Allgemeiner Bücher-Thread

Als ich letzte Woche flachlag, habe ich noch ein Sachbuch durchgelesen:

Maurice Hamilton - Race Without End: The Grind Behind The Glamour Of The Sasol Jordan Grand Prix Team

Nach der über Weihnachten durchgearbeiteten Jordan-Biografie selber war das ein ganz schönes Kontrastprogramm, und das gleich aus mehreren Gründen. Lustigster Punkt war natürlich, dass zum einen nur eine einzige Saison von Anfang bis Ende beleuchtet wurde - und dann auch noch die zweit-erfolgloseste (1993), in der sich das Team mit Unzuverlässigkeit und entweder unerfahrenen (Rubens Barrichello) oder unmotivierten bis unsicheren (Ivan Capelli, Thierry Boutsen) Fahrern rumgeplagt hat. Das wiederum steht im Kontrast zu der Hoffnung, die am Anfang noch der Einstieg von Brian Hart als Motorenlieferant verbreitet. Ebenfalls sehr interessant ist außerdem der Blickwinkel, den Hamilton einnimmt: Letzten Endes wird abschnittsweise wirklich jede relevante Position innerhalb des Teams mehr oder weniger ausführlich beleuchtet. Der Teamboss kommt dabei ebenso zum Zuge wie Ingenieure, Manager, Berater, Mechaniker, Fahrer, das PR-Team, Sponsoren oder gar noch der Lkw-Fahrer und die Köche. Das lockert in stilistischer Hinsicht die Beschreibung der ansonsten vergleichsweise monotonen (und notorisch erfolglosen) Rennwochenenden immer wieder auf und macht das Buch ohne Ermüdungserscheinungen flüssig lesbar.

Wirklich interessant ist am Ende noch die Essenz, die sich so aus diesem lesenswerten Buch ziehen lässt: Die Leute da müssen an den Rennwochenenden wirklich alle knochenharte Arbeit verrichten, Erfolg ist am Ende vorwiegend doch eine Frage des Geldes (Moral: Nur wer sich viele Testfahrten leisten kann, ist in der Lage, Fehler zu erkennen, möglichen Defekten im Rennen vorzubeugen und den Rennwagen entsprechend weiterzuentwickeln - da können Auto und Motor auf Reißbrett und Prüfstand ansonsten noch so gut sein), und die Rolle, die Eddie Jordan bei dem ganzen hatte, war - ganz anders, als der Herr das selber in seiner Biografie darstellen konnte - am Ende eben doch eine eher marginale, nämlich die des obersten Chefs, seriösen Repräsentanten und knallhart kalkulierenden Geldgebers. In viele technische und für das Rennen relevante Detailfragen war Jordan dagegen offenbar gar nicht mittelbar involviert. Zugute halten muss man ihm so betrachtet allerdings wohl, mit seinen Mitteln einigermaßen vernünftig umgegangen zu sein (was sich dann allerdings wieder auch an zahllosen windigen Geschichten über Sponsorendeals brechen würde).

Na, mal sehen, ob ich noch mehr entsprechende Formel-1-Dokumentationen durchsehen werde. Interessant war es auf jeden Fall, aber natürlich ist wohl nicht jedes Team, jede Saison und jede Persönlichkeit mit einem solchen Blickwinkel aufbereitet worden.

Kurioses Detail noch: In der Beschreibung des Rückflugs vom letzten Saisonrennen in Adelaide wurden noch Orte erwähnt, die dabei überflogen wurden - dabei wurden Singapur, Nordindien, Aserbaidschan und das Schwarze Meer neben Orte gestellt, an denen die zuvor geschilderten Rennen stattgefunden hatten (Budapest, Hockenheim, Spa-Francorchamps). Grotesk, dass 15-25 Jahre später auch an den zuerst genannten Orten Rennen gefahren wurden. o_O
 
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Vor Jahren gekauft. Jetzt mal damit angefangen. Heute mehr Zeitzeugnis als Fachliteratur. Beeindruckend mit welch einfachen Mitteln vor Jahrzehnten Baumriesen gefällt wurden. Leider auch beeindruckend, mit welchen Stolz Menschen Baumriesen flach gelegt haben. Das ist so ein bißchen: Früher Held, heute Arschloch.
 
Dörte Hansen - Mittagsstunde

Ein Abgesang auf das bäuerliche Dorfleben im tristen, grauen, zermürbenden, wunderbaren Flachland Schleswig-Holsteins. Der Tanzsaal in Brinkebüll als Epizentrum einer verschwindenen Welt. Groß!
 
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...and this book eats the reader alive!
Mit einigen Jahren Verspätung nun auch im Hause Nightswan angekommen. Und der Kauf hat sich definitiv gelohnt. Dayal Patterson hat einen sehr angenehmen, flüssigen, unprätentiösen Schreibstil, dokumentiert akribisch und legt keinen Wert auf Sensationshascherei. Wenn da nicht solch unnütze Dinge wie Arbeit und Schlaf wären, würde ich die 500 Seiten gerne am Stück lesen!
 
Eine Empfehlung von Neil Gaiman (der auch das Vorwort zu dieser Ausgabe schrob).

Ich würde es mal als "historische Fantasy" charakterisieren: Der Protagonist treibt sich in durchaus historischem Kontext rum, das Buch enthält aber auch eine Reihe von Fantasy-Elementen.
Der Plot kurz zusammengefasst (aus einer Amazon-Rezi): "This novel imagines that the Norse myths of the Aesir derive from nearly natural circumstances -- a Greek priest with expertise in cheating at dice, distilling alcohol, and general commercial management. His manipulations of all around him lead to great success -- until conflict with (of course) Loki leads to a burning disaster."

Liest sich arg gut, und enthält die beiden Votan-Stories ("Votan" & "Not for all the Gold in Ireland") sowie die Geschichte "Men went to Catreath".
Vor allem auf letztere bin ich gespannt, handelt es sich doch um eine Prosa-Nacherzählung des mittelaterlichen walisischen Gedichts "Y Gododdin". Das ich auch jedem mal an's Herz legen möchte
(geht um knapp 300 Krieger, die sich den Winter über in der Halle des Königs Mynyddaug Mynfawr besaufen und ihm ihre Treue schwören, im Frühjahr dann gegen die Angelsachsen zu Felde ziehen und bei Catraeth
bis auf einen alle abgeschlachtet werden). Geiler Stoff für Epic Metal-Lyrics. :D

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...and this book eats the reader alive!
Mit einigen Jahren Verspätung nun auch im Hause Nightswan angekommen. Und der Kauf hat sich definitiv gelohnt. Dayal Patterson hat einen sehr angenehmen, flüssigen, unprätentiösen Schreibstil, dokumentiert akribisch und legt keinen Wert auf Sensationshascherei. Wenn da nicht solch unnütze Dinge wie Arbeit und Schlaf wären, würde ich die 500 Seiten gerne am Stück lesen!
Ja, tolles Buch, keine Frage. Was mich nur gestört hat (bin da vielleicht durch Fanboytum voreingenommen): Die Rolle Satyricons und Satyrs im Speziellen, sei es durch die Alben mit Satyricon, Storm, Womgraven etc oder durch seine Labeltätigkeit, kommt mir viel zu kurz.
 
Eine Empfehlung von Neil Gaiman (der auch das Vorwort zu dieser Ausgabe schrob).

Ich würde es mal als "historische Fantasy" charakterisieren: Der Protagonist treibt sich in durchaus historischem Kontext rum, das Buch enthält aber auch eine Reihe von Fantasy-Elementen.
Der Plot kurz zusammengefasst (aus einer Amazon-Rezi): "This novel imagines that the Norse myths of the Aesir derive from nearly natural circumstances -- a Greek priest with expertise in cheating at dice, distilling alcohol, and general commercial management. His manipulations of all around him lead to great success -- until conflict with (of course) Loki leads to a burning disaster."

Liest sich arg gut, und enthält die beiden Votan-Stories ("Votan" & "Not for all the Gold in Ireland") sowie die Geschichte "Men went to Catreath".
Vor allem auf letztere bin ich gespannt, handelt es sich doch um eine Prosa-Nacherzählung des mittelaterlichen walisischen Gedichts "Y Gododdin". Das ich auch jedem mal an's Herz legen möchte
(geht um knapp 300 Krieger, die sich den Winter über in der Halle des Königs Mynyddaug Mynfawr besaufen und ihm ihre Treue schwören, im Frühjahr dann gegen die Angelsachsen zu Felde ziehen und bei Catraeth
bis auf einen alle abgeschlachtet werden). Geiler Stoff für Epic Metal-Lyrics. :D

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Cool, vor kurzem habe ich Gaimans Norse Mythology gelesen. Hier mach ich dann bei Gelegenheit mal weiter!
 
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Endlich etwas Zeit gefunden, um mich mit der neuen Übersetzung der Ilias durch Kurt Steinmann (2017) auseinanderzusetzen.

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Wie die meisten gängigen unter den vielen, vielen deutschsprachigen Homerübersetzungen behält diese das Versmaß des griechischen Originals bei. Von den damit manchmal einhergehenden Problemen (etwa, dass die Zeilen mit Füllwörten oder dehnenden Endungen aufgebläht werden, um auf die nötige Silbenzahl zu kommen) ist hier gar nichts zu sehen. Im Gegenteil gelingt es Steinmann trotz des formalen Korsetts semantisch nah am Original zu bleiben und dabei eine flüssige, gar nicht aufgesetzt wirkende Sprache mit modernem Vokabular zu sprechen. Als kleine recht willkürlich gewählte Kostprobe hier Steinmanns Version der Aufstachelung der Achaier durch die Götting Athene:

Aber die um den Atreus-Sohn, die Fürsten, die Zeus nährt,
schufen geschäftig Ordnung, darunter Athene, die Ägis
haltend, die ungemein kostbar und alterslos war und nicht sterblich;
von dieser hingen herab aus lauterem Gold hundert Quasten,
alle schön gezwirnt, hundert Rinder wert eine jede.
Mit dieser stürmte sie blitzend dahin durchs Heer der Achaier,
trieb sie zum Gehen an und rief im Herz eines jeden
wach die Kraft, unentwegt sich in Krieg und Schlacht zu bewähren.
Gleich wurde ihnen das Kämpfen reizvoller noch als die Heimkehr
in den bauchigen Schiffen ins liebe Land ihrer Väter.
Wie ein vernichtendes Feuer abbrennt unendliche Waldung
auf den Gipfeln des Bergs, und sein Schein ist weither zu sehen,
so drang, als sie da schritten, von ihrer herrlichen Rüstung
hell erstrahlend ein Glanz durch den Äther hinauf bis zum Himmel.
Und wie zahllose Schwärme von geflügelten Vögeln,
Gänsen oder Kranichen, auch langhalsigen Schwänen,
auf der Asischen Wiese an des Kaystrios Fluten
hierhin und dorthin fliegen, prunkend mit ihren Flügeln,
und mit Gekreisch sich lagern, sodass die Auen erbrausen:
So strömten deren zahllose Schwärme aus Schiffen und Hütten
in die Skamanderebne hinein; schrecklich ertönte die Erde
unter dem Widerhall der Tritte der Männer und Pferde.
(2, 445-66)

Mir scheint diese Übersetzung sehr gelungen und könnte als günstige Taschenbuchversion z.B. für den Studiengebrauch locker mit gängigen Konkurrenten mithalten (Hampe, Ebener) oder diese in die Tasche stecken (Voß, Rupé).
In Sachen Genuss bleibt mein Favorit aber immer noch die rhythmisierte Prosa-Übersetzung von Wolfgang Schadewaldt (1975 postum veröffentlicht), der sich semantisch ebenso dicht an der Vorlage bewegt, aber dabei eine einmalig donnernde Sprache verwendet, die hervorragend zu dem affektgeladenen rohen Gewaltexzess der Ilias passt. Außerdem finden sich dort die eigentümlichen Attribute, die Vielen mittlerweile ans Herzu gewachsen sind: „der helmfunkelnde Hektor“, „die gutgeschienten Achaier“, „die erzgewandeten Argeier“, „der fußschnelle Achilleus“ etc.

Ungünstigerweise liegt die Steinmannübersetzung bislang nur als Prachtausgabe bei Manesse vor. Das Ding sieht zwar schick aus, ist wunderbar bebildert und mit einem Nachwort von Jan Philipp Reemtsma versehen, kostet aber einen Stange Geld und krümmt Bücherregal und Raum. Ich rechne damit, dass es in ein paar Jahren eine günstige Paperbackausgabe geben wird.
 
Sorry, brauche einen Sekretär!
Also: die Boys waren ja größtenteils noch Teenager, als sie big wurden, dementsprechend benahmen sie sich; Riesenpenis, ein nicht nur aus heutiger Sicht zweifelhaftes Frauenbild, Dosenbier und Drogen, normal, was alle machen.
Wie sie dann aber die Kurve gekriegt haben und zum vielleicht respektiertesten Act in der Größenordnung wurden; HUT AB! Habe ich zb. Nicht geschafft.
Jackass kenne ich leider nicht, noch mal sorry!
Liebe Grüße!

Ach so: @Jenny Death, wenn du die Musik Zero magst, musst du das natürlich überdenken. Die Lektüre des Buches könnte ein wichtiger Schritt sein! ES IST NIE ZU SPÄT!
Bonustipp: höre beim Lesen The Mix Up. Immer wieder. Wirst du mögen, ich schwöre!
 
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