ACE OF SPADES
"Playing for the high one, dancing with the devil
Going with the flow, it's all a game to me"
Die Fakten:
VÖ: 08.11.1980
Label: Bronze Records
Studio: Jackson's (Rickmansworth)
Produzent: Vic Maile
12 Songs / 36:42 Minuten
Die Single "Ace of Spades" erschien vorab am 27.10. und erreichte Platz 15 in den britischen Charts. Das Album selbst landete später auf Platz 4.
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Mein "Ace of Spades":
Wir schreiben das Jahr 1980. Klein-Sandman mit seinen zarten 14 Jahren tastet sich seit zwei Jahren so langsam an den großen Bereich der Krachmucke heran. Weiter als bis URIAH HEEP und KISS hat er es allerdings noch nicht geschafft. Aber wenn man vorher nur Baccara, Dschinghis Khan und Konsorten gehört hat und The Police das Härteste war, dann sind die angemalten Rocker schon ne gewaltige Steigerung.
Dementsprechend tummeln sich auf meinem Plattenteller in diesem Jahr hauptsächlich "Unmasked" von Space Ace & Co. und so Sachen wie "Women and Children First" von VAN HALEN ... stilecht mit dem nahezu lebensgroßem Poster des halbnackten, behaarten David Lee Roth an meiner Wand.
Der Schock ist groß, als meine Lieblingsgazette (die "Bravo") auf einmal mit einem Typen aufwartet, der optisch glatt als Schwiegermutter-Schreck durchgehen würde: Lange Zotteln, speckige Klamotten, zwei schäferhundgroße Warzen im Gesicht und ein Haifischlächeln, bei dem Michael Myers flüchten gehen würde.
Und dann das erste Hörerlebnis im Radio: "Ace of Spades"! Wer ist der Mann und warum schreit der so? Und überhaupt: Was soll der Krach? Kann man das überhaupt als Musik bezeichnen? Motörhead ... so so. Schnell mal zur Entspannung richtige Rockmusik auflegen ... "Alive II" oder sowas in der Art. Zur Not geht auch noch Heeps neue Scheibe "Conquest", obwohl ohne John Lawton für mich der Drops erstmal gelutscht ist. Aber auf gar keinen Fall dieser Lemmy und seine beiden ungepflegten Kumpane ... "Fast Eddie" (ja, nur schnell weg von hier) und Phil "Animal" Taylor (Jepp, die Ähnlichkeit zu dem Muppets-Animal ist unverkennbar)! Und überhaupt: Dieses Cover!? Drei verwegene Mexikaner auf ner Schutthalde, was soll das denn nun wieder bedeuten?
Ein Kumpel von mir hatte "Ace of Spades" auf Vinyl und natürlich wurde die Platte eines Nachmittags angetestet. Ganze Nachmittage haben wir damit verbracht, neue und alte Alben durchzuhören ... einfach querbeet - was gefiel wurde gehört, bis die Rillen aus dem Vinyl waren. Ich hab auch knapp 40 Jahre später noch so Sachen wie "Nightboat to Cairo" (vom MADNESS Debüt-Album "One Step Beyond") oder Nina's "Unbehagen" im Kopf routieren.
Und dann war halt auch der Zeitpunkt gekommen, an dem sich "Ace of Spades" auf dem Plattenteller wiederfand. "Love me like a Reptile" ... nee Alter, lass mal gut sein, ich hab mit der Pubertät so schon genug zu tun. "Shoot you in the Back" ... ja genau so siehste aus, Mr. Kilmister!
Fazit: 1980 machte "Ace of Spades" mir einfach nur Angst und war weit von dem Kultstatus entfernt, den es heutzutage bei mir innehat. Ich war einfach noch nicht reif für MOTÖRHEAD ... und das sollte noch viele, viele Jahre so bleiben. Letztendlich habe ich es dann doch irgendwann begriffen und gerade dieses Album hat dazu beigetragen, dass es Lemmy & Co. bis ganz nach oben in meiner persönlichen Beliebtheitsskala geschafft haben. Mister Kilmister ist für mich nicht einfach nur ein Musiker - mit seiner Art zu leben und das Leben an sich zu betrachten fühlte ich mich ihm verbundener als mit den meisten Menschen, die ich persönlich kenne.
Die Lücke, die Lemmy bei mir musikalisch und vor allem menschlich hinterlassen hat, ist groß und nicht mehr zu füllen. Er gehörte zu einer aussterbenden Spezies und ist vielleicht sogar der Letzte seiner Art gewesen.
Nochmal zurück zum Album, weil da mein Ursprung lag: Heuzutage spiegelt "Ace of Spades" und natürlich besonders der Titelsong für mich perfekt das Lebensgefühl der frühen 80er wider. Die 70er hatten einen zerrissen zwischen Disco und Punk zurück gelassen und keiner wusste, was das neue Jahrzehnt bringen würde. Es brachte Lemmy hervor, der zwar mit seinen drei Alben vorher schon für Aufmerksamkeit gesorgt hatte (und erst mit dem Nachfolgealbum "Iron Fist" auch die deutschen Charts erobern sollte), aber "Ace of Spades" war der rotzrockige Weckruf für eine ganze Generation und gleichzeitig Inspiration für zig Bands, die im Laufe der folgenden Jahrzehnte kommen sollten.
But that's the Way I like it, I don't wanna live forever.
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Hintergrundinfos:
--> Das Cover wurde nicht etwa in der kalifornischen Wüste aufgenommen, sondern nördlich von London, in South Mimms.
--> Den Text zu "We are the Roadcrew" hat Lemmy innerhalb von 10 Minuten geschrieben.
--> Die Texte zu den meisten Songs basierten auf persönlichen Erfahrungen, wie auch "The Chase is better than the Catch". Zitat Lemmy: "... sobald du mit jemanden zusammenziehst, ist alles vorbei, verdammt noch mal. Sie lassen ihre Schlüpfer im Bad rumliegen und sie haben scheußliche Angewohnheiten, von denen man vorher nichts wusste und dann fällt es dir wie Schuppen von den Augen. Es ist tödlich. Eine Beziehung zu haben ist tödlich für die Beziehung – verstehen sie." (Quelle: "Lemmy – White Line Fever").
--> Eine Online-Kampagne nach dem Tod von Lemmy trug "Ace of Spades" bis auf Platz 13 der Charts, zwei Plätze besser als damals nach der VÖ.
Fast Eddie im Interview mit Rocks:
„Wir waren zwei Wochen bei Rockfield, hatten Wodka und alles andere am Start. Leider konnte Lemmy damals nicht viel mit Proben anfangen – er hatte ein nettes Mädel dabei, also war er abgelenkt. Aber Phil und ich spielten gerne. Wenn wir also fertig waren mit Angeln, Rumhängen und weiß Gott was sonst noch, legten Phil und ich los. Das gab uns die Chance, an ein paar Riffs zu arbeiten.“
„Manchmal sage ich Leuten, dass ich vor Jahren in einer Band war. Wenn sie dann fragen, ‚Oh, welche denn?‘, und ich sage
Motörhead, sehen sie mich konsterniert an. Dann sage ich ›Ace Of Spades‹ und der Groschen fällt. Sie kennen vielleicht nicht
Motörhead, aber sie kennen definitiv 'Ace of Spades'.“
"Legendenbildend wie immer behauptete Lemmy, diese Worte (den Text zu "Ace of Spades") auf dem Rücksitz eines Ford Transit geschrieben zu haben, der mit 150 km/h über die Autobahn sauste. Er könnte den Text genauso gut auf dem fucking Scheißhaus verfasst haben. Das tat er oft. Wie sagten 'Mann, wir brauchen einen verdammten Taxt dafür'. Also ging er scheißen und schrieb einen. Aber wenn er behauptet hat, dass er in einem Ford Transit entstand, muss man ihm glauben."