Interessant, ich durchlaufe gerade eine eher gegenteilige Phase. Nachdem ich mich über längere Zeit exzessiv mit Abseitigem regelrecht übersättigt habe, entdecke ich aktuell die Schönheit wieder, die dem Schlichten innewohnen kann, den klar abgesteckten Parametern, dem Kargen, Überbordendes und Uferloses lediglich andeutend und verheißend, dem Stringenten, ja, Primitivem und nicht zuletzt einfach gutem und prägnantem Songwriting.
Das Primitive, Reduzierte will ich gar nicht ausschließen; gerade Leerstellen, Ungesagtes, ein einfaches archaisches Riff, eine monolithisch drönende Klanglandschaft, ein karg-ritualistischer Rhythmus, eine simple gesprochene Zeile - all das kann auch jene Wirkung haben, die ich derzeit in der Musik suche. Irgendwie hat sich bei mir beim Griff ins (digitale) Plattenregal eine gewisse Bequemlichkeit eingeschliffen, die jenes Zeug präferiert, das gut und ohne Widerhaken reinläuft, das musikalische Klischees bedient, das beim Hören wie eine Art Amnanesis des Wohlvertrauten und mithin auch Wolgefälligen wirkt, zuletzt hatte ich direkt die Befürchtung, dass demnächst Sabaton und Konsorten im Player landen würden, weil deren Musik so geschmeidig, eingängig und stereotyp funktioniert. Natürlich kann die jeder gutfinden, der will, aber jene Bedürfnisse oder Ansprüche an Musik, die Sabaton bedienen, sind nicht die meinen: Ich will meine Musik immer mit der jener Würde begegenen, die sie als Kunst und nicht Ware/Produkt auszeichnet. Und das sei auch mir zugestanden.
Jedenfalls brauche ich momentan nicht notwendigerweise komplex strukturiertes, elaboriertes Gefrickel, das sowohl in der musikalischen Verdichtung als auch onrmanentalen Zerfließung sich entfaltet, das was ich unbedingt in der Musik finden will - das Verstörende, Herausfordernde, Überwältigende, Unbotmäßige -, passiert genauso in Minimal Music, Ambient, Industrial oder in archaischem Black Metal. Ich will nur bloß nicht dereinst als debil grinsender Mitklatschsubordinierter im Publikum bei Carmen Nebel enden...