Ich hab letztens was gelesen, das mich sehr an die Diskussion erinnert hat. Da ging es um den Unterschied zwischen Stadt und Dorf.
Wer in der Stadt wohnt, der kann sich sein Umfeld aussuchen. Da haben dann die meisten genau das Umfeld, das zu ihnen passt, das dieselben Sichtweisen teilt und das wird dann auch zur Normalität. Alle außerhalb dieses Umfelds sind dann die Freaks, die entweder zurückgeblieben oder abgehoben sind, je nachdem wo man selber steht. Die gehen dann alle gar nicht und können auch nicht mehr akzeptiert werden.
Auf dem Dorf geht das nicht. Wenn man da kein Einsiedler sein will, dann muss man die Leute nehmen, die eben da sind. Andere gibt es nicht. Wenn es kein völlig homogenes Dorf ist, dann gibt es da alles mögliche. Alt, jung, arm, reich, links, rechts, progressiv, ewiggestrig. Damit muss man sich dann arrangieren und auch wenn das oftmals irre anstrengend ist, geht das. Man stellt dann irgendwann fest, dass diese ganzen unterschiedlichen Sichtweisen alle gar nicht so entscheidend sind. Wirklich entscheidend sind die Menschen dahinter, die überwiegend eben gut sind. Auch die mit den blöden Ansichten.
Das zweite ist genau auch meine Erfahrung. Mein Wohnort ist kein echtes "Dorf", aber er ist definitiv noch klein genug für die zweite Kategorie. Ich bin auch oft genervt von dem, was andere hier so von sich geben. Schlimm genervt. Aber ich kann eben auch sehen, wer das sagt. Manchmal kracht es auch, aber dann muss man eben immer mal wieder tief durchatmen und wieder den Menschen sehen. Ich hab auch mehr als einmal erlebt, dass diejenigen, die die dümmsten Ansichten geäußert haben, sich völlig anders verhalten haben, als es konkret wurde. So mancher CSU-Bürgermeister, der vorher gegen Ausländer gewettert hat, hat einfach angepackt und geholfen, als Geflüchtete hier angekommen sind. Weil er eben außerhalb des Stammtischs vor allem ein Mensch ist.
Die Unerbittlichkeit, mit der manche (auf beiden Seiten) die Aussagen und das Verhalten des Gegenübers bewerten und einen Charakter daraus konstruieren wollen, ist vielleicht ein Stadt-Phänomen. Es ist aber auf alle Fälle etwas, das uns nicht weiterbringt. Nicht in der realen Welt und nicht hier im Forum.
In der Hinsicht sollten wir mehr Dorf sein, was wir sowohl als Metal- wie auch als Online-Community ja auch irgendwie sind. Die Szene und das Forum sind von den Hintergründen her völlig divers und heterogen. Gemeinsamer Nenner ist nur die Musik. Der Wille, sich trotzdem oder gerade deswegen miteinander zu arrangieren macht das hier möglich. Egal ob SozPäd oder Macho. Ohne diesen Willen geht es nicht.