Ahoi zusammen!
Also, das ist jetzt mein Einstiegsbeitrag hier beim Deaf Forever und der soll sich auch irgendwie lohnen, weshalb ich mir mal ein Thema rausgesucht habe, welches schon etwas läuft, aber nicht zwingend mit einem Spampost a la „Geile Band, hallo erstmal!“ nach oben gespült werden soll.
Habe im Vorfeld aus Interesse mal den ganzen Thread überflogen (jaja, Home Office, interessante Standpunkte auf jeden Fall.) und da Iced Earth eine Gruppe ist, welche ich erst relativ spät in den Blick genommen und deren Pionierzeit bis Mitte der 90er überhaupt nicht verfolgt habe, bot sich das an. Finde dem Schaffer seine Musik nämlich ganz knorke und da hier ja auch viele Blickwinkel dadurch geprägt sind, in welcher Schaffensphase man auf IE aufmerksam wurde, ist vielleicht auch die Perspektive von jemandem interessant, der die Band erst ab den 2010ern „bewusst“ verfolgt und die „großen Querelen“ überhaupt nicht mitbekommen hat. Manchmal hilft so was ja für den etwas unverkrampfteren Blick auf das musikalische Schaffen einer Band.
Kurzer Abriss: Bin 2002 in die Metalszene gerutscht, früher schon gerne „rockigeres“ gehört bedingt durch die Platten meines Vaters – Meat Loaf, Peter Frampton, Pink Floyd, UFO, Rainbow – aber Manowars „Warriors of the World“ war damals meine Initialzündung und sicher auch ein wichtiges Album für die frühen 2000er. Hatte nämlich das Gefühl, Anfang der 2000er war zumindest in Europa der klassische Metal wieder auf dem aufsteigenden Ast, war viel los konzerttechnisch und irgendwie passte „Warriors of the Worlds“ Dauerrotation auf Viva gut dazu. Gab ja noch kein youtube und ich kann mich gut daran erinnern, wie ich mich auf Viva durch lauter Müllmusik gequält habe, nur um einmal Manowar zu hören. Aber hey, danke dafür Viva.
Naja, das ist aber auch schon lange her und und die Manowar-Platte wandert so gut wie nie mehr auf den Plattenteller, was viele Gründe hat. Jetzt aber zu Iced Earth. Die Band war ganz klar 2001 präsent, das hab ich auch als Anfänger so mitbekommen. Leute trugen die optisch auffälligen Shirts auf Festivals, Melancholy dudelte als Live-Version auf Viva und sicher habe ich auch irgendwo aufgeschnappt, dass die die nächsten „Maiden“ oder „Priest“ seien, was ich aber schon damals etwas naiv fand.
Jedenfalls war ich in der Zeit noch damit beschäftigt, die „Klassiker“ der 70er und 80er zu entdecken, Maiden, Priest, Manowar, Running Wild, Helloween und dann ist Iced Earth irgendwo hinten runtergefallen. Ein für aktuelle Releases mehr aufgeschlossener Freund hatte die Glorious Burden bei Erscheinen gekauft und das lief mir musikalisch damals schon gut rein, auch wenn ich die Band trotzdem nicht weiterverfolgt habe. Mglw. war mir IE damals einfach noch ne Spur zu „rough“, da ich mich an die einzelnen Härtegrade des Metals rantasten musste. Und dann kam nach einer Phase wo ich viel so schlimmen Euro Metal gehört habe schnell Thrash und Black Metal und IE sind zeitgleich ein wenig aus dem Bewusstsein der Szene und aus meinem verschwunden.
Fast forward nach 2014: Irgendwie rutscht mir die Dark Saga in die Hand und weil ich grad den SPAWN-Cartoon von HBO gesehen hatte, dachte ich, man könne das ja musikalisch abrunden und überhaupt sind Iced Earth ne Band, mit denen ich mich mal auseinandersetzen müsste. Dachte ich damals so. Und was soll ich sagen: Die Scheibe hat mich sofort gepackt und seitdem nicht mehr losgelassen. Habe mir dann die aktuelle Scheibe (damals Plaques of Babylon geholt) und war total angetan, weil ich die qualitativ ähnlich stark fand und meinte, Matt Barlow hätte sich als Sänger nochmal weiterentwickelt … haha ja … nachträglich ein Irrtum natürlich, aber ein schönes Kompliment an Stu Block, mit dem Schaffer ein glückliches Händchen bewiesen hat.
Seitdem bin ich wohl Fan, durch den Katalog hindurch und kann auch eigentlich fast jeder Schaffensphase etwas abgewinnen. Iced Earth haben einen deutlichen Signature-Klang, nach wie vor, der sie sofort aus der Masse herausstechen lässt und nehmen für mich im Power Metal einen "sweet spot" zwischen Härte und Melodie ein, der für meinen persönlichen Geschmack gut passt. Finde, so sollte hochproduzierter, klassischer Metal in der Gegenwart tönen und ein Album wie die Dark Saga klingt heute immer noch erschreckend frisch. Dass Iced Earth Mitte der 90er mit klassischem Metal überhaupt noch eine derartige Duftmarke setzen und einen eigenen Sound entwickeln konnte, ist ohnehin eine Sache, die gar nicht hoch genug angesehen werden sollte in der Retrospektive.
Dass ein Jahr nach der Dark Saga allerdings Hammerfall mit ihrem Debut den kommenden Power Metal Boom stark in Richtung „europäische Prägung“ geschoben und sowas wie ne Metal Renaissance ausgelöst haben, mag vielleicht auch etwas damit zu tun haben, dass Iced Earths Chancen auf den ganz großen Durchbruch eigentlich schon in dem Moment gefrühstückt waren, als man Sie ihnen seitens Fans und Fachpresse am Ehesten zutraute. Ich denke auch das ist etwas, was in der Retrospektive viel klarer wird.
Jetzt aber zu den Alben, Bewertungsskala klemme ich mir mal, finde das nichtssagend:
Iced Earth – Iced Earth: Das Kultdebut. Mit Iced Earth eine der Bandhymnen überhaupt vertreten. Noch etwas rau an den Ecken, dafür aber auch vertrackt und spannend. Der Sänger klingt noch sehr nach 80s-Metal. Denke, dass Barlow für die 90er mit seiner warm-melancholischen Stimmfarbe teilweise für den Sprung aus dem Underground verantwortlich war und wiederum nicht, dass man mit Gene Adams über den Status einer Undergroundkultband herausgekommen wäre. Kann ich natürlich nicht beweisen, ist aber so eine Ahnung.
Iced Earth - Night of the Stormrider: Der Follow-Up kann locker das Niveau des Debuts halten. Der neue Sänger ist hier noch mehr oldschool unterwegs als Adam auf dem Debut. Das ist sicher charmant, gefällt mir deshalb aber im direkten Vergleich deutlich schlechter als der erste und bin froh, dass Schaffer Stormrider singt. Ein Song, den ich dann doch unterbewusst schon kannte und schätzte, ohne dass ich ihn IE zugeschrieben hätte. Album hat aber noch zahlreiche andere Highlights, Travel in Stygia zum Beispiel.
Iced Earth – Burnt Offerings: Erste mit Barlow und ich finde schon, dass die Band hier erstmals ihren eigenen Sound und Flair deutlich zementiert. Barlows Gesang ist hier noch ein wenig unterentwickelt. Das ganze Album finde ich von der Stimmung teilweise härter/düsterer als die Vorgänger. Bester Song ist ohne Frage Dante's Inferno.
Iced Earth – The Dark Saga: Mein Einstiegsalbum. Kann ich problemlos immer wieder zurückkommen. Hier kommt für mich einfach viel zusammen, was ich an Heavy Metal mag und Schaffer scheint sich musikalisch gefunden zu haben. Die Kompositionen sind zwar zurückhaltender und gezähmter, dadurch aber auch runder und gewinnen an Atmosphäre und Breitenwirkung. Ein Album, welches die Reifeentwicklung der Band gut abbildet und Barlows Gesang mehr in den Mittelgrund rückt, ohne aber an Härte einzubüßen. Die akkustischen Intros sind alles super und geben dem ganzen Album einen brütenden Unterton. Für mich ein Klassiker ohne schwachen Song, hier und da natürlich auch deutlich auf einen breiteren Markt jenseits der Moshpits schielend, aber das finde ich nicht verwerflich.
Iced Earth – Something Wicked This Way Comes...: Der Nachfolger hält für mich das Niveau, teilweise finde ich das Album sogar mutiger, weil mit „Reaping Stone“ auch ein Song vertreten ist, der für IE recht modern anklingen musste. Und auch der Chorus von „My own Saviour“ schmiert herrlich grungig dahin und wirkt trotzdem wie ein selbstbewusster Powe-Metal-Song. Die Balladendichte dürfte damals sicher kontrovers diskutiert worden sein, vor allem bei den Riff-Afficionados der Anfangsalben, mich stört das allerdings nicht. Wenn schon Balladen im Metal, dann bitte so, wie sie Iced Earth schreiben und wo man alternativ auch die Matte statt Feuerzeug kreisen lassen kann. Burning Times ist einer meiner Alltime-Fave-Opener und die Abschlusstrilogie natürlich ein bockstarkes Triplet. Auch hier natürlich wieder klare Versuche, neue Käuferschichten zu erschließen, deren Portemonnaies bei 10 Tracks wie „Disciples of the Lie“ wohl in der Hosentasche geblieben wären. Die Lyrics finde ich auf der SWTWC teilweise ein wenig zu „90's Teeanger angsty“, liebe die Produktion.
Iced Earth – Horror Show: Ja, bin ich anfangs (also als ich mir die Scheibe zugelegt habe) auch nicht mit warmgeworden, irgendwie wirkte das nach der SWTWC wie ein Zwischenfüller, bis man wieder Ideen für ein interessantes Albumkonzept zusammenhatte, aber 6 Jahre später sehe ich das anders. Klar, ich kann nicht sagen, dass die so gut wie die Vorgänger ist, aber hunderte Metalbands würden sich die Finger danach lecken, in ihrer Karriere auch nur einen Song von der Güteklasse eines „Damien“ oder „Phantom Opera Ghost“ zu schreiben. Davon ab mag ich Wolf sehr gerne mit seinem superfetzigfiesen Chorus.
Ja verdammt, nun ist der Text schon länger geworden, als ich es je für möglich gehalten habe und ich hab noch gar nicht alles gesagt, was ich sagen wollte. Also hebe ich mir die restlichen Alben und mein abschließendes Resümee zur gegenwärtigen Situation der Band mal für einen zweiten Post auf. Freue mich auf angeregte Diskussionen!