Mich störten einige Veränderungen zum Roman, die ich als unnötig empfand, auch weil sie zum Teil einfach einige Details der Hintergrundgeschichte neu justierten, aber damit so signifikant für Veränderung sorgten, so dass eine werksnahe Verfilmung mindestens des dritten Romans damit ausgeschlossen ist. Das empfinde ich als ziemlich dumm, zumal einige dieser Veränderungen ziemlich flach waren. Sollten wohl der Figur eine gewisse Tiefe und Tragik verleihen; das Gegenteil war der Fall. Dafür hat man in Folge das letzte Drittel der Geschichte in den Sand gesetzt. Schon ein Kunststück, weitestgehend dem originalen Storyverlauf zu folgen, und dann doch an den falschen Schrauben gedreht zu haben... Andere Änderungen mögen auch unnötig gewesen, aber haben nicht besonders gestört, waren vielleicht auch der Produktion geschuldet (z.B. die Arena).
Jetzt sind solche Dinge keine Seltenheit bei Comic- oder Romanverfilmungen. Dennoch entzieht sich mir hier der Sinn, da man dennoch einen erheblichen Aufwand betrieb, um diese umzusetzen - warum nicht gleich am Original bleiben? Gestört hat mich vor allem:
*Harlans Welt wurde nicht entsprechend bzw. völlig falsch thematisiert, was den soziokulturellen Hintergrund von Kovacs kastriert, der nun einmal wichtig ist und was sich im Prinzip auf alles weitere auswirkt. Auch ist Harlans Welt an sich eine ganz interessante Sache, was vor allem für den dritten Roman sehr relevant ist. Von wegen, die Mischung der Eltern wäre es gewesen...
*Seine Schwester Reileen Kawahara wurde mehr oder weniger hineingeschrieben. Er hat zwar Familie, aber diese spielt keine Rolle. Reis Figur wurde zum Teil aus der Romanfigur und Konzern-/"Yakuza"-Chefin Reileen Kawahara zusammengeschustert. Der persönliche Bezug soll Kovacs wohl tragischer gestalten. Nicht gut. Kawahara war keine besonders prominente, aber wichtige Figur im Roman - und hatte eine persönliche Geschichte mit Kovacs, die nichts mit dieser Origin Story zu tun hat. Den Schwesterbezug hätte man sich problemlos schenken können.
*CTAC sind in den Büchern Marines des Protektorats, von denen Kovacs zu den Envoys rekrutiert wird - hier hat man seinen Werdegang vom kleinkriminellen Gangmitglied zum Söldner einer speziell trainierten Sondereinheit verkackt und die Envoys und ihr Training gleich mit. Die Rebellen sind keine Envoy, sie werden zwar thematisiert, aber aus gänzlich anderen Gründen und sind auch zeitlich viel früher situiert. Kovacs sympathisiert zwar mit den Lehren Quells, aber er war nie ein Rebell; er lebte zur Rebellion noch gar nicht. Die Herkunft der Envoy, aber auch ihre Bedeutung (was beides Kovacs natürlich extrem prägt), wurde damit kastriert. Hat Folgen. Auch ist Kovacs nicht der letzte Envoy. Er wird nicht vom Corps gesucht. Er ist einfach nach seiner Dienstzeit und einem Vorfall aus dem Dienst ausgeschieden und hat sich im Folgenden seinen Lebensunterhalt als Krimineller und Söldner verdient. Ex-Envoys gelten als gefährlich, sind quasi-geächtet und dürfen nach den Gesetzen des Protektorats nicht in höhere oder öffentlichen Postitionen agieren; sind also quasi zur Kriminalität oder zum militärischen Dienst verdammt; Außenseiter. Auch hat man Kovacs extreme Erfahrungen beim Core herausgeschrieben (bzw. anders in die Geschichte hineingeschrieben, wohl wieder um ihn tragischer zu gestalten), was natürlich problematisch ist.
*Nadia Makita bzw. Quellchrist Falconer kommt schon im ersten Roman vor. Sie ist quasi die philosophische Mutter von Kovacs. Über ihre Motivation zur Rebellion erfährt man erst wirklich im dritten Roman ausführlicher (es war eine andere als in der Serie), obwohl schon einiges anklingt. Hier hat man zwei Figuren, die beide wichtig für Kovacs (und den dritten Roman) sind, zusammengelegt. Seine tatsächliche Envoy-Ausbilderin Virginia Vidaura hat man zu einer Nebenfigur bei den Rebellen degradiert. Fehler, der den Verlauf von Kovacs Geschichte erheblich verändert. Vidaura ist Kovacs zweite geistige Mutter.
*Auch hat man die Bedeutung des Envoy-seins bei Kovacs kleingeschrieben. Seine Konditionierung scheint nur am Rande eine Rolle zu spielen.
*Die außerirdische Zivilisation (übrigens Marsianer; und was für welche!) wurden zu ungenüge thematisiert. Wurden sie zwar im Originalroman auch kaum, aber was gesagt wurde, war relevant. Hat ggfls. Folgen, aber sind wir mal ehrlich, "Heiliger Zorn" ist jetzt schon nicht mehr möglich.
*Apropos "Heiliger Zorn": der "Mönch" hatte nichts in "Altered Carbon" verloren. War jetzt aber auch nicht schlimm. Dafür hat man Kadmin auch stark vereinfacht. Das "Patchwork-Mann"-Lied ergibt so kaum noch Sinn und hätte man sich sparen können".
*Die Yakuza (relevant) und weitestgehend auch die Bedeutung von Konzernen und die Verflechtung von Wirtschaft und Kriminalität auf höchsten Ebenen hat man nahezu vollständig herausgeschrieben. Auch blöd, wenn man an die Folgegeschichten denkt. Immerhin wurde die Macht der Meths einigermaßen thematisiert, wenn auch auf die Art zu ungenüge.
*Obwohl man den Einstieg in den Roman fast originalgetreu übernommen hat, hat man eine von Kovacs Grundmotivationen, Sarah Sachilowska, rausgeschrieben.
*Manche Waffen wurden dann doch etwas schlichter gestaltet. Die Sunjet bspw. richtet wesentlich derbere Schäden an... aber ok.
--> all diese Dinge hätte man fast 1:1 übernehmen können, ohne die Geschichte überkomplex zu zeichnen, wenn man bedenkt, wie viele andere Details tatsächlich eingebaut wurden, die man nicht wirklich gebraucht hätte. Vielleicht wollte man Kovacs sympathischer gestalten. Ist zum Glück nur bedingt gelungen, aber Kovacs soll kein sympathischer Held sein. Er ist ein Killer, zynisch, rücksichtlos und zielstrebig, aber voller Zweifel und mit einem ausgeprägten Sinn dafür, was er für gerecht hält (starker Quell-Bezug). Letzteres hat man mehrfach kastriert.
Relevante Änderungen, die mich weniger gestört haben:
*Das Hendrix (nach Jimmy) als ein Poe-thematisiertes Hotel zu schreiben, fand ich okay. Man hat die Figur vielleicht etwas zu sehr herausgearbeitet und als Quasi-Sidekick stilisiert (auch sein Hintergrund), aber das hat schon irgendwie gepasst. Die AI des Hotels spielt auch im Roman eine Rolle.
*Vernon Elliot hat man als Figur zum Sidekick geschrieben. War ok, wenn auch überflüssig.
*Schade fand ich, dass viele Handlungen in die Stadt verlegt wurden. Natürlich hat das die Utopie unterfüttert, aber gerade bei der Arena hätte man bspw. wesentlich mehr rausholen können.
*Suntouch House.
Gar nicht gestört hat mich:
*Ortega. Jessas.