Ich begrüße die Kontroverse prinzipiell mal. Was mich an deiner Position nach wie vor etwas stört (bzw. sehe ich es anders) ist, dass du der Auffassung zu sein scheinst Künstler müssten für ihr Publikum produzieren bzw. sich diesem verständlich machen, und etwas ist dann gelungen, wenn es zugänglich ist.
Dazu fallen mir drei Dinge ein:
- die "Dinge" - sagen wir kreative Outputs - die für mich den höchsten Stellenwert haben scheinen alle für sich selbst zu stehen und ich empfinde ihre Veröffentlichung als Aufforderung, oder schwächer, als Angebot, mich auf die Gedanken- und Gefühlswelt ihrer Macher einzulassen. Dieser Teil der Leistung ist vom Publikum zu erbringen, sozusagen. Oder halt nicht. Das ist auch die einzige Art und Weise, in der ich mir von Musik etwas "vermitteln" lasse (weil wir in unserer PN-Konversation auch über Kritik geschrieben haben).
- es ist schwer, etwas
für Publikum zu machen (also eine allgemeine Verständlichkeit und Eindeutigkeit zu bewahren) ohne sich anzubiedern oder trivial zu werden.
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"und es ist zu beachten, dass gerade die Tatsache, das Kunst eine so intensive Form des Individualismus ist, das Publikum zu dem Versuch bringt, über sie eine Autorität auszuüben, die ebenso unmoralisch wie lächerlich und ebenso korrumpierend wie verächtlich ist. Es ist nicht ganz seine Schuld. Das Publikum ist immer, zu allen Zeiten, schlecht erzogen worden. Sie verlangen fortwährend, die Kunst solle populär sein, solle ihrer Geschmacklosigkeit gefallen, ihrer törichten Eitelkeit schmeicheln, ihnen sagen, was ihnen früher gesagt wurde, ihnen zeigen, was sie müde sein sollte zu sehen, sie amüsieren, wenn sie nach reichlichem Essen schwermütig geworden sind, und ihre Gedanken zerstreuen, wenn sie ihrer eigenen Dummheit überdrüssig sind. Die Kunst aber dürfte nie populär sein wollen. Das Publikum müsste versuchen, künstlerisch zu werden."
Dieses Oscar Wilde-Zitat schmückt die Innenseite von Koljah's "Publikumsbeschimpfung", womit der Antilopen-Zirkel dieser Diskussion geschlossen wäre und außerdem der Threadbezug ausreichend gewahrt bleibt. Ich bin nicht ganz Oscars Meinung, da es unzählige Beispiele gibt, wie sich Anspruch und Niederschwelligkeit/"Popularität" verbinden lassen (Die Antwoord zähle ich da zB rein, weil's eben lief). Das mit der Autorität kann man zumindest diskutieren (ich würde entgegenhalten, dass das, was die Leute aus etwas machen auch ihnen gehört ... ist ein kreativer, sinnstiftender Prozess, auch irgendwie eine produktive Leistung ... trotz Konsumenten-Mentalität). Trotzdem führt am "künstlerisch werden" oft kein Weg vorbei, wenn nicht alles banal sein soll. Es bleibt letztlich eine Frage des persönlichen Haltung; etwas, das imo allen Hörern, Lesern und Betrachtern offen steht.
edit: also was
@Hurensohn sagt