Schöne Threadidee! Dann wollen wir mal, passend dazu läuft die Diskographie von Immolation ein weiteres Mal komplett durch. Teilweise war es ganz schön schwierig beim Aussortieren und eine Menge Klassiker mussten deutliche kleineren Bands weichen. Innerhalb der jeweiligen Dekade ohne Reihenfolge:
1980 – 1989
Lasse ich mal weg. Die richtigen Grosstaten kamen in meinen Ohren erst ab 1990.
1990 – 1999
Bolt Thrower – The IVth Crusade
Knapp vor der War Master, die hier rausgefallen ist. Die für BT-Verhältnisse plötzlich sehr langsamen, doomigen und teilweise fast anklagenden Songs packen mich immer wieder. Spätestens mit ihrem vierten Kreuzzug haben diese Brit:innen sich unsterblich gemacht.
Bolt Thrower – For Victory
Mit dem Nachfolger haben sie noch einen draufgesetzt. Das Tempo wurde wieder angezogen, die Songs waren wieder kompakter. Etwa beim Titeltrack wird man dermassen plattgewalzt von dieser Wucht, dass es jedes Mal eine Wonne ist. Meine Damen, meine Herren, es ist dies vielleicht das allerallersuperbste Death-Metal-Album der 1990er.
Benediction – Transcend the Rubicon
Nicht nur personell gab es Überschneidungen zwischen Benediction und Bolt Thrower, auch die Musik erinnert stark an BT. Auch hier jagt eine Übernummer die nächste. Grossartig!
Cannibal Corpse – Bloodthirst
CC haben mit ihrem kürzesten Album ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. Der Sound von Colin Richardson gefällt mir viel besser als die Jim-Morris-Produktionen. Viel anders machen sie hier nicht als auf ihren sonstigen Alben, aber die Songs packen mich doch mehr, sind vielleicht noch eine Spur kompakter und fast komplett mit hoher Drehzahl.
Dismember – Like an Everflowing Stream
Der einzige Schwedenklassiker, der es in diese Liste geschafft hat. Von den vier schwedischen Bands sind Dismember mir am liebsten. Brachialer als die anderen, mit den breitbeinigsten Riffs, gleichzeitig sehr melodiös, groovend, melancholisch. Wer hier ruhig bleiben kann, hat ein gröberes Problem.
Suffocation – Pierced From Within
Seltsames Album einer seltsamen Band. Wirkliche Strukturen sind hier nur auf den zweiten Blick erkennbar, alles wirkt sehr chaotisch und unstrukturiert – und doch packen Suffocation mich mit diesem Album immer wieder. Hier gibt es während 45 Minuten praktisch keine Verschnaufpause und es wird ein unglaubliches Härteniveau erreicht – und das, obwohl das Tempo oft gar nicht so hoch ist.
Malevolent Creation – The Ten Commandments
Fast hätte ich hier Retribution genommen und es ist gut möglich, dass ich mich bereits morgen wieder anders entscheiden würde, heute hat das Debut aber das Rennen gemacht. Ziemlich thrashlastiger USDM mit grossartigem Sound. Hammeralbum!
Sinister – Cross the Styx
40 Minuten hohes Tempo und unerreichte Härte. Mein lieber Herr Pinguin! Mit Cross the Styx haben Sinister sich ein frühes Denkmal erschaffen, in dessen Schatten sie seitdem stehen. Zwischendurch gab es einige katastrophale Alben, mittlerweile geht es wieder – aber so kreativ und unwiderstehlich wie hier waren sie nie mehr.
Obituary – Cause of Death
Wie bei den Schweden ist hier auch aus den USA nur einer der Klassiker vertreten. Obituary waren immer die etwas untypische der USDM-Bands. Keine Texte bzw. keine mit Inhalt (in den ersten Jahren), vergleichsweise niedriges Tempo, technisch simplere Songs, dafür aber diese unbeschreiblich-finstere Atmosphäre, die man sonst bei den amerikanischen Bands nicht unbedingt vorfindet. Entsprechend gut passt das Celtic-Frost-Cover hier rein
Necrophobic – The Nocturnal Silence
Necrophobic waren etwas später dran als die Grossen Vier, waren langsam mit ihren Veröffentlichungen, waren bei Black Mark, einem Label, das seine Bands nicht allzu gut promotete – und stehen sicher zu grossen Teilen aus diesen Gründen in der zweiten Reihe. Dabei müssen sie sich auf ihrem Debut hinter den Grossen keinesfalls verstecken. Kommt hinzu, dass der Sound hier unglaublich gut ist und für mich sogar die beste Produktion, die Sunlight je gelungen ist. Die Musik ist noch weitgehend reiner Death Metal, der angeschwärzte Sound kam erst später. Die Atmosphäre jedoch ist bereits äusserst finster. Finsterer als bei Dismember & co. Ein leider etwas verkannter Klassiker.
2000 – 2009
Repugnant – Epitome of Darkness
Von den vielen jungen Bands der Nullerjahre waren Repugnant sicher die aufregendste, gleichzeitig verliefen die Geschicke der Band alles andere als geradlinig. Das Album erschien 2006, das Material war aber viel älter, dazu kommt ein nicht besonders gelungener Sound und leider war dies das einzige volle Album der Band. Aber egal, denn dieses Album ist eines der bösartigsten, hundsgemeinsten und asozialsten aller Zeiten. Gleichzeitig merkt man der jungen Band an, mit welcher Spielfreude sie hier am Werk ist. Das hier ist für mich das beste schwedische DM-Album dieses Jahrtausends – und wäre es zehn Jahre früher erschienen, gäbe es aus Schweden nicht die Grossen Vier, sondern die Grossen Fünf.
Tribulation – The Horror
Tribulation waren eine weitere dieser jungen, aufstrebenden, giftigen Bands aus Schweden. Kaamos hätten hier auch fast Platz gefunden, aber irgendwie muss man sich ja entscheiden. Im Gegensatz zu Repugnant gibt es Tribulation auch heute noch, wenn auch für mich mittlerweile gänzlich uninteressant. Auf ihrem Debut spielen sie ähnlich kompromisslosen DM wie Repugnant, wobei sie etwas atmosphärischer – und mit dem deutlich besseren Sound – zu Werke gehen.
Mors Principium Est – The Unborn
Eines der wenigen melodischen DM-Bands in dieser Liste. Die schwedischen Vertreter kommen hier nicht vor, sondern die Finnen haben die Nase in dieser Disziplin klar vorn. Untypisch für melodischen Death Metal ist die hier viel aggressivere und weniger versöhnliche Grundstimmung als etwa bei In Flames oder Dark Tranquillity. Allzu bekannt sind MPE nie geworden, was sehr schade ist, da hier ein Hit den nächsten jagt. Sehr gut eingesetzt werden hier ausserdem die Keyboards. Leider krankt das Album an einer fürchterlichen Plastikproduktion.
Ulcerate – Everything Is Fire
Technischer, dissonanter Death Metal in Richtung Gorguts. Ulcerate sind eine meiner Lieblingsbands überhaupt und hier mit insgesamt drei Alben vertreten, dabei gab es härtere, kompaktere sowie atmosphärischere Vertreter mit mehr ruhigen Parts. Das zweite Album gehört zur ersten Kategorie, ist recht sperrig und gefällt nicht auf Anhieb. Wer hier ein bisschen Zeit investiert, wird für seine Geduld jedoch fürstlich entlohnt!
Arsis – A Celebration of Guilt
Ein weiterer melodischer Vertreter, dieses Mal aus den USA. Auch Arsis werden eher übersehen und die Alben, die auf das Debut folgten, waren auch nicht mehr allzu hörenswert, hier auf dem Debut ziehen sie jedoch alles Register. Hohes Tempo und sehr viel Melodie bestimmen fast das komplette Album.
Bolt Thrower – Those Once Loyal
Das leider letzte Album von Bolt Thrower war nach zwei nicht ganz so starken Vorgängern wieder ein richtig gutes. Es wurde ebenso staubtrocken wie hervorragend von Neil Kernon produziert und der Bass von Jo Bench knallt wie nie zuvor. Die Songs sind eher langsam, jedoch mit ein paar schnelleren Ausbrüchen. Hohes Tempo wie auf For Victory gibt es jedoch nicht, dafür grossartige Atmosphäre, beim Opener und dessen Nachfolger, dem Titelsong – und natürlich beim doomigen Finale. Das Wissen darum, dass When Cannons Fade auch der letzte Song der Band sein würde (den Bonustrack mal ausgenommen), macht die ganze Sache noch schwermütiger als ohnehin schon. Eine weitere Grosstat von BT.
Cannabis Corpse – Tube of the Resinated
Diese Band hielt ich anfangs für eine unlustige Parodiekackband à la JBO, den Namn fand ich schon immer scheisse und so habe ich die ewig ignoriert – bis eines Tages Youtube mir Tube of the Resinated vorschlug und ich nicht wusste, was ich jetzt hören sollte. Und siehe da, hier wird richtig gut gemachter Death Metal amerikanischer Prägung geboten, der tatsächlich an Cannibal Corpse erinnert. Cannabis Corpse sind aber eben keine Coverband, sondern eigenständig, und ihre Musik ist deutlich grooviger als bei deren Namensvettern. Ich war hin und weg und bin es heute noch!
Immolation – Close to a World Below
Immolation sind das amerikanische Gegenstück zu Necrophobic: In den frühen Neunzigern kamen sie mit einem Nachfolger zu ihrem Debut nicht aus dem Quark, sie standen im Schatten von etwa Morbid Angel und fanden deshalb weniger Beachtung. Dabei sind sie eine der konstantesten Bands überhaupt und 2000 erschien ihr bestes Album. Immolation spielen ihren Death Metal kalkuliert: Es wird geblastet, aber nicht pausenlos, sondern sehr wohldosiert. Dazu kommen für US-Bands eher untypische, fast schon angeschwärzt-melodische und bitterböse Riffs, dazu besonders tiefe Growls. Die Atmosphäre kann man hier nicht anders nennen als episch. Von Immolation gibt es viele grossartige Alben, doch das hier ist das beste.
Unanimated – In the Light of Darkness
Für ihre Alben aus den 90ern werden Unanimated auch heute noch gelobt, der 2009er-Nachfolger wird weniger gemocht. Mir geht es genau anders herum: Während ich die ersten beiden Alben nur nett finde, gefällt mir die Band hier deutlich besser. Das Tempo ist teilweise hoch, wird aber oft gedrosselt, so dass mehrere Songs sich komplett im Midtempo aufhalten. Angereichert sind die Songs mit akustischen Einspielern, die für eine stets finster-bedrohliche Atmosphäre sorgen.
The Crown – Deathrace King
The Crown bieten ziemlich dreckigen Death ‘n‘ Roll mit punkiger Schlagseite. Die Riffs böllern ziemlich asozial aus den Boxen, das Tempo ist meistens hoch, dabei gibt es viel Melodie und äusserst rotzige Vocals von Johan Lindstrand. Der Nachfolger Crowned in Terror mit Tompa Lindberg am Mikrofon ist ähnlich gut, Deathrace King aber einen Tick vorn. Sehr eingängiges Album, das in siner absurd-übertriebenen Asigkeit grossen Spass macht.
2010 – 2019
Insomnium – Winter’s Gate
Und wieder eine finnische Band mit melodischem DM. Auch hier hätte ich gern noch Heart Like a Grave oder Above the Weeping World noch hinzugenommen, aber das ging halt nicht. Untypisch ist, dass dieses Album aus einem einzigen Song besteht. Gerade nach den etwas schwächeren Vorgängern hätte ich der Band solch ein Mammutalbum nicht zugetraut, doch es funktioniert ganz wunderbar. Das Hauptriff zieht sich durch den ganzen Song, zwischendurch gibt es ruhige, sehr atmosphärische Parts. Ein ebenso „nettes“ wie trauriges Album zum Träumen.
Unleashed – Odalheim
Jawohl, Odalheim. Vergesst Where No Life Dwells oder andere Alben aus den 90ern, hier waren Unleashed richtig gut! Die Wikingerthematik finde ich grundsätzlich nervig, da die gängige Darstellung im Grunde nichts mit der wirklichen Geschichte zu tun hat, und auch hier habe ich keine grosse Lust, die Texte zu lesen. Macht aber nichts, da die Musik hier von vorn bis hinten stimmt. Nie klangen Unleashed so böse und finster wie hier, die klang Hedlund so kraftvoll wie hier, nie war der Sound so gut wie hier. Jawohl, Odalheim!
Cruciamentum – Charnel Passages
Cruciamentum sind für mich eine typische neuere DM-Band, die mich stark an Corpsessed, Vacivus und andere erinnert: wenig Melodie, finstere Atmosphäre, hohes Tempo. Die Band ist weiter aktiv, dieses Album von 2015 ist aber deren bisher einziges. Trotz des hohen Härtelevels sind die Songs eher lang und episch-atmosphärisch.
Corpsessed – Impetus of Death
Auch dieses Album kommt ähnlich bitterböse und kompromisslos daher, ist dennoch voller Atmosphäre und sogar dem einen oder anderen melodischeren Part.
Ulcerate – Shrines of Paralysis
Nach Everything Is Fire waren Ulcerate nach meinem Empfinden etwas auf der Suche: Auf The Destroyers of All wurde die atmosphärische Seite aus- bzw. sogar überreizt, so dass das Album fast etwas nett wirkte, während auf Vermis das Härtelevel enorm angezogen wurde und eine etwas unausgegorene Platte resultierte. Hier jedoch stimmt das Verhältnis wieder und wahnsinnige Blastbeats, harte Parts mit sehr hohem Tempo und atmosphärische Passagen wechseln sich ab.
Spawn of Possession – Incurso
Spawn of Possession waren für mich das härtere, technischere und weniger melodische Pendant zu Arsis. Auf ihrem dritten und letzten Album präsentierte die Band sich am reifsten und mischte ihren meist sehr schnellen Songs viel Melodie bei. Einzig störend ist der für die Zeit und die Art von Musik typische und etwas klinische Sound.
Kvelertak – s/t
Während die Reunion von The Crown gründlich misslang, erschien das Debut dieser jungen Band aus Norwegen, das für mich heute ein Klassiker des aktuellen Jahrtausends ist. Die Band mischt Death- und ein wenig Black Metal mit rockigen Klängen und unwiderstehlichen Melodien und setzt sogar Klargesang ein und strotzt insgesamt vor Spielfreude. Leider ging es in dem Stil nicht weiter, aber egal, denn hier stimmt einfach alles.
Tomb Mold – Planetary Clairvoyance
Eines der vielen grossartigen auf 20 Buck Spin erschienenen Alben. Hier wird sehr harter Death Metal mit viel Melodie und Atmosphäre kombiniert und das Album kommt mir immer deutlich kürzer vor, als es tatsächlich ist, so kurzweilig ist es.
Necrovation – s/t
2012 war eine Art Kipppunkt beim schwedischen Death Metal: Immer mehr junge Bands brachten ihre Alben heraus, die Sättigung wurde immer grösser und die Musik gefühlt immer einfallsloser. Necrovation waren mit ihrem Debut ganz ordentlich, stachen aber nicht heraus. Anders auf ihrem zweiten Album, für das sie einen eher untypischen, sauberen Sound wählten und in das sie ein paar ruhigere Passagen und sehr traditionelle Heavy-Metal-Riffs einwoben. Auch ein längeres, ruhigeres Instrumental trägt zu der hier sehr speziellen Atmosphäre bei.
Necrot – Blood Offerings
Wie bei den Schweden zehn Jahre zuvor gab es in der zweiten Hälfte der 10er-Jahre plötzlich auch aus den USA sehr viele junge, neue und aufregende Bands, von denen Necrot eine der aufregendsten sind. Das zweite Album Mortal ist ähnlich stark, das Debut gefällt mir aber noch eine Spur besser. Wer nach Originalität sucht, wird hier nicht fündig, dafür gibt es exzellenten Death Metal mit einer grossen Portion Groove.