Stefan aus dem Siepen - Das Seil
In einer Dorfgemeinschaft irgendwo im Nirgendwo, mehrere Tagesreisen vom nächsten Ort erwähnt taucht eines Tages am Waldrand ein Seil auf.
Zunächst glauben alle, dass es sich um ein verlorenes, mindestens aber zum Dorf gehöriges Werkzeug handeln muss. Doch schon bald stellen die Männer des Ortes fest, dass das Seil mitnichten nur wenige Meter in den Forst hineinragt, sondern viel weiter reichen muss. So gründen sie eine Suchmannschaft um die Ursprünge des seltsamen Objektes zu erkunden...
Aus der Rubrik "das besondere Leseerlebnis": Ich empfehle ausdrücklich den Roman mit nicht mehr Vorwissen als meiner Einleitung zu lesen. Die Lektüre ist gut und gerne an einem Vormittag geschafft (176 S.).
Dabei versteht es der Autor seine Spannung geschickt um die Obskurität dieses zugleich allzu weltlichen und doch scheinbar außerweltlichen, titelgebenden Objekts zu weben. Die Art wie er in der Darstellung der Figuren und ihrer Gemeinschaft bzw. ihrer Gruppendynamik erzählt, hat etwas von Löns' "Wehrwolf". Dabei ist er klug genug, nicht einer allzu romantischen Idealtypisierung auf den Leim zu gehen. Vielmehr hat die Charakterisierung einen funktionalen Zweck, der sich gegen Ende des Buches erschließt (oder auch nicht
).Die Ergründung des Mysteriums nimmt mit fortlaufender Seitenzahl einen immer größeren Raum ein ohne jedoch die sozialen Zusammenhänge der Protagonisten zu vernachlässigen. Das lässt den Leser bis zum Schluß am Schicksal der Gemeinschaft teilhaben ohne allzu hölzern zu wirken und nur die Mysteryschiene zu fahren.
Gerade jetzt im Herbst eine anregende Lektüre, die speziell allen empfohlen sei, die gern (wieder mal) etwas Kafkaeskes lesen möchten, vom Prager Schriftsteller selbst aber schon alles kennen. Ebenso allen, die Spaß an unkonventionellen, "schweren" Stoffen im Zwielicht aus Wirklichkeit und Fantasie haben.