All Them Witches - aktuell: "Nothing As The Ideal" (2020)

RidingOnTheWind

Till Deaf Do Us Part
Großes Dankeschön an die Menschen aus dem Psychedelic / Surf / Space / Stoner Rock-Thread, da ich die Band dort kennengelernt und damit begonnen habe, die Musik aufzusaugen. Die Alben, die ich bisher angekommen sind (vier), wollte ich nach und nach ein wenig beschreiben. Vielleicht ist für jemanden was dabei.

Hailing from Tennessee since 2012, besteht die Band aktuell noch aus drei Gründungsmitgliedern: Charles Michael Parks Jr. – Bass, Gesang, Guitarre, Ben McLeod – Guitarre und Robby Staebler – Drums.

Ein Gründungsmitglied hat die Band verlassen und inwieweit das den Sound verändert hat, kann ich noch nicht ganz greifen, da ich die Alben nicht in chronologischer Reihenfolge kennengelernt habe, sondern wild durcheinander. Ich bin spontan nach den Covern gegangen. :D Aber der Weggang scheint mir aufgrund der Instrumente und vermutlich auch in Bezug auf das Songwriting schon bedeutsam, denn Allan Van Cleave – Keyboards, Violine ist nicht mehr dabei. Zumindest letztere hat teils schon eine prominente Rolle in der Melodieführung inne gehabt und viel Diversität in den Sound gebracht, auch etwas Ätherisches, Fremdes, dann wieder Folkiges. Jonathan Draper ist 2018 mal mit Keyboards eingesprungen.
 
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Lightning At The Door (2013)

1. Funeral For A Great Drunken Bird
2. When God Comes Back
3. The Marriage Of Coyote Woman
4. Swallowed By The Sea
5. Charles William
6. The Death Of Coyote Woman
7. Romany Dagger
8. Mountain
9. Romany Dagger (Remended)
10. Surface-To-Air Whistle


Das Album zieht mich nach einer knappen Minute mit einem schweren Stonerriff in sich hinein, über dem eine sirrende, flirrende Violine zu hören ist. Sie klingt ein wenig, als spräche sie aus dem All und erinnert mich in dieser Kombination an Villagers Of Ioannina City, auch wenn es dort eine Klarinette(?) ist. Eine wunderschöne Kombination für meine Ohren. Die Gitarre legt sich als dritte Stimme um die Violine und umschlingt ihre Melodie. Sofort fällt mir auch das Drumming auf, das ich hier als tanzend und getragen beschreiben würde. Ein bisschen, wie der Herzschlag der Musik. Über alle Alben hinweg ist das Drumming für mich ein Highlight.

Es verschmelzen auf diesem Album insgesamt drei interessante Elemente miteinander. Einerseits etwas dunkles, folkiges, eher archaisches. Ich würde es tatsächlich als Dark Folk beschreiben mit Auswüchsen in den Blues und dementsprechend irgendwo zwischen mystisch / ritualhaft bis zu eher melancholisch / schwermütig changierend. Besonders diese dunkle Mystik packt mich voll. Gefühlt ist immer Nacht. Ich rieche Blut, Feuer, dunkle Erde. „Romany Dagger“ etwa ist sehr folkig mit Violine und Tambourin und entweder Kehlkopfgesang weit im Hintergrund, oder Instrumenten, die so klingen und diesen Sound imitieren.

Als zweites Element die schweren Stoner-Anteile, die teils wirklich kantig, wuchtig, schwer und schroff, auch sehr groovend daher kommen. In Songs wie „When God Comes Back“ finde ich beispielsweise viel Groovendes, auch transportiert durch den lässigen Gesang, nicht nur durch die Musik an sich. Der Gesang hält sich ansonsten über weite Teile des Albums auch immer wieder komplett zurück, was ich sehr mag, da ich dann besonders wegdrifte. Nur der Musik zu folgen ist in ihren psychedelischen Momenten dann wie ein Trip.

Und als drittes Element in der Verbindung die sehr freie, experimentelle Seite des Albums, die fast wie Improvisation anmutet. Psychedelisch und richtig gut trippig. Sogwirkung erzielt für mich dahingehend zB „Charles William“.

Leider hat keines der Booklets aller Alben Texte, sodass ich nicht so richtig checke, um was es geht. Songtitel wie „Marriage Of Coyote Woman“, „Death Of Coyote Woman“ oder „Romany Dagger“ schicken meine Fantasie auf eine bildhafte Reise, gleich einem Geschichtenerzählen.

Mein Lieblingssong ist „Swallowed By The Sea“, der wie ein Mikrouniversum der drei Elemente in dem Album wirkt. Der Song klingt für mich eingangs wie ein Totenlied, fragil, zärtlich, seltsam, anfangs auch nur akustisch begleitet, dann wird er schwer, mit verzerrten Gitarren und drückenden Riffs. Die Psychedelik finde ich in den experimentellen Gitarren, die mich weit nach Innen führen. Ebenso in dem grandiosen Drumming, das ich als eine Mischung aus vertrackt und rollend, sehr organisch, bezeichnen würde.


Anspieltipps:

1) "Funeral For A Great Drunken Bird"
 
Danke für diesen Thread. Ich kenne zwar ein bisschen was von dieser Band, aber wahrlich nicht genug, um mir ein Urteil über deren Schaffen bilden zu können. Was ich kenne, finde ich jedoch fantastisch. Und hiermit hast du mich endgültig in Richtung Plattenladen gejagt:

Besonders diese dunkle Mystik packt mich voll. Gefühlt ist immer Nacht. Ich rieche Blut, Feuer, dunkle Erde.

Will ich in allen Sprachen der Welt ausdrucken und in Prachtleder binden lassen...!
 
Eine tolle Band, die ich leider auch erst letztes Jahr mit dem aktuellen Album richtig kennengelernt habe. Meine Initialzündung war dieser Radiomitschnitt:
Das Album "ATW" hat mich dann aber nicht so gepackt, das klingt irgendwie seltsam, finde ich. Deshalb ich die Band erstmal wieder etwas aus den Augen verloren. Inzwischen habe ich alle Alben zumindest mal gehört und finde jedes zweite richtig geil, die anderen zumindest gut. Die erste klingt IMO noch etwas unfertig und nicht so eigenständig, danach macht man eigentlich nichts mehr falsch. Ich muss das alles mal nachkaufen.

Als Stoner würde ich das aber gar nicht mehr einsortieren, das ist viel mehr. Blues, Americana, Folk, Alternative... Atmosphärisch ist das genau meins. Schwer, träge, dunkel, rural, aber auch irgendwie sehr countryside-amerikanisch, das ist nicht nur Landschaft, sondern auch Kleinstadt mitten in der Prärie.

Übrigens: Es könnte sich lohnen, mal ihre finnischen Brüder The Devil and the Almighty Blues anzutesten. Atmosphärisch und vom Sound sehr ähnlich, insgesamt vielleicht etwas brachialer und nicht so vielschichtig. Drei Alben, ich mag besonders das zweite.
 
Eine tolle Band, die ich leider auch erst letztes Jahr mit dem aktuellen Album richtig kennengelernt habe. Meine Initialzündung war dieser Radiomitschnitt:
Das Album "ATW" hat mich dann aber nicht so gepackt, das klingt irgendwie seltsam, finde ich. Deshalb ich die Band erstmal wieder etwas aus den Augen verloren. Inzwischen habe ich alle Alben zumindest mal gehört und finde jedes zweite richtig geil, die anderen zumindest gut. Die erste klingt IMO noch etwas unfertig und nicht so eigenständig, danach macht man eigentlich nichts mehr falsch. Ich muss das alles mal nachkaufen.

Als Stoner würde ich das aber gar nicht mehr einsortieren, das ist viel mehr. Blues, Americana, Folk, Alternative... Atmosphärisch ist das genau meins. Schwer, träge, dunkel, rural, aber auch irgendwie sehr countryside-amerikanisch, das ist nicht nur Landschaft, sondern auch Kleinstadt mitten in der Prärie.

Übrigens: Es könnte sich lohnen, mal ihre finnischen Brüder The Devil and the Almighty Blues anzutesten. Atmosphärisch und vom Sound sehr ähnlich, insgesamt vielleicht etwas brachialer und nicht so vielschichtig. Drei Alben, ich mag besonders das zweite.
Den Radiomitschnitt habe ich auch schon entdeckt und war mal schwer geflasht. Irritierend, wie der Sänger im thumbnail außerdem optisch an Townes van Zandt erinnert. Beim Hören hatte ich in den dunklen, countryartigen Songs stimmlich und atmosphärisch teils den Gedanken "Townes van Zandt der Gegenwart".

Witzig, ich wollte dir die Band eigentlich als Tipp sagen, wenn ich dir im nächsten Jahrtausend nach Corona irgendwann mal die LP von Malice abkaufe, aber dann kennst du die ja schon!

The Devil And The Almighty Blues checke ich mal aus - danke.
 
Ich hab heute obsessiv Lightning at the Door gehört und habe dabei das Gefühl, eine Wesenheit aus purer Elektrizität rührt mir in meinem Innersten herum. Alles an dieser Musik spricht von uraltem Leben und auch etwas Dunklem, fast schon Bösem. Unter dem schwerblütigen Grooves und den flirrenden Oberflächen verbirgt sich etwas, das von weit jenseits des Tageslichts ins Hier herübergreift und sucht und tastet und findet. Als Droge wäre dies Opium, wäre da nicht diese energetische Spannung, die wie Blitzschläge in Zeitlupe in den Lehm der Seele fahren und dort Leben schaffen oder es zu hartem Geräum verbrennen. Old American Evil...!
 
Habe gerade den o.a. Radiomitschnitt angehört. Gefällt mir überraschend gut, bestimmt ne unglaublich intensiv gute live Band.

Ich hatte spontan eine Assoziation zu den Doors, aufgrund der für mich hypnotisch-therapeutischen Musik. Stark
 
Ich hab heute obsessiv Lightning at the Door gehört und habe dabei das Gefühl, eine Wesenheit aus purer Elektrizität rührt mir in meinem Innersten herum. Alles an dieser Musik spricht von uraltem Leben und auch etwas Dunklem, fast schon Bösem. Unter dem schwerblütigen Grooves und den flirrenden Oberflächen verbirgt sich etwas, das von weit jenseits des Tageslichts ins Hier herübergreift und sucht und tastet und findet. Als Droge wäre dies Opium, wäre da nicht diese energetische Spannung, die wie Blitzschläge in Zeitlupe in den Lehm der Seele fahren und dort Leben schaffen oder es zu hartem Geräum verbrennen. Old American Evil...!
<3

Ich nehme das auch wahr.
Das Album ist seltsam.
 
Super, dass die Band jetzt nen eigenen Thread hat. Läuft dank der tollen Beiträge seit ein paar Tagen hier auch mal wieder regelmäßig. Also zumindest die ersten drei Alben. Mit den späteren und auch dem aktuellen tue ich mich ein bisschen schwer. Was aber nicht heißt, dass die nicht gut wären, gar nicht. Sie sind nur für mich nicht so magisch.
 
Nachdem mich die letzten Platten nicht so gepackt haben bin ich wieder optimistischer für die Zukunft, da Allan Van Cleave wieder in der Band ist.
 
Ich hab mir jetzt mal die "Lightning At The Door" in diesem schicken seaglass/lavender/metallic swirl Vinyl bestellt.
 
All Them Witches – Blacksnake Blues
Blacksnake Blues is the first song from ATW's upcoming project, "Baker's Dozen." Baker's Dozen will feature 13 songs, one each month in 2022 plus an extra track.
 
Menschen, die All Them Witches aus welchem Grund auch immer (Spoiler: mir fällt keiner ein) noch nicht kennen und alle, die diesen in Ton gebrachten Wahnsinn schon kennen, sollten 'Live On The Internet' hören, erfahren, schätzen lernen. 2020 als einmaliges Liveding (ging ja nicht anders, nech) per Stream gespielt, ist das Konzert dann doch regulär (gab auch ne RSD-Version) auf 3xVinyl und CD erschienen. Einmal quer durch alle Alben mit Ausnahme des Debuts geht die Reise, klug ausgewählte Setlist mit einem leichten Schwerpunkt auf dem letzten Album. Was ja auch logisch ist, Tour konnte ja nicht stattfinden. Was hat die Band für eine Energie, meine Güte...

Wer Vinyl kaufen mag, sollte nicht zur farbigen Pressung greifen, die hat wohl Pressfehler. Hier läuft das Schwarze und tönt fein. Insgesamt spartanisch aufgemacht und nicht ganz günstig. Aber die Musik, die Musik zählt ja.
 
Ich habe die schwarze Version zu Reviewzwecken vorliegen und bin doch ziemlich enttäuscht, was dem Fan hier so rein von der schlampigen Verabeitung her vor die Füße geworfen wird. Das Vinyl ist voller Schlieren, an den Rändern und in den Mittellöchern hängt überall noch ein Grat dran, das Mastering mufft die unteren Frequenzen mit viel zu viel Bass dicht und nimmt dem Sound dieser geilen Band einiges an Nuancen und die Sleeves sind anscheinend nur mit etwas Spucke zusammengeklebt. Rein musikalisch und vor allem, was die energiegeladene Performance angeht, ist das alles meisterhaft, aber für den Preis finde ich das doch etwas lieblos produziert. Aber vielleicht habe ich als Rezensionsexemplar einfach Mangelware erhalten, wer weiß?
 
Die Tour von 21 ist ja auf dieses Jahr verschoben. Hätte gedacht, da wäre nun das meiste schon ausverkauft. Und siehe da: nein. Also gehts Ende Oktober nach Hamburg. Und wenn denn wirklich wie angekündigt die großartigen Slift als Support dabei sind, freu ich noch ein bisschen mehr.

06.10. Berlin, Huxleys
07.10. Leipzig, UT Connewitz
11.10. München, Backstage Werk
12.10. Frankfurt, Batschkapp
13.10. Stuttgart, Wizemann Halle
25.10. Köln, Kantine
28.10. Hamburg, Uebel & Gefährlich
 
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