Der "Gothic"-Thread

Liegt aber sicher auch z.T. an Vermarktungsstrategien (NIGHTWISH wurde ja irgendwann auf einmal überall als "Gothic Metal" bezeichnet), und auch an der schwarzen Szene, in der von Gothic Rock über Electro-Wave, Industrial, EBM, Neofolk, "Mitelaltermusik", bis NDH und Gothic Metal eine große Bandbreite an Musikstilen gehört wird, so dass heute all das in einen Topf geworfen wird. Ich wundere mich auch immer, was für Musik an sogenannten Gothicabenden in Tanzschuppen in Hamburg (zu denen mich meine Freundin manchmal mitschleppt) gespielt wird - Gothic Rock ist da das seltenste, das meiste würde ich einfach Techno oder überwiegend elektronische Tanzmusik nennen. Vielleicht liegt's aber auch mit daran, dass viele dieser völlig Unterschiedlichen Musikrichtungen ihre Ursprünge/Vorläufer in der Post-Punk-Szene haben - das wäre zumindest die einzige "musikalische" Gemeinsamkeit, die ich da erkennen kann. Ach ja, und Festivals wie das M'era Luna etc. haben sicher auch ihren Anteil an dieser Wahrnehmung, bzw. an der Vermischung der Subkulturen und der heutigen Wahrnehmung von "Gothic" in der Öffentlichkeit.

Kann ich als ehemaliger Schreiber eines großen Gothic-Heftes bestätigen: Abgejubelt wurde (nicht von mir, aber von anderen Redakteuren) alles, was Anzeigen schaltete. So kam der ganze Schlager-Kram, Mittelalter-Gedöns, "Gothic"-"Metal" (hier sind bei beiden Wörtern Anführungszeichen angebracht) und Co. in die Hefte. Zeitgleich verabschiedeten sich viele alteingesessene Fans und Musiker aus der Szene. Das ging recht schnell und die Szene war eine andere.
 
Seit Ewigkeiten (mehr als zehn Jahre bestimmt…) mal wieder die "Third" der Wave/Goth/Rock/Pop (?) Band Moonchild gehört. Fand ich als End-Teenager voll toll. Einige der Songs (wie v.a. "Shirina") packen mich auch heute noch. Wahrsch. ne Mischung aus nem Händchen für eingängige Refrains und der Macht der Nostalgie :)

 
Ich will die heutige Gothic-Szene hier gar nicht verteidigen (hat sie nicht verdient), aber das WGT muss ich schon in Schutz nehmen: Die Medien greifen sich für ihre Bild-Berichterstattung ja gezielt die Freaks mit viel Haut, Fetisch und Latex raus. Die meisten Presse-Fotografen hängen im Zetkin-Park rum, wo wiederum viele Gothic-Touristen abhängen, die zum Teil gar keine Eintrittskarte besitzen und nur gesehen werden wollen (sprich: sich null für Musik interessieren). Stellt euch einfach vor, es gäbe ein Metal-Festival mit 30 Bühnen, für jeden Geschmack etwas. Aber SPON und Co. machen ihre Bilder nur vor der Main-Stage (oder dem Wacken-Bierzelt) mit den Hobbit-Metallern und am nächsten Tag sind dann die rosa Kaninchen-Kostümträger, Plastikhorn-Wikinger und Schlammsurfer als "typische Metaller" in den Zeitungen.

Abseits dieses Mainstreams habe ich auf dem WGT schon viele tolle Konzerte erlebt, mit Coil, Recoil, Current 93, Chris and Cosey, Christian Death (ja, mit Valor), Ulver, Nurse With Wound, Lustmord, Freya Aswynn und unbekannteren Sachen. Will ich, auch wenn ich zu Pfingsten selbst beim Pendeln durch die Stadt regelmäßig den Koller bekomme, alles nicht missen. Da gibt es viele Sachen, die man sonst kaum zu sehen bekommt. Darunter auch jedes Jahr eine obskure Metal-Band, bei der man sich fragt, wie die auf dem WGT gelandet sind (etwa 2009 Dies Ater, 2011 Vinterland, 2012 Darkestrah).

Ich empfand das WGT zumindest vor einigen Jahren (müssten jetzt bald 8-9 Jahre sein) auch als ziemlich gutes Festival. Habe es seitdem nicht mehr hingeschafft, das hatte allerdings auch ein paar andere Gründe. Aber zumindest von außen wirkt gerade dieses Festival so, als würde es immer komplett sein Ding durchziehen, ohne sich irgendwelche Trendbands zu holen, oder ähnliches. Ein festes Konzept, welches so seit Jahren verfolgt wird.

Wobei ich die Szene an sich auch nicht groß verteidigen würde. Die Festivals, Clubs, Konzerte usw. sind zwar definitiv mehr als nur eine Modenschau, aber was genau kann ich auch nicht sagen. Die Ästhetik ist aber definitiv ein großer und wichtiger Bestandteil dieser Szene.

Allerdings liest es sich irgendwie merkwürdig, wenn zuerst die Oberflächlichkeit von Berichten kritisiert wird, bei denen aufjedenfall immer die größten Selbstdarsteller und Paradiesvögel Sendezeit bekommen, andererseits aber mit einem genauso oberflächlichen Beispiel gekontert wird.

Kann ich als ehemaliger Schreiber eines großen Gothic-Heftes bestätigen: Abgejubelt wurde (nicht von mir, aber von anderen Redakteuren) alles, was Anzeigen schaltete. So kam der ganze Schlager-Kram, Mittelalter-Gedöns, "Gothic"-"Metal" (hier sind bei beiden Wörtern Anführungszeichen angebracht) und Co. in die Hefte. Zeitgleich verabschiedeten sich viele alteingesessene Fans und Musiker aus der Szene. Das ging recht schnell und die Szene war eine andere.

Ist das aber nicht eigentlich genau der falsche Weg? Wem eine Szene so wichgtig ist, dass er sie gar verlässt, wenn ein paar unerwünschte Umtriebe auftauchen, dem sollte sie doch eigentlich auch mindestens so wichtig sein, dass er bleibt um weiter daran mitzugestalten.

Das ist doch genau der Grund, weshalb es den Deaf Forever gibt!
 
Wie sieht es denn mit 80er Industrial aus? War damals Szenemäßig doch recht verbandelt...
Z.B. Throbbing Gristle, Foetus, aGRUMH, Revolting Cocks, etc.?
 
Ist das aber nicht eigentlich genau der falsche Weg? Wem eine Szene so wichgtig ist, dass er sie gar verlässt, wenn ein paar unerwünschte Umtriebe auftauchen, dem sollte sie doch eigentlich auch mindestens so wichtig sein, dass er bleibt um weiter daran mitzugestalten.

Das ist doch genau der Grund, weshalb es den Deaf Forever gibt!

Naja, ich schreibe ja noch. Nur nicht für das besagte Magazin. Es gibt Dinge, die sind schlicht nicht reformierbar. Eine Art Deaf Forever des Gothic wäre schon schön und wird es im Fanzine-Bereich auch geben. Ob sowas am Kiosk noch eine Chance hätte, kann ich nicht beurteilen.
 
Glaub ein bisher nicht genannter Tip: London after Midnight

Dann war ich ja selber recht lange (glaub von 1999-2007) Besucher des WGTs. Tolles Festival. Punkt.
Sowas kennt man als "Normalo-Metaller" gar nicht. Ein Festival, voll integriert in ne Stadt. Mit zig Auftrittsorten, darunter Kirchen, Kryptas, Parks, Denkmäler etc.
Und die "schwarze Szene" kann man sicher genauso wenig über nen Kamm scheren wie die Metaller. Zig Richtungen, Stile etc. Mit allem was dazugehört,
Anfeindungen andersartiger, Standesdünken blablabla.

Ich selber bin wohl eher der Typus, ders dem Tom verleidet hat.
Ich mags schwarz wegzugehen und vor allem auf elektronisches zu tanzen.
Früher auch eher Szenekonform gekleidet, heute lieber wieder mit BW-Hose und Sulphur Aeon oder Immortalshirt.
nach dem Motto: Deine Klmaotten haben zwar mehr gekostet als ich im Jahr für Bekleidugn ausgebe,
dafür kann ich aber nen Takt halten beim tanzen...:D.
Musikalisch dann Richtung härteren EBM, gerne auch älter (alte :W:, Front, Klangstabil, Feindflug, Grendel bis so Autoaggression etc.)
Bin aber nie wie son Neon-Abziehbild mit Schweisserbrille rumgesprungen und die letzten Jahre fand ich die Entwickelung die im elektronischen Bereich
stattfand auch eher besch...en. Jede zweite Band klang da auf einmal wien Combichrist-Klon und fast jede meint, sie müsste über poppen singen... furchtbar.

Bei richtigen Goten-Bands war recht früh Schluss bei mir. Mag Lakeien, fand Quantal beeindruckend, Joy Divvision und Killing Joke sind ok was ich kenne.
Aber Gruftis und Gitarren, da komm ich einfach zu seltenst drauf klar, musikalische Qualität anyone?
Wenn ich mal was trauriges hören will, dann doch lieber Bride oder Type.
 
...Und die "schwarze Szene" kann man sicher genauso wenig über nen Kamm scheren wie die Metaller. Zig Richtungen,...

...Ich mags schwarz wegzugehen und vor allem auf elektronisches zu tanzen....

...Musikalisch dann Richtung härteren EBM, gerne auch älter...
Hier sind wir absolut auf einer Wellenlänge. ;)

Aber Gruftis und Gitarren, da komm ich einfach zu seltenst drauf klar, musikalische Qualität anyone?
Es gibt so einige gute Goth-Rock Bands, die mit harten Gitarren ihren Sound verfeinern. Wurden hier in diesem Thread auch schon erwähnt.
Wenn du etwas ganz spezielles suchst, was zudem auch eine textliche Offenbarung ist, dann empfehle ich dir Janus.

 
So... Mein erstes DIARY OF DREAMS liegt nun hinter mir. Ich war überrascht, wie gitarrenlastig das Zeug Live klingt. Auf Platte is es deutlich zahmer. Hammer gut gefallen. Auch dir Vorband THE BEAUTY OF GEMINA konnt sich hören lassen. Schönes Konzert, gerne wieder, aber dann hoffentlich ohne die Fahrerei, und ohne danach noch arbeiten zu müssen...
 
Gothic

Vorläufer:
Iggy Pop mit the Idiot
David Bowie mit Low und Heroes
Nico mit the End und Marble Index
die Doctors of Madness
the Damned mit Damned, Damned, Damned
the Cramps
Joy Division

die Anfänge:
Siouxsie and the Banshees The Scream bis Juju (https://www.youtube.com/watch?v=VfAcaKH8urY)
Bauhaus - In the Flat Fields bis Burning from the Inside (https://www.youtube.com/watch?v=Wik2eRPRPJE)
Birthday Party - The Birthday Party/Boys Next Door bis Junkyard (https://www.youtube.com/watch?v=8J8Ygt_t69A)
Christian Death US-Band und damit Anfangs Death Rock, ab der zweiten Platte nahm der Goth-Einfluss deutlich zu und nachdem Rozz raus war, war es mit Goth vorbei und die Band machte düsteren Metal (Vom Debüt https://www.youtube.com/watch?v=WCqaXfFJD9c)
45 Grave - 45 Grave (US und damit auch Death Rock, sehr Rockabillylastig https://www.youtube.com/watch?v=AxdHCEwuLBQ)
Alien Sex Fiend - Whos been Sleeping in my Brain bis die zur technoband wurden, würde ich die 80er nehmen https://www.youtube.com/watch?v=_nA7KZF94wk
the Southern Death Cult - the Southern Death Cult, danach wurde erst das Southern und dann das Death aus dem Namen gestrichen und die Band wurde immer rockiger (https://www.youtube.com/watch?v=NYgk0UD-bhQ)
Sex Gang Children eigentlich das ganze 80er-Zeug, viel verändert hat sich bis heute nicht, sie sind ruhiger geworden aber im Prinzip macht die Band immer noch die gleiche Musik (https://www.youtube.com/watch?v=xqlzYj1CC-0)
X-Mal Deutschland - die ersten zwei sind mieserabel produziert, aber echte Klassiker der ersten erfolgreichen deutschen Goth-Band (https://www.youtube.com/watch?v=799lv_7Shvg)
Virgin Prunes - die ganzen 80er-Sachen (https://www.youtube.com/watch?v=FrQpFgbEyfM)
Specimen - es gibt eigentlich nur ein paar Samplerbeiträge aus der richtigen Zeit aber die sind echte Klassiker (https://www.youtube.com/watch?v=NXjs859UdKI), sehr Glamlastig
Calling Dead Red Roses, die lösten sich, meine ich, schnell wieder auf(https://www.youtube.com/watch?v=hURttx6Wyng)
Skeletal Familiy mit ihren früh-80er Sachen https://www.youtube.com/watch?v=QVB8aUJajWU
Bis dahin war das alles sehr stark am Punk, Glam und Rockabilly orientierte Musik mit Horrorfilmästehtik

Mit der Entwicklung der Sisters, der Mission und des Cult Ende der 1980er (https://www.youtube.com/watch?v=8I8mWG6HlmU) wurde dann auch der Rock im Goth größer geschrieben und der Punk nahm bei einigen Bands deutlich ab.

Neuere 90er-Bands wie Nosferatu(https://www.youtube.com/watch?v=WXAmyh_xwPM), Love Like Blood(https://www.youtube.com/watch?v=vD7eBI6ORH8), Altered State(https://www.youtube.com/watch?v=GykfIOym8Qg), House of Usher(https://www.youtube.com/watch?v=QHSwe_vhf5w), Children on Stun(https://www.youtube.com/watch?v=SkZEJbYzOEo), Vendemmian(https://www.youtube.com/watch?v=SkZEJbYzOEo), Gene Loves Jezebel(https://www.youtube.com/watch?v=tTRppMeBaOc) zogen darauf nach und führten den Stil fort. Ab da explodierte aber auch die Entwicklung und es begann die große Crossoverphase besonders mit Metal und Ambientstielen. Anfang der 2000er ging dann das große Revival mit Cinema Strange(https://www.youtube.com/watch?v=XQL7_ebuis4), Scarlets Remains(https://www.youtube.com/watch?v=WGrweacsmDU) und Bloody Dead and Sexy(https://www.youtube.com/watch?v=4XimgRiCzwM) los. Die schraubten die Musik zurück in die punklastige Schiene

Soviel zum Geschichtsabriss
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die neueste Ash Code ist ganz adrett geworden.
http://swissdarknights.bandcamp.com/album/posthuman
Keine Ahnung, welche Wave-Ausdifferenzierung das jetzt genau ist. Hat auf jeden Fall trotz der rein elektronischen Instrumente eine hypnotisch-treibende Note, womit das ganze stark in die Kerbe sonst eher gitarrengetragener Post-Punk-Kapellen schlägt.

Experimentellere Pfade beschreiten (bzw. beschritten, RIP) Dalis Car, bestehend aus Ikonen wie Peter Murphy und Mick Karn. Das Ergebnis ist alles andere als gruftig, aber hochinteressant. Allerhand Blasinstrumente mit Ethnofeeling und ein swingender Bass zu ein paar ätherischen Synths und gelegentlichem Post-Punk-Schlagzeug.
Youtube
 
Zuletzt bearbeitet:
Hat eigentlich schon jemand die jüngst erschienene And Also the Trees gehört?
Deren Stil hat sich zwar mit der Zeit eher vom typischen Post-Punk verabschiedet und zu so etwas wie Artrock entwickelt, aber ich denke, die passen am ehesten noch hier rein.

PS: Gibts eigentlich irgendwo einen dezidierten Post-Punk Sammelthread? Ich denke, dort finden die Beiträge eher Anklang als in diesem Thema, wo man doch geneigt ist, bei "Gothic" erstmal in den Abwehrmodus zu gehen, ob der ganzen Blutengel, Unheiligen und Lahmen Mortadellen, die sich unter dem Banner tummeln ;-)
 
PS: Gibts eigentlich irgendwo einen dezidierten Post-Punk Sammelthread? Ich denke, dort finden die Beiträge eher Anklang als in diesem Thema, wo man doch geneigt ist, bei "Gothic" erstmal in den Abwehrmodus zu gehen, ob der ganzen Blutengel, Unheiligen und Lahmen Mortadellen, die sich unter dem Banner tummeln ;-)

Aber doch hoffentlich nicht in diesem Forum? Die von Dir genannten Vertreter haben doch mit Gothic so viel zu tun wie Rammstein, Alestorm oder Sabaton mit Metal.
 
Aber doch hoffentlich nicht in diesem Forum? Die von Dir genannten Vertreter haben doch mit Gothic so viel zu tun wie Rammstein, Alestorm oder Sabaton mit Metal.

Also ich würde behaupten, so ungern das mancher haben will: Blutengel und Lahme Mortadella und die früheren Unheilig haben definitiv etwas mit "Gothic" zu tun, genauso wie Alestorm, Sabaton und ja, auch Rammstein etwas mit Metal zu tun haben.

Mir konnte bisher auch noch niemand einigermaßen befriedigend erklären, wieso das nicht der Fall sein sollte.
 
Also ich würde behaupten, so ungern das mancher haben will: Blutengel und Lahme Mortadella und die früheren Unheilig haben definitiv etwas mit "Gothic" zu tun, genauso wie Alestorm, Sabaton und ja, auch Rammstein etwas mit Metal zu tun haben.

Mir konnte bisher auch noch niemand einigermaßen befriedigend erklären, wieso das nicht der Fall sein sollte.

:acute:
 
Also ich würde behaupten, so ungern das mancher haben will: Blutengel und Lahme Mortadella... haben definitiv etwas mit "Gothic" zu tun...
Nix da.

Blutengel waren nie Gothic. Schnittmenge aus EBM/Dark Electro, etwas Darkwave, mitunter Synth-Pop.
L'ame Immortelle ebenso, minus Synth-Pop. Irgendwann haben die mal mit Gitarren experimentiert und die Songs waren rockiger. Aber das kann man nicht zwingend als Gothic bezeichnen.
 
Zurück
Oben Unten