GrafWettervomStrahl
Deaf Dealer
Ich habe keine Ahnung, ob auch nur eine Seele im Forum dieses Thema interessiert, aber ich wage den Versuch. Es soll hier nicht um Nerd-Talk gehen, das ist ja schließlich kein Gitarristen-Forum. Die Idee ist einfach Geschichten zu erzählen. Geschichten, die vielleicht den einen oder die andere darauf bringen, mal wieder diese oder jene Band mit Aufmerksamkeit zu bedenken. Oder eines der Alben aufzulegen, von denen die Rede war.
In einer Zeit, in der wir uns alle physisch voneinander weitgehend entfernt halten müssen, möge dieser Thread auch einen Schuß Haptik in den Alltag bringen.
Jeder, der oder die eine interessante Geschichte zu erzählen hat, ist herzlich eingeladen, ja beinahe genötigt dies hier zu tun! Ich hatte im Sinn, in jedem Beitrag immer eine berühmte Gitarre mit einer Geschichte vorzustellen und gleichsam noch ein schönes Gitarrenalbum als Beigabe mit in den Koffer zu legen.
Und ich möchte mit dem imo schönsten E-Gitarrenmodell anfangen, das diese Welt jemals hervorgebracht hat: Der Gibson Les Paul. Nur ganz rasch ein paar Eckdaten zur Historie dieses Modells. 1952 als Gibsons Antwort auf Fenders Telecaster-Modell entstanden, war sie in den gesamten 50er Jahren ein Verkaufserfolg. Zunächst gab es sie in Gold und Schwarz, ab 1958 dann auch in einer sog. Sunburst-Lackierung. Die ist außen rot und innen gelb und so dünn aufgetragen, daß man die Maserung des Holzes durchscheinen sehen kann.
Der Korpus einer Les Paul besteht aus Mahagoni mit einer aufgeleimten Ahorndecke, die gewölbt ist. Das gibt der Gitarre die Aura eines Streichinstruments aus der Klassischen Musik. Der Hals besteht ebenfalls aus Mahagoni, zumindest bei den berühmten Modellen der 50er.
Die Les Pauls, die bei Gibson von 1958-1960 gefertigt wurden, hießen Les Paul Standard. In diesen drei Jahren 1958, 1959 und 1960 wurden schätzungsweise 1400-1700 Stück produziert. Die Absatzzahlen sanken innerhalb dieser drei Jahre beträchtlich, auch weil Konkurrent Fender den damaligen Zeitgeist besser traf, so daß Gibson 1961 zunächst die Fertigung des Les-Paul-Modells einstellte. Heute sind Exemplare der Les Paul aus den Jahren 1958-60 die gesuchtesten und teuersten E-Gitarren aller Zeiten.
Richtig berühmt wurde die Les Paul erst Mitte der 60er Jahre. Vor allem die Bluesrock-Gitarristen haben sie plötzlich für sich entdeckt, allen voran Eric Clapton, der auf dem sog. Beano-Album von John Mayall´s Bluesbreakers die Kombination von Gibson Les Paul und Marshall-Verstärker unsterblich machte.
Viele andere bekannte Gitarristen mußten deshalb unbedingt auch so eine Les Paul haben, am besten in der Standard-Version mit der hübschen Sunburst-Lackierung aus den Jahren 1958-60. Spätestens Jimmy Page hat die Les Paul Standard dann Ende der 60er neben der Fender Stratocaster zu dem Hardrock-Werkzeug Nummer eins gemacht. Und in den 70ern wollte auch ein Gitarrist names Joe Perry unbedingt so eine Paula (wie die Les Paul in Gitarristenkreisen bloß genannt wird). Die Aerosmith-Klassiker "Toys In The Attic" und "Rocks" spielte er fast zur Gänze mit seiner Les Paul Standard aus dem Jahr 1959 ein und blieb seiner Lieblingsklampfe auch danach weiterhin treu - bis er aus drogentechnischen oder sonstigen Gründen Anfang der 80er Jahre die Band verlassen und bald danach seine geliebte Gitarre verkaufen mußte.
Mitte/Ende der 80er gab es für Aerosmith dann einen zweiten Frühling und Perry war wieder in der Band. Nur eben ohne seine Les Paul Standard. Er vermisste das Teil offensichtlich so sehr, daß er seinem Gitarrentechniker den Auftrag gab, nach dem Ding zu suchen. Was in einer Zeit Pre-Internet vermutlich gar nicht einfach war. Und wirklich kam der Techniker irgendwann mit einem Gitarrenmagazin angelaufen, in dem auf einer Doppelseite Slash mit einigen seiner wertvollsten Gibson Les Pauls abgebildet war. In der Mitte der doppelseitigen Fotografie erkannte Perry seine heißgeliebte alte Paula.
Sogleich nahm er Kontakt zu Slash auf, der bekanntermaßen ein großer Fan von Perry war und schon als kleiner Junge Luftgitarre zu Aerosmith-Songs gespielt hatte. Perry bat dringend darum, Slash seine alte Paula abkaufen zu können, er solle jeden Betrag nennen, der ihm lieb sei, Perry würde ihn bezahlen. Denn Geld war wieder reichlich da nach dem großen Erfolg von Aerosmith Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre.
Slash entschuldigte sich jedesmal, wenn Perry wieder anrief, und meinte verlegen: "Mann, frag mich etwas anderes!" Er wollte die Gitarre nicht herausrücken. Irgendwann, nach vielen Anrufen und Bitten, sagte Perry Slash, er würde nun nicht weiter in ihn dringen, Slash solle einfach in sich gehen und wenn er sich einmal tatsächlich von dieser ganz speziellen Klampfe trennen könne, möchte er bitte nur ihn, Joe Perry, anrufen, denn er würde sie mehr haben wollen als irgendjemand sonst auf dieser Welt.
Die Les Paul, von der hier die Rede ist, ist im Video von "November Rain" zu sehen, wenn Slash vor die Kirche tritt und zu seinem berühmten Solo anhebt. Es handelt sich, wie erwähnt, um eine 1959er Les Paul (den besten Jahrgang von den dreien), die Lackierung war durch den Lichteinfluß der Jahrzehnte zu einem sog. Tobacco Sunburst geworden, also am Rand nachgedunkelt.
Diese Les Pauls aus dem Jahr 1959 erzielen von allen Paulas gewöhnlich die höchsten Preise am Markt. Wir reden von etlichen hunderttausend Dollar. Mit prominenten Vorbesitzern steigt der Preis nochmal gewaltig, den ein Sammler blechen müßte, wenn ihm überhaupt noch eine solche Gitarre angeboten wird.
Joe Perry hat bei Conan O´Brien die Geschichte wie folgt weitererzählt. Es gab eine Feier zu seinem 50. Geburtstag und befreundete Bands spielten für ihn. Auf einmal kam Perrys Gitarrentechniker mit einer Gitarre zu ihm und meinte, Slash wolle Joe Perry seine alte Les Paul gern zum Geburtstag schenken.
Ich finde, das ist wirklich eine der schönsten Geschichten aus dem gesamten Rockzirkus, Slash schenkt seinem großen Vorbild Joe Perry "ihre gemeinsame" Gitarre, die er ihm für über eine halbe Million Dollar genausogut hätte verkaufen können. Man muß zusätzlich bedenken, daß diese Les Paul inzwischen natürlich auch für Slash einen sentimentalen Wert bekommen hatte. Aber er hatte sich wohl zu der Einsicht durchgerungen, daß die "November-Rain-Les-Paul" letzlich Perry noch mehr als ihm, Slash, zugehörte.
Wohl dem, der solche Fans hat, Joe Perry!
Als Gitarrenalbum möchte ich nach diesem ersten Beitrag gerne eines in den Gitarren-Koffer legen, das NICHT auf einer Les Paul eingespielt wurde, sondern vor allen Dingen auf einer Gibson ES-335 (nämlich "Cliffs of Dover") und einer selbst sehr berühmten Fender Stratocaster:
Eric Johnson - "Ah Via Musicom"
In einer Zeit, in der wir uns alle physisch voneinander weitgehend entfernt halten müssen, möge dieser Thread auch einen Schuß Haptik in den Alltag bringen.
Jeder, der oder die eine interessante Geschichte zu erzählen hat, ist herzlich eingeladen, ja beinahe genötigt dies hier zu tun! Ich hatte im Sinn, in jedem Beitrag immer eine berühmte Gitarre mit einer Geschichte vorzustellen und gleichsam noch ein schönes Gitarrenalbum als Beigabe mit in den Koffer zu legen.
Und ich möchte mit dem imo schönsten E-Gitarrenmodell anfangen, das diese Welt jemals hervorgebracht hat: Der Gibson Les Paul. Nur ganz rasch ein paar Eckdaten zur Historie dieses Modells. 1952 als Gibsons Antwort auf Fenders Telecaster-Modell entstanden, war sie in den gesamten 50er Jahren ein Verkaufserfolg. Zunächst gab es sie in Gold und Schwarz, ab 1958 dann auch in einer sog. Sunburst-Lackierung. Die ist außen rot und innen gelb und so dünn aufgetragen, daß man die Maserung des Holzes durchscheinen sehen kann.
Der Korpus einer Les Paul besteht aus Mahagoni mit einer aufgeleimten Ahorndecke, die gewölbt ist. Das gibt der Gitarre die Aura eines Streichinstruments aus der Klassischen Musik. Der Hals besteht ebenfalls aus Mahagoni, zumindest bei den berühmten Modellen der 50er.
Die Les Pauls, die bei Gibson von 1958-1960 gefertigt wurden, hießen Les Paul Standard. In diesen drei Jahren 1958, 1959 und 1960 wurden schätzungsweise 1400-1700 Stück produziert. Die Absatzzahlen sanken innerhalb dieser drei Jahre beträchtlich, auch weil Konkurrent Fender den damaligen Zeitgeist besser traf, so daß Gibson 1961 zunächst die Fertigung des Les-Paul-Modells einstellte. Heute sind Exemplare der Les Paul aus den Jahren 1958-60 die gesuchtesten und teuersten E-Gitarren aller Zeiten.
Richtig berühmt wurde die Les Paul erst Mitte der 60er Jahre. Vor allem die Bluesrock-Gitarristen haben sie plötzlich für sich entdeckt, allen voran Eric Clapton, der auf dem sog. Beano-Album von John Mayall´s Bluesbreakers die Kombination von Gibson Les Paul und Marshall-Verstärker unsterblich machte.
Viele andere bekannte Gitarristen mußten deshalb unbedingt auch so eine Les Paul haben, am besten in der Standard-Version mit der hübschen Sunburst-Lackierung aus den Jahren 1958-60. Spätestens Jimmy Page hat die Les Paul Standard dann Ende der 60er neben der Fender Stratocaster zu dem Hardrock-Werkzeug Nummer eins gemacht. Und in den 70ern wollte auch ein Gitarrist names Joe Perry unbedingt so eine Paula (wie die Les Paul in Gitarristenkreisen bloß genannt wird). Die Aerosmith-Klassiker "Toys In The Attic" und "Rocks" spielte er fast zur Gänze mit seiner Les Paul Standard aus dem Jahr 1959 ein und blieb seiner Lieblingsklampfe auch danach weiterhin treu - bis er aus drogentechnischen oder sonstigen Gründen Anfang der 80er Jahre die Band verlassen und bald danach seine geliebte Gitarre verkaufen mußte.
Mitte/Ende der 80er gab es für Aerosmith dann einen zweiten Frühling und Perry war wieder in der Band. Nur eben ohne seine Les Paul Standard. Er vermisste das Teil offensichtlich so sehr, daß er seinem Gitarrentechniker den Auftrag gab, nach dem Ding zu suchen. Was in einer Zeit Pre-Internet vermutlich gar nicht einfach war. Und wirklich kam der Techniker irgendwann mit einem Gitarrenmagazin angelaufen, in dem auf einer Doppelseite Slash mit einigen seiner wertvollsten Gibson Les Pauls abgebildet war. In der Mitte der doppelseitigen Fotografie erkannte Perry seine heißgeliebte alte Paula.
Sogleich nahm er Kontakt zu Slash auf, der bekanntermaßen ein großer Fan von Perry war und schon als kleiner Junge Luftgitarre zu Aerosmith-Songs gespielt hatte. Perry bat dringend darum, Slash seine alte Paula abkaufen zu können, er solle jeden Betrag nennen, der ihm lieb sei, Perry würde ihn bezahlen. Denn Geld war wieder reichlich da nach dem großen Erfolg von Aerosmith Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre.
Slash entschuldigte sich jedesmal, wenn Perry wieder anrief, und meinte verlegen: "Mann, frag mich etwas anderes!" Er wollte die Gitarre nicht herausrücken. Irgendwann, nach vielen Anrufen und Bitten, sagte Perry Slash, er würde nun nicht weiter in ihn dringen, Slash solle einfach in sich gehen und wenn er sich einmal tatsächlich von dieser ganz speziellen Klampfe trennen könne, möchte er bitte nur ihn, Joe Perry, anrufen, denn er würde sie mehr haben wollen als irgendjemand sonst auf dieser Welt.
Die Les Paul, von der hier die Rede ist, ist im Video von "November Rain" zu sehen, wenn Slash vor die Kirche tritt und zu seinem berühmten Solo anhebt. Es handelt sich, wie erwähnt, um eine 1959er Les Paul (den besten Jahrgang von den dreien), die Lackierung war durch den Lichteinfluß der Jahrzehnte zu einem sog. Tobacco Sunburst geworden, also am Rand nachgedunkelt.
Diese Les Pauls aus dem Jahr 1959 erzielen von allen Paulas gewöhnlich die höchsten Preise am Markt. Wir reden von etlichen hunderttausend Dollar. Mit prominenten Vorbesitzern steigt der Preis nochmal gewaltig, den ein Sammler blechen müßte, wenn ihm überhaupt noch eine solche Gitarre angeboten wird.
Joe Perry hat bei Conan O´Brien die Geschichte wie folgt weitererzählt. Es gab eine Feier zu seinem 50. Geburtstag und befreundete Bands spielten für ihn. Auf einmal kam Perrys Gitarrentechniker mit einer Gitarre zu ihm und meinte, Slash wolle Joe Perry seine alte Les Paul gern zum Geburtstag schenken.
Ich finde, das ist wirklich eine der schönsten Geschichten aus dem gesamten Rockzirkus, Slash schenkt seinem großen Vorbild Joe Perry "ihre gemeinsame" Gitarre, die er ihm für über eine halbe Million Dollar genausogut hätte verkaufen können. Man muß zusätzlich bedenken, daß diese Les Paul inzwischen natürlich auch für Slash einen sentimentalen Wert bekommen hatte. Aber er hatte sich wohl zu der Einsicht durchgerungen, daß die "November-Rain-Les-Paul" letzlich Perry noch mehr als ihm, Slash, zugehörte.
Wohl dem, der solche Fans hat, Joe Perry!
Als Gitarrenalbum möchte ich nach diesem ersten Beitrag gerne eines in den Gitarren-Koffer legen, das NICHT auf einer Les Paul eingespielt wurde, sondern vor allen Dingen auf einer Gibson ES-335 (nämlich "Cliffs of Dover") und einer selbst sehr berühmten Fender Stratocaster:
Eric Johnson - "Ah Via Musicom"
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