ROADBURN 2018 (19.-22.04.18, Tilburg NL)

Der dritte Festival Tag begann dann für mich mit dem emotionalen Auftritt von Stephen Brodsky & Adam McGrath, welche im Patronaat ein (semi) Akkustik-Set in Gedenken an Caleb Scofield aufführten. Man merkte, dass es den beiden Herren an manchen Stellen durchaus schwer fiel. Es war bewegend, aber auch schön.
Ursprüchling war mein Plan zumindest mal bei Bell Witch reinzuschauen, aber während ich mich mit ein paar Platten eingedeckt (meine The Heads Sammlung vergrößern, auch wenn ich diese ausfallen ließ) bildete sich eine lange Schlange zwischen den Merchständen in der Koepelhal. Damit wurde mir die Entscheidung was ich schaue abgenommen, da ich schon von Skuggja nicht angetan war, ging es dann zu Petyr, welche überraschenderweise psychedelischen Jam Rock spielten. Hat Spaß gemacht und habe mir auch mal die erste LP jetzt noch bestellt, höre ich halt doch recht viel so Kram.
Dann wieder vom 013 zurück zur Koepelhal (durch das ständige hin und her habe ich wohl Meilen gesammelt) wo der Herr Kurator mit Wear Your Wounds auftrat. Diese habe ich letztes Jahr bereits mal mit Chelsea Wolfe gesehen und wusste also was mich für melancholisch verträumte Songs erwarten. Das in die Koepelhal tagsüber doch recht viel Tageslicht einfiel wurde, wie ich mitbekommen habe, von einigen stark kritisiert, aber hier passte es für mich irgendwie perfekt zur Stimmung.
Nach der Show traf ich mal wieder auf meine Freunde und wir saßen ein wenig an einem schattigen Plätzchen bei der Hall of Fame, in welche ich dann auch nich rein ging. Die nächste Band aus San Diego Arctic spielte kein brutal langes Set, aber halt den typischen Sound von dort kann ich mir, nach dem Festival halte ich es für bewiesen, fast immer geben.
Danach wieder zurück auf die Wiese. Irgendwann wollten meine Freunde dann noch ihren Merchgroßeinkauf machen (die haben nur das 3-Tagesprogramm gemacht) und ich bin dann mal wieder unter der Bahn durch über die 2 Ampeln an der Kreuzung zurück zum 013 in den Green Room und sah mir Volcano an. Ich habe also 7 von 9 Bands des San Diego Takeovers gesehen (Joy und Red Octopusnicht). Volcano spielten nicht den typischen Psychrock wie die meisten ihrer Konsorten, es ging etwas funkiger mit Afrobeat-Einflüssen zu Gange. Ich hoffe da kommt möglichst bald mehr als der 1 Song den ich auf bandcamp gekauft habe.
Zur Abwechslung war mein nächster Bühnenwechsel nur durch 2 Türen zur Mainstage, wo mächtig viel Equipment auf der Bühne stand. Boris hatten schon 4 Gitarren Fullstacks und 2 Bass Rigs und Stephen O'Malley brachte auch noch mal 3 Fullstacks und 2 Bass Rigs mit, damit die Herren und Dame sich gebührend durch Absolutego dröhnen konnten. Das hat mir auch ganz gut gefallen, aber jedes Jahr gibt es so die schwierige Entscheidung, wo man einen guten Auftritt verlassen muss, um etwas zu sehen was einen einfach mehr interessiert, dadurch habe ich nur so 35min gesehen.
Dieses Jahr war dies für mich der Auftritt von Zola Jesus in der Koepelhal, für die ich nicht nur Boris & SOMA früher verließ, sondern auch ein bestimmt sau gutes Set von The Heads saußen ließ. In der langen Vorbereitung zum Roadburn hat das Okovi Album dieser Dame sich bei mir zu einem Dauerbrenner entwickelt und ich musste dann da halt hin. Die recht gut gefüllte Halle überraschte nicht nur mich, man bemerkte auch wie sie davon überrascht war, da sie als Pop-Act ja fast die absolute Außenseiterin auf dem Line-Up war. Jetzt mit ein paar Tagen Abstand gehört dieser Auftritt auch für mich zu einem der Höhepunkte des Festivals. Die Songs finde ich super, es war ne gute Show, halt irgendwie anders als viele andere großartige Shows dort.
Bin ich den Weg Koepelhal 013 bis dahin schon oft genug gegangen, so stellte ich nun meine persönliche Bestleistung des Wochenende auf. Innerhalb von 5 Minuten schaffte ich es aus der zweiten Reihe der Koepelhal vor das Mischpult im 013 inklusive holen eines Getränkes und konnte dankbar dafür sein, dass Godspeed You! Black Emperor ihre Show mit einem Dröhnen begannen, so dass ich nichts wirklich verpasst habe. Es war das erste Mal, dass ich die Band sah und diese Show ist auch definitiv einer meiner Höhepunkte dieses Jahr. In diesem Set hier wurde das aktuelle Album komplett gespielt und die Slow Riot EP ebenfalls. Ich hatte meterdicke Gänsehaut und Tränen in den Augen, weil diese (fast) rein instrumentale Musik mich da einfach so ergriffen hat. Wenn ich diese Platten jetzt wieder auflege habe ich auch direkt wieder Gänsehaut.
Da ich seit dem Anfang von Volcano nur am stehen und laufen war für über 4h setzte ich mich auf eine der Stufen in der Mainstage, informierte meine Freunde wo ich chille und wartete bis Earthless und Kikagaku Moyo mit der East meets West Jam-Session anfingen. Was mit einem Dialog zwischen Gitarre und Sitar anfing wuchs nach und nach mit mehr Musikern und wurde einfach nur intensiver bis es am Ende die schöne Auflösung gab und der finale Gong geschlagen wurde.
Danach haben wir noch auf meinen Geburtstag angestoßen, da ich darauf bestanden habe dies nicht während der Jam-Session zu tun, da ich diese ungestört genießen wollte. Nach dem ein oder anderen Kaltgetränk verabschiedeten sich meiner Freunde für die das Festival ja auch schon vorbei war. Erschöpft ging es dann in die Unterkunft um ein letztes Mal Reserven zu tanken im Schlaf.

Zu 4-Tagen Roadburn ist meine Philosophie, dass ich diese komplett mache, da einfach kein Festival für mich so schön ist wie das Roadburn. Eigentlich möchte ich nicht, dass dies endet, aber ich merke am vierten Morgen dann doch das die Energiereserven zur Neige gehen, die Akkus nicht schnell genug laden über Nacht und ich mir am Ende des vierten Tages eingestehen muss, dass ein weiterer unmöglich ist.
Den finalen Tag startete ich mal wieder im V39 beim Panel/Q&A zu Vinyl wo Andreas Kohl von Optimal Media (hat noch andere Projekte) viel über den aktuellen Status der Vinylindustrie erzählte und Fragen beantwortete. Der Mann hat aufgrund seiner Arbeit viel Wissen, aber auch viel Leidenschaft für das Thema und die Stunde verging wie im Fluge.
Die lange Schlange vor dem Patronaat nahm mir dann auch die erste Entscheidung des Tages ab und so ging es statt zu Wreckmeister Harmonies zu Oeds Beydals' Iron Chin in der Green Room. Wurde auch angekündigt als holländisch Geenstück zur San Diego Invasion und war es auch. Ähnlich wie die verschiedenen Bands klang das Gebotene und zum Abschluss wurde auch ein holländischer Punk Song mit Gästen von u.a. Joy über 20min gejammt.
Nach Einnahme einer Mahlzeit ging es dann zur Mainstage. Wiegedood standen aufm Programm. Ich bin nicht der größte Black Metal Fan, aber was Wiegedood machen gefällt mir (ich stehe aber auch auf den Kram von Amenra und besonders die letzte Oathbreaker wo die Herren ja sonst aktiv sind) 60 Minuten gab es dann Raserei mit Strobolicht und nur kurzen Pausen zum Durchatmen bzw. Stimmen der beiden Gitarren.
Danach standen im Green Room die New Yorker von Spotlights auf der Bühne. Ich mag so Kombinationen aus Stoner/Doom/Sludgesounds und Shoegaze ähnlich wie True Widow im Vorjahr. Der Sound war teils schön massiv gerade im Bassbereich, aber stumpfe Gewalt wie andere Bands war das nicht sondern irgendwie etwas verträumter meiner Meinung nach. Habe mir von denen auch die LP mitgenommen.
Mit BigBrave stand danach das letzte must-see des Festivals für mich an. Ich bin letztes Jahr irgendwie über eine Empfehlung deren aktuellen Albums "Ardor" gestolpert und fand dieses faszinierend und war gespannt, wie die diesen Sound live umgesetzt bekommen. Und ich wurde nicht enttäuscht es war nochmal besser als von Platte. Es war zumindest vorne verdammt laut, so dass auch der Boden vibriert hat. Ich ärgere mich etwas, dass ich wohl das Merch von denen verpasst habe, weil ich doch ein T-Shirt erworben hätte.
Weil es mich am Vorabend gefesselt hat wie kaum was in letzter Zeit gab ich mir auch den zweiten Auftritt von Godspeed You! Black Emperor und auch dieser war wieder verdammt gut. Zwar nicht so herrausragend gut wie der am Vorabend aber bis auf einen kleinen Block wurde auch ein anderes Set gespielt.
Danach hätte ich zwar noch irgendwas anderes schauen können, aber ich war erschöpft und es fühlte sich auch einfach richtig an nach einem so schönen Auftritt wie von GY!BE zu sagen "Okay das ist jetzt mein Endpunkt". So holte ich meine Einkäufe beim Storage ab, um hiermit auch mal etwas von den Kleinigkeiten drumherum lobend zu erwähnen, ebenso wie das Weirdo Canyon Fanzine, und ging zurück zur Unterkunft.

Ich beabsichtige nächstes Jahr wieder hin zu fahren, weil es mein Lieblingsfestival ist und dies auch trotz größerer Änderungen immer noch von der Atmosphäre so geblieben ist wie es mir gefiel. Die Leute waren eigentlich alle sehr entspannt drauf und ich habe nichts als extrem störend empfunden. Pfandbecher wären vielleicht eine begrüßenswerte Änderung da manchmal der Lärm von drüber Latschenden störte (und es vll besser für die Umwelt sein könnte). Ich lese nach und nach Berichte über Bands die ich nicht gesehen habe und höre deren Kram mal an. Ich finde es da auch faszinierend was man für großartige Sachen verpasst, so stach beim Lesen Project Nefast heraus die wohl 50min den selben Akkord gespielt haben im Cul de Sac. Ich habe mehr als genug Geld bei verschiedenen Merchständen gelassen und en Stapel Platten und Shirts mitgenommen und auch die Künstler der Full Bleed Ausstellung kamen nicht zu kurz mit Kauf eines Printsets sowie ein paar Pins.
 
Volcano haben wir leider aus Müdigkeit,fressen und was weiß ich irgendwie nicht geschafft. Aber das is normal. Eine Band geht mal flöten. Ärgert mich, aber ca. 30 mitgenomme Bands sind auch döftig. Nach Nahrungsaufnahme (welche dringend nötig war) gings aber auch wieder steil bergauf bis 5 Uhr morgens.
 
@Edgehead1910: Ein sehr schöner, stimmungsvoller Bericht - danke dafür! :top:

Du verweist ja mehrmals auf den "San Diego-Sound". Ich habe den Begriff vorher noch nie gehört. Was für eine Stilrichtung (offenbar etwas in Richtung Psych-Rock?) darf ich mir darunter konkret vorstellen?
 
@Edgehead1910: Ein sehr schöner, stimmungsvoller Bericht - danke dafür! :top:

Du verweist ja mehrmals auf den "San Diego-Sound". Ich habe den Begriff vorher noch nie gehört. Was für eine Stilrichtung (offenbar etwas in Richtung Psych-Rock?) darf ich mir darunter konkret vorstellen?
Man kann die wikrlich einfach nur auf die besagten San Diego Bands verweisen. Die Szene mit diesem spezifischen Psychedlic-Sound ist um Earthless herum entstanden. Live in jeder Hinsicht der absolute Wahnsinn.
 
@Edgehead1910: Ein sehr schöner, stimmungsvoller Bericht - danke dafür! :top:

Du verweist ja mehrmals auf den "San Diego-Sound". Ich habe den Begriff vorher noch nie gehört. Was für eine Stilrichtung (offenbar etwas in Richtung Psych-Rock?) darf ich mir darunter konkret vorstellen?

Dieses Jahr fand das San diego Takeover statt, gibt dazu auch ein Poster vom Roadburn selbst. Das waren die Bands Arctic, Harsh Toke, Joy, Petyr, Pharlee, Red Octopus, Sacri Monti, Volcano und Earthless die so die Väter dieser Szene sind. Und ja die spielen alle einen speziellen Sound der sich relativ ähnlich ist. Die meisten Musiker sind dort auch relativ umtriebig. Um mal ein paar Beispiele zu nennen Gabe Messer spielt bei Harsh Toke, Red Octopus und Volcano. Figgy bei Arctic, Harsh Toke und Pharlee. Zach Oakley bei Joy und Volcano. Dylan Donovan bei Sacri Monti und Pharlee. Dazu war wohl Isaiah Mitchell der Gitarrenlehrer verschiendster Musiker.
Es gab ein Interview das ich hier verlinke, wo Dave Sweetapple (von WITCH, TeePee Records) etwas zum San Diego Takeover erzählt. Und auch ein kleiner Bericht in der Donnerstagsausgabe des gratis Roadburn Fanzine Weirdo Canyon Dispatch hier.
 
Bin auch jetzt erst wieder halbwegs fit. 4 Tage Exzess hinterlassen ihre Spuren. Irgendwie hatte ich an dem Wochenende keinen Nerv für Retro-Rock und Hippie-Gniedel-Jams, weswegen ich sowohl die San-Diego-Jungs als auch die entsprechenden Japaner komplett ausgespart habe.

Kurzfassung:

Top:
-Hooded Menace (Fulfill The Curse - Set)
-Weedeater (wegen Schlagseite nur halb gesehen, aber vom Empfinden solide wie immer)
-Kairon; IRSE! (überraschend geiler, kauziger Retro-Prog)
-Grave Pleasures (alles mitgesungen)
-Converge (You Fail Me - Set) (eine meiner Lieblingsplatten der Band, entsprechend habe ich gefeiert)
-Bell Witch (Mirror Reaper - Set) (wg. Einlass-Schlange nur die 2. Hälfte mitbekommen, die war aber sehr ergreifend)
-Mania (Ein - Mann - Black Metal; nur ein Typ an dem Drums zu vorher aufgenommenen Gitarren-Spuren, Raum komplett dunkel - ich fand's geil)
-All Pigs Must Die (die richtige Band zum richtigen Zeitpunkt - mir war grad nach stumpfem Geballer)
-Occvlta (geil asozialer, stumpf-punkiger Black Metal; genau mein Ding)
-Wiegedood (bombastisch gut auf der großen Bühne)
-Hell (none fucking heavier, Mann! Wie schon letztes Mal!)
-LLNN (überraschend frischer (Post-)Hardcore/Post-Metal)
-Wolfbrigade (gehen immer)
-Gost (bisschen Raven zum Abschluss)

Flop:
-viele Überschneidungen
-die Hitze in einigen Locations
-wegen Schlangen viel verpasst
-Earthless (zahnlos, statisch)
-NYIÞ & Wormlust (ein einziges Intro, ich hab 30min zu lange darauf gewartet, dass IRGENDWAS passiert, dann entnervt raus)
-die Visuals bei Wreckmeister Harmonies (als Statement und aus künstlerischer Sicht schon cool, aber hätte ich vorher gewusst, dass da recht explizites Autopsie-Material im Close-up läuft, hätte ich mein Frühstück anders gestaltet)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich machs mal kurz.

Favoriten:
Cult of Luna und Ms. Christmas - "Mariner": Unfassbar, unglaublich, alle erdenklichen Superlative.
Furia -Unglaubliche Live-Band
Ruins of Beverast - "Exuvia"-Set
Bell Witch mit dem "Mirror Reaper"-Set
Hugsja
Die Leute und das Festival. Einfach großartig.

Überraschung:
1. Godspeed You! Black Emperor. Kam ich auf Platte bisher nie ran, Live waren beide Sets aber überragend.
2. Occvlta - stumpf und brutal. War stark, Samstag um Mitternacht.

Flops:
Future Occultism, bzw. vor allem Phurba - So ein Quatsch, wirklich. Größte Zeitverschwendung.
Panopticon - Best-Of-Set auf der großen Bühne hatte katastrophalen Sound. Das Konzert im kleinen Patronaat war da deutlich besser.
Zola Jesus - Bin auf Empfehlung eines Freundes hin. War eine große Enttäuschung. Poppige Chelsea Wolfe in lahm und langweilig. Besondere Schneeflocke.

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Hatte auch keinerlei Probleme mit Schlangen. Man muss bei einigen Bands eben früh genug da sein.
 
Mein Senf zum Festival (Highlights blau hervorgehoben):

MITTWOCH

- Witchtrail (Beim ersten Reinhören als relativ gewöhnliche Sludge/Doom-Band eingestuft, haben dann aber doch mit einem recht speziellen Stilmix überrascht.)
- Speed Queen (Klassischer, eingängiger Heavy Metal - hat Spass gemacht!)
- Bütcher (Dreckig, rabiat, Komplettabriss! Haben im Cul De Sac sogar einen Moshpit provoziert, ein frühes Festival-Highlight, bevor das Festival überhaupt begonnen hat!)

DONNERSTAG

- Sannhet (Da hatte ich mir aufgrund der youtube-Videos doch etwas mehr Atmosphäre erhofft... Klingt wie Hemelbestormer in gehetzt und runtergeholzt, zudem kämpfte der Gitarrist mit technischen Problemen.)
- Oranssi Pazuzu & Dark Buddha Rising (So eine geballte Ladung an Wahnsinn können nur Finnen produzieren, hier war alles auf Mindfuck ausgerichtet: Soundwände, die ebenso psychedelisch wie doomig durch die Halle schallen, die Visuals, verrückte Gesangs-Einlagen... Killer Auftritt!)
- Earthless (Funktionieren auch mit Gesang, aber natürlich steht nach wie vor das Gitarren-Gegniedel im Zentrum. Auch wenn ich gut unterhalten wurde: Auf der "Live At Roadburn" gingen sie noch deutlich entschlossener zu Werke...)
- Kaelan Mikla (Die 3 Mädels aus Island waren das erwartete Tages-Highlight! Geboten wurde spannender Darkwave, abseits der Musik waren auch die Bühnenoutfits und die passenden Videos im Hintergrund ein Hingucker. Einziger Negativpunkt waren ein paar Besucher, die mit sehr unanständigem Verhalten genervt haben: Aufdringliche Handyfotos mit Blitz, lautes Gelaber, Smartphone-Fixiertheit...)
- Cult Of Luna & Julie Christmas ("Mariner" ist ein Meisterwerk - und wird live noch mal grösser! In der grossen Halle ergab sich aus der Kombination aus Nebelschwaden und perfekt auf die Songs abgestimmten Licht ein beeindruckendes Bühnenbild. Noch beeindruckender war der Gesang von Julie Christmas: Nur schon mit den gewaltigen Sound-Wänden von Cult Of Luna mitzuhalten ist ja schon eine Herausforderung, die Frau schaffte es aber, diese über weite Strecken zu überstrahlen und nochmals gehörig aufzuwerten! Bitte "Mariner 2" aufnehmen!)
- Weedeater (Für mich schon immer die schwächere Version von Bongzilla und der unterhaltsame Redneck-Assi-Faktor konnte auch nur kurz darüber hinwegtäuschen, dass das Gebotene arg stumpf und monoton aus den Boxen kriecht. So flüchte ich dann relativ schnell Richtung Cul De Sac....)
- Une Misère (....was sich als beste Entscheidung des Tages entpuppt! Zu meiner Überraschung ergatterte ich noch einen ziemlich guten Platz vor der Bühne - wo kurze Zeit später ALLE durchdrehten. Der düstere Hardcore der Isländer wurde dermassen ernst, düster, mitreissend und zielsicher durch die kleine Kneipe geballert, dass sich innerhalb kürzester Zeit ein Moshpit bildete. Als sich der Sänger gegen Ende des Sets ans Publikum richtete und verkündete, dass der gesamte Auftritt einem Freund gewidmet ist, der sich vor genau einem Jahr das Leben genommen hat, nahm das ganze eine unerwartet emotionale Wendung: Der Mann, der vorher so wütend über die Bühne getobt war, kann die Tränen nicht zurückhalten. Im letzten Song wurde der Energielevel nochmal einen Tick hochgeschaltet und danach die Band unter tosendem Applaus verabschiedet. Die intesivste 30 Minuten des gesamten Festivals!)

FREITAG

- The Ruins Of Beverast (Krasser Kontrast: Draussen brannte die Sonne gnadenlos vom Himmel und sorgt für Hochsommer-Stimmung, drinnen im angenehm klimatisierten, abgedunkelten Green Room präsentieren die Ruinen "Exuvia" in voller Länge. Der eine oder andere langatmige Moment schleichte sich ein, aber trotzdem erschafft die Band einmal mehr ihren unverwechselbaren, hypnotischen Sog. Corpse Paint, Maskierungen, Kostüme, aufwendige Bühnendeko, Kerzen – haben sie alles nicht nötig, weil die Qualität der Musik schlicht und einfach für sich spricht!)
- Panopticon (Dieses erste Set war (von 2 Zugaben abgesehen) dem aktuellen Meisterwerk "The Scars of Man on the Once Nameless Wilderness" gewidmet. Als Einstieg wurden erstmal ein paar ruhige Songs mit Akustikgitarre, Banjo und Klargesang gespielt, zu denen es auch ein paar Erläuterungen zu Entstehung und Inhalt gab. Nicht nur "The Wandering Ghost" hat da für Gänsehaut gesorgt! Nach und nach wurde das Songmaterial härter bzw. metallischer, die 100 Minuten fühlten sich an wie eine halbe Stunde... Gross!)
- Planning For Burial (1-Mann-Projekt, das sich nur schwer einordnen lässt: Noise, Shoegaze und dröhnende Soundwände ergeben eine Mischung, die gleichzeitig lärmig und völlig entspannt zugleich klingt. Der Hit "Warmth of You" darf natürlich nicht fehlen, ansonsten sind Songstrukturen aber eher nebensächlich. Intensiver Auftritt, der mit einer zu Boden geschleuderten Gitarre endete.)
- Une Misère (Nach dem grossartigen Auftritt im Cul De Sac musste ich mir auch den zweiten Auftritt geben. Geboten wurde nochmal die selbe, halbstündige Show und erneut brachte der brachiale Hardcore die Leute zum Ausraten. Tränen gäb es dieses mal nicht, dafür den eindringlichen Appell, sich Hilfe zu holen, wenn man mit Selbstmord-Gedanken zu kämpfen hat.)
- Dhidalah (Nach so viel schwerer Kost eine willkommene Abwechslung, denn die Japaner orientieren sich offensichtlich vor Allem an Hawkwind, Black Sabbath und Hendrix. Neben tollen Weltraum-Fotos weiss insbesondere Ex-Church Of Misery-Gitarrist Ikuma Kawabe mit sehr coolen Soli zu begeistern. Wird Zeit für eine Neuauflage der "No Water"-Platte!)
- Grave Pleasures (Mit den Hits von "Motherblood" und den Beastmilk-Übersongs im Gepäck kann man nur gewinnen, was die Band auf der grossen, mit Schädeln und Gasmasken dekorierten Hauptbühne dann auch getan hat! Leider musste man beim Sound ein paar Abstriche machen, zudem war die Reihenfolge der Songs etwas seltsam ("Love In A Cold World" wird z.B. sehr früh verbraten). Das trübte die Stimmung aber nur minimal, besonders in den ersten Reihen wurde getanzt, mitgesungen und die Band zu Recht abgefeiert.)

SAMSTAG

- Hugsjá
(Gemütlicher Einstieg in den Tag, den ich sitzend von den Stufen aus verfolgte: Ivar Bjørnson und Einar Selvik brachten einmal mehr nordischen Folk auf die Roadburn-Bühne. Die Eräuterungen zu den Songinhalten fand ich durchaus interessant und der Auftritt war atmosphärisch - die mitreissende Urgewalt von Wardruna (mit Gaahl!) wurde aber natürlich nicht erreicht.)
- Panopticon (Leider nicht so mitreissend wie am Tag davor. Das lag vor Allem am schwachen Sound, der penetrant "knarzende" Bass sorgte für einige fragende Blicke...)
- Boris & Stephen O'Malley (Vor einer Wand aus Verstärkern zelebrierten meine Lieblings-Japaner, verstärkt um die eine Hälfte von Sunn(O))), das Album "Absolutego". Dröhnen, Noise, grosse Gesten, Nebelschwaden - was für ein gewaltiger Auftritt! Selbstverständlich musste dann auch gleich das speziell für diese Show hergestellte Shirt her.)
- Aerial Ruin (Nach diesem Erdbeben genau das Richtige, um wieder etwas runterzukommen: Auf der Het Patronaat-Bühne sorgte Erik Moggridge mit seinem 1-Mann-Projekt bzw. Akustikgitarre und Loop-Gerät für melancholische Stimmung, wobei diese mit trocken-sarkastischen Ansagen etwas aufgelockert wurde.)
- Greenmachine (Standen schon lange auf meiner Must-See-Liste und sie haben nicht enttäuscht: Die extrem motivierte und sympathische Band spielte das komplette "D.A.M.N."-Album durch, wobei sie wie eine Hardcore-Version von Church Of Misery rüberkamen. Im gut gefüllten Het Patronaat herrschte super Stimmung, der Auftritt hätte von mir aus nochmal eine halbe Stunde länger sein können! Ein bisschen schade: Ihr Merch war nach dem Konzert bereits abgebaut... Immerhin habe ich auf Nachfrage erfahren, dass da bald ein Onlineshop aufgeschaltet wird - und dass Greenmachine unbedingt wieder nach Europa kommen wollen, da es ihnen bei uns ziemlich gut gefallen hat.)
- Earthless & Kikagaku Moyo (Als Tagesabschluss treffen sich die beiden Bands zum "East Meets West Jam". Isaiah Mitchell, der mit seinen Gitarren-Exzessen sonst im Mittelpunkt steht, nimmt sich etwas zurück und fügt sich in das psychedelische Gesamtkunstwerk ein, das leise beginnt und dann mehr und mehr anschwillt. Am meisten faszinierte mich der Mann an der Sitar, welcher dem (eh tollen!) Instrument die verrücktesten Töne entlocken konnte. Ein paar Längen musste man in Kauf nehmen, aber alles in allem ist das Experiment geglückt!

SONNTAG

- Vánagandr (Der letzte Tag begann gleich mit einem ganz, ganz grossen Highlight: Musiker von Misþyrming, Naðra, Svartidauði und Wormlust zeigten gemeinsam einmal mehr eindrucksvoll auf, dass Island in Sachen Black Metal nach wie vor in der obersten Liga spielt. Auf der riesigen Leinwand loderte eine Sonne und ebenso brodelnd präsentierte sich die Musik, die extra für dieses Konzert geschrieben wurde und in der alle Eigenheiten der involvierten Bands zum Zug kamen. Rasender Black Metal wechselte sich, bei wahnsinnig druckvollem Sound, mit doomigen Parts ab und es bleibt nur zu hoffen, dass diese einzigartige Show augezeichnet wurde und als Livealbum veröffentlicht wird!)
- Wiegedood (Fand ich als Vorband von Wolves In The Throne Room ziemlich stark, in der grossen Halle wollte der Funke aber leider nicht so ganz überspringen... Nach der einer Viertelstunde ging es deshalb rüber ins Het Patronaat...)
- Hell (Die Band ist immer etwas an mir vorbeigegangen, entsprechend unvoreingenommen ging ich die Sache an. Hell spielten ihr aktuelles Album am Stück und bereits nach dem ersten Song war klar, dass ich mich mal näher mit diesen Doom-Amis beschäftigen muss! Das Songmaterial klingt nicht nur richtig fies, sondern lässt mit gekonnten Tempo-Wechseln auch keinerlei Langeweile aufkommen! Das rote Licht und die Hitze in der ehemaligen Kirche taten ihr Übriges, um sich für eine Stunde in der Hölle zu wähnen...)
- Zonal feat. Moor Mother (Eine noch grössere positive Überraschung als Hell! Der wohl ungewöhnlichste Auftritt des Festivals kombinierte düstere, lärmige Hip Hop-Beats mit aggressivem Rap zu einem extrem intensiven Gebräu. Passend dazu war die Bühne komplett zugenebelt, die Halle abgedunkelt und die Lichtkegel sehr gezielt eingesetzt. Dass dieses Wagnis nicht nur funktioniert, sondern (zu Recht!) abgefeiert wurde, spricht aus meiner Sicht sehr für das Roadburn-Publikum. Und genau solche Momente sind der Beweis dafür, dass dieses Festival gegenüber den ganzen Nachahmer-Veranstaltungen immer noch die Nase vorn hat!)
- Alda (Nicht der emotionale Höhepunkt, der ich mir aufgrund der Studioaufnahmen erhofft hatte, aber trotzdem ein guter Auftritt.)
- Godspeed You! Black Emperor (2 Stunden pure Grossartigkeit! "Mladic" ist ein frühes Highlight und spätestens bei "The Sad Mafioso" hat wohl jeder in der vollgepackten Halle eine meterdicke Gänsehaut! Wie gewohnt, wird die Musik mit tollen Videos untermalt, was auf der grossen Leinwand natürlich nochmal deutlich mehr her machen als bei Club-Konzerten. Keine andere Band im Post Rock-Bereich kann da auch nur annähernd mithalten. Gigantisch!)
- Vampillia (Ich spielte mit dem Gedanken, das Festival mit Vampillia und Zuriaake abzuschliessen, aber erstere klangen für mich dann doch zu lieblich, zu diesem Zeitpunkt war Geballer gefragt und so wurde dieser Plan nach ein paar Minuten bereits wieder verworfen....)
- GosT (....um im Green Room nochmal so richtig zu feiern! "Possessor" ist, neben "Leather Patrol", ganz klar das bisher beste Synthwave-Album des Jahres und somit freute ich mich natürlich vor Allem auf die neuen Songs. Der Auftritt war dann ein einziger Abriss - im Gegensatz zum Auftritt 2016 gab es dieses mal auch live gespielte Gitarre und Gesang, was das Ganze nochmal deutlich aufgewertet hat. Vor der Bühne ging die Post ab, Crowdsurfer wurden herumgereicht und sogar eine Wall Of Death gab es zu vermelden. Diese Party war der perfekte Abschluss für eine weitere grossartige Ausgabe des Festivals! Angesichts der vielen Carpenter Brut-Shirts bzw. den extrem abgefeierten Auftritten von Perturbator, Carpenter Brut und eben GosT scheint sich düsterer Synthwave am Roadburn innerhalb kürzester Zeit etabliert zu haben. Nächstes Jahr bitte Dance With The Dead und Dan Terminus!)


Die Nahrungsaufnahme habe ich jeweils auf die Mittagszeit beschränkt und mich jeweils im wunderbaren "Weirdo Canyon" für das sportliche Programm gestärkt. Zwischendurch blieb dann aber trotzdem noch genügend Zeit, beim Merch und der "Full Bleed"-Austellung verbeizuschauen, für alle anderen "Nebengeschichten" wollte ich aber nicht auf Konzerte verzichten. Die neuen Räumlichkeiten auf der anderen Strassenseite haben sich meiner Meinung gut ins Gesamtkonzept eingefügt (wobei ich Konzert-mässig nur Kaelan Mikla in der "Hall Of Fame" gesehen habe...), insbesondere das Einkaufen an den Merchständen war in der Halle viel entspannter als in den engen Räumen, wo es in den Jahren davor jeweils stattgefunden hatte. Da alle Hotels bereits ausgebucht waren, habe ich das erste mal auf dem "Urban Camping"-Zeltplatz genächtigt, was im Flexotel-Wohncontainer überraschend komfortabel war.

Fazit: Roadburn ist und bleibt das beste Festival der Welt! :feierei:
 
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