MIBURN
Till Deaf Do Us Part
Ich habe mich vor kurzem gefragt, warum ein großer Teil der Hörerschaft (inkl. myself) 2016 wieder bei den Sounds angekommen ist, die bereits vor 30+ Jahren favorisiert wurden. Ich will die nun folgenden Gedanken nicht auf einem plumpen "Früher war alles besser"-Gerüst stützen, sondern in einen größeren Kontext einweben, der hoffentlich auch die rein musikalische Ebene transzendiert.
(Wenn der Thread hier nicht reinpasst, bitte woanders hin verschieben, mir fiel kein besserer Platz ein.)
Hier meine Gedanken dazu....
Ich höre Metal seit fast 30 Jahren und nun frage ich mich doch, warum viele Fans (und auch Bands) musikalisch wieder dahin zurückkehren, wo für viele alles begonnen hat. Dabei sind mir in den Diskussionen der letzten Jahre verschiedene Theorien untergekommen, die mich jedoch alle nicht als Erklärung für dieses (Retro-) Phänomen befriedigen konnten.
Einige sind der Meinung, dass der pure Konservatismus die Leute zurück zum "Retro"-hören/-spielen treibt. Vor allem die älteren Hörer bzw. Bands, die "nix anderes können" oder die zu "faul" sind, was "Neues" zu entdecken/ zu versuchen. Oder weil manche Fans beim Hören "alter" Musik nostalgische Gefühle ausleben können. Dagegen spricht, dass es auch jede Menge Jungvolk gibt, das auf "alte" oder zumindest "alt-klingende" Bands abfährt. Ich meine hier nicht nur den "Retro-Rock", sondern auch "Retro-Thrash", "Old School-BM" etc.pp.
Andere sagen, dass die "Leute" (auch durch die zwischenzeitliche Nu-Metal-Welle begünstigt) gemerkt haben, dass es letztendlich doch nix Besseres als z.B.: Maiden 1982 gibt. Kann man drüber reden, trifft IMO aber auch nicht wirklich zu.
Und manche sind der Meinung, dass sich Metal ja gar nicht weiterentwickeln "darf", die ganze Nu- oder -Core Welle nur ein bedauerliches Laborexperiment von gelangweilten BWL-Studenten war und man eh immer Vinyl, Kassetten und VHS favorisiert hat. Sympathisch, aber IMO auch nicht wirklich den Kern treffend.
Vor kurzem las ich nun ein Buch, dass sich mit einem bestimmten religiösen Phänomen beschäftigt hat und dabei sind mir zahlreiche Parallelen zum Metal aufgefallen, die nur auf den ersten Blick eventuell etwas weit hergeholt erscheinen mögen. Je mehr ich jedoch darüber nachdenke, desto mehr machen diese Parallelen für mich Sinn.
Zuerst einmal ist es sicher kein Zufall, dass Metal von vielen Fans eine geradezu religiöse Qualität attestiert bekommt, zumindest von denjenigen, für die er mehr als nur Musik ist. Metal geht häufig (nicht nur musikalisch gesehen) dahin wo es weh tut und beschäftigt sich mit Themen, denen gern in der "Gesellschaft" ausgewichen wird. Tod, Unglück, Depression, Hass, Scheitern usw. Also (im besten Fall): in die Tiefe. Und nur dort kann etwas (also auch Musik) eine religiöse Qualität entwickeln.
Laut Buch zeichnet sich nun ein wichtiges Merkmal echter Religiösität dadurch aus, dass der betreffende (religiöse) Mensch die BEGRENZUNG seiner Existenz (sowohl was die Dauer als auch das real Erreichbare) akzeptiert und aushält, statt den Schmerz über die Erkenntnis seiner Begrenzung mit dem süchtigen Such(t)en nach vermeintlich "Neuen" auszuagieren und dabei irgendwann feststellen muss, dass das "Neue" a) gar nicht wirklich so "neu" ist und er b) niemals seiner eigenen Begrenzung entfliehen kann, egal wieviel vermeintlich "Neues" er noch erreicht/entdeckt. Laut Buch liegt nun der eigentliche Wert dieser (oft bitteren) Erkenntnis darin, dass durch die Akzeptanz der eigenen Begrenzung erst wirkliche Spielräume innerhalb des real Machbaren frei werden.
Auf den Metal bezogen (und natürlich auch nur IMO!): Er ist gut so, wie er ist. Er braucht weder "neue" Experimente, noch "muss" er sich zwangsläufig "weiterentwickeln". Die immer mal wieder geforderte "Weiterentwicklung" ist im Kern eine Illusion und soll (hauptsächlich bei denen die sie fordern) verschleiern, dass sie die Begrenzheit des Genres nicht aushalten.
Oder anders gesprochen: Je weiter der Metal (nicht nur musikalisch betrachtet) in die Breite(n-wirksamkeit) geht, desto mehr verliert er seine religiöse Qualität.
Manche halten es nun aber nicht aus, dass Metal in dieser besonderen Qualität nur in der Tiefe, aber niemals in der Breite existieren kann, und versuchen an ihm rumzuzerren und verfälschen somit das, was ihn erst so wertvoll macht. Wer mit offenen Augen durch die "Szene" geht, kann die Beispiele dafür überall sehen.
Beipiel "Wacken". Ein "Musterbeispiel" dafür was passiert, wenn Menschen der Größenwahn befällt, weil sie es nicht aushalten "nur" ein Metalfestival zu unterhalten und deshalb glauben sich "weiterentwickeln" zu müssen. Flach. RTL. Ballermann. Der Tod der Gehirnzellen. Schlimmer: Der Tod der eigenen Identität. Gut für den Geldbeutel. Hohl für die Kopf. Natürlich kann man das alles mal machen. Keiner kann nur in der Tiefe leben. Manchmal muss es auch mal "Ballermann" sein. Aber keiner soll nur eine Sekunde lang glauben, dass es das ist, was Metal im Kern ausmacht und am Leben erhält.
Und damit wäre ich zum Schluß wieder am Ausgangspunkt: Ich glaube nämlich, dass der wahre Grund für den "Retroboom" darin zu finden ist, dass viele Fans (sicher unbewusst) die Begrenztheit des Genres akzeptiert haben, ohne deswegen in Depressionen, Gleichgültigkeit oder Aktionismus (NEU!GENREÜBERGREIFEND!DER NEUE HEIßE SCHEIß!!!) verfallen zu müssen.
(Wenn der Thread hier nicht reinpasst, bitte woanders hin verschieben, mir fiel kein besserer Platz ein.)
Hier meine Gedanken dazu....
Ich höre Metal seit fast 30 Jahren und nun frage ich mich doch, warum viele Fans (und auch Bands) musikalisch wieder dahin zurückkehren, wo für viele alles begonnen hat. Dabei sind mir in den Diskussionen der letzten Jahre verschiedene Theorien untergekommen, die mich jedoch alle nicht als Erklärung für dieses (Retro-) Phänomen befriedigen konnten.
Einige sind der Meinung, dass der pure Konservatismus die Leute zurück zum "Retro"-hören/-spielen treibt. Vor allem die älteren Hörer bzw. Bands, die "nix anderes können" oder die zu "faul" sind, was "Neues" zu entdecken/ zu versuchen. Oder weil manche Fans beim Hören "alter" Musik nostalgische Gefühle ausleben können. Dagegen spricht, dass es auch jede Menge Jungvolk gibt, das auf "alte" oder zumindest "alt-klingende" Bands abfährt. Ich meine hier nicht nur den "Retro-Rock", sondern auch "Retro-Thrash", "Old School-BM" etc.pp.
Andere sagen, dass die "Leute" (auch durch die zwischenzeitliche Nu-Metal-Welle begünstigt) gemerkt haben, dass es letztendlich doch nix Besseres als z.B.: Maiden 1982 gibt. Kann man drüber reden, trifft IMO aber auch nicht wirklich zu.
Und manche sind der Meinung, dass sich Metal ja gar nicht weiterentwickeln "darf", die ganze Nu- oder -Core Welle nur ein bedauerliches Laborexperiment von gelangweilten BWL-Studenten war und man eh immer Vinyl, Kassetten und VHS favorisiert hat. Sympathisch, aber IMO auch nicht wirklich den Kern treffend.
Vor kurzem las ich nun ein Buch, dass sich mit einem bestimmten religiösen Phänomen beschäftigt hat und dabei sind mir zahlreiche Parallelen zum Metal aufgefallen, die nur auf den ersten Blick eventuell etwas weit hergeholt erscheinen mögen. Je mehr ich jedoch darüber nachdenke, desto mehr machen diese Parallelen für mich Sinn.
Zuerst einmal ist es sicher kein Zufall, dass Metal von vielen Fans eine geradezu religiöse Qualität attestiert bekommt, zumindest von denjenigen, für die er mehr als nur Musik ist. Metal geht häufig (nicht nur musikalisch gesehen) dahin wo es weh tut und beschäftigt sich mit Themen, denen gern in der "Gesellschaft" ausgewichen wird. Tod, Unglück, Depression, Hass, Scheitern usw. Also (im besten Fall): in die Tiefe. Und nur dort kann etwas (also auch Musik) eine religiöse Qualität entwickeln.
Laut Buch zeichnet sich nun ein wichtiges Merkmal echter Religiösität dadurch aus, dass der betreffende (religiöse) Mensch die BEGRENZUNG seiner Existenz (sowohl was die Dauer als auch das real Erreichbare) akzeptiert und aushält, statt den Schmerz über die Erkenntnis seiner Begrenzung mit dem süchtigen Such(t)en nach vermeintlich "Neuen" auszuagieren und dabei irgendwann feststellen muss, dass das "Neue" a) gar nicht wirklich so "neu" ist und er b) niemals seiner eigenen Begrenzung entfliehen kann, egal wieviel vermeintlich "Neues" er noch erreicht/entdeckt. Laut Buch liegt nun der eigentliche Wert dieser (oft bitteren) Erkenntnis darin, dass durch die Akzeptanz der eigenen Begrenzung erst wirkliche Spielräume innerhalb des real Machbaren frei werden.
Auf den Metal bezogen (und natürlich auch nur IMO!): Er ist gut so, wie er ist. Er braucht weder "neue" Experimente, noch "muss" er sich zwangsläufig "weiterentwickeln". Die immer mal wieder geforderte "Weiterentwicklung" ist im Kern eine Illusion und soll (hauptsächlich bei denen die sie fordern) verschleiern, dass sie die Begrenzheit des Genres nicht aushalten.
Oder anders gesprochen: Je weiter der Metal (nicht nur musikalisch betrachtet) in die Breite(n-wirksamkeit) geht, desto mehr verliert er seine religiöse Qualität.
Manche halten es nun aber nicht aus, dass Metal in dieser besonderen Qualität nur in der Tiefe, aber niemals in der Breite existieren kann, und versuchen an ihm rumzuzerren und verfälschen somit das, was ihn erst so wertvoll macht. Wer mit offenen Augen durch die "Szene" geht, kann die Beispiele dafür überall sehen.
Beipiel "Wacken". Ein "Musterbeispiel" dafür was passiert, wenn Menschen der Größenwahn befällt, weil sie es nicht aushalten "nur" ein Metalfestival zu unterhalten und deshalb glauben sich "weiterentwickeln" zu müssen. Flach. RTL. Ballermann. Der Tod der Gehirnzellen. Schlimmer: Der Tod der eigenen Identität. Gut für den Geldbeutel. Hohl für die Kopf. Natürlich kann man das alles mal machen. Keiner kann nur in der Tiefe leben. Manchmal muss es auch mal "Ballermann" sein. Aber keiner soll nur eine Sekunde lang glauben, dass es das ist, was Metal im Kern ausmacht und am Leben erhält.
Und damit wäre ich zum Schluß wieder am Ausgangspunkt: Ich glaube nämlich, dass der wahre Grund für den "Retroboom" darin zu finden ist, dass viele Fans (sicher unbewusst) die Begrenztheit des Genres akzeptiert haben, ohne deswegen in Depressionen, Gleichgültigkeit oder Aktionismus (NEU!GENREÜBERGREIFEND!DER NEUE HEIßE SCHEIß!!!) verfallen zu müssen.
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