Der allgemeine Fußballthread II

Auch das lässt sich nicht vergleichen.
Man kann nicht einfach ins Blaue sagen, dass "die Fifa" schon immer korrupt war, und danach ist man argumentativ aus dem Schneider, weil wird ja schon irgendwie stimmen und der Applaus für diesen Satz ist einem sicher. Der Satz ist aber solange nicht richtig, solange dazu jegliche Statistik / Fakten / Beweise fehlen.
Es waren andere Personen, andere Verhältnisse, es gab andere politisch-gesellschaftliche Hintergründe, andere Vernetzungen, andere Interessen usw usf. Wer weiß denn, wie Fifa-Mensch XY des Landes A damals getickt hat, der möge sich an dieser Stelle melden. Wer weiß, ob die Beweggründe, die WM 78 an Argentinien zu geben, rein monetärer Korruptionsnatur waren? Ich bitte um Infos.

Ich wage zu behaupten, dass es "damals" tatsächlich auch darum ging, die WM halbwegs ausgeglichen zu vergeben, die damaligen Schwerpunkte waren Europa und Südamerika, eben weil die meisten Landes-Verbände und stärksten Fußballnationen dort angesiedelt waren. Und ich wage zudem zu behaupten, dass die Vergabe der WM 82 nach Spanien auch eine positive Antwort auf die dortige junge Demokratie war.
(PS/Edit: Nee, das war falsch, die WM 82 wurde bereits 1966 an Spanien gegeben. Da war Spanien noch Diktatur.)

Die Pervertierung der Fifa jedenfalls ist heute schlimmer als sie "damals" wahrgenommen wurde.
Ich denke schon, dass man das vergleichen kann, gerade auch im Hinblick auf die von @Klaus genannte Doku. Heute mag es noch schlimmer sein, aber gut war damals schon vieles nicht. Vor allem ducken sich die wichtigen europäischen Verbände immer noch schön weg, wenn es mal drauf ankäme.
 
Hab da letztens auch einen Artikel in der 11 Freunde gelesen, daß das so krass war, war mir auch nicht bewusst!
 
Die Trikots von Belgien wurden von der FIFA nun ebenfalls verboten, da auf dem Kragen "Love" steht.
Absolut lächerlich.

Warum lassen sich die Verbände das bieten? Die sitzen doch eigentlich am längeren Hebel. Weder die Fifa noch Qatar können es sich leisten, zu riskieren, dass große Verbände einen Rückzieher machen. Keine Ahnung, warum man das nicht als Druckmittel nutzt. Einfach sagen "lasst uns in unseren Trikots spielen oder wir sind weg!". Wenn das 4-5 Verbände so konsequent durchziehen würden, wäre die WM auch ganz schnell wieder vorbei.
 
Auf Jung & Naiv wurde gerade ein vierstündiges (!) Interview mit dem Investigativ-Journalisten Jens Weinreich zur FIFA und der Katar-WM geführt:

Ich habe nur zwei Stunden geschafft, die anderen zwei folgen morgen. Man merkt auch an der "Evolution" von Körpersprache und Einstellung des Gastes, die ich anfangs noch als locker und scherzend aufgefasst, später dann aber mehr und mehr als aufgelöst und fast schon resignierend wahrgenommen habe, wie tief dieses Thema eigentlich ist. Unglaublich wild, was der Mann zu erzählen hat, aber ich zweifle zu keiner Sekunde an der Authentizität seiner Informationen. Absoluter Irrsinn, der da auf dem Kopf eines einst so schönen Sports ausgetragen wird.
 
Absolut lächerlich.

Warum lassen sich die Verbände das bieten? Die sitzen doch eigentlich am längeren Hebel. Weder die Fifa noch Qatar können es sich leisten, zu riskieren, dass große Verbände einen Rückzieher machen. Keine Ahnung, warum man das nicht als Druckmittel nutzt. Einfach sagen "lasst uns in unseren Trikots spielen oder wir sind weg!". Wenn das 4-5 Verbände so konsequent durchziehen würden, wäre die WM auch ganz schnell wieder vorbei.
Vor allem sind es ja, wie Du richtig schreibst, wirklich grosse und wichtige Verbände...Deutschland, England, Holland, Belgien usw wären zusammen ja nicht gerade nur Fallobst in Sachen Quoten, Werbung, Prestige etc
 
Ich bin mir sicher, wäre Egidius Braun heute DFB-Präsident, hätte der DFB heute anders gegenüber der FIFA reagiert.
Zu Zeiten von Egidius Braun hatte man auch noch das Gefühl, dass das soziale Engagement des DFB ehrlich gemeint war. Heutzutage, und nach dem heutigen Ereignissen umso mehr, muss man ja den Verdacht haben, dass das soziale Engagement des DFB in erster Linie nur eine Image- und Marketingkampagne ist.
 
Ich frag mich wirklich, was passieren soll, wenn mit der Binde aufgelaufen wird! Gelbe Karte? Und dann? Gelb- Rot? Dann gibt man die Binde weiter und weiter? Das würde die FIFA durchexerzieren? Noch lächerlicher kann man sich doch gar nicht machen vor den Augen der Welt! Das da nicht drauf ankommen zu lassen ist sehr, sehr schade ...
 
Ich sag mal so: Noch nie ist es mir als fußballinteressierter Mensch so leicht gefallen, auf ein Turnier zu verzichten, dass ich es kaum wagen möchte, hier von einem Boykott zu sprechen. Das könnte gleichzeitig die skandalöseste und langweiligste Weltmeisterschaft seit langem werden.
Das Verbot von kleinen Gesten/Zeichen, die ja nun wirklich nicht viel mehr als "the bare minimum" sind, betrübt mich zwar auf der einen Seite, aber damit war zu rechnen. Mich stört vielmehr, dass sich niemand darüber hinwegsetzt und mal ein Zeichen setzt, dass dann tatsächlich etwas bedeuten würde. Davon ausgenommen ist z.B. die iranische Fußballnationalmannschaft bzw. deren stiller Protest gegen die Regierung im eigenen Land. Demgegenüber finde ich es dann etwas schwach, wenn sich Manuel Neuer bzw. seine Kollegen bzw. die Verbände offenbar nur dann trauen, ein Zeichen zu setzen, wenn sie sich der Rückendeckung gewiss sein können, dann aber einknicken, wenn's kritisch wird. Es könnte ja (hanebüchenerweise) eine gelbe Karte bzw. Punktverlust geben. Sorry, dann sind solche Zeichen wertlos, dann bewegt man sich auf dem Niveau von McDonald's oder H&M, die dann pünktlich zum Pride Month den Regenbogenfilter über ihr Logo klatschen, was die LGBTQ-Community in der Regel ja eher genervt bis spöttisch zur Kenntnis nimmt.
 
Auch das lässt sich nicht vergleichen.
Falsch lieber @wrm. Prinzipiell kannst Du alles miteinander vergleichen, selbst Äpfel mit Birnen. Man muss dann nur am Ende des Vergleichs zu einem Schluss kommen (was Du meinst ist "gleichsetzen" - das geht tatsächlich nicht). Bei Argentinien 78 vs Katar 22 würde mein Vergleichsergebnis lauten: 78 wurde in einem Terrorregime gespielt und die FIFA, der DFB und weitere haben weggesehen, was mit Regimegegnern passiert. In Katar profitieren Veranstalter und FIFA von der tödlichen Ausbeutung zehntausender sklavenähnlicher Wanderarbeiter. Das ist ein Unterschied, klar. Aber dennoch schreit beides zum Himmel, bringt dem Gastgeberland vergiftetes Prestige und der veranstaltende Weltverband erstickt jede Kritik im Keim. Der DFB jedoch verhält sich diesmal anders, sieht hin und hat aber leider seine Eier in Frankfurt vergessen.

Wie es geht, hat Kommentatorin Claudia Neumann gestern bewiesen: https://www.spiegel.de/sport/fussba...-binde-a-53511446-a1ac-49d2-9344-7ea169ef5401
Und was ist ihr mit dieser mutigen öffentlichen Geste passiert? Nix, richtig. Den Punktabzug kann sie verkraften:D:D:feierei:
 
Wer weiß, ob die Beweggründe, die WM 78 an Argentinien zu geben, rein monetärer Korruptionsnatur waren? Ich bitte um Infos.

Ich wage zu behaupten, dass es "damals" tatsächlich auch darum ging, die WM halbwegs ausgeglichen zu vergeben, die damaligen Schwerpunkte waren Europa und Südamerika, eben weil die meisten Landes-Verbände und stärksten Fußballnationen dort angesiedelt waren. Und ich wage zudem zu behaupten, dass die Vergabe der WM 82 nach Spanien auch eine positive Antwort auf die dortige junge Demokratie war.
(PS/Edit: Nee, das war falsch, die WM 82 wurde bereits 1966 an Spanien gegeben. Da war Spanien noch Diktatur.)

Die Pervertierung der Fifa jedenfalls ist heute schlimmer als sie "damals" wahrgenommen wurde.

In den frühen 60er Jahren war die FIFA noch kein selbsternannter Friedensstifter und Akteur auf der politischen Weltbühne, sondern ganz simpel ein Sportverband, der seine Schwerpunkte ausschließlich in Lateinamerika und Europa hatte. Korruption hat damals mangels großer Geldflüsse sicher noch keine große Rolle gespielt. Für die WM 1966 hatten sich England, Deutschland und Spanien beworben, letztere aber freiwillig zugunsten Englands verzichtet, für die WM 1970 waren Mexiko und Argentinien die Kandidaten. Um die drei Unterlegenen nicht leer ausgehen zu lassen, wurde bereits 1966 jeder mit einer WM-Ausrichtung bedacht, immer schön abwechselnd zwischen Europa und Lateinamerika. Für 1978 war also Argentinien der einzige und einstimmige Kandidat, die politische Situation dort dürfte bei der Vergabe 0,0 Einfluß gehabt haben (zu dem Zeitpunkt wurde wieder mal frisch geputscht).

1974 wurde dann noch relativ ruhig die WM 1986 nach Kolumbien vergeben, bevor dann ab 1978 die Machtspielchen losgingen (Neuvergabe der WM im Jahre 1983, am Ende dann Mexiko). Gleich von Beginn an mittendrin statt nur dabei bei den Ränkespielen dann auch: der DFB (damals vertreten durch Neuberger). Da begann auch die „WM-Vergabe-Mitmisch-Karriere“ eines Franz Beckenbauer, der als ehemaliger Cosmos-Spieler (und baldiger Bundestrainer) stark für Mexikos Gegenkandidaten USA warb. Eben jener Beckenbauer, der später (sicher völlig korruptionsfrei ;)) die WM nach Deutschland holte und noch 2010, als die Entscheidung für Katar fiel, im FIFA-Exekutivkommittee saß.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für 1978 war also Argentinien der einzige und einstimmige Kandidat, die politische Situation dort dürfte bei der Vergabe 0,0 Einfluß gehabt haben (zu dem Zeitpunkt wurde wieder mal frisch geputscht).

Der Militärputsch in Argentinien war 1976, d.h. das die Militärdiktatur von Videla 1978 schon seit zwei Jahren an der Macht war.
 
Falsch lieber @wrm. Prinzipiell kannst Du alles miteinander vergleichen, selbst Äpfel mit Birnen. Man muss dann nur am Ende des Vergleichs zu einem Schluss kommen (was Du meinst ist "gleichsetzen" - das geht tatsächlich nicht). Bei Argentinien 78 vs Katar 22 würde mein Vergleichsergebnis lauten: 78 wurde in einem Terrorregime gespielt und die FIFA, der DFB und weitere haben weggesehen, was mit Regimegegnern passiert. In Katar profitieren Veranstalter und FIFA von der tödlichen Ausbeutung zehntausender sklavenähnlicher Wanderarbeiter. Das ist ein Unterschied, klar. Aber dennoch schreit beides zum Himmel, bringt dem Gastgeberland vergiftetes Prestige und der veranstaltende Weltverband erstickt jede Kritik im Keim. Der DFB jedoch verhält sich diesmal anders, sieht hin und hat aber leider seine Eier in Frankfurt vergessen.

Wie es geht, hat Kommentatorin Claudia Neumann gestern bewiesen: https://www.spiegel.de/sport/fussba...-binde-a-53511446-a1ac-49d2-9344-7ea169ef5401
Und was ist ihr mit dieser mutigen öffentlichen Geste passiert? Nix, richtig. Den Punktabzug kann sie verkraften:D:D:feierei:
Ja, wenn man will, kann man alles miteinander vergleichen. Aber 45 Jahre Evolution und Aufklärung, die zwischen einer 78er WM und einer 22er WM liegen, wiegen nunmal schwer. Zwischen den WM-Vergaben vor 40-60 Jahren und einer WM-Vergabe in der Jetztzeit gibt es himmelweite Unterschiede, wie @Prodigal Son dargelegt hat.
 
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