progge
Deaf Dealer
Da der formidable Thread zu Cryo Chamber von @G0ri zweifellos zu den von einer breiten Hörerschaft kommentierten Fäden dieses Forums gehört, muss unbedingt ein weiterer Thread zu einem Dark-Ambient-Label her. (Lies: Leute, tut mir leid, ich kann einfach nicht anders.) Und wenn man von Oregon, dem Sitz von Cryo Chamber, entsprechend durchdachter numerologischer Regeln einen formschönen Azimut über den Himmelsmeridian bildet, dreimal sanft auf den Tisch klopft und Gaia um Ihre holde Gunst bittet, landet man 4000 Schattensprünge weiter als neuer Mensch in Montreal, Quebec. Logisch, nech? Hier beginnt die Geschichte von Cyclic Law. Im Jahr 2002 von Frédéric Arbour gegründet, hat es das Label seitdem auf über 100 Veröffentlichungen gebracht.
Gerüchte wollen es, dass eine Horde brunftiger Elche die Räumlichkeiten des Labelinhabers mehrfach so verwüstete, dass Arbour im Jahr 2015 frustriert nach Berlin-Friedrichshagen zog, wo er es seitdem nur noch mit den Winden der Müggelspree und dem Remmo-Clan zu tun hat, was allemal besser ist. Die Anlieferung polycarbonatesker Presserzeugnisse an Kunden des Labels erfolgt allerdings aus den französischen Pyrenäen.
Soweit der verbürgte chronistische und geographische Teil. Stilistisch haben wir es mit einem Katalog an Veröffentlichungen zu tun, die durchweg im Dark Ambient beheimatet sind. Fachleute unterschieden hierbei traditionell zwischen drei Spielarten:
1. Weichei-Dark-Ambient. Hat Melodien und Harmonien.
2. Hartei-Dark-Ambient. Besteht im Wesentlichen aus Knarzen, Zischen und Brummen.
3. Grenzgängern, die irgendwo dazwischen liegen.
Während Cryo Chamber eher die Sparte Weichei mit Ausflügen zu den Grenzgängern bedient, ist es bei Cyclic Law eher das Hartei mit Ausflügen zu den Grenzgängern. Was also auch die schlüssige Herleitung der Notwendigkeit dieses Threads aus Sicht der Genre-Vielfalt ergeben sollte, die ich indes sogleich mit der Bemerkung zerstören möchte, dass ich selbst eher zu den Weicheiern gehöre – im Dark Ambient, aber auch so, sagen manche –, mithin die Auswahl der Beiträge dieses Threads, insofern sie vom Ersteller des OP stammen, das Roster des Labels voraussichtlich nur begrenzt repräsentativ wiederspiegeln wird. Natürlich sind andere Mitglieder des Forums herzlich eingeladen, diesen Umstand mit entsprechend eigenen Beiträgen zu korrigieren.
Was hat das alles mit Metal zu tun? Nun ja. Nix. Aber: Es gibt ja nun demographisch diverse Gemeinsamkeiten. Arbour selbst, der eine Weile im Funeral Doom unterwegs war, ist ein Beispiel, Jan Roger Pettersen aka Svartsinn (ha!) aus Trondheim (ha!) kommt ursprünglich aus dem Black Metal und so könnte man die Kollegen und Kolleginnen nun alle durchgehen und würde erstaunlich viele Bezüge zur Metal-Szene vorfinden. Viele Dark-Ambient-Schaffenden sehen auch aus, wie man sich den gemeinen Metaller vorstellt und ersehnt, mit langen Haaren, Tattoos auf dem und tristen Winterlandschaften hinter dem Rücken.
Der gemeine Metaller hat nun allerdings eine Neigung zu musikalischer Struktur. Er hört Stücke, insofern sie als eine Abfolge von Teilen begriffen werden können. Das kann nach dem Schema Motörhead A-B-A-B-C-B gehen oder nach dem Schema Opeth A-B-C-D-E-F-C-B-F-E-G-H-I-A, es ändert jedenfalls nichts am grundsätzlichen Muster. Wenn man ihn vor das zwölfminütige Stück „Vemod“ (ha!) von Svartsinn setzt und um eine Strukturanalyse bittet, dürfte in etwa das rauskommen: A.
Langweilig? Gar nicht mal. Dark Ambient, so die These dieser Dissertation, lebt eben weniger von Struktur als von Textur, heißt: von der vertikalen Anordnung von Elementen anstatt der horizontalen. Innerhalb dieses Teil A von „Vemod“ passiert auf der Vertikalen nämlich dann doch etwas, ein An- und Abschwellen von Nebentönen, eine Verzögerung und Beschleunigung von Akkordwechseln, eine Veränderung in den Sounds und in der Lautstärke, dazuaddierte und wieder subtrahierte Geräusche und dergleichen mehr. Der Trick hier ist, möglichst nahe an den Stillstand zu kommen, ohne ihn zu erreichen.
Nun gibt es in jedem Genre Künstler, die den Trick des Genres mal mehr, mal weniger gut beherrschen. Im Dark Ambient wird es schnell albern, wenn die Elemente der Textur kein stimmiges Ganzes ergeben: Hier ein dunkler Synthie-Akkord, da eine Triangel, dort ein Vogelzwitschern und obendrin ein Elefantenfurz - OK, liegt natürlich wie überall im Auge des Betrachters bzw. Hörers, mancher mag auch saure Gurke mit Erdbeermarmelade, mancher halt auch nicht. Wie dem auch sei, zweite Kardinalssünde des Dark Ambient: Schlechte Produktion. Also wenn die Texturelemente nicht zur Geltung kommen. Kann man durch interessante Struktur nicht wettmachen, weil: Die gibbet ja nicht.
Bevor ich mich nun aber in den Untiefen der hochgebildeten Musiktheorie verliere, soll die Musik sprechen.
"Vemod" von Svartsinn.
More to come.
Gerüchte wollen es, dass eine Horde brunftiger Elche die Räumlichkeiten des Labelinhabers mehrfach so verwüstete, dass Arbour im Jahr 2015 frustriert nach Berlin-Friedrichshagen zog, wo er es seitdem nur noch mit den Winden der Müggelspree und dem Remmo-Clan zu tun hat, was allemal besser ist. Die Anlieferung polycarbonatesker Presserzeugnisse an Kunden des Labels erfolgt allerdings aus den französischen Pyrenäen.
Soweit der verbürgte chronistische und geographische Teil. Stilistisch haben wir es mit einem Katalog an Veröffentlichungen zu tun, die durchweg im Dark Ambient beheimatet sind. Fachleute unterschieden hierbei traditionell zwischen drei Spielarten:
1. Weichei-Dark-Ambient. Hat Melodien und Harmonien.
2. Hartei-Dark-Ambient. Besteht im Wesentlichen aus Knarzen, Zischen und Brummen.
3. Grenzgängern, die irgendwo dazwischen liegen.
Während Cryo Chamber eher die Sparte Weichei mit Ausflügen zu den Grenzgängern bedient, ist es bei Cyclic Law eher das Hartei mit Ausflügen zu den Grenzgängern. Was also auch die schlüssige Herleitung der Notwendigkeit dieses Threads aus Sicht der Genre-Vielfalt ergeben sollte, die ich indes sogleich mit der Bemerkung zerstören möchte, dass ich selbst eher zu den Weicheiern gehöre – im Dark Ambient, aber auch so, sagen manche –, mithin die Auswahl der Beiträge dieses Threads, insofern sie vom Ersteller des OP stammen, das Roster des Labels voraussichtlich nur begrenzt repräsentativ wiederspiegeln wird. Natürlich sind andere Mitglieder des Forums herzlich eingeladen, diesen Umstand mit entsprechend eigenen Beiträgen zu korrigieren.
Was hat das alles mit Metal zu tun? Nun ja. Nix. Aber: Es gibt ja nun demographisch diverse Gemeinsamkeiten. Arbour selbst, der eine Weile im Funeral Doom unterwegs war, ist ein Beispiel, Jan Roger Pettersen aka Svartsinn (ha!) aus Trondheim (ha!) kommt ursprünglich aus dem Black Metal und so könnte man die Kollegen und Kolleginnen nun alle durchgehen und würde erstaunlich viele Bezüge zur Metal-Szene vorfinden. Viele Dark-Ambient-Schaffenden sehen auch aus, wie man sich den gemeinen Metaller vorstellt und ersehnt, mit langen Haaren, Tattoos auf dem und tristen Winterlandschaften hinter dem Rücken.
Der gemeine Metaller hat nun allerdings eine Neigung zu musikalischer Struktur. Er hört Stücke, insofern sie als eine Abfolge von Teilen begriffen werden können. Das kann nach dem Schema Motörhead A-B-A-B-C-B gehen oder nach dem Schema Opeth A-B-C-D-E-F-C-B-F-E-G-H-I-A, es ändert jedenfalls nichts am grundsätzlichen Muster. Wenn man ihn vor das zwölfminütige Stück „Vemod“ (ha!) von Svartsinn setzt und um eine Strukturanalyse bittet, dürfte in etwa das rauskommen: A.
Langweilig? Gar nicht mal. Dark Ambient, so die These dieser Dissertation, lebt eben weniger von Struktur als von Textur, heißt: von der vertikalen Anordnung von Elementen anstatt der horizontalen. Innerhalb dieses Teil A von „Vemod“ passiert auf der Vertikalen nämlich dann doch etwas, ein An- und Abschwellen von Nebentönen, eine Verzögerung und Beschleunigung von Akkordwechseln, eine Veränderung in den Sounds und in der Lautstärke, dazuaddierte und wieder subtrahierte Geräusche und dergleichen mehr. Der Trick hier ist, möglichst nahe an den Stillstand zu kommen, ohne ihn zu erreichen.
Nun gibt es in jedem Genre Künstler, die den Trick des Genres mal mehr, mal weniger gut beherrschen. Im Dark Ambient wird es schnell albern, wenn die Elemente der Textur kein stimmiges Ganzes ergeben: Hier ein dunkler Synthie-Akkord, da eine Triangel, dort ein Vogelzwitschern und obendrin ein Elefantenfurz - OK, liegt natürlich wie überall im Auge des Betrachters bzw. Hörers, mancher mag auch saure Gurke mit Erdbeermarmelade, mancher halt auch nicht. Wie dem auch sei, zweite Kardinalssünde des Dark Ambient: Schlechte Produktion. Also wenn die Texturelemente nicht zur Geltung kommen. Kann man durch interessante Struktur nicht wettmachen, weil: Die gibbet ja nicht.
Bevor ich mich nun aber in den Untiefen der hochgebildeten Musiktheorie verliere, soll die Musik sprechen.
"Vemod" von Svartsinn.
More to come.