Da ich einem Freund geschrieben habe, wie meine Befindlichkeiten bzgl Black Sabbath so sind, klatsche ich das um einiges erweitert auch hier mal rein.
Wie schon anderswo erwähnt: meine Prioritätenpyramide ist in etwa so:
1. Atmosphäre
2. Songwriting
3. Technik
4. Produktion
Bei Black Sabbath sind alle vier Punkte eigentlich stets überfüllt.
Wie gut ein Instrumentalist oder Sänger ist, ist mir meistens ziemlich gleich, aber wenn die anderen Punkte stimmen, nehme ich ausgezeichnete Techniker bezüglich auch gern mit (das überschneidet sich ggf ja auch wieder mit Atmosphäre oder Songwriting, je nachdem was eben möglich ist).
Entsprechend mache ich natürlich Unterschiede zwischen den jeweiligen Bandmitgliedern, aber stelle die für mich eigentlich nie wirklich raus und werte zB wie
@Bexham die Vokalisten gleich. Jeder hat seine Stärken (natürlich keine Schwächen!), und die Instrumentalisten scheinen mir der jeweiligen Phase perfekt zu passen.
Drei Alben kenne ich immer noch nicht: "Never Say Die!" und "Technical Ecstasy", sowie die "Born Again". Die liefen mir bisher einfach noch nicht über den Weg, und ich will sie nicht durch Streaming besudeln. Irgendwann finde ich die schon, oder wer will, darf sie mir gern schenken.
Mit jeder Phase von BS verbinde ich vor allem innere Bilder, Assoziationen, eigentlich wirklich filmische Szenen oder Genres. Ob das mit der Namensgebung zu tun hat?
Vielleicht ist dies auch einfach das höchste, was mir Musik geben kann. Wie gesagt: Atmosphäre > alles andere.
Früher suhlte ich mich vor allem in der Ozzy-Phase, da steckt auch so viel drin. Auch musikalisch, ich finde das Drumming oft kreativ, der Bass existiert nicht nur sondern liefert, Iommi sowieso überirdisch, und Ozzy passt zu diesen Songs und der frühen entrückten, mystischen Wildheit auch ganz wunderbar. Das war schon irre. Ich würde gern wissen, wie das damals gewesen sein muss, als das rauskam, sowas komplett neues, finsteres und wuchtig-hartes.
Meine ersten Alben waren die "Master Of Reality", die "We Sold Our Soul For Rock'n'Roll"-Compilation, die "Heaven and Hell" und die "The Eternal Idol". Die letzteren stachen mir auch schon früh ins Herz (die "Eternal Idol" brauchte etwas länger, anfangs wusste ich damit nicht viel anzufangen), aber ich hab die irgendwie auch stets abgetrennt von Black Sabbath betrachtet, die "echten" Black Sabbath waren einfach die mit Ozzy (heutzutage bin ich froh darüber, über diese Meinung hinweggekommen zu sein
).
Wie gesagt, es steckt aber auch eine Menge darin. Die "We Sold Our Soul ..."-Compilation ist ja recht umfangreich, und die hatte ich ebenso wie meine total zerkratzte 4 DM teure "Master Of Reality"-LP direkt auf Kassette überspielt, wie ich das damals ohnehin immer tat, um das Vinyl zu schonen und die Musik auf dem Walkman dabei haben zu können. Ozzy sang mit Wahnsinn, mit Rausch, mit Gefühl, von Ängsten und Mystik und Rock'n'Roll, oft augenzwinkernd. Es begleitete mich durch schweren Liebeskummer, auf Reisen, durch den Schulalltag und durch psychedelische Phasen. Vorm inneren Auge entstehen grobkörnige, frühe Horror- und Hexenfilme in lila und grau und schwarz, Friedhöfe und verlassene, heimgesuchte Häuser, zugleich Freiheit, Hippiebiker und dunkel-verr(a)uchte Kellerbars.
Die Dio-Sachen waren dann ja schon was ziemlich anderes, das Bluesige und das Augenzwinkernde verschwindet und der epische Hard Rock kommt, da geht so'n Breitwandkino auf. Die "Heaven And Hell" ist mein Favorit, generell eines meiner Lieblingsalben, ich finde, die hat eine wahnsinnig dichte Atmosphäre, als würde man einen Sword & Sorcery-Film aus den 80er Jahren schauen, oder in einer Biker-Kneipe herumsitzen, die sich irgendwie spürbar außerhalb der gesetzlichen Norm befindet, ohne sich aber in einer bedrohlichen Lage zu finden; stattdessen ist alles schummrig, nur von Fackeln beleuchtet, mit Holztafeln verkleidet und irgendjemand Vernarbtes erzählt von alten Zeiten, vergangenen Schlachten mit anderen Rockergangs, die in dem Ambiente klingen wie Schlachten aus uralten Zeiten zu Pferd und mit Speer und Beil. Ich muss da auch immer an Filme wie"Fire & Ice" und "Heavy Metal" denken, irgendwie komme ich da ständig auf so Bikerkram zurück in Verbindung mit Low-Fantasy. Das drängt sich mir bei allesn drei Alben mehr oder weniger stark auf (bei der "Dehumanizer" am wenigsten), beides mystifiziert als starke Mischung, wie moderne Wikinger oder ähnliche Raubeine, die in Nebelschwaden herumstehen und zitternde Knie kriegen, wenn auf einmal Magie und Höllenfeuer angedroht werden, und versuchen, Rat aus den alten Sagen der Vorväter zu ziehen.
Die Tony Martin-Sachen dann: der Biker-Aspekt verschwindet ein gutes Stück (zumindest für mich, vermutlich ist das von mir eh nur herbeifantastiert), nun wird es eher filmisch und noch breitwandiger. Ich sehe da echt meistens so nicht-existente Filme der 80er und 90er Jahre, wohl meist aus dem Historien-/Fantasy-/Noir-Bereich, stets Nebelschwaden, Dramatik und Epik, Melancholie und Schicksalsentscheidung. "The Eternal Idol" ist für mich wie gesagt ganz groß, das vermutlich "beste" Album (naja, das da halt wohl meist als das beste deklarierte) ist wohl "The Headless Cross", das allerdings auch wirklich hart geilo ist, und wirkt wie der Soundtrack zur Verfilmung eines Romanklassikers, in dem versucht wird, den Tod durch ein Spiel auszutricksen und phasenweise aber alles den Bach runtergeht (das Ende soll hier nicht verraten werden!). Inzwischen tauchen auch mehr Balladen auf, Herzschmerz erweitert das Repertoire von Leid und Epik. Die "Forbidden" fällt in der Hinsicht etwas raus, hier sehe ich eher dunkle, abgerissene Hinterhöfe und finstere Gassen bei Herbst oder Winter in der Großstadt, wo furchterregende Schatten über Backsteinwände flattern und man nicht weiß, ob das düstere Gesellen oder gar übernatürliche Phantome sind.
Ansonsten: die Tony Martin-Ära verwendet jede Menge Kunstnebel, Spotlights, Trenchoats und Lederjacken, schwankt zwischen Engeln und Dämonen und gibt "Epik" nochmal eine ganz eigene Bedeutung.
Insgesamt muss ich halt sagen, dass ich wirklich alles mindestens gut finde ("Seventh Star" z.B., das hat schon Schwächen und hätte ja eigentlich kein Black Sabbath-Album sein sollen, oder eben "Forbidden", das alle stets als "Stinker" schmähen), das meiste aber eher schon sehr gut bis grandios. Weil halt: Atmosphäre, Hammersongs, Epik, überdies auch tolle Musiker. Wenn da manchmal auch bisschen mittelmäßige oder "nur" gute Songs neben Riesenkrachern auf den Alben stehen, ist mir das wurscht, da jene alles überstrahlen und der Rest, wie gesagt, für mich mindestens "gut" ist, eher besser.
Ist halt auch wohl einfach meine Lieblingsband. :')