„Es dauerte nicht mal ein Jahr, als Punk auf den traurigen Ruhm verbuchen konnte, die erste Pop-Musik zu sein, die für Rechtsradikale ko-optierbar war. Das hat ästhetische und politische Gründe. Der ästhetische Grund ist tatsächlich der Verzicht auf afro-amerikanische Elemente in der Musik. Man konnte zu Bands der zweiten Generation wie Sham69 gröhlen wie ein gewalttätiger Mob, man konnte den unfunky Körper intakt lassen und ganz Gesinnung werden, man konnte martialisch sein und keine untergrub den tumben ewigen Viervierteltakt-Takt des Ressentiments. Das bloße Gefühl der Kollektivität in Massensituationen, die auf Bestätigung und Konformität aufbauen, ist tatsächlich das Gegenteil der aktiven Austausch aufbauen in Kollektivität jedoch afro-amerikanische Musik.“(Diederich Diedrichsen: Als die Kinder noch in Ordnung waren. In Annas/Christoph: Neue Soundtracks für den Volksempfänger. S. 11-28, hier S. 15f.) Als zweiten Grund führt Diedrichsen den Arbeitsmarkt in der Zeit an.
Wichtig darin ist die Erkenntnis, dass Punk von Beginn an offenen Interpretationsraum lieferte, da Punk als entstehende Musik (USA) und Szene (GB) nicht einer politischen Richtung zuzuordnen war. Zuerst war Punk juveniles Aufbegehren, dass wie nahezu jedes juvenile Aufbegehren die Werte der gefühlten Majorität -Meist beginnend im eigenen Elternhaus- hinterfragt. Das allein für sich ist nicht links oder rechts, nicht progressiv oder konservativ. Es ist auch nicht klar wer was wann wie konkret hinterfragt. Punk war und ist, wie jede jugendkulturelle Szene eine Form der Selbstfindung außerhalb der subjektiv wahrgenommenen Mehrheitsgesellschaft. Damit bietet Punk -wie fast jede musikbezogene Szene- eine ideologische Anschlussfähigkeit zu allen Seiten, zum Rechtsextremen ohnehin und sogar zum Konservativen. Allerdings hat sich Punk, mit HC in Deutschland massiv nach links bewegt.