Fear Of God - The strange soul of Dawn Crosby

Dogro

Till Deaf Do Us Part
Da in den letzten Tagen ein bisschen Interesse an Dawn Crosby auf diesen Seiten zu lesen war, dachte ich mir, ich schreibe mal ein paar Zeilen dazu. Das wird natürlich mal wieder eher persönlich subjektiv und erhebt weder den Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit.

Neben dem Legacy (heute Testament)-Demo war das Detente-Demo wohl eines der ersten Tapes, welches ich per Dollarnoten-Versand in meinen Briefkasten geordert habe. Das war wohl irgendwann im Jahr 1985. Auslöser war ein Bericht im Rock Hard. Ich weiß noch, dass ich unendlich lange auf das Tape warten musste und schon befürchtete, meine Knete sei weg. Aber nach langer Wartezeit landete es irgendwann im elterlichen Postkasten, zusammen mit zwei Ausgaben des wundervollen SF Mags "Metal Mania" (Ron Quintana), welche ich bis heute immer mal wieder gern hervor hole. Lustigerweise war das Ganze in D-Land abgestempelt worden. Wie ich später in einem Interview mit Dawn las, hatte sie das Zeug wohl auf einen lange geplanten Promo-Trip mitgenommen und sie dann in Deutschland eingeworfen. Ich schwafele schon wieder. Die vier darauf befindlichen Nummern boten dann genau das, was so ein spätpubsbertierender Langhaarzausel hören wollte: Treibend-dreckigen California-Thrash mit einer sensationellen Shouterin. 'Widows Walk', 'Holy War', 'Shattered Illusions' und 'Vultures In The Sky' zählen bis heute zu heimischen Favoriten. Etwas später im Jahr kam dann auch schon das Album "Recognize No Authority". Sozialkritische Texte und eine mitreißende Mischung aus Thrash und Hardcore vorgetragen von dieser überschäumend-aggressiven Stimme machen das Album zu einem Genre-Geheimtipp. Bis heute. Lediglich die Produktion von Dana Strum, dem Bassisten von Slaughter (Glamster, not Strappado-guys), ist etwas matschig. Da hätte ich gern mehr crunchy klampfing gehört. Bereits im Studio gab es mächtig Beef zwischen Dawn Crosby und dem Produzenten und es wurde erste Gerüchte laut, dass die Dame nicht nur auf der Bühne sehr impulsiv sei. Bevor ich jetzt in die Klatsch'n'Tratsch-Rubrik abdrifte, wende ich mich den bekannten Fakten zu. Es kam zum bandinternen Eklat und Split. Dawn macht mit ihrem Mann Dennis am Schlagzeug weiter, während die Gitarristen Caleb Quinn und Ross Robinson (später als Produzent noch mächtig bekannt geworden!) und Bassist Steve Hochheiser gründen mit Sängerin Veronica Ross CATALEPSY und nehmen ein sehr gutes 3-Song Demo auf.

Zurück zu Dawn und Dennis. Es werden Demos eingespielt – unter anderem mit Raven-DrumUrviech Rob Wacko – bis man sich irgendwann in FEAR OF GOD umbenennt. Einige Songs dieser Detente –Demos landen in leicht veränderten Versionen auf dem Atlantic-Record-Debüt "WIthin The Veil". Dieses Album ist für mich so etwas wie der heilige Gral der musikalisch-psychedelische Düsternis. Wer es detailliert lesen möchte, kann diesem Link folgen:

http://powermetal.de/content/artike..._OF_GODs_Within_The_Veil_wird_25_,8978-1.html

Auch dieses Line Up hat nicht lange Bestand, sodass die Europa-Festival mit Wratchchild America als Backing Band absolviert werden müssen. Leider schaffe ich es nicht, die Band auf diesem, einzigen Trip in die alte Welt, zu catchen. Fickyfukk.

Es vergehen 3 weitere Jahre bis mit "Toxic Voodoo" ein neues Album nachlegt. Weniger mystisch, weniger düster, mehr in die Moppe, aber noch immer sehr fein bzw. grob. Zu diesem Album hätte ich ein Telefon-Interview mit Dawn führen sollen. Als ich aber die mir gegebene Telefon-Nummer wähle, meldet sich dort eine nette, ältere Dame, die mir erklärt, Dawn sei nicht at home und habe auch kein Telefon. Sie sei die Nachbarin. Ich habe ein paar Minuten mit dieser Dame gesprochen, die nur die nettesten Dinge über Dawn zu berichten wusste und die mir auch zusicherte, Mdme Crosby sei später erreichbar. Leider ist an den nachfolgenden Tagen niemand mehr ans Telefon gegangen, sodass die Sache im Sande verlief …

Als Dawn am 15.12. 1996 an Leberversagen starb war ich mächtig geschockt. Man wusste aus ihren offenen Interviews, wie sie drauf war, aber trotzdem war das ein herber Schlag.

Vor gut 10 Jahren habe ich Detente dann auf ihrer Reunion Tour in Hamburg gesehen. Am Mikro Ann Boleyn von Hellion. Das war natürlich gut, aber natürlich fehlte die zweite Gitarre und Ann konnte natürlich nicht Dawns Stagepresence ersetzen. Allerdings konnte ich dort eine ganze Weile mit den drei Original-Detenties Steve, Caleb und Dawns Mann Dennis reden, was mein "Verhältnis" zu der Musik um ein weiteres intensiviert hat.

Hier höre ich jetzt erstmal auf, obwohl es noch einige weitere Releases gibt, die zum Rahmenprogramm gehören. Mehr, wenn mehr erwünscht.
 
Ist die Human Condition 7" eigentlich ein offizielles Release?

Übrigens haben zwei der Mitglieder der letzten FOG-Besetzung bei den US-Deathern Pessimist gespielt. Ebenso war mal Sparky, Ex-Dying Fetus und -Misery Index mal dort dabei. Und noch ein bisschen mehr US-Death Metal-C-Prominenz.
 
Ist die Human Condition 7" eigentlich ein offizielles Release?

Übrigens haben zwei der Mitglieder der letzten FOG-Besetzung bei den US-Deathern Pessimist gespielt. Ebenso war mal Sparky, Ex-Dying Fetus und -Misery Index mal dort dabei. Und noch ein bisschen mehr US-Death Metal-C-Prominenz.
Die 7" kenne ich nicht.

Wenn Du schon mit Namedropping anfängst, wird die Liste bei Detente/FOF ziemlich lang :)
 
"Within the Veil" habe ich erst diese Woche wieder gehört. Eins meiner ewigen Top 20 oder gar Top 10 Metalalben. Ich sträube mich immer dagegen zu sagen, das Album sei grandios (was es ist), intensiv (auch) und einzigartig (eh), weil es eins ist, das man so vielen Alben nachsagt: authentisch. Es passt nicht zu sagen, dass Dawn hervorragend performt oder ähnliches, weil sie es nicht tat. Ich glaube, alles was man da hört ist absolut echt und entzieht sich damit solchen subjektiven Bewertungen. Da hat jemand die Welt ganz tief in ihre dunkle, wütende verletzliche Seele schauen lassen.

"Recognize no Authority" finde ich ebenfalls cool, aber das ist stimmungsmäßig schon noch was anderes.
 
"Within the Veil" habe ich erst diese Woche wieder gehört. Eins meiner ewigen Top 20 oder gar Top 10 Metalalben. Ich sträube mich immer dagegen zu sagen, das Album sei grandios (was es ist), intensiv (auch) und einzigartig (eh), weil es eins ist, das man so vielen Alben nachsagt: authentisch. Es passt nicht zu sagen, dass Dawn hervorragend performt oder ähnliches, weil sie es nicht tat. Ich glaube, alles was man da hört ist absolut echt und entzieht sich damit solchen subjektiven Bewertungen. Da hat jemand die Welt ganz tief in ihre dunkle, wütende verletzliche Seele schauen lassen.

"Recognize no Authority" finde ich ebenfalls cool, aber das ist stimmungsmäßig schon noch was anderes.
Ja, stimmungsmäßig ist das komplett anders, aber Dawn ist eben immer extrem und intensiv.
 
Ich knipse bei Gelegenheit mal die Liner Notes zur Single ab und poste sie. Das auf Discogs kann man kaum lesen. Für mich kein lohnendes Release; braucht man nur als Komplettist. Finde auch Decline nicht besonders. Das Detente-Frühwerk und die beiden Catalepsy Demos sind aber steil. Within The Veil ist ein Überwerk, Toxic Voodoo hat gute Ansätze, finde ich aber dann doch eher fade gegen das Debüt. Mich hätte aber interessiert, wie sich die Band weiterentwickelt hätte.
 
Ich knipse bei Gelegenheit mal die Liner Notes zur Single ab und poste sie. Das auf Discogs kann man kaum lesen. Für mich kein lohnendes Release; braucht man nur als Komplettist. Finde auch Decline nicht besonders. Das Detente-Frühwerk und die beiden Catalepsy Demos sind aber steil. Within The Veil ist ein Überwerk, Toxic Voodoo hat gute Ansätze, finde ich aber dann doch eher fade gegen das Debüt. Mich hätte aber interessiert, wie sich die Band weiterentwickelt hätte.
Nüchtern betrachte, sehe ich das wohl ähnlich, aber hier habe ich die rosaroten Kopfhörer am Start. Als ich las, dass die halbe Besetzung von Have Mercy auf der "Toxic Voodoo" unterwegs war, war das Wohnzelt ziemlich stabil. Beim Anhören flatterten die Seitenwände ein bisschen. "Decline" höre ich gern, die Magie ist aber natürlich weg. Hätte sie gern nochmal mit Tina Teal gesehen, denn das war bestimmt besser als mit Mrs. Boleyn.
Das Versionen mit Wacko können übrigens auch einiges.
Obendrein stehe ich oller Zausel natürlich auch auf die Songs von Allies. Aber das ist schon very regressive.
 
Obwohl bzw. gerade weil mich das Leben und Schaffen von Dawn zutiefst erreicht und bewegt hat, habe ich es immer vermieden, einen Thread zu diesem einzigartigen Phänomen der Musiklandschaft zu eröffnen. Irgendwie kann ich ihr Werk nicht in üblichen Parametern und Kategorien beschreiben, deshalb gibt es von mir keine Benotungen der Alben, tue ich mir schwer mit der genremäßigen Einordnung und fällt es mir generell schwer, meine Empfindungen zu diesem tragisch-genialen Gesamtkunstwerk in Worte zu kleiden. Dass bisher (trotz bekanntermaßen vieler Forenuser, die wohl sehr ähnlich zu Dawn empfinden) niemand einen solchen Thread eröffnet hat, interpretier ich mal so, dass auch andere sich schwer tun, ihre persönlichen Eindrücke (und wenn man sich mit Dètente, FOG und Dawn beschäftigt hat, wird es automatisch persönlich) zu schildern bzw. großen Respekt vor diesem Thema haben.

Dass ausgerechnet @Dogro , dessen Schreibe ich sowieso mehr schätze, als irgend eines anderen Musik-Kritikers, und mit dem ich mich hinsichtlich Dawn komplett auf einer Wellenlänge fühle, diesen Thread nun aufgemacht hat, freut mich ungemein und lässt mich gerade mal wieder über einige Eindrücke aus Interviews mit Dawn, oder die Berichte von Zeitzeugen über ihre Wirkung im Reallife nachdenken... Danke Holg!
 
Edith meint noch, dass ich den Threadtitel wohl ein klein wenig anders gewählt hätte - "... - The strange soul of Dawn Crosby".
 
Dass "Recognize No Authority" keinerlei Erwähnung im Speed Metal Special bekommen hat, verstehe ich übrigens bis heute nicht. Rätselhaftes Special.
 
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