrungsquelle des Menschen für natürlich und selbstverständlich halte. Wie bei allen Omnivoren. Logischerweise ohne jemanden dazu zwingen zu wollen, sich diese Nahrungsquelle auch tatsächlich zu erschließen.

Und wenn du unter "Engagement" Rechtsbrüche zu Lasten anderer Menschen verstehst, dann kann ich mir sehr gut vorstellen, dass Leute das tun. Dieser Thread liefert ja den Beleg dafür. Aber ich bin auch ganz legalistisch dafür, dass sie dann dafür eben die Strafe bekommen, die ihnen gebührt.

Alles ganz easy halt. Und relativ normal eigentlich. Nicht, dass ich "normal" zu sein für erstrebenswert hielte, aber in dem Fall bin ich es wohl.

Schönen Abend dir und deinen Gedanken zum Thema.
:feierei:
 
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Wenn viele Kinder schon auf die Frage antworten, woher die Milch kommt: "Aus der Fabrik". Was willsde da erwarten. Ich hab eh so den Eindruck, jede Generation wird bequemer und dusseliger und wünscht sich das infantile Allgeborgensein aus den ersten 3 Lebensjahren ohne eigene Anstrengung zurück. Alles soll fair, Bio und korrekt sein, aber bitte dann auch möglichst billig und jederzeit verfügbar. Und bitte mit Arschwischerservice bis vor die Tür geliefert. Der ganze Smartphone-Kack wirkt da nochmal wie ein zusätzlicher Katalysator. Heute siehst du ja kaum noch Menschen in der Stadt, die sich face-to-face unterhalten....
 
Alles soll fair, Bio und korrekt sein, aber bitte dann auch möglichst billig und jederzeit verfügbar. Und bitte mit Arschwischerservice bis vor die Tür geliefert. Der ganze Smartphone-Kack wirkt da nochmal wie ein zusätzlicher Katalysator. Heute siehst du ja kaum noch Menschen in der Stadt, die sich face-to-face unterhalten....

To be fair werden viele dieser Produkte, aber auch mit riesigen Gewinnmargen vertickt, da sie als Luxusgut wahrgenommen werden. Würde die Nachfrage steigen, würde hier (paradoxerweise) der Preis sinken. Ein Beispiel wäre Recyclingdruckpapier, welches in der Herstellung billiger ist, als gebleichtes, aber aufgrund der niedrigen Nachfrage bei den Transportkosten zu Buche schlägt.
 
Da geht es nicht um Hunter sondern um Poacher (Wilderer).

Schon klar. Macht für mich in der Sache keinen korinthenwerten Unterschied. Sorry.

Edit: "Hunt Hunters" ist der Titel von ner Agathocles-LP. Muss man nicht wissen. Vielleicht is dann die Ironie dahinter etwas klarer.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das ist zum Beispiel ein Einsatz für den Tierschutz, den ich zu 100% sinnvoll und unterstützenswert finde. Die Differenzierung, die @Nachtwächter betont, ist aber schon essentiell notwendig.

Schon klar. Macht für mich in der Sache keinen korinthenwerten Unterschied. Sorry.
Ernsthaft? Sorry, aber das schockt mich jetzt ein wenig. Man wird wohl einen Unterschied machen müssen, zwischen jemandem, der aus Profitgier die Gesetze bricht, um vom Aussterben bedrohte Tiere zu vermarkten, oder ob jemand als vom Staat Beliehener das Waidwerk im Rahmen der oft sehr strengen gesetzlichen Bestimmungen ausführt.

Dass Wilderer oft aus Not handeln, ist ein Punkt, den ich hierbei nicht übersehe. Deswegen kann man sie trotzdem nicht gewähren lassen.
 
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