Ein richtig geiler Abend war das gestern im Turock! Hier mein Fazit:
VULTURE:
Ein ordentliches Thrash-Brett alter Schule, das die Jungs da auffuhren, und da das Ganze auch noch mit äußerster Spielfreude und viel Action auf der Bühne dargeboten wurde, machte das auch richtig Laune. Wenn man die Augen zumachte, könnte man fast meinen, dass der olle Paul Balloff da das Mikro malträtiert – sehr fein!
Nicht ganz so geil, sondern eher ziemlich cringeworthy fand ich allerdings die Ansagen des Herrn: „(mit Mainzelmännchenstimme) Eyyyyy, habt ihr noch Luft? Wir werden sie euch neeeeeehmen! Harharhar...jetzt werden die MESSER gewetzt!“
Urgs...also wirklich gefährlich war das jetzt nicht...
CHAPEL OF DISEASE:
Ich muss gestehen, dass ich mich bisher noch nie mit der Band beschäftigt habe, da ich anhand des Bandnamens und des Logos eher sowas in der Richtung Rumpelbollergrunzgekreisch nebst Staubsaugersound erwartet hatte. Pustekuchen – das war richtig geil! Die (supertighten) Knüppelpassagen wechselten immer wieder mit langen, atmosphärischen Instrumentalparts, die zum Teil schon fast 70er-Flair rüberbrachten – generell eine durchweg großartige Gitarrenarbeit, unterstützt vom besten Sound des Abends.
Die dichte Atmosphäre wurde noch dadurch zementiert, dass komplett auf Ansagen verzichtet wurde. Was anderen Bands vermutlich als Arroganz ausgelegt würde, hat hier bestens funktioniert, da die Kommunikation mit dem Publikum trotzdem auf nonverbaler Ebene stattfand. Let the music do the talking – so muss das sein!
Sogar meine anwesende Exfrau, die normalerweise auf Death- oder Blackmetal mit akutem Brechreiz reagiert, war völlig begeistert von dem gebotenen Gesamtpaket. Und
@El Guerrero , den ich bisher nur von Forentreffen als distinguierten und gemütlichen Menschen kennengelernt habe, mutiert auf der Bühne zum pausenlos bangenden Bass-Yeti – geil!
ATTIC:
Also wenn solche Bands in den Startlöchern stehen, braucht man sich um die Nachfolge des Kings keine Sorgen zu machen. Gesanglich hat (und das sage ich als absoluter MF und KD-Fan) Meister Cagliostro schon jetzt sein Vorbild um mehr als nur eine Nasenlänge überholt. Was der Mann aus seiner Kehle holt, ist nicht mehr von dieser Welt. Wirklich jeder auch noch so hohe Ton ist exakt auf dem Punkt, und zusätzlich kann der Meister auch noch jede Tonlage im mittleren und tiefen Bereich mühelos abdecken. Bei dem balladesken „Dark Hosanna“ hatte ich wirklich meterdicke Erpelpelle am ganzen Körper...
Der Rest der Band bewegte sich pausenlos und zeigte viel Spielfreude – zeitweilig fühlte ich mich tatsächlich ins Jahr 1984 zurückversetzt, als ich Mercyful Fate das erste Mal im Essener Pink Palace erleben durfte.
Zwei kleine Schönheitsfehler gabs dann aber doch: Zum einen muss der Meister noch an der Kommunikation mit dem Publikum feilen. Entweder waren die Ansagen belanglos (aber zumindest in der natürlichen Stimme vorgetragen), viel schlimmer aber waren die zum Teil langen Pausen zwischen den Songs, als er einfach gar nichts zu sagen hatte und man kollektiv erstmal dem Publikum den Rücken zudrehte. Das war besonders nervig, als dem einen Gitarristen eine Saite riss und man wirklich minutenlang in Schweigen verharrte, bis Ersatz herangeschafft werden konnte. Eigentlich sollte man für einen solchen Fall ohnehin eine fertig gestimmte Ersatzgitarre hinter der Bühne haben, aber wenn man das schon verbaselt, dann doch bitte irgendwie versuchen, die Zeit mit dem Publikum irgendwie kreativ zu überbrücken. Überhaupt war eben jener Gitarrist für mich auch der zweite Minuspunkt an dem sonst mehr als gelungenen Auftritt. Bei einigen Melodylines und vor allem „Solos“ hab ich dann doch ab und zu den Zahnstein schmerzhaft wachsen gespürt. Am Gesamtbild hat das jedoch nicht kratzen können – ein würdiger Headlinerauftritt einer sympathischen und enthusiastischen Band!