Ach du Heilige Scheiße, ich hab gerade das Hardcover von
Nameless gelesen, die neuste Zusammenarbeit des neben Alan Moore zweiten großen Okkultisten und Dekonstruktivisten der sequentiellen graphischen Literatur, Grant Morrison und dem Zeichner Chris Burnham, und ich komm mir vor, als hätte mir ein ganzes Rudel tollwütiger Aliengötter mit ektoplasmischen Monsterschwänzen die Seele durchgefickt. Dachte ich bislang, dass
The Filth Morrisons dreckigste und dabei psychedelischste und zugleich auf perverse Art spirituellste Arbeit ist, so stellt
Nameless selbst noch dieses Manifest des Schmerzes und der Empörung ob der Zumutungen einer Existenz als vernunftbegabtes und seiner Selbst bewusstes Lebewesen in den Schatten.
Der Plot lässt sich nur schwer in Worte fassen und ist mit "Lovecraft im Weltraum" denkbar vage und im Grunde auch nur marginal zutreffend umrissen, wenngleich die Stimmung durchaus an die allerdunkelsten Momente des Maestros aus Providence gemahnt. Dennoch, vielmehr geht es um qliphotische Praktiken, die finstersten Seiten der gnostischen Lehre und die Fallstricke der Erinnerung, durchwirkt von grotesker Gewalt und einer fast schon widerlichen Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit, die jedoch zugleich eine ultimative Freiheit mit sich bringt. Das Ganze ist so vielschichtig konstruiert und von genussvollem und dabei mitunter noch nicht einmal beim dritten Lesen verständlichem Geraune durchdrungen, wie man es von Morrison kennt und was seine Kritiker ihm immer wieder als Wischiwaschi-Esoterik und Mangel an erzählerischer Disziplin auslegen.
Kurz: wer Morrison bislang nicht mochte, wird auch diese Kollektion hassen. Alle jedoch, die den kahlen Chaoten verehren, werden beim Genuss Zeuge einer erneuten Transzendenz eines der interessantesten und dabei erratischsten Comic-Autoren überhaupt. Wer sich also das Flair des orthodoxen Black Metal in Comic-Form als etwas Begehrenswertes vorstellen mag: unbedingt lesen...!