Es wird endlich mal Zeit für einen MANILLA ROAD-Thread

Hat hier wohl zum Teil auch mit der Kennenlernphase und den Bedingungen zu tun. Ich hab die Band 1994 mit "The Deluge" kennengelernt und war völlig begeistert von der Scheibe! Hab dann ewig gesucht, bis ich endlich mal die "Crystal Logic" als LP für 50 DM gefunden habe (da hatte ich schon alle späteren Alben der Band, die bis dahin erschienen waren). Als CD gab es die ja damals noch gar nicht.
Bevor ich "Crystal Logic" endlich mein eigen nennen konnte, haben mir alle Fans erzählt, dass es das beste Album der Band sei (ich glaube, Matthias Herr hatte das auch in seinem Lexikon geschrieben - Internet gab es noch nicht wirklich), also stieg meine Erwartungshaltung aufgrund der geilen Nachfolger schon ins unermessliche.
Als die Scheibe dann zum ersten Mal lief, war ich aber erstmal etwas ernüchtert. Mir fehlte da die Wucht und die coole Rhythmik der Nachfolgealben. Im Laufe der Zeit hab ich das Album (und auch die Vorgänger) trotzdem zu schätzen gelernt, aber an die Phase von 1985 bis 1990 ist es für mich nie rangekommen (außer "Dreams Of Eschaton" und vielleicht der Titeltrack).
 
Und ich wollte es eigentlich nochmal mit Manilla Road probieren, da ich bisher nur die Crystal Logic habe und die auch nicht besonders gut finde.
Versuche es mal mit der "Mystification". Die entspricht noch am ehesten den gängigen HM-Hörgewohnheiten und war auch mein Einstieg.
Dann chronologisch zurück zu "The Deluge" und "Open the Gates". Wenn die 3 dann nichts für Dich sind, brauchst Du mit den anderen gar nicht erst anzufangen.
 
Also hier läuft gerade The Deluge. Das ist schon mal erstklassiges Gitarrenspiel, was sich nirgends verstecken muss. Auch ein saftiger, drückender Gitarrensound dazu. Mit dem Gesang ist das so eine Sache, die härteren Passagen finde ich sehr cool, aber der Klargesang für mich ein Grenzgänger.
 
Und "Out Of The Abyss" - finde ich immer sehr unterbewertet. Zumindest von den alten Alben vielleicht das mit der besten Produktion und eine ziemlich krasse stilistische Bandbreite von mega-episch bis heftigem Thrash Metal!

Ebenfalls ein extrem geiles Teil und das vielleicht härteste Albun, welches der Shark jemals veröffentlicht hat.

In den Ring werfen möchte ich an dieser Stelle allerdings noch ‚Circus Maximus‘, eine sträflich unterschätze Platte. Total untypisch, weil eigentlich gar kein richtiges MR-Album, sondern seinerzeit eher als Solo-Streich angedacht. Auf dem Teil befinden sich unfassbar abgefreakte Nummern, die mitunter gar an Combos wie frühe Thought Industry erinnern. Definitiv ein Ausreißer der besseren Sorte. Hab ich selber erst nach Marks Tod im Zuge einer erneuten Werkschau wieder für mich entdeckt.
 
Vergiss die "Mystification" nicht! Dann das ganze frühe Werk und weiter nach vorne durch den Rest bis zur tollen letzten ackern. Gibt auf jeder einzelnen viel zu entdecken.

Ich bin ja auch ganz begeistert von der "Out Of The Abyss" .
So ein eigenes Heavy Thrash Album.
Das klingt doch quietschfidel und strotzt nur so vor eigenartigen Songideen, den klassischen MR Wohlfühlelemente kombiniert mit für die Band ungewöhnlicher Thrash Härte.
Völlig unterschätztes Werk imho. Und das war witziger Weise auch mein Erstkontakt. Die LP 1994 für 10 DM gekauft. :verehr::verehr::verehr::verehr:
 
Hm, schwierig.
Bin gerade im Büro und habe die Texte nicht parat. Ich möchte das jetzt auch nicht pauschal verharmlosen. Das antisemitische Motiv des Brunnenvergifters ist geläufig.

Andererseits bieten gerade verschwurbelte Fantasy-Texte wie diese doch häufig einen großen Interpretationsspielraum. Und da der Urheber der Texte leider tot ist und man ihn nicht mehr dazu fragen kann, wie er das denn nun gemeint hat, wäre ich mit derlei schwerwiegenden öffentlichen Spekulationen vorsichtig. Zumal die Texte nun fast 40 Jahre auf dem Buckel haben und MR meines Wissens nie mit derartigen unerfreulichen Tendenzen in Zusammenhang gebracht wurden.
 
Ich kann nicht für den Shark sprechen, aber das Motiv des Brunnenvergiftens greift im Fantasy-Kontext seiner Lyrics nach meiner Lesart eher auf die noch heute im englischen geläufige metaphorische Formulierung "poisoning the well" zurück, also die Verbreitung falscher oder entstellter Informationen zum Zwecke der Diskreditierung des Gegners, dessen Positionen und Motivationen. In diesem Falle sind die vergifteten Brunnen somit die tückischen Lehren und Taten der nicht näher benannten Dämonen aus der Hölle. Höchstwahrscheinlich ist hier, nach Sigmund Freud, die Zigarre einfach eine Zigarre.
 
Crytstal Logic
Open The Gates
The Deluge

wer nach den 3 Megakrachern keinen Zugang zu der Band gefunden hat, der kann es leider lassen!!!

Wahre Worte, die ich nur bestätigen kann.

Ich musste mich mehrere Jahre in die Band reinhören und erst als ich Moorcock angefangen habe zu lesen und dazu parallel dann Manilla Road aufgelegt habe, hat es bei mir funktioniert. Ähnlich ging es mir mit Cirith Ungol und ich muss gestehen, so richtig eingeschlagen haben die Jungs bei mir erst mit dem letzten Album "Forever Black".

Es gibt Bands, bei denen man jahrelang dranbleiben muss, aber wenn man das gepackt hat, bleiben die Alben treue Wegbegleiter und die Bands werden sogar zu absoluten Lieblingsbands. Mal überlegen, welche Bands ich persönlich dazu zählen würde, an denen ich ganz lange dran bleiben musste/wollte, weil ich zwar das Potential erkannt habe, aber die Bands mir nicht auf Anhieb sofort gefallen haben ...

Manilla Road
Cirith Ungol
Brocas Helm
Motörhead
Celtic Frost/Hellhammer
Bathory
Mercyful Fate/King Diamond
The Lord Weird Slough Feg
Pagan Altar (Hatte anfangs mit Terry's Stimme Probleme)
Psychotic Waltz
IQ
Esoteric (UK)
Reverend Bizarre
Rush
Yes
Urfaust (ganz aktuell erst in diesem Jahr bei mir mächtig eingeschlagen! Das hat gedauert, aber hat sich für mich extrem gelohnt.)

Da bin ich gerade immer noch hartnäckig dran:
Voivod
Neurosis

Das absolut Unfassbare für mich:
Durch das Album von John Coltrane "Giant Steps" habe Zugang zum Jazz gefunden. Wird niemals mein Lieblingsgenre werden, aber ich verstehe die Musik endlich.

Hoppla...jetzt bin ich aber ganz schön abgedriftet. Langes Geschreibsel kurzer Sinn: Wenn ich mich nicht in etwas reinhören könnte, würde ich hier im Manilla Road Thread nicht schreiben, weil ich wohl mit der Begründung "schlechter Sound" die Band aus meinem Leben verbannt hätte.
 
Auf den Klassikern gibt's aber auch Stellen, von denen ich dezent gesagt nicht soo begeistert bin. Mehrfach kommt die Band z.B. mit dem anti-jüdischen Verschwörungsmythos des "Brunnenvergifters". Ist das hier eigentlich schon mal jemandem aufgefallen?

Entsprechende Texte gibt's in den Songs 'Crystal Logic'

"For all the sorcery that we have told to thee
They call us demons from Hell
But they refuse to see being of Satan's league
They'll never drink from The Well"

und 'Fires Of Mars'

"The mighty spear of Tiw
Drinks deep the blood anew
Of Demon lords from Hell
Who are poisoning the well... the well."

Der Facebook Post von Bryan ist aus europäischer Sicht völlig unüberlegt, verblendet und auch mir persönlich zu radikal. War seine Entscheidung das Statement öffentlich zu posten und er muss jetzt mit dem Gegenwind zurecht kommen. Damit hat er sich und der gesamten Band keinen Gefallen getan.

Aber das es jetzt soweit gehen muss, dass Du die Songtexte durchforstest und nach Hinweisen suchst, die dein Feindbild bestätigen sollen, ist genauso verblendet und radikal, wie das Statement von Bryan.





 
Auf den Klassikern gibt's aber auch Stellen, von denen ich dezent gesagt nicht soo begeistert bin. Mehrfach kommt die Band z.B. mit dem anti-jüdischen Verschwörungsmythos des "Brunnenvergifters". Ist das hier eigentlich schon mal jemandem aufgefallen?

Entsprechende Texte gibt's in den Songs 'Crystal Logic'

"For all the sorcery that we have told to thee
They call us demons from Hell
But they refuse to see being of Satan's league
They'll never drink from The Well"

und 'Fires Of Mars'

"The mighty spear of Tiw
Drinks deep the blood anew
Of Demon lords from Hell
Who are poisoning the well... the well."


https://de.wikipedia.org/wiki/Brunnenvergiftung

https://www.sueddeutsche.de/politik/antisemitismus-toedliche-geruechte-1.3552423-2

Well of Wisdom.

Sorry, aber das ist wirklich albern und macht im Kontext der Songs auch Null Sinn.
 
* Man vergleiche dazu Ezra Kleins These des „sorting“, derzufolge die vormals separaten Konfliktlinien zwischen Stadt und Land, christlichem und nicht-christlichem Bekenntnis, weißer und multi-etnischen Identitäten, konservativer und liberaler Haltung etc. seit den 1960er Jahren zusehends zur Deckung gebracht werden. Das vorläufige Ergebnis ist die heutige polarisierte US-Gesellschaft.
.

Ezra Klein geht von einer Normalität aus, in der die politische Klasse ethnisch homogen war und erhebt eine relativ kurze Phase zur Normalität und Maßstab. Polarisierung passt auch nur oberflächlich, weil es eben kein linkes Äquivalent zu FoxNews, Alex Jones, OAN oder Anthony Tata gibt.
Und bei aller Verachtung, die Trump 2016 entgegenschlug: Clinton hat ihn angerufen und die Niederlage eingestanden, Obama hat die friedliche Amtsübergabe sichergestellt. Und da sind wir dann eben bei dem was Bryan postet: Das sind keine einfach nur unbequemen politischen Aussagen. Er bezeichnet Biden als Faschisten und die Wahl als gestohlen. Damit stellt er sich einfach außerhalb des demokratischen Konsens und wenn man das mit Impulsivität, Schlafmangel oder Alkohol entschuldigt, nimmt man den Mann dahinter nicht ernst.
 
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