Albi
Till Deaf Do Us Part
Gestern "Fucking Berlin" gesehen.
Der Titel ist Programm: der Film (nach einer Autobiographie) handelt von der 20-jährigen Mathestudentin Sonia, die sich nebenbei aus Geldnot als Prostituierte durch Berlin schlägt.
Aber von Anfang an:
Sonia, neu in Berlin, ihre neue Freiheit fernab des Elternhauses genießend: das pulsierende Hauptstadtleben, Partys, Alkohol, Sex, an der Uni dann das erste Mal Kiffen usw. usf. Schöne erste Szene, in der sie ein sexy "Killers"-Maidenshirt trägt, habe mich instant verliebt.
Irgendwann lernt sie in einem Park den obdachlosen Polen Ladja kennen, sie verlieben sich, er zieht bei ihr ein. Ladja scheint anfangs der totale Traumboy zu sein, da er Sonia sogar im Hörsaal besucht und ihr die Mumu leckt. Weitere Partys, die Nacht wird zum Tag, Drogen, Alk, eine bekiffte nächtliche Fahrradfahrt quer über den Kotti (wunderschön von der Kamera eingefangen), Falafel.
Nur: eine Studentin und ein ehemaliger Obdachloser sind finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet und irgendwann ist kein Geld mehr da für wilde Partys, geschweige denn für Nahrung. Was machen? Da scheinbar in Berlin sämtliche seriösen Nebenjobs bereits vergeben sind, nimmt Sonia ein über einen von Ladjas Kumpels vermittelten Job in einem Erotik-"Call-Center" mit Webcam (Chaturbate oder so) an. Setting: eine Schrebergartensiedlung in einem der Hochhausghettos der Berliner Außenbezirke, der Inhaber ein schmieriger Fettsack.
Irgendwann reicht auch dieses Einkommen nicht mehr, Ladja ist ständig alleine weg auf Partys, und so heuert Sonia auf Empfehlung einer "Kollegin" bei einem Privatpuff an, der sich in einer der Wohnungen des ikonischen Hochhauses am Kotti (wo sonst?) befindet. Ich frage mich sowieso, ob in dem Hochhaus überhaupt normale Menschen wohnen oder ob diese Wohnungen allesamt von Filmstudios gemietet sind, so viele Filme hab ich schon gesehen, die in diesem Haus spielen - aber das nur so am Rande.
Dass sie ihre "Nebenjobs" vor Ladja verheimlichen muss, macht die Sache nicht leichter - ebensowenig, als dass sie immer mal wieder dem Kellner aus ihrem Stammclub, mit dem sie ganz am Anfang des Filmes gevögelt hat und sich aus der Wohnung schleichen musste, da dessen französische Frau und kleine Tochter unerwartet heim kamen, und der wohl was von ihr will, sie ihn wohl auch irgendwie toll findet, aber dennoch immer wieder abblitzen lässt. Kompliziert, uff.
So geht das dann weiter bis es irgendwann langsam eskaliert, der tolle familiäre Privatpuff wurde verkauft, und wer übernimmt das Etablissement? Na, ratet mal: richtig, der schmierige Fette aus der Schrebergartensiedlung. Ladja, der immer misstrauischer wurde kommt Sonia natürlich auch irgendwann auf die Schliche, big drama usw. Zwischendrin hat Sonia auch noch leidenschaftlichen Sex auf der Balkonbrüstung mit ihrem Kellner-Sonnyboy, nur um am nächsten Tag alleine aufzuwachen und 1000 Euro auf dem Tisch vorfindend. Uffz...
Wie es ausgeht, verrate ich aber nicht...
Ein ziemlich rasanter, bunter, mitreißender Film, der denke ich doch das Berlin-Life gut einfängt. Trotz des leicht abgründigen und melancholischen Themas ist der Film immer leichtfüßig inszeniert, sodass man richtig Bock bekommt, sich ins Hauptstadtgetümmel zu schmeißen. Svenja Jung in der Hauptrolle verkörpert die innere Zerrissenheit ihrer Figur, einer jungen Frau auf der Suche nach sich selbst, sehr stark.
Hab ich letztes Jahr mal gesehen. Kann man mal angucken aber besonders toll fand ich den jetzt nicht.Klingt wirklich sehenswert, Danke für den Tipp.