Braslavsky:
"Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten"
Kurz umrissen:
Sci-fi mit dystopischen, lyrischen, philosophischen, satirischen, tragikomischen Elementen.
Inhalt:
In der nahen Zukunft wird eine K. I. als experimenteller Prototyp in einem geheimen, illegalen Testlauf darauf angesetzt, informelle, klandestine Polizeirecherchearbeit zu leisten, jedoch nicht im Sinne einer Strafverfolgung, sondern vielmehr zur fristgerechten Ermittlung und Kostenübernahmeverpflichtung von Angehörigen verstorbener Suizidanten, deren Beerdigungskosten (aufgrund pandemisch rasant steigender Suizidraten) andernfalls erschreckend zeitnah das Budget sämtlicher Sozialämter zu sprengen droht und somit ein Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung befürchtet wird, sollte sich diese Kostenexplosion nicht baldigst eindämmen lassen.
Alsbald macht sich die K. I. an ihre Arbeit, hat dabei quasi unbegrenzten Zugriff auf diverse Daten-Banken sowie die metastasierenden Daten-Massen des Internets, jedoch auch viel zu kämpfen mit der zwischenmenschlich habituellen, auch systemisch bedingten Aggressivität, Anonymität, Apathie und Arroganz, den Auskunftsverweigerungshaltungen, dem auf individuellem privatem Hedonismus gründenden Autozentrismus sowie einer auf sofortige Wunscherfüllung fixierten Anspruchshaltung der konsumorientierten Zukunftsmenschen.
Das führt die besagte K. I. jedoch zunehmend dazu, neben dem Hinterfragen und Verstehenwollen menschlicher Handlungsweisen, Interaktionen, Kommunikationsweisen und Konzepte, auch ihre eigene Identität, ihr soziales Rollenpotential und (zunächst noch streng zielgeleitet) ihr eigenes Handeln zu hinterfragen.
Dadurch - und durch einen recht trippigen Plot mit prekäre Existenzen fristenden, devoten Beziehungsbots, verschlagenen Cyber-Dieben, emsigen Lieferdrohnen, verzweifelt Vergnügungssüchtigen und vergnügungsüberdrüssigen Verzweifelten - entwickelt sich die besagte K. I. gänzlich anders als erwartet bzw. erhofft.
Thematik:
Zum Einen werden heutige gesellschaftliche Themen wie Anonymiserung, Big Data, Kommodisierung, Customisation, Entfremdung, Konsumsucht, soziale Desintegration, Technikfetisch, Verantwortungsdelegation, etc. aufgegriffen und auf futuristische, humoristische, misanthrope Extrapolierungspotentiale hin abgeklopft.
Zum Anderen wird die emergente Welt-Wahrnehmung, -Reflexion, -Modellierung, - Interpretation und Selbst-Verortung sowie - Bewusstwerdung der K. I. nachskizziert.
Dabei wird das ein oder andere Cyberpunk- bzw. Detektiv-Geschichten-Klischee im Vorbeigehen mit abgefrühstückt.
Stilistik:
Alles ist gleichsam von feiner Ironie wie auch von existenzialistischer Melancholie, jedoch ebenfalls von postmoderner Verspieltheit und philosophischer Neugier durchsetzt.
Was zunächst absurd bis grotesk anmutet, beinahe wie eine märchenhaft ferne Fantasy-Welt wirkt, ist bei näherer Betrachtung jedoch eher ein futuristisch zugespitzter, ins Eingemachte heutiger Trends zoomender Petrischalenblick unter den theoretischen Laborbedingungen eines fiktiven, exponentialen Wachstums besagter Trends.
Intertextuelle Einordnung:
"Brave New World" trifft "Ghost in the Shell" trifft "The Big Lebowski" trifft "Per Anhalter durch die Galaxis".