(Non-Metal-) Jahresrückblick 2023

Fange und Phantom Winter sind bei mir auch ganz weit oben. Predatory Void find ich auch gut, aber irgendwas fehlt mir da noch, um mich komplett zu kriegen. Die Grundzutaten stimmen aber auf jeden Fall - alles andere wäre bei der Besetzung aber auch verwunderlich.
Insgesamt sehr starkes Sludge/Post (Black)/Noise Metal-Jahr für mich. Neben den genannten möcht ich noch folgende hervorheben:

Ragana - "Desolation's Flower"
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4. Album des Frauen-Duos aus den USA und für mich eines der emotional aufwühlendsten des Jahres. Als würden Amenra und Brutus zusammen Post Black Metal spielen oder so. Mal wütend, mal verletzlich, mal schön... aber immer ehrlich und ungekünstelt. Dazu dann noch die wirklich ins Mark gehenden, geplagten Vocals. Ein Traum von einem Album


Rană - "Richtfeuer"
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Wieder antifaschistischer Post Black Metal, dieses Mal aus Deutschland und mit einer gehörigen Portion Crust und D-Beat. Ausladende Songstrukturen, dichte Atmosphäre, dabei aber stets mitreißend, dreckig und leidenschaftlich. Fall Of Efrafa-Liebhaber sollten reinhören (das Cover ist hier eigentlich Hinweis genug)


Sunrot - "The Unfailing Rope"
Sludge mit etwas Drone und Noise aus den USA. Geht so in Richtung Eyehategod, Khanate, Body Void etc. Beklemmend, intensiv und giftig. Dazu gibt's stimmige Samples, Riffwände und diverse Gastbeiträge, u.a. vom Thou-Sänger.


Johnny The Boy - "You"
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Black Metal-Projekt der Crippled Black Phoenix-Leute und genau so klingt es eigentlich auch. Natürlich keine reine BM-Lehre, sondern mit Crust, Sludge, Doom und Post-Gedöns. CBP-typische Spoken Word-Passagen und Gitarren, dazu eine gute Portion Düsternis und Dreck, inklusive rotzige, giftige Screams von Belinda. Vielleicht insgesamt etwas zerfahren, aber mir gefällts sehr gut und es gibt so einige starke Momente (man höre nur mal "Grime", "Without You" oder "He Moves")


Part 2 und evtl Part 3 folgen hoffentlich demnächst...
Bin immer noch dabei, mit dem Anhören up to date zu kommen.

Mit Ragana habe ich es jetzt noch ein zweites Mal versucht. Die Vocals sind zweifellos ganz stark. Sehr intensiv. Allerdings bleibt gemessen daran für meinen Geschmack das Instrumentale etwas blass. Auch wenn ich das tendenziell mag, wenn die Vocals im Vordergrund stehen, ist mir das Ungleichgewicht hier dann doch zu arg. Aber schlecht geht natürlich trotzdem anders.

Rana finde ich da schon etwas stimmiger. Schaue ich mir vermutlich im Februar mal live an, da sind sie ja in einem sehr ansprechenden Package unterwegs. Zwar nicht richtig in meiner Nähe, aber zumindest in machbarer Entfernung (sofern die Bahn es erlaubt ...).

Johnny The Boy hatte ich damals bei Erscheinen angehört - aber inzwischen schon wieder völlig vergessen gehabt. Zu Unrecht, das ist gar nicht schlecht.
 
Activity - „Spirit In The Room“

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Das zweite Album der New Yorker bietet eine ordentliche Bandbreite an Sounds. Manche Tracks haben Trip-Hop-Vibes (z.B. gleich der Opener), andere erinnern mich eher an Indietronic-Bands wie The Notwist oder auch Slut. Bei „Icing“ lässt mich der Drive der Beats sowie der hohe Gesang an Radioheads „Idioteque“ denken, auch wenn das vielleicht ein bisschen weit hergeholt ist.
Bei aller Abwechslung aber immer auch etwas düster und melancholisch.

Video zu „Department Of Blood“: https://www.youtube.com/watch?v=mntphfk6AtU

Komplettes Album: https://activity.bandcamp.com/album/spirit-in-the-room
 
Bin immer noch dabei, mit dem Anhören up to date zu kommen.

Mit Ragana habe ich es jetzt noch ein zweites Mal versucht. Die Vocals sind zweifellos ganz stark. Sehr intensiv. Allerdings bleibt gemessen daran für meinen Geschmack das Instrumentale etwas blass. Auch wenn ich das tendenziell mag, wenn die Vocals im Vordergrund stehen, ist mir das Ungleichgewicht hier dann doch zu arg. Aber schlecht geht natürlich trotzdem anders.

Rana finde ich da schon etwas stimmiger. Schaue ich mir vermutlich im Februar mal live an, da sind sie ja in einem sehr ansprechenden Package unterwegs. Zwar nicht richtig in meiner Nähe, aber zumindest in machbarer Entfernung (sofern die Bahn es erlaubt ...).

Johnny The Boy hatte ich damals bei Erscheinen angehört - aber inzwischen schon wieder völlig vergessen gehabt. Zu Unrecht, das ist gar nicht schlecht.
Schön, dass du dir die Mühe machst, so ausführliches Feedback zu geben und freut mich, dass du ein paar Sachen für dich (wieder-)entdecken konntest!
Das mit Ragana find ich total verständlich. Bei denen steht und fällt es halt wirklich mit den Vocals. In meinem Fall funktioniert das sehr gut, weil die mich emotional voll erreichen. Aber du hast natürlich recht, die sind schon sehr dominant und im Vergleich dazu, droht die instrumentale Seite etwas unterzugehen.
 
ARABROT - OF DARKNESS AND LIGHT

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Norwegische Noise / Alternative Rock Band. Ich konnte lange Zeit mit der Band nicht viel anfangen. Mit dem vorletzten Album Norwegian Gothic hat es mich dann voll erwischt und bin seit dem Feuer und Flamme! Of Darkness And Light ist für mich ganz klar ihr zugänglichtes und abwechslungsreichstes Album. Für mich eines der Highlights 2023 Genre übergreifend. Ich hoffe die Band endlich mal Live erleben zu dürfen. All hail to the church of ARABROT :verehr:


Die "Norwegian Gothic" hatte ich mir auch zugelegt (außerdem hatte ich schon seit Ewigkeiten die "Solar Anus" aus einer anderen, noisigeren Ära). Live gesehen auch schon einmal vor ein paar Jahren.
Obwohl ich die "Norwegian Gothic" gut fand, habe ich sie letztlich dann doch nicht besonders oft gehört, weiß auch nicht, ganz rational läuft sowas ja nicht immer ab. Vielleicht auch deshalb hatte ich bisher keine große Lust, mir das akutelle Album anzuhören. Jetzt aber nachgeholt und ich bin doch ziemlich angetan. Würde dir zustimmen, dass das echt abwechslungsreich ist und auch teils ordentliches Hitpotenzial hat.
 
THE HIRSCH EFFEKT - URIAN

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Bisher war mir die Band immer zu anstrengend. Mit der letzten EP hatte ich endlich den Zugang gefunden. Das aktuelle Album bläst mich komplett weg und kann ich jetzt gut in einem Rutsch anhören. Die Band verarbeitet viele verschiedene Musikstile von Grind bis Progressive ist irgendwie alles dabei. Klingt komisch, funktioniert aber gut ;) Der vertonte Wahnsinn. Eines meiner absoluten Jahreshighlights 2023!

 
Zuletzt bearbeitet:
Da ich in anderen Threads die Marthe schon zur Genüge gehyped habe, hier meine Non-Metal Picks:

Conservative Military Image - Casual Violence
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Genre ist irgendwas mit Hardcore / Oi / Streetpunk. Ist auch egal. Das Ding ist roh und knallt ordentlich. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Wäre fast mein Album des Jahres geworden.

Drain Living Proof
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Genre: Crossover/Hardcore. Drain haben diesen 80er Thrash Touch und wirken trotzdem modern und erfrischend. Zudem sind sie eine der besten live Bands, die ich je gesehen habe.
 
Schneider TM - „Ereignishorizont“

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Unter dem Namen Schneider TM veröffentlicht Dirk Dresselhaus schon seit 1998 elektronische Musik. Keine Angst, liebe Rocker, kein utz-utz-utz, sondern eher bastel-nerdige experimentelle Elektronik. In der Tat kann man das aber, wenn vielleicht auch etwas irreführend, durchaus als Gitarrenmusik bezeichnen, denn im Zentrum der Musik stehen zwei im Eigenbau modifizierte Gitarren, mit denen er keine Riffs spielt, sondern Effekte der unterschiedlichsten Art erzeugt. Zum Reinhören finde ich den unten verlinkten Album-Opener und Titeltrack geeignet, der bietet ganz guten Zugang zwischen entspanntem Gepluckere und moderat noisigen Gitarrensounds. Andere Tracks gehen eher in Richtung Drone. Interessantes und abwechslungsreiches Album, allerdings sicher kein Easy Listening für zwischendurch.

Titeltrack „Ereignishorizont“: https://www.youtube.com/watch?v=50z33y0no1Y

Komplettes Album: https://karlrecords.bandcamp.com/album/ereignishorizont
 
In diesem Sinne mach ich mal weiter mit Sludge/Post Metal Part 2:

Great Falls- "Objects Without Pain"
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Nochmal so ein Noise/Sludge/Post-Gemisch, dieses Mal mit einer ordentlich Portion Hardcore, sehr schlechter Laune, Erbarmungslosigkeit und Aggression. Herausfordernd, aber in entsprechender Stimmung sehr lohnenswert.
Hach...herrlich. Danke auch für diesen Tipp! Zwar schon sehr viel "Noise", aber meist im guten Kontrast zu den auch immer wiederkehrenden Melodien und etwas ruhigeren Parts. Und abartig coole, meist verzweifelnde wütende Hardcore-Stimme...Cover passt auch zur Musik wie Arsch auf Eimer, oder so ähnlich...
 
In diesem Sinne mach ich mal weiter mit Sludge/Post Metal Part 2:

Chained To The Bottom Of The Ocean - "Obsession Destruction"
Der Bandname ist durchaus Programm würde ich sagen. Sludge der erdrückenden, kriechenden und mitunter monotonen Sorte. Harsch, zermürbend und schlecht gelaunt mit Lärmwänden und verzerrtem Vocals irgendwo zischen Knurren und Zischen (so Richtung Thou). Schon fordernd, aber vergleichsweise nicht uneingängig und dank diverser Tempowechsel und gutem Songwriting durchaus mit packenden Momenten.


Seek - "Kokyou de Shinu Otoko"
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Angeschwärzter Sludge mit Post Metal/Hardcore-Elementen aus Japan (und auf japanisch). Explosiv, bösartig, chaotisch, dissonant, jedoch mit viel Augenmerk auf fieser, bedrohlicher Atmosphäre. Spaßig ist das nicht, aber durchaus durchdacht, vielseitig und mitreißend. Vor allem wer Neurosis und Downfall Of Gaia mag, könnte hier glücklich werden.


Milanku - "À l'aube"
Kanadischer Post-Alles-Mögliche auf französisch und mit ein bisschen Sludge und Shoegaze. Bandname und Texte sind inspiriert von Milan Kundera und das spiegelt sich auch in Musik und Atmosphäre. Oft instrumentale und sphärische Klanglandschaften, allgegenwärtige Melancholie und Hilfslosigkeit, gelegentliche Ausbrüche der Verzweiflung und Spiel mit Kontrasten.


The Turin Horse - "Unsavory Impurities"
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Nicht zu verwechseln mit den deutschen Turin Horse. Das hier sind Italiener, die irgendwo zwischen Noise Rock, Math Rock, Sludge und Post Hardcore - garniert mit Samples, Saxofon und einer Prise Jazz - agieren. Kaputt, experimentell und chaotisch. Kann man sicher auch zu anstrengend finden, aber vor allem die 2. Albumhälfte hat einige unerwartete und starke Momente zu bieten und wer mit Today Is The Day etwas anfangen kann, sollte hier vielleicht mal reinhören.


Great Falls- "Objects Without Pain"
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Nochmal so ein Noise/Sludge/Post-Gemisch, dieses Mal mit einer ordentlich Portion Hardcore, sehr schlechter Laune, Erbarmungslosigkeit und Aggression. Herausfordernd, aber in entsprechender Stimmung sehr lohnenswert.


Den Rest in Kurzform, damit ich auch mal zu den eigentlichen Non-Metal-Alben kommen kann:
  • Felsenmirror - s/t: Post (Black) Metal mit etwas Sludge der atmosphärischen, trostlos-verzweifelten Sorte und mit dem klassischen Spiel mit Kontrasten (Amenra-mäßig). Erwähnen muss man auch noch die schön integrierte Geige.
  • Ken Mode - "VOID": u.a. im Sludge-Thread schon oft lobend erwähnt, wobei sie mittlerweile wahrscheinlich schon eher im Noise Rock anzusiedeln sind. Allerdings mit allerlei genrefremden Einflüssen von Industrial über Hardcore bis zum Post Punk. Jedenfalls kracht und lärmt es ordentlich und man befindet sich stimmungstechnisch irgendwo zwischen resigniert, verzweifelt und hektisch angepisst.
  • Body Void - "Atrocity Machine": noch mal eine Stufe höher auf der Kaputtheits-Skala. So auf der Ebene von Primitive Man, aber mit mehr Verzerrung, Noise und Industrial und sehr viel politischer. Kompromissloser Wahnsinn mit durchgehend bedrohlich fiebrig-flirrender Atmosphäre und Sogwirkung direkt in den Abgrund.
  • Khanate - "To Be Cruel": so ziemlich an der Spitze besagter Kaputtheits-Skala. Verstörende, hysterische, zermürbende Drone/Doom-Experimentiererei. Khanate halt.
Sooo. Der Post war ja wirklich ein ordentlicher Brocken. Aber ein guter Brocken.
Einige Alben kannte ich ja immerhin schon, da erübrigte sich das Reinhören. Bei manchen Alben wiederum ist das Reinhören schon ein paar Tage her. An Ausfälle kann ich mich aber nicht erinnern. Kompliment.
Am besten in Erinnerung geblieben sind mir die Japaner Seek. Und die Kanadier Milanku, die machen atmosphärischen Post-Metal nach meinem Geschmack. Schönes Gebrüll auch, da ist es fast schon schade, dass das Album überwiegend instrumental ist. Bin sogar geneigt, mir das Milanku-Album zuzulegen, mal schauen.
 
Roosevelt - „Embrace“

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Wenn ich das nicht völlig falsch in Erinnerung habe, dann lernte ich das selbstbetitelte Debüt (2016) von Roosevelt damals durch die Heftbeilage-CD der Spex kennen. Einige Male über Bandcamp gehört und dann aber doch nicht gekauft. Drei Alben später ist es soweit. Irgendwie hatte ich 2023 dann Lust auf den Stoff, obwohl das eigentlich auch eher außerhalb meines normalen musikalischen Beuteschemas liegt. Für Pop habe ich zwar grundsätzlich auch ein offenes Ohr, aber Roosevelt (übrigens Deutscher, kein Ami) macht 80er-Discopop. Immer habe ich darauf keine Lust, aber für gelegentlich ein ganz schönes Album, um zwischen zwei Geschredder-Alben mal ein wenig die Ohren zu entlasten.

„Ordinary Love“ https://www.youtube.com/watch?v=mTkxcJRMiTs

Komplettes Album: https://iamroosevelt.bandcamp.com/album/embrace
 
ARABROT - OF DARKNESS AND LIGHT

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Norwegische Noise / Alternative Rock Band. Ich konnte lange Zeit mit der Band nicht viel anfangen. Mit dem vorletzten Album Norwegian Gothic hat es mich dann voll erwischt und bin seit dem Feuer und Flamme! Of Darkness And Light ist für mich ganz klar ihr zugänglichtes und abwechslungsreichstes Album. Für mich eines der Highlights 2023 Genre übergreifend. Ich hoffe die Band endlich mal Live erleben zu dürfen. All hail to the church of ARABROT :verehr:



Nachdem mich das letzte Album auch begeistert hatte war ich ziemlich heiß auf diese Platte. Bis jetzt aber Enttäuschung des Jahres für mich - find sie asehr durchwachsen.
Die Wovenhand-Vibes des Vorgängers sind nur noch vereinzelt zu finden. Stattdessen gibts nen sehr bunten Stilmix von Song zu Song und dadurch ein ordentliches Hit-or-Miss. Aber auch die im Ansatz guten Songs wirken mir nicht richtig ausgearbeitet (bspw. sind die Hooks bei Madness und Skeletons sind zwar sehr fein, aber jetzt nicht so geil dass man sie nen kompletten Song durchsingen muss). Die Abbieger in Richtung Metal holen mich als Metalhead auch Null ab, dafür sind die Riffs da auch ne Spur zu billig. Und wer zum Teufel da drauf gekommen ist die Band als "Noise Rock" zu labeln darf mir das auch gern mal genauer erklären. Ich weiß ja dass das Genre sehr weit ist, aber ich seh hier echt Null Elemente die das hausieren damit rechtfertigen würden.
 
Altın Gün und und Charlotte Brandi finde ich super, Danke. Ansonsten höre höre ja als zertifiziertes Foren-Weichei außerhalb des Metal wenig Gitarrenmusik, will aber mein übliches Dark-Ambient-Gesülze diesmal auf ein Minimum beschränken, nämlich den Hinweis auf die alle eine ähnliche Sparte bedienenden, meditativ-menschlichen Alben von
- Vladimir Frith, der übrigens auch hinter Рожь steckt,
- Aeons, sowie
- Dead Melodies,
und stattdessen auf dieses Album hinweisen, das nun auch nicht völlig Ambient-freie Zone ist, aber doch auch Beats im Gepäck hat: "Killer Whale Atmospheres" von Rainforest Spiritual Enslavement.
Wer hinter dem sonderbaren Projekt- und Albumnamen ein Konzept vermutet, liegt vermutlich richtig. Die Vorgängeralben glänzen nämlich auch mit Titeln wie "Jellyfish Reproduce Black Magic". Ob es hier aber um mehr geht als nur auf eine bestimmte Atmo einzustimmen, weiß ich nicht, da Künstler wie auch Genre mit vor 2023 eher unbekannt waren. Geboten wird Ambient Techno/Elektro, der in ein so dumpfes Soundgewand gekleidet ist, dass man meint, man hätte versehentlich einen Berg Wäsche über die Box gehängt. Die Unterwasserthematik wird dadurch perfekt eingefangen. Musikalisch geht es überwiegend bassbetont, düster und minimalistisch zu, bisweilen verträumt ("Orca Skull Memories (Bering Strait)").

PS: "Killer Whales Sleep With One Eye Open" - stimmt das?
 
... Und wer zum Teufel da drauf gekommen ist die Band [Årabrot] als "Noise Rock" zu labeln darf mir das auch gern mal genauer erklären. Ich weiß ja dass das Genre sehr weit ist, aber ich seh hier echt Null Elemente die das hausieren damit rechtfertigen würden.
So kompliziert ist die Erklärung gar nicht, schätze ich. Die haben halt im Laufe der Zeit ihren Stil etwas geändert.
Die Wurzeln der Band kann man schon dort verorten, z. B. https://www.youtube.com/watch?v=8TaR3wwOUas&list=OLAK5uy_nOHIuottQWACHagGJC89M5svKHfGMH6Fg&index=2
Wenn du also den Begriff Noise-Rock in Verbindung mit Årabrot liest/hörst, dann wird sich das im Zweifel auf ihr Frühwerk beziehen, aber (zumindest sinnvollerweise) nicht auf ihren aktuellen Output.
 
Dann mach ich mal weiter mit 3 eigentlich ziemlich verschiedenen Alben, die ich hier trotzdem mal zusammenpacke, da irgendwas mit Country/Americana, aber nicht dominierend, sondern im Verbund mit diversen anderen Genres und mal größerem, mal kleinerem Schrägheits-Faktor.

Reverend Kristin Michael Hayter - "Saved!"
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Den meisten wahrscheinlich besser unter ihrem bisherigen Künstlernamen Lingua Ignota bekannt. Diesen und den damit verknüpften düsteren Abschnitt in ihrem Privatleben hat sie mittlerweile hinter sich gelassen, was aber nicht bedeutet, dass es jetzt plötzlich Heile-Welt-Popmusik zu hören gibt. Ganz im Gegenteil, auch hier wird es wieder maximal verstörend und befremdlich, wenn auch bei musikalisch und lyrisch leicht verschobener Ausrichtung. D.h. weniger Neoklassik, Industrial und Metal, dafür mehr Southern Gospel, Country und Folk, aber immer noch mit der vertrauten Theatralik und Hysterie. Thematisch geht das einher mit der Auseinandersetzung mit Erlösung und dem Christentum, insbesondere in seinen ländlichen, evangelikalen Ausprägungen und mit Blick auf die düsteren Seiten von übertriebener Religiosität.
Kurz gesagt, wer mit Lingua Ignota etwas anfangen konnte, dem wird das hier vermutlich auch gefallen. Wem sie bisher "zu viel" war, könnte hiermit eventuell glücklicher werden, da sie hier zumindest etwas reduzierter und weniger sperrig unterwegs ist.


Wednesday - "Rat Saw God"
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Wednesday aus den USA sind stärker im Indie Rock verwurzelt. Neben Shoegaze und Grunge gibt es aber eben auch Country und Americana Einflüsse zu hören. Thematisch geht es viel um das Aufwachsen im ländlichen Amerika, mit mal abgefuckten, mal absurden Geschichten aus dem Alltag, vorgetragen mit einer herrlichen Abgeklärtheit irgendwo zischen Nostalgie, Empathie und (zynischem) Humor. Das alles schön roh und lofi, mit ausdruckstarken, vielseitigen, angenehm schiefen weiblichen und männlichen Vocals. Mal intensiv, mal explosiv und wuchtig, mal laut und noisy, mal leise. Einfach schräg auf die beste Art und Weise und das sogar noch mit richtig guten Songs.


Ratboys - "The Window"
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Stilistisch Wednesday recht ähnlich, allerdings mit stärkerem Folk und Emo-Einschlag, um einiges fröhlicherer, optimistischer Grundstimmung, luftiger Produktion und durchaus poppigen Momenten. Nicht so stark wie die beiden oben genannten Alben, aber nichtsdestotrotz hat die Musik so etwas lieblich Entrückten, Nostalgisches und Unkonventionelles, das mich in der richtigen Stimmung irgendwie abholt.
 
Isoscope - „Conclusive Mess“

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Die Berliner lassen sich auf ihrem zweiten Album nicht auf eine Stilrichtung festnageln. Nicht selten entwickeln sie einen postpunkigen Drive, sind aber auch immer wieder math-rockig-frickelig unterwegs. Es gibt zwar einen Hauptsänger, aber im Laufe der Zeit steuern tatsächlich alle Bandmitglieder (bis hin zur Schlagzeugerin) Vocals bei, dadurch ist das Album nicht nur instrumental sondern auch gesanglich vielseitig. Gestern Abend live gesehen, sympathischer Auftritt und schön, zu den verschiedenen Stimmen jetzt auch die Gesichter zu kennen.

Video zu „Western“: https://www.youtube.com/watch?v=dfkv4_n5lhs

Komplettes Album: https://isoscope.bandcamp.com/album/conclusive-mess
 
Body Void - „Atrocity Machine“

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Zur Abwechslung mal wieder Krach. Body Voids aktuelles Album wurde zwar schon genannt, aber hilft alles nichts, ich muss das ebenfalls tun, denn hier handelt es sich um einen sehr guten Genre-Vertreter: Übellauniger Sludge (OK, das dürfte wohl ein Pleonasmus sein) mit einem Schuss Industrial. Der Sound ist zwar nicht derselbe, aber stilistisch ähnlich gelagert, daher sollten Leute, die Fange gut finden, hier auch reinhören. Wobei Body Void eher noch etwas kaputter zu Werke gehen.
Sind im Frühjahr auf Tour. Hingehen!

Live (NYC, 2021): https://www.youtube.com/watch?v=by1dZ70Iy8Y

Komplettes Album: https://bodyvoid.bandcamp.com/album/atrocity-machine
 
IAMX - FAULT LINES

Das ist die aktuelle Band des ehemaligen Sneaker Pimps :verehr: Mastermind Chris Corner. Hier gibt es einen Mix aus Electropop, EBM, New Wave und Industrial. Über allem tront aber immer die wunderbare und sanfte Stimme von Chris Corner. Grossartiges Album!

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Die beiden IAMX-Songs sind nicht schlecht. Vor allem habe ich mir aber das 2021er Sneaker-Pimps-Album "Squaring the Circle" angehört. Angesichts der allgemeinen Veröffentlichungsflut kann ich gar nicht mehr sagen, ob ich das Release damals mitbekommen habe. Finde es wie den gesamten Output von SP etwas durchwachsen (d.h. aber natürlich auch: teilweise gut!). Die "Bloodsport" habe ich mir zugelegt, als sie aktuell war und auch am meisten gehört. Deutlich später noch die "Becoming X" zugelegt. Mit "Splinter" früher im Laufe der Zeit mehrfach probiert, aber das wurde nichts.
Jedenfalls danke fürs Erinnern an die Band, lange nicht mehr gehört.
Kennengelernt hatte ich SP übrigens auf dem grandiosen "Spawn"-Soundtrack-Sampler (1997), dort hatten sie eine Kollaboration mit Marylin Manson: https://www.youtube.com/watch?v=zSlLpYpVSdk

Muss hier noch Erwähnung finden. Spielen sehr fesselnden Instrumental-Rock mit Post-Rock, Jazz und Noise-Vibes. Allerdings nicht auf Verstörung ausgelegt oder zu verkopft - nee, das ist nach Möglichkeit schon relativ eingängig
NYOS habe ich vor etlichen Jahren mal bei dem starken Mini-Festival "Wir sind die Toten" in Mannheim live gesehen - und dann aber bald aus den Augen verloren. Mir war gar nicht bewusst, dass es die noch gibt, sehe aber, dass die eigentlich die ganze Zeit über Alben rausgebracht haben. Haben damals live Spaß gemacht und gefallen mir auf der aktuellen Platte immer noch ganz gut.
 
Fvnerals - „Let the Earth Be Silent“

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Die Briten Fvnerals und ich, das war keine Liebe auf den ersten Blick. Beim Doom Over Leipzig 2016 zum ersten Mal auf der Bühne gesehen und auch in den folgenden Jahren noch gelegentlich, fand ich sie lange Zeit nur nicht schlecht. Dieses Jahr mit dem starken Album und zwei weiteren Live-Erlebnissen ist dann für mich endlich der Knoten geplatzt. Fvnerals spielen Doom/Post-Rock/Shoegaze, der sich zwischen ruhigeren, ambienthaften Passagen, bei denen die Stimme der Sängerin nicht im Vordergrund steht, sondern eher als weiteres Instrument fungiert und Einschlägen überraschend satter Gitarrendrones bewegt (daher am besten nicht zu leise hören).

Video zu „For Horror Eats the Light“: https://www.youtube.com/watch?v=ASDitNErd-Q

Komplettes Album: https://fvnerals.bandcamp.com/album/let-the-earth-be-silent
 
Fvnerals - „Let the Earth Be Silent“

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Die Briten Fvnerals und ich, das war keine Liebe auf den ersten Blick. Beim Doom Over Leipzig 2016 zum ersten Mal auf der Bühne gesehen und auch in den folgenden Jahren noch gelegentlich, fand ich sie lange Zeit nur nicht schlecht. Dieses Jahr mit dem starken Album und zwei weiteren Live-Erlebnissen ist dann für mich endlich der Knoten geplatzt. Fvnerals spielen Doom/Post-Rock/Shoegaze, der sich zwischen ruhigeren, ambienthaften Passagen, bei denen die Stimme der Sängerin nicht im Vordergrund steht, sondern eher als weiteres Instrument fungiert und Einschlägen überraschend satter Gitarrendrones bewegt (daher am besten nicht zu leise hören).

Video zu „For Horror Eats the Light“: https://www.youtube.com/watch?v=ASDitNErd-Q

Komplettes Album: https://fvnerals.bandcamp.com/album/let-the-earth-be-silent
ganz selten gibt's platten, bei denen ich mich auch nach zig Durchläufen nicht entscheiden kann, ob sie super, gut oder Durchschnitt sind. die hier gehört auch dazu. irgendwas zwischen 6/10 und AOTY, keine Ahnung
 
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