Eine solche Herangehensweise finde ich besonders spannend und als Autor wie Leser gleichermaßen fordernd. Wenn die Sprache der Welt, die literarisch erschaffen wird, die Weltaneignung der Hauptfigur (oder gar mehrerer Figuren) widerspiegelt, erreicht das in den besten Fällen eine Form von Immersion, die in ihrer Dichte und Eigenartigkeit so unbequem und mitunter unlogisch wirkt, wie das Leben selbst, was wiederum das Buch für mich echter macht. Wenn auch nicht unbedingt besser, denn was bei einem Icherzähler im Grunde folgerichtig wirkt, kann bei wechselnden Erzählperspektiven schnell schiefgehen oder einfach nur prätenziös wirken. Viel Freude jedenfalls weiterhin bei der Lektüre. Ich bin gespannt auf dein abschließendes Urteil.
Ein sehr schöner Gedanke, den ich teile.
Noch bin ich ja nicht so weit vorgedrungen, empfinde allerdings die leichte Diskrepanz zwischen der Sprache oder dem Sprachfluss und dem, was die Hauptfigur scheinbar ausmacht, als Spannung. Ich glaube, das war es, was ich unbewusst auszudrücken versucht habe.
Leyland ist, wie ich es verstehe, ein Mensch, der sämtliche Sprachen des Mittelmeerraumes beherrscht oder zumindest sein Leben den Sprachen widmet. Wenn ich an Sprachen denke, denke ich hauptsächlich an etwas Musisches und an etwas Bildhaftes. Damit meinen ich den Klang aller Sprachen und ihre Unterschiede in Rhythmik, Verve usw. Das, was man an Emotion hineinlegt, von leise und ruhig zu zornig und hart oder leidenschaftlich mit der Stimme als Vehikel. Bilder werden für mich auch hauptsächlich über Sprache erschaffen, neben Ausdrucksmitteln wie Malerei und Fotografie. Ich denke an eine Fülle an Details, an Freude daran, das genau richtige Wort für etwas zu finden. Vielleicht in mehreren Sprachen danach zu suchen. Vom Fluss der Weltaneignung her denke ich bei einem Menschen, der in Sprachen lebt auch eher an Bewegung, Tanz oder zumindest etwas sehr Lebendiges. Auch an eine Flexibilität im Geist, wenn man ständig zwischen Sprachen wechselt, da man sich auch in verschiedene Kulturen und Kontexte hineindenkt. Was die Weltaneignung der Figur angeht und damit letztlich auch die Sprache und ihren Fluss, nehme ich momentan nicht viel von diesen drei Aspekten wahr (Musik, Bilder, Bewegung). Eher etwas Verkopftes und Erloschenes. Mehr Latein und Starre.
Womöglich ist ihm aber auch etwas Schlimmes widerfahren. Es klingt Verlust an, Verlust seiner Liebe (Frau?) und etwas anderes, das ihn aus der Bahn geworfen hat und mehr den Fortgang seines Lebens zu betreffen scheint. Vielleicht ist er innerlich verstummt und hat sich aus der Welt zurückgezogen oder steht noch unter Schock. Mal sehen, ob sich das im weiteren Verlauf erschließt. Momentan zumindest finde ich es etwas schade, dass man nicht richtig zu ihm durchdringt und die Weltaneignung, die man durch seine Augen sieht, mehr fern und distanziert ist und so auch die Sprache. Ein Beobachter, der nicht wirklich nah an den Dingen ist. Und - wichtiger - nicht nah an den Menschen. Einen vierten Aspekt von Sprachen habe ich nämlich vergessen: den der Interaktion und des Austauschs, der Verbindung.