Toller Beitrag
@Thunderhead.
Im Grunde geht es mir in vielen Bereichen mit Sabaton ähnlich wie dir und ja, eine gewisse Anerkennung für die Arbeit, die hinter dem ganzen Konstrukt der Band steckt kann ich nicht verleugnen.
Es ist nur auch so: obwohl unsere Welt genug Anlass für andere Sorgen und Diskussionen gibt geht es mir dennoch quer, dass Sabaton "Metal repräsentieren" sollen. Und ja, diesem Ärger darüber mache ich auch ab und an Luft - dafür ist so ein Forum ja nun denn auch da. Bands wie eben Sabaton, aber auch andere, ähnlich geartete Kombos stellen für mich einfach eine neue, rein "partyorientierte" Spielart des - äh - "Metal" dar, der in meiner Welt einfach konträr zu meiner Vorstellung dieser Musikrichtung läuft: kontrovers, leidenschaftlich, rebellisch, dabei durchaus zum fröhlichen Feiern und Beisammensein geeignet - aber nicht peinlich und völlig oberflächlich, eine Art Karneval-Metal, der die von mir mit dieser Musikrichtung assoziierten Merkmale ad absurdum führt. Es ist eine gewisse Ernsthaftigkeit, die dem Metal stets zu Eigen war, verbunden mit Faszination für die Musik und einem besonderen Gemeinschaftsgefühl - und natürlich auch Bier und Party, aber dennoch
anders.
All dieses "Partyzeug" wirkt auf mich künstlich und berechnend, bei der von dir angesprochenen Authentizität bin ich bei Sabaton einfach raus. Dagegen war der Hairspray-Sound der 80er aus L.A. ja noch fast ausgewachsen progressiv, zumal Bands wie Poison oder Ratt wenigstens MUSIK machten - auch, wenn die zumeist nun auch nicht mein Fall ist/war und ich neuere Inkarnationen dieser Stilrichtung wie Steel Panther auch irgendwie nicht ernst nehmen kann.
Ich schreibe dies als Jemand, der sich längst nicht mehr als purer Metal-Fan sieht, wohl aber dieser Richtung stets einen besonderen Platz in seinem Herzen einräumt und einräumen wird, weil es neben dem Jazz die wohl ehrlichste Spielart an Musik für mich war und in weiten Teilen auch noch ist. Sabaton & Co. aber verkörpern meinem Empfinden nach nichts davon, ich finde den oft kritisierten und in der Tat überstrapazieren Begriff "Ballermann-Metal" sehr treffend. Es ist auf verstörende Weise ärgerlich, sich das anzuschauen. Es vermittelt ein Bild des blöden, grölenden und saufenden Metallers, von dem man Jahre gebraucht hat, um sich in der öffentlichen Wahrnehmung exakt davon zu differenzieren. Kann man drüberstehen, für mich torpediert es eine Musikrichtung, die auch mein Leben in Gänze durchaus mit geprägt hat - kurz: eine Lebenseinstellung.
Ich gönne jedem von Herzen auch seinen Spaß mit Sabaton und Konsorten - jeder nach seiner Facon - doch mein Vergleich mit Armored Saint und Metal Church in meinem letzten Post kam nicht von ungefähr und bedarf auch sicher keiner weiteren Erklärung. Das war ein METAL-Konzert, ich hätte heulen können vor Rührung, Freude und aufgrund der einfach GEILEN Musik, garniert mit nachdenklichen Texten und Musikern, die auch etwas verkörpern, ohne sich zum Vollhorst machen zu müssen - genau Letzteres ist für mich GENAU das Gegenteil von Metal. Und ja, es regt mich auf und ich schreibe auch darüber - Punkt.
Metal lebt von Persönlichkeiten und Typen, von Jim Matheos bis Bruce Dickinson, von Dave Mustaine bis Lemmy, von Selim Lemouchi bis Richard West - nicht von sonnenbebrillten Möchtegern-"Soldaten", die einfach nichts weiter ausstrahlen als pure Albernheit und wirken wie eine Parodie dessen, was zu spielen sie vorgeben.
Es ist völlig ok und legitim, "Ballermann-Metal" zu mögen - all meine Ausführungen in diesem Post sind ja "nur" meine Meinung, die ich nun einfach mal sehr ausführlich dargestellt habe, auch, um dem Vorwurf zu begegnen, hier "drehe sich Alles ohne Gehalt im Kreis" (vereinfacht). Und - ganz wichtig: dieser Standpunkt resultiert NICHT aus einer "elitären Überheblichkeit" heraus, sondern einfach aus einem emotionalen Motiv heraus.