In meinen jüngeren (und naiveren) Jahren habe ich Teile seiner Persönlichkeit und Denkweisen als erfrischend aufsässig empfunden, besonders im Vergleich zu den typischen "F*ck Jesus"-Metallern. Das lag möglicherweise auch an meiner eher religiösen Kindheit und den daraus resultierenden Folgen und Problemen, die mein Sozialverhalten stark beeinflussten und mich im späteren Leben für Persönlichkeiten wie Nödtveit besonders anfällig machten. (Nein, nicht wegen dem Mord. Das war einfach nur dumm)
Aufgrund dieser Erfahrungen habe ich jedoch schnell erkannt, dass er sich gewisser Weiße grob nicht von religiösen Fanatikern unterscheidet. Diese versuchen ebenso, ihren alltäglichen Missmut und ihre Depressionen mit einer neuen Lebensphilosophie zu vertreiben und gleichzeitig soziale Normen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld mit neuen Ansichten zu verändern, die sie als überlegen betrachten und genau diesen Missmut und seine Suche nach "der Wahrheit" hat ihn für diese antikosmische Philosophie anfällig gemacht
Nun gibt es sicherlich viele Anhänger von Dissection, Watain oder TDB, die mich massakrieren wollen und ihr nächstes Albumcover mit meiner Leiche schmücken möchten, weil ich Nödtveit und Co. nicht als "frei" und "rebellisch", sondern (in Teilen) als das pure Gegenteil wahrnehme – nämlich gefangen in ihrer Denkweise und Regeln. Ja, er hat gegen konventionelle Normen und religiöse Überzeugungen rebelliert, aber als jemand, der den ländlichen Katholizismus in Reinkultur erlebt hat und die zehn Gebote als Dreh- und Angelpunkt seiner eigenen Existenz genießen durfte, kann ich mit absoluter Sicherheit behaupten, dass er definitiv nicht frei war. Das ist nicht abwertend oder herablassend gemeint, sondern lediglich das Ergebnis meiner Betrachtung, welche wiederum von meinen Erfahrungen und ehemaligen Lebensphilosophie geprägt ist, die meine Denk- und Herangehensweise beeinflusst haben.
Der Song 'In the cold winds of nowhere' ist einer meiner Lieblingssongs der Band, weil er nur so von Überzeugung und Hingabe strotzt (was meiner Meinung nach die Hauptzutat für den Erfolg von Bands wie Dissection, Watain und co ist).
Search for my subconscious
Lead me into myself
A need to discover the dark
A will to enter these gates
Oh, This temptation
To end this empty life
In my dreams I saw my real side
A journey through forever
My visions oh so bright
Watching eternity open
As I turn out life's light
Oh, this temptation
To leave this earthly shell
Deep inside, the toll of deaths bell
In the cold winds of nowhere
With a sigh I pass away
Falling, into harmonic sleep
Then Ill find my prophecies wasn't lies
Falling, into the abyss I come.
I, I am dying
Death, does heal me
In the cold winds of nowhere
Wie bereits oben beschrieben, strotzt jede Zeile des Songs von Hingabe, aber auch von existenzieller Leere und dem Wunsch nach Sinn und Wahrheit. Gerade das macht es so ansprechend, unabhängig davon, ob man zu 100% hinter den Texten steht oder nicht. Genau das war es, was mich damals zu einem großen Fan gemacht hat, denn es sprach mich persönlich an. Mein sozialer Kompass hat damals nach einer langsam einsetzenden Ausnüchterung eine Art Reset durchgemacht. Ich schätze die Musik und den Musiker Nödtveidt noch immer sehr und kann noch immer einige Songs in gewisser Weiße auf mich selbst projizieren, aber da hört es für mich auch schon wieder auf.
Vielleicht interpretiere ich da ein wenig viel rein. Schließlich sind meine Gedanken und meine Herangehensweise von meinen eigenen Erfahrungen geprägt und selbst nicht frei und daher nicht zu 100% objektiv, aber ich wollte mal meine 2 Cent dazugeben.