Eine kurze Nachlese zum Konzert von Overhead in Oberhausen am vergangenen Samstag:
Das Konzert fand im kleinen Saal statt, was aufgrund der arg überschaubaren Anzahl an Zuschauern auch völlig ausreichend war. Somit konnte man die Band quasi auf dem Barhocker genießen - hat durchaus was, aber dennoch muss das schon recht deprimierend sein für eine Band, die aus Finnland angereist ist und deren Debut (zurecht!) mal als der neue heiße Scheiß der Szene gehandelt wurde. Scheinbar ist Neo-Prog auf dem absolut absteigenden Ast - zumindest gefühlt. An den Veröffentlichungen kann es eigentlich nicht liegen.
Das vorhandene Publikum war recht durchmischt: vom Opeth-Kuttenträger bis hin zu Senioren mit Baskenmütze (letztere klar in der Überzahl) war da so ziemlich alles vertreten. Ausgehen muss man davon, dass nicht wenige der jüngeren Besucher aufgrund der Vorband Sleeping Green aus Moers zugegen waren. Diese spielten recht soliden Post/Psychedlic-Rock-Metal rein instrumentaler Natur. Gefällig und gut, mein Problem damit war nur, dass sich über kurz oder lang alles irgendwie sehr ähnlich bis gleich angehört hat. Ärgerlicherweise fiel zudem fast schon permanent die 2. Gitarre aus, was mir dann letztlich schon leid tat. Ein paar Songs mit Gesang vielleicht und ein klein wenig mehr Varianten im Songwriting, dann wäre das für mich passender gewesen, denn appetitlich war das schon.
Overhead selbst fanden mit "Haydenspark" den perfekten Einstieg. Ich liebe den Song, vor allem die Energie zum Ende hin. Direkt danach mit dem Klassiker "Metaepitome" vom gleichnamigen Debut in die Vollen zu gehen und eine rund 20minütige Abfahrt zu bieten war dann schon eine Ansage. Überhaupt war das Debut (das noch sehr im 70's Prog verwurzelt ist) mit 3 Songs (zurecht) schon fast als Schwerpunkt des Konzertes anzusehen, wobei speziell der als Zugabe dargebotene Album-Closer "Dawn" (Gänsehaut!) endgültig unter Beweis stellte, wie gut dieses Album gealtert ist - von daher: kein Vorwurf. Auf das von mir heiß ersehnte "Sail acorss the Universe" musste ich leider ebenso verzichten wie auf meinen Liebling "Alive", letztlich spielte das aber keine all zu große Rolle: "War to end all Wars", "Telepathic Minds", "Planet of Disorder", "Ghost from the Future" - dazu das phantastische "Butterfly's Cry" (very 70's influenced - ein kleiner Hit außerdem) - erstaunlich, wie vielseitig und sicher sich die Finnen auf jedem Terrain ihres Schaffens zwischen 70's Prog, Neo-Prog und AOR-Anleihen bewegten. Mein absolutes Highlight: "...To the Madness"! Manche Songs hat man irgendwie nicht mehr auf dem Schirm.
Performance der Band gut bis sehr gut, auf der Bühne nicht statisch, speziell Gitarrist Jaakoo Kettunen brillierte an der Gitarre. Der Gesang von Alex Keskitalo war bisweilen ein wenig schief, auch wirkte er stimmlich ein wenig angeschlagen, was letztlich aber nicht stark ins Gewicht fiel. Nach 3 x Solberg und 2 x Damian Wilson ist man nun auch sehr anspruchsvoll auf diesem Terrain als Zuhörer.
Erstaunlich, wie effektiv eine Querflöte eingesetzt werden kann: klar, kennt man natürlich u.a. von Tull und von Psychotic Waltz, dennoch besteht die Kunst ja darin, das Instrument auch wirksam zu platzieren - und hierin sind Overhead wahre Meister.
Anzumerken sei, dass der Keyboarder der Band (dessen Namen mir leider entfallen ist...) erst 2 (!) Wochen in der Band ist - ein Umstand, den man zu keiner Zeit in irgendeiner Form bemerkt hätte. Überhaupt wirkte die Band super motiviert, trotz der kleinen Kulisse - ergo: für mich war es genau die Sorte Konzert, an die man sich gern erinnert.
Bedenkt man zudem den Wandel der Band - vom 70's-orientierten Prog/Psychdelic-Prog mit nicht wenigen "krautigen" Zutaten über fast schon alternativ zu nennende Sounds auf "Of Sun an Moon" und "Haydenspark" hin zum neoproggigen Sound auf "Telepathic Minds", dann ist es erstaunlich, wie homogen das Ganze auf der Bühne rüber kommt und wie vielseitig der Haufen aufspielt.
Den Preis für eine Allover-Batik-Shirt des aktuellen Albums indes mit € 60,00 (!) zu beziffern ist dann doch schon arg mutig, muss ich sagen, ansonsten waren die Merch-Preise für LP's, CD's und das "Haydenspark"-Shirt schon völlig im Rahmen und bewegten sich in gängigen Regionen. Überhaupt: von irgendwas muss eine Band ja leben - und da alle Bandmitglieder nach dem Konzert auch am Merch-Stand anzutreffen waren war es natürlich die Gelegenheit, sich Neuerwerbungen fix signieren zu lassen und einen kleinen Plausch zu halten.
Kurz: feiner Auftritt, der viel mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte (RPWL und Sylvan vor ein paar Wochen konnten sich da unlängst über entschieden mehr Zuschauer freuen, wobei ich den Sylvan-Auftritt doch recht enttäuschend fand), eine Band, die einen Köcher voll an tollen Songs hat (gestern noch mal durch die komplette Discographie gehört) - und die Erkenntnis, dass ich wohl im Mai noch mal nach Bonn fahren werde - denn dann gibt es noch ein Overhead-Konzert....