Matty Shredmaster
Till Deaf Do Us Part
Hier ein Auszug aus dem "Unterbewertete Alben"-Thread.
Einige User - ich auch - finden das Thema spannend und wünschen sich dazu einen eigenen Thread. Here we go, jede weitere Story wird mit Freude gelesen
Einige User - ich auch - finden das Thema spannend und wünschen sich dazu einen eigenen Thread. Here we go, jede weitere Story wird mit Freude gelesen
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Ich habe mich damals (Startzeitpunkt Metal: Februar 1991) von verschiedenen Quellen inspirieren lassen. Freunde natürlich, auch Plattenläden waren wichtig. Es gab auch damals schon in Plattenläden die Möglichkeit, in Alben reinzuhören, und ich habe ganze Nachmittage nach der Schule vor CD Playern in diesen Läden verbracht und einfach alles angehört, was interessant aussah. Weil ich das meiste nicht kaufen konnte wünschte ich mir die Highlights zu Geburtstagen und anderen Festen. Meine Eltern waren zum Glück cool genug und hatten kein Problem damit, mir die Vinylversion von Pungent Stenchs "Been Caught Buttering" unter den Weihnachtsbaum zu legen
Ein paar Meter neben unserer Schule gab es einen CD-Verleih, bei dem man für DM 2,- pro Tag CDs ausleihen konnte. Ich war dort jeden Tag nach der Schule und habe nach und nach alles ausgeliehen, was irgendwie nach Metal aussah und was mir das Personal dort empfehlen konnte. Das habe ich alles fein säuberlich auf Tapes überspielt und hatte so relativ schnell einen brauchbaren Grundstock. Viel mehr als das gab natürlich auch mein Budget als Schüler nicht her, ich habe damals nur einen sehr kleinen Teil an Tonträgern gekauft, das kam erst viel später.
Wenn ich gekauft habe, geschah dies meist auf Flohmärkten oder auf den Grabbeltischen der Plattenläden. In den Neunzigern konnte man viele Metal-Vinyl-Schnapper machen, und die waren meist so billig, dass sie auch taschengeldfreundlich waren. Die Motivation, uninteressant aussehende Stände zu durchsuchen, spielte dabei eine entscheidende Rolle. So habe ich zum Beispiel einmal aus einem Stapel Klassikplatten Tröjans "Chasing The Storm" gezogen. Kostenpunkt DM 3,-!
Aber auch die wichtigen deutschen Thrash-Klassiker habe ich teilweise für nen Appel und nen Ei gekauft. Zu dieser Zeit war das Interesse an Metal - von den ganz extremen Formen abgesehen - weitgehend abgeflaut, und bei den unermüdlichen Fans begann sich die CD durchzusetzen. Kleines Beispiel gefällig? Für Violent Forces "Malevolent Assault Of Tomorrow" habe ich gerade einmal DM 10,- ausgegeben, heute werden für das Teil oft € 50,- und mehr aufgerufen. Für den Aufbau einer Vinylsammlung waren das goldene Zeiten.
Als später ein bisschen mehr Geld in die Kasse gespült wurde (Zivildienst, Ausbildung etc.) begann ich, auf Plattenbörsen zu gehen. Und auch dort war das Preisniveau noch weitaus niedriger als heute. Als besonders wertvoll galten farbiges Vinyl und Pictures, die waren meist etwas teurer. Das herkömmliche schwarze Vinyl war auch in diesem Umfeld oft erschwinglich. Das Thema Limitierungen war damals noch gar nicht so weit verbreitet, die Händler haben meist die obskuren und selten auftauchenden Platten teurer verkauft. Dazu gehörten zum Beispiel Platten aus Osteuropa oder Südamerika.
Eine weitere wichtige Informationsquelle waren für mich Bandfotos. Anfang der Neunziger war ich total auf dem Death Metal-Trip. Und wenn jetzt zum Beispiel auf einem Obituary-Foto die Musiker Shirts von Massacre, Autopsy und Pestilence trugen, musste ich da auch reinhören. Das war eine endlose Kette und hat mir wahre Heerscharen von Bands nahegebracht.
Mitte der Neunziger wurden die Kataloge von EMP und Nuclear Blast immer umfangreicher und eine sehr wichtige Bezugsquelle. In den Katalogen waren Beschreibungen zu vielen Alben enthalten, auf die ich mich oft blind verließ - und ich wurde nur selten enttäuscht. Manches finde ich heute nicht mehr so toll, als der Black Metal aber gerade aufkam, waren die meisten Bands erstmal interessant und spannend. Was haben wir zum Beispiel die erste Dimmu Borgir damals abgefeiert. Aus heutiger Sicht finde ich das Teil ziemlich langweilig, aber es passte genau in die Zeit und klang frisch.
Metal-Zeitschriften waren als Impulsgeber auch sehr wichtig. Beim Metal Hammer habe ich in der Death Metal-Hochzeit schnell herausgefunden, dass man zum entdecken der Highlights den Soundcheck von unten lesen muss
In einem Ungarn-Urlaub habe ich dann mein erstes Rock Hard gekauft. Das war 1993, und auf dem Cover prangte zur Feier der Mercyful Fate-Reunion der King persönlich, daran konnte ich nicht vorbeigehen. Dem Hammer habe ich nach der Lektüre des Heftes umgehend den Rücken gekehrt, denn ich konnte und wollte nur für ein Heft im Monat Geld ausgeben.
In den Kleinanzeigen der Magazine waren haufenweise Schaltungen von Privatverkäufern, die riesige Verkaufslisten versendeten. Da war das Preisniveau - und auch das Risiko mit Geld verschicken und auf das Paket warten - dann aber häufig sehr hoch, so dass ich da eher selten gekauft habe.
Und heute? Einige der oben genannten Quellen gibt es immer noch, aber das Internet hat natürlich auch bei mir umfangreich Einzug gehalten. Zum kennenlernen neuer Bands ist surfen (Youtube, Last.FM etc.) super, und auch in den einschlägigen Foren (hier zum Beispiel ) bekommt man derart viele Impulse, dass man damit seine komplette Zeit verbringen könnte.
Leid tut mir nur, wie nachteilig sich das alles für Plattenläden entwickelt hat. Stöbern in physisch vorhandenen Regalen ist mir auch heute noch lieber als das Durchforsten endloser Listen. Und wenn ich erstmal einen Tonträger in der Hand halte, fällt mir auch die Kaufentscheidung weitaus leichter.
Ich habe mich von Anfang an sehr intensiv mit Metal beschäftigt und war schon immer extrem pedantisch, wenn es um Fakten ging. Heute nicht mehr so extrem wie früher, man wird ja auch älter und reifer. Aber die Bücher von zum Beispiel Matthias Herr kosteten damals halt auch ein paar Mark. Und wenn ich bei Freunden oder so reingelesen habe und einen Fehler gefunden habe, hat mir das komplett die Lust genommen, dafür Geld auszugeben. Vielleicht stehe ich mir damit manchmal selbst im Weg, aber das ist nunmal meine Art.
So, jetzt fahre ich erstmal zum CD-Verleih. Ach ne, der ist ja schon lange geschlossen