Ja, was Open Worlds angeht, ist tatsächlich Red Dead Redemption 2 und Witcher 3 nach wie vor das Maß der Dinge. Für mich mich macht eine gute Open World nicht so sehr aus, was ich dort alles tun kann - wobei es sich meist ja nur um simple quantitative Gimmicks handelt, die man dann ohnehin über 50% überflüssig sind und man eh nie tut. Ich konnte z. B. schon in GTA 5 Achterbahn fahren, mir ein Bier im Pub bestellen oder Ziele auf verschiedene Arten ins Jenseits befördern. Habe ichs oft gemacht? Naja, eigentlich nicht.
Wichtig ist mir da viel mehr, wie glaubhaft eine Welt wirkt, wie sehr sie es vermag, dass ich mich darin verliere. Da gehört etwas mehr dazu als z. B. "ich kann aus allem was bauen, ich kann jeden Baum fällen", "Möglichkeiten" allein reichen da nicht. Das kann ich in Open World-Survival-Games wie The Forest oder Green Hell auch, und trotzdem wirkt eine Welt wie bei RDR 2 oder The Witcher 3 immersiver und besser.
Warum? Weil ich in diesen Open Worlds tatsächlich das Gefühl habe, in einer eigenen Welt zu sein. Ich kann dort nicht alles machen, klar. Aber das, was ich machen kann, hat zumeist alles eine Bedeutung oder einen tieferen spielerischen Sinn und ist nicht nur eine Aneinanderreihung repetitiver "Möglichkeiten". Alles wirkt miteinander verknüpft, ich habe das Gefühl, dass jede meiner Handlungen Konsequenzen haben könnte - gerade weil es diese Welten dann wiederum schaffen, sinnvolle, eigene spielerische Grenzen zu setzen und so diesen "Goldweg" finden. Ich bin auch grade nicht der überall gern gesehene Held, der ständig nur mit offenen Armen empfangen wird. Diese Spiele zwingen mich zum Teil, anzuecken, moralische Entscheidungen zu treffen und machen auch ihre NPCs vor allem eines: Menschlich. Die Welt reagiert - detailliert - auf das, was ich tun kann, auf mich. Beleidige ich in Witcher 3 jemanden zu viel, bricht der das Gespräch ab und greift mich an, eine Quest ist dann vielleicht unwiderruflich verloren. Schieße ich in RDR 2 jemanden ins Bein, ist das spielerisch eine Kleinigkeit, aber der NPC reagiert anders, als wenn ich ihn in die Brust schieße. Hinzukommt natürlich unbedingt auch eine gut ausgeschriebene Story - denn nur durch eine roten Faden kann eine solche Verknüpfung, eine solche Immersion funktionieren und sich entfalten. Die Open World muss wissen, was sie sein will - und hier auch bewusst wieder Grenzen setzen, dann wirkt die Welt organisch. Das haben RDR 2 und The Witcher 3 verstanden.
Und das ist aber auch oft das Problem an modernen Open Worlds: Je mehr ich tun oder erkunden kann, desto mehr spielerische Freiheiten habe ich zwar - und sei es noch so nutzlos, dass ich jetzt etwa Billard spielen gehen kann. Aber wenn all dies keinen tieferen Sinn im Gesamtkonzept findet und "nicht seinen Platz hat", bringt mir das nichts und die Open World wirkt trotzdem leer. Mehr und größer ist hier nicht immer besser, zumeist sind das nur Gamplay-Blender.
Ich finde, eine guten Open World zeichnet sich daher spielerisch vielmehr durch die Qualität dessen aus, WAS man tun kann, als den Spieler mit - bisweilen nutzlosem - Beiwerk zu überhäufen.