DEAF FOREVER - die erste Ausgabe

Jep, Fleischhaus und die ersten 3 Alben find ich nachwievor toll und die "Elektrohexe" immerhin unterhaltsam, der Rest ist aber für die Tonne.
 
Bin noch nicht durch, deshalb noch kein großes Feedback, aber eine Sache stößt mir gerade auf:
Bei dem Deutschland-Special im Death Metal Bereich steht als Headline "Der Tod ist (wieder) ein Meister aus Deutschland"
Mir ist klar, dass das maximal ungeschickt/unwissend/gedankenlos gewählt wurde, aber Paul Celan hatte mit der Todesfuge eben das härteste Thema deutscher Geschichte behandelt und man sollte das nicht so ohne weiteres für Jux-Überschriften verwenden. Ich finde, das ist fast genau so falsch/schlimm, wie wenn Leute "Arbeit macht frei" oder "Jedem das seine" verwenden - fast, wohl gemerkt.
Gerade mit dem Zusatz "wieder" wird's noch bescheidener.
Die hier gerügte Überschrift finde ich persönlich nicht schlimm oder falsch oder ungeschickt gewählt, sondern sehr passend. Man darf historische Zitate - durchaus auch "belastete" Zitate (was auch immer ein belastetes Zitat sein mag) - gerne in neue Zusammenhänge transportieren, um damit eine bildreiche Assoziation zu erzeugen. Der Tod als Personifizierung des Death Metals wird in Deutschland meisterlich zelebriert. Für mich passt das sehr gut. Das "wieder" mag vielleicht einen Twist in die falsche Richtung assoziieren, wobei ich das eher als "wie zu Zeiten von Morgoth und Fleshcrawl" deute.

Dass "Arbeit macht frei" sehr eindeutig in eine ganz bestimmte Richtung festgelegt ist, und dass man das nicht allzu unbedacht verwenden sollte, das kann ich ein Stück weit nachvollziehen, auch wenn ich grundsätzlich der Meinung bin, dass ich mir von bestimmten historischen Ereignissen nicht meine Sprache diktieren lassen muss und weiterhin auch "Wasser" mit zwei neben einander stehenden "S" schreiben darf.

Aber eins noch: Die Wendung "Jedem das Seine" werde ich mir von nichts und niemandem madig machen lassen. Den Satz an einem KZ-Tor anzubringen ist böse und zynisch. Deswegen ist die Wendung an sich aber in keiner Weise anstößig oder verbrannt. Das ist ein uralter, z.B. auch von den Römern als "suum cuique" überlieferter Grundsatz und Spruch, der an sich wie kein zweiter ein Sinnbild für Liberalismus und damit auch den Art. 2 I GG ist. Den Spruch wegen der Nazizeit nicht bringen zu dürfen, ist so, als würde man kein Sauerkraut essen, weil es das in der SS-Kantine auch gab.
 
"Jedem das seine" mit den anderen Sätzen gleichzusetzen hat auch was von Korinthenkacker, jedenfalls heutzutage ist der Satz so sehr allgemeingut und für die meisten nicht mit dem NS-Staat verbunden wie es nur geht wenn man die gleiche Sprache spricht wie die Nazis.
 
Jo. Würde ich durchaus so unterschreiben wollen. Mit der kleinen Ergänzung, dass der Satz eben nicht nur heutzutage, sondern seit mal eben locker 2000 + x Jahren (Marcus Porcius Cato, * 234 v. Chr.; † 149 v. Chr.) interkulturelles Allgemeingut ist. Der Satz ist quasi Sinnbild der Meinungs- und allgemeinen Handlungsfreiheit, sowie der klassischen Zuteilung des dem einzelnen Gebührenden und der Gerechtigkeit. Den Satz benutze ich ständig, und sicherlich niemals mit irgendwelchen bösen Hintergedanken. Die Nazis haben den Satz missbraucht und entstellt, um mit blankem Zynismus die Opfer zu verhöhnen, die dorten eingehen und alle Hoffnung fahren lassen mussten. Das jedoch nun dem Spruch anzulasten, ist ein Schlag ins Gesicht all jener freiheitsliebenden Menschen, die sich über die Jahrhunderte an diesem Grundsatz orientierten, dass jeder nach seiner Façon selig werden und gerecht behandelt werden möge.

Aber es ist unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft ja gemeinhin Usus, den Missbrauch von Buchstaben, Worten und Zeichen auf ewig den Symbolen an sich anzulasten, und gänzlich verstandesbefreit die Frage zu unterlassen, was denn der Nutzer eines mehrdeutigen Symbols damit sagen wollte. Wenn sich sogar Hindus und Falun-Gong-Anhänger vor Gericht (zum Glück erfolgreich) verteidigen müssen, weil sie im religiösen Zusammenhang eine Swastika verwendet haben, dann kann man nur Mitleid mit dem beklagenswerten Zustand der Aufklärung und Freigeistigkeit in dieser von P.C. und anderen ritualisierten Tabus geknechteten Gesellschaft haben. May they perish!
 
Ich sehe das sehr anders. Für mich gehören all die hier genannten Aussagen zu denen, die man nur mit Bedacht und eben nicht leichtfertig verwenden sollte. Das hat was mit sprachlicher Verantwortung zu tun. Wenn ich deswegen für einen geknechteten Gutmenschen gehalten werde, den man bemitleiden muss, dann kann ich damit leben. An meiner Einstellung dazu ändert das gar nichts.
 
Ich sehe das sehr anders. Für mich gehören all die hier genannten Aussagen zu denen, die man nur mit Bedacht und eben nicht leichtfertig verwenden sollte. Das hat was mit sprachlicher Verantwortung zu tun.
Wenn mein Nachbar gerne Chicken Nuggets mit Senfsoße isst, und ich dann zu ihm sage: "Jedem das Seine!", dann gibt es daran nichts, aber auch gar nichts, was leichtfertig oder unbedacht wäre, und schon gar nichts, was mit sprachlicher Verantwortungslosigkeit zu tun hätte.

Wenn ich deswegen für einen geknechteten Gutmenschen gehalten werde, den man bemitleiden muss, dann kann ich damit leben.
Nur zur Klarstellung: Mit geknechteten Gutmenschen habe ich per se kein Mitleid, sondern mit dem, was diese Herrschaften aus unserer Sprachkultur machen (würden, wenn man sie ließe).

An meiner Einstellung dazu ändert das gar nichts.
Jo. Jedem das Seine...
 
Wenn mein Nachbar gerne Chicken Nuggets mit Senfsoße isst, und ich dann zu ihm sage: "Jedem das Seine!", dann gibt es daran nichts, aber auch gar nichts, was leichtfertig oder unbedacht wäre, und schon gar nichts, was mit sprachlicher Verantwortungslosigkeit zu tun hätte.

Auch nicht, wenn z.B. Verwandte von ihm in Buchenwald umgekommen sind? Nicht vielleicht ein ganz kleines bisschen?


Nur zur Klarstellung: Mit geknechteten Gutmenschen habe ich per se kein Mitleid, sondern mit dem, was diese Herrschaften aus unserer Sprachkultur machen (würden, wenn man sie ließe).

Eigentlich hab ich schon lange keine Lust mehr, mit Leuten zu diskutieren, die das Wort "Gutmensch" benutzen, weil es erfahrungsgemäß wenig bringt und mir meine Zeit dafür einfach zu schade ist. Ich bin auch nicht auf dein Mitleid angewiesen. Aber zu deiner Beruhigung kann ich dir versichern, dass ich mit unserer "Sprachkultur" überhaupt nichts machen will, außer darauf hinzuweisen, dass es oftmals sinnvoll ist, über die eigene Sprache und die Begriffe, die man verwendet, nachzudenken. Ab und an kommt man dann darauf, dass etwas, was man vielleicht ganz ohne Hintergedanken benutzt, tatsächlich doch gar nicht mal so cool ist, weil es bei anderen völlig falsch ankommt. Darauf kann man dann scheissen, oder vielleicht überlegen, ob es nicht möglicherweise sinnvoller sein könnte, sich anders auszudrücken. Ist aber keine Verpflichtung, sondern nur eine Möglichkeit.
 
Auch nicht, wenn z.B. Verwandte von ihm in Buchenwald umgekommen sind? Nicht vielleicht ein ganz kleines bisschen?

Nein. Kein kleines bisschen. Weil ich diesen Satz, auch wenn mir dieser Missbrauch bekannt ist, nicht als Nazi-Floskel identifiziere. Wie ich sagte: Es ist entscheidend, was jemand meint, wenn er Symbole oder Worte nutzt, und ich werde mir nicht einreden lassen, dass dieser Satz durch die Nazis so belastet ist, dass seine wertneutrale Verwendung nicht möglich ist. Bei "Arbeit macht frei" sieht das anders aus, aber "Jedem das Seine" ist Kulturgut und uneingeschränkt verwendbar.

Eigentlich hab ich schon lange keine Lust mehr, mit Leuten zu diskutieren, die das Wort "Gutmensch" benutzen, weil es erfahrungsgemäß wenig bringt und mir meine Zeit dafür einfach zu schade ist. Ich bin auch nicht auf dein Mitleid angewiesen. Aber zu deiner Beruhigung kann ich dir versichern, dass ich mit unserer "Sprachkultur" überhaupt nichts machen will, außer darauf hinzuweisen, dass es oftmals sinnvoll ist, über die eigene Sprache und die Begriffe, die man verwendet, nachzudenken. Ab und an kommt man dann darauf, dass etwas, was man vielleicht ganz ohne Hintergedanken benutzt, tatsächlich doch gar nicht mal so cool ist, weil es bei anderen völlig falsch ankommt. Darauf kann man dann scheissen, oder vielleicht überlegen, ob es nicht möglicherweise sinnvoller sein könnte, sich anders auszudrücken. Ist aber keine Verpflichtung, sondern nur eine Möglichkeit.
Das Wort "Gutmensch" benutze ich persönlich nie, das habe ich nur aufgegiffen, weil du es verwendet hast. Und dass ich grundsätzlich über meine Art und Weise der Verwendung von Sprache sehr ausgiebig nachdenke, dessen darfst du dir auch sicher sein.
 
Man könnte gefühlt 100 synonyme Ausdrücke für "Jedem das Seine." finden ("Jeder, wie er mag.", "Jedem Tierchen sein Pläsierchen.", "Suum cuique." usw.). Wieso man dann knallhart auf "Jedem das Seine." beharrt, das nun mal eine zwiespältige Geschichte hat, erschließt sich mir nicht ganz. Das einem das im Alltagsgespräch mal durchrutscht, geschenkt, aber wieso dieses penetrante Beharren darauf? Verstehe ich nicht. Sprache entwickelt sich, Ausdrücke, die vor 50 Jahren ok waren, sind es heute nicht mehr. Das hat vielleicht an der ein oder anderen Stelle mit PC zu tun, aber letztendlich ist das keine neue und in vielen Fällen auch keine gesteuerte Entwicklung, sondern passiert ständig. Kein Mensch spricht heute mehr wie vor 100 Jahren, und im Großen und Ganzen trauert niemand untergegangenen Wörtern hinterher. Aber bei manchen tut man so, als ob es nicht ohne ginge, blöderweise sind das oft die unnötigen und zweifelhaften. Für "Odem" und "Oheim" interessiert sich doch auch niemand mehr?
 
Das ist jetzt aber Apfel und Birnen vergleichen. "Jedem das seine" ist nun mal Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs, das hat nichts mit irgendwelchen veralteten Worten zu tun. Es gibt genau keinen Grund es aus dem eigenen sprachgebrauch künstlich zu streichen, außer das die Drecks-Nazis es mißbraucht haben.

Sorry, aber keinen "Fußbreit den Faschisten" bedeutet für mich auch das ich ihnen nicht die Deutungshoheit über das was ich sage zugestehe.
 
Es geht nicht um das Beharren, Hyronimus. ''Jedem das Seine'' ist ein im Volksmund eben so gängiger Spruch, wie z.B. ''Lass mal bleiben''. Solche Redewendungen kommen Millionen von Bürgern jeden Tag über die Lippen und es muss einfach auch akzeptiert werden, dass sich niemand vorschreiben lassen wird, wie er die nun einmal am häufigsten benutzte Ausdruckform des gepflegten Desinteresses andersweitig ausdrücken will. ;)

Eine gewisse Lockerheit, gesellschaftliche Gepflogenheiten anzuerkennen, steht meiner Meinung nach über jeder gut gemeinten Belehrung.
 
Man könnte gefühlt 100 synonyme Ausdrücke für "Jedem das Seine." finden ("Jeder, wie er mag.", "Jedem Tierchen sein Pläsierchen.", "Suum cuique." usw.). Wieso man dann knallhart auf "Jedem das Seine." beharrt, das nun mal eine zwiespältige Geschichte hat, erschließt sich mir nicht ganz. Das einem das im Alltagsgespräch mal durchrutscht, geschenkt, aber wieso dieses penetrante Beharren darauf? Verstehe ich nicht. Sprache entwickelt sich, Ausdrücke, die vor 50 Jahren ok waren, sind es heute nicht mehr. Das hat vielleicht an der ein oder anderen Stelle mit PC zu tun, aber letztendlich ist das keine neue und in vielen Fällen auch keine gesteuerte Entwicklung, sondern passiert ständig. Kein Mensch spricht heute mehr wie vor 100 Jahren, und im Großen und Ganzen trauert niemand untergegangenen Wörtern hinterher. Aber bei manchen tut man so, als ob es nicht ohne ginge, blöderweise sind das oft die unnötigen und zweifelhaften. Für "Odem" und "Oheim" interessiert sich doch auch niemand mehr?


Sorry, laut einer bekannten Internetwissensquelle kam die Dikussion erst in den 90ern auf, nachdem irgendein Penner ein diskussionswürdiges Buch über den Holocaust geschrieben hat. Davor hat das keinen Schwanz interessiert und keine Sau hat an ein KZ gedacht. Es ist wirklich lächerlich, sich über Übersetzungen antiker Sprüche aufzuregen, nur weil sie mal ein paar andere Penner für eine fragwürdige Ideologie verwendet haben. Wie jemand oben schon andeutete, könnte man da auch gleich Deutsch verbieten. Am besten schaffen wird uns ganz ab oder wir lassen einfach die Russen gewähren, denn wenn die so weitermachen, sind die eh bald hier...
 
Das ist jetzt aber Apfel und Birnen vergleichen. "Jedem das seine" ist nun mal Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs, das hat nichts mit irgendwelchen veralteten Worten zu tun. Es gibt genau keinen Grund es aus dem eigenen sprachgebrauch künstlich zu streichen, außer das die Drecks-Nazis es mißbraucht haben.

Sorry, aber keinen "Fußbreit den Faschisten" bedeutet für mich auch das ich ihnen nicht die Deutungshoheit über das was ich sage zugestehe.
Müsste mal recherchieren, wie sehr "Jedem das Seine." wirklich im Sprachgebrauch verankert ist. Und was die Deutungshoheit angeht: Die Idee dahinter nimmt einem ja keiner, wenn man es anders ausdrückt. Wieso muss ich jedes Mal, wenn ich auf eine Idee, die die Nazis mit Füßen getreten haben, verweise, einen Spruch verwenden, den die Nazis den Juden und Andersdenkenden zigtausendfach ins Gesicht gerieben haben?
 
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