Der "Gothic"-Thread

Vanity ... Alternative Rock. Erinnert mich irgendwie an jüngere Sachen von Sólstafir. Klingt nett.
Trust ... Ja die Platte ist cool. Danach strich Mastermind Robert Alfons allerdings viele der da noch enthaltenen Dark-Wave-Elemente aus seinem ätherischen Synthie Pop mit Technoversatzstücken und wurde austauschbar. Schade drum, aber TRST mag ich. Ist irgendwas im wavigen Electronica.
Ritual Howls ... Oh ja die sind groß. Die Mischung aus Post-Punk, Proto-Punk und Cold Wave ist sehr gelungen. Turkish Leater gehört zu den spektakulären Alben des ganzen Post-Punk- und Dark-Wave-Underground-Revivals der letzten 5 oder 6 Jahre. Das ist eine so grandiose Platte, die sollte man eigentlich schon fast zum Pflichtkonsum im Genre machen.

The Trouble Beyond ... kannte ich nicht, erinnert mich an diese 90er-Synth-Rock-Geschichten die seinerzeit in jeder schwarzen Disse rauf und runter liefen. Ist heute irgendwie unspannend. Ähnlich die nächsten...
Elusive ... Noch so ne 90er-Synth-Rock, puh irgendwie war der Zug doch nach Psycho Magnet von London After Midnight weitestgehend abgefahren. Klar, Gruppen wie Pillars of Nein oder Behind the Scenes rutschten da zeitweise noch hinterher, aber wahnsinnig viel mit dauerhafter Haltbarkeit gebracht hat da seit Mitte der 90er kaum noch jemand. Wobei ich Elusive besser als The Trouble Beyond finde.
Calling Dead Red Roses ... Klassiker, kurzlebiges Projekt aus dem Girls Under Glass und Cancer Barack entstanden. Was ja beides auch in diese 90er-gruftige-Synth-Rock-Kiste passte.
The Tors of Dartmoor ... Ein Dark-Wave-Klassiker. Interessant finde ich dass die aus einer Abspaltung von den von mir sehr verehrten Dark-Wavern Printed at Bismarck’s Death entstanden. Die ja mit der oben gelinkten Nummer einen 90er-Hit hatten, aber vorher schon in so einem Dunstkreis aus Neoklassik, Neofolk und Krimskram wilderten wie Charisma vom Debüt z.B. zeigt. Wobei ich bei dem 90er-Hit immer an Dorsetshire und deren Die Strasse der Verdammnis denken muss. hat sich irgendwie bei mir in Kombination in den Kopf gebrannt. Das kommt gut zusammen. Dann noch Hate is a 4letter Word, On the Other Side, In your Room, Lovesong, Alles Lüge, Sacrifice, San Diego, The Sparrows and the Nightingales, Souls, Dark Star, Ad Mortem Festinamus, Bite of God, die Zeit, Gottes Tod, I hate Berlin,Worlock, loaded, Stigmata, Wish oder besser noch Gave up, The War Against Sleep, Capital Punishment, Moosehair Underwair, See You in Hell, Techno Man (eigentlich in einer langen Liveversion, die nur auf B-Seiten, irgendeinem Sampler und irgendwelchen Bootlegs aber anscheinend nicht auf You Tube zu haben ist), Der neue Gott, Nekrophil, Headhunter, Our Darkness ... wenn auch ein paar 80er-Songs dabei sind ... 90er-Flashback.

The Wake ... ja bekannte Sisters-of-Mercy-Kopie aus den 90ern. Gingen aber nicht in dieses Rockistending über.
 
Die Frage, die abruptum da stellt, ist doch, was das viktorianische Picknick mit Gothic und oder der schwarzen Szene zu tun hat.

Mit dem ersten nichts. Beim zweiten muss man allerdings einräumen, dass es einen kleinen aber ganz offensichtlich medienwirksamen Teil der Szene repräsentiert.

Egal, weitermachen ...
 
Sowas wie "die Szene an sich" gibt es nicht. Nicht im Metal, nicht im Hip Hop, nicht im Techno und nicht in der schwarzen Szene ...
Hat jemand was nettes musikalisches in letzter Zeit ausgegraben?

Drahla find ich ganz nett im Post-Punk-Fahrwasser mit Frau am Mikro ...
 
  • Like
Reaktionen: avi
Sowas wie "die Szene an sich" gibt es nicht. Nicht im Metal, nicht im Hip Hop, nicht im Techno und nicht in der schwarzen Szene ...
Hat jemand was nettes musikalisches in letzter Zeit ausgegraben?

Drahla find ich ganz nett im Post-Punk-Fahrwasser mit Frau am Mikro ...

Oh Drahla klingen ganz gut!

Aber wieso sollte es das nicht geben?
 
Aber wieso sollte es das nicht geben?
Eine Szene ist keine geschlossene soziale Einheit. Sie ist immer ein offenes und loses soziales Netzwerk unterschiedlicher zum Teil einander konträr gegenüberstehender Peers. Die Definition einer Szene ist zumeist nur über einen gemeinsamen kleinsten Nenner (oft, aber nicht immer eine bestimmte Musikrichtung in all ihren Facetten) möglich. Es gibt jenseits dieses einen Themas keine Zugangsbedingungen oder -beschränkung. Die engeren Zugehörigkeitsregeln werden erst in den kleineren Gruppierungen verhandelt und haben keine übertragbare Gültigkeit. Dennoch besteht ein übergreifendes z.T. kodiertes Kommunikationssystem zur Bestimmung der Gemeinschaft. Die Tiefe des Vordringes in den Szenkern ist dabei mitunter von der Kenntnis dieses Szenevokabulars abhängig.
 
Und wenn dieser kleinste gemeinsame Nenner lediglich die Farbe der Kleidung ist, hat sich das Thema IMO eh erledigt.
 
Und wenn dieser kleinste gemeinsame Nenner lediglich die Farbe der Kleidung ist, hat sich das Thema IMO eh erledigt.
Es ist in der Szene nicht ein mal die Klamottenfarbe, es ist das habitualisierte Schwarzsein selbst.

Vom Neofolker über den Grufti und Horrorpunk bis zum Steampunk-LARPer und Cyber kann sich jeder Problemlos als Teil der Szene begreifen. Andockpunkte gibt es ja genug und groß genug ist das Konglomerat aus Stilen und Peers mittlerweile ebenfalls. Da die Vergemeinschaftung in dieser Szene in heterotopischen Gesellungsräumen stattfindet ist es durchaus interessant zu beobachten wie weit sich in dieser Szene das Thema als Basis verselbstständigt hat. Mit der Loslösung vom Dark Wave als vergemeinschaftendes Thema im Verlauf der 1990er hat sich das was da noch die Gothic-Szene war zu einem auf sich selbst referenzierenden Netzwerk entwickelt. Heute kann man eigentlich nur noch sagen: Schwarz ist wer sich im schwarzen Gesellungsraum als Schwarz definiert, auf das schwarze Szenevokabular zurückgreift und damit zumindest von einem Teil der Szene als Teil der Szene angenommen wird. Das kann im weiß-wallendem-Feenkleid, mit Knicklichtern oder im Steampunk-Gehrock sein. Die Offenheit einer Szene finden -gerade in der Schwarzen Szene gut abzulesen- viele Szenegänger ätzend und plädieren für eine engere Definition, die ja zum Teil z.B. mit Anti-Cyber-Partys und ähnlichem auch durchgesetzt wurde/wird, aber so eben nicht die Szene als ganzes verändern sondern nur einen Ein- und Ausschluss in Teilbereichen ausmacht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Jau, aber mein Eindruck ist doch der, dass sich die so genannte schwarze Szene heute überwiegend über Außerlichkeiten definiert. Früher diente "schwarz" in meiner Wahrnehmung eher einem gemeinsamen Common Sense, sich abseits enger musikalischer Genrezuschreibungen mit abseitigen Themen - Okkultismus, Erotik, Zeitgeschichte - zu beschäftigen. Dieser Punkt ist quasi weggefallen: Während die literarischen Vorbilder vieler Künstler früher Les Chants de Maldoror oder Les Fleurs du Mal warem, vertonen ASP oder Corvus Corax heute Otfried Preußler oder Kai Meyer. Gruppen, die sich nicht mit einer Zurschaustellung oberflächlicher Uniformfetischklischees Marke Nachtmahr zufrieden geben, sondern sich mit zeitgeschichtlichen ambivalenten Themen beschäftigen, werden tendenziell eher angefeindet. Als gemeinsamer Nenner rückte hingegen zunehmend das Äußere und vermeintliche "Anderssein" der Szeneanhänger in den Vordergrund, womit wir ja wieder beim Post von @abruptum angelangt werden.
 
Gerade das witzigerweise, was Fraoch beschreibt, macht für mich als außenstenden Metaller die Szene so interessant. Diese wahnsinnige Vielfalt und Un-Uniformität. Wenn man sich damit auch nur nen Mü beschäftigt, lernt man so wahnsinnig viel neues kennen. Und ehrlich? Im Heavy Metal ist das doch, wenn man weiter als "die 80er" denkt, kein Meter anders wenn auch nicht so irre flächendeckend. Dass die einzelnen Szenen unter sich bleiben wollen, ist über all so, nicht nur im Goth oder Metal-Bereich. Dass aber der Mensch trotzdem Schubladen und Vergleiche ranzieht und dann Parallelen feststellt - nun es ist halt einfach so.
 
Nachtmahr, ASP und Corvus Corax und ihr Publikum sind aber auch nicht die Szene, sie machen nur einen Teil aus. Andere Interpreten und Szenegänger sind weiterhin Teil der Szene.

Gruppen, die sich nicht mit einer Zurschaustellung oberflächlicher Uniformfetischklischees Marke Nachtmahr zufrieden geben, sondern sich mit zeitgeschichtlichen ambivalenten Themen beschäftigen, werden tendenziell eher angefeindet.

Sehe ich nicht so. Mal vom aufkochen irgendwelcher Uralt-Neofolk-, -NDH- und -Martial-Industrial-Diskussion und den eher schlichten Vereinnahmungsversuchen durch Sellner und Semlitsch vor ein paar Jahren ab ist das in der Szene einfach nicht mehr Thema weil es gesellschaftlich nicht mehr in der Form Tabuthema ist. Throbbing Gristle, Laibach, Der Blutharsch, Death in June ... die kreative Aufbereitung der NS-Zeit war Anfang der 00er Jahre nach der Rammstein-Stripped-Diskussion mMn weitestgehend abgefrühstückt.

Neofolk und Martial Industrial sind hinzukommend mit der zunehmenden stilistischen und inhaltlichen Einschränkung in die kreative Bedeutungslosigkeit abgerutscht, ja auch weil Zeitgleich die Szene als solche explodierte, aber auch weil beide damals stagnierten, während die Szene tief in den C&A-Mainstream eindrang und der Mainstream tief in die Szene eindrang. Der Erfolg von Rammstein, Manson, NIN, Type O, HIM, Nightwish etc. hat schwere Schneisen durch die Szene getrieben und einige Facetten die für Kontroverses standen an die Ränder verdrängt.

Produkte wie ASP und Unheilig stehen synonym für den massenkompatiblen Teil der Szene während man Death-Industrial-Projekte wie Haiku Funeral und Black Depths Grey Waves, Dark-Wave-Interpreten wie Tearful Moon oder This Cold Night, Electro-Vertreter wie Linea Aspera und Grausame Töchter, Gothic-Rock-Bands wie Ascetic oder Merciful Nuns zumeist weniger beachtete aber ebenso existente Teile der Szene repräsentieren und da bleiben Themen wie Okkultismus und Sexualität weiter wichtige lyrische Bezugspunkte die auch noch auf Baudelaire, Lovecraft, de Sade, Crowley u.ä. verweisen. Das ein großer öffentlichkeitswirksamer und massentauglicherer Teil sich dagegen eher seicht präsentiert ist unbestritten, aber es ist eben nicht die Szene.
 
Nachtmahr, ASP und Corvus Corax und ihr Publikum sind aber auch nicht die Szene, sie machen nur einen Teil aus. Andere Interpreten und Szenegänger sind weiterhin Teil der Szene.



Sehe ich nicht so. Mal vom aufkochen irgendwelcher Uralt-Neofolk-, -NDH- und -Martial-Industrial-Diskussion und den eher schlichten Vereinnahmungsversuchen durch Sellner und Semlitsch vor ein paar Jahren ab ist das in der Szene einfach nicht mehr Thema weil es gesellschaftlich nicht mehr in der Form Tabuthema ist. Throbbing Gristle, Laibach, Der Blutharsch, Death in June ... die kreative Aufbereitung der NS-Zeit war Anfang der 00er Jahre nach der Rammstein-Stripped-Diskussion mMn weitestgehend abgefrühstückt.

Neofolk und Martial Industrial sind hinzukommend mit der zunehmenden stilistischen und inhaltlichen Einschränkung in die kreative Bedeutungslosigkeit abgerutscht, ja auch weil Zeitgleich die Szene als solche explodierte, aber auch weil beide damals stagnierten, während die Szene tief in den C&A-Mainstream eindrang und der Mainstream tief in die Szene eindrang. Der Erfolg von Rammstein, Manson, NIN, Type O, HIM, Nightwish etc. hat schwere Schneisen durch die Szene getrieben und einige Facetten die für Kontroverses standen an die Ränder verdrängt.

Produkte wie ASP und Unheilig stehen synonym für den massenkompatiblen Teil der Szene während man Death-Industrial-Projekte wie Haiku Funeral und Black Depths Grey Waves, Dark-Wave-Interpreten wie Tearful Moon oder This Cold Night, Electro-Vertreter wie Linea Aspera und Grausame Töchter, Gothic-Rock-Bands wie Ascetic oder Merciful Nuns zumeist weniger beachtete aber ebenso existente Teile der Szene repräsentieren und da bleiben Themen wie Okkultismus und Sexualität weiter wichtige lyrische Bezugspunkte die auch noch auf Baudelaire, Lovecraft, de Sade, Crowley u.ä. verweisen. Das ein großer öffentlichkeitswirksamer und massentauglicherer Teil sich dagegen eher seicht präsentiert ist unbestritten, aber es ist eben nicht die Szene.
Ich mag deine detailierten und differenzierten Posts hier sehr gerne, wobei ich Tom Pariahs und Abruptums Aussagen durchaus trotzdem auch zustimmen kann.
Mein Eindruck von der heutigen schwarzen Szene ist auch der, dass sie (bzw. ein Großteil davon) sich vor allem über Äußerlichkeiten definiert.
Beim Metal gibt es natürlich auch fast sowas wie einen "Dresscode", bzw. gewisse äußerliche Merkmale, die die meisten Leute erfüllen, aber hier scheint mir das im Verhältnis längst nicht so wichtig zu sein, wie in der sogenannten schwarzen Szene.
 
Mein Eindruck von der heutigen schwarzen Szene ist auch der, dass sie (bzw. ein Großteil davon) sich vor allem über Äußerlichkeiten definiert.
Das ist der Punkt. Wenn jemand sagt der Szenemainstream, OK darüber kann man diskutieren, aber "die Szene an sich", da läuft es mir echt kalt den Rücken runter. In den Metal übertragen könnte man Aufnahmen von besoffen-grölenden Langhaarigen vom W:O:A zeigen und dass dann als "die Metal-Szene an sich" bezeichnen.

Ich würde in die Tischkante beißen wollen.
 
Nachtmahr, ASP und Corvus Corax und ihr Publikum sind aber auch nicht die Szene, sie machen nur einen Teil aus. Andere Interpreten und Szenegänger sind weiterhin Teil der Szene.

Sehe ich nicht so. Mal vom aufkochen irgendwelcher Uralt-Neofolk-, -NDH- und -Martial-Industrial-Diskussion und den eher schlichten Vereinnahmungsversuchen durch Sellner und Semlitsch vor ein paar Jahren ab ist das in der Szene einfach nicht mehr Thema weil es gesellschaftlich nicht mehr in der Form Tabuthema ist. Throbbing Gristle, Laibach, Der Blutharsch, Death in June ... die kreative Aufbereitung der NS-Zeit war Anfang der 00er Jahre nach der Rammstein-Stripped-Diskussion mMn weitestgehend abgefrühstückt.

Neofolk und Martial Industrial sind hinzukommend mit der zunehmenden stilistischen und inhaltlichen Einschränkung in die kreative Bedeutungslosigkeit abgerutscht, ja auch weil Zeitgleich die Szene als solche explodierte, aber auch weil beide damals stagnierten, während die Szene tief in den C&A-Mainstream eindrang und der Mainstream tief in die Szene eindrang. Der Erfolg von Rammstein, Manson, NIN, Type O, HIM, Nightwish etc. hat schwere Schneisen durch die Szene getrieben und einige Facetten die für Kontroverses standen an die Ränder verdrängt.

Produkte wie ASP und Unheilig stehen synonym für den massenkompatiblen Teil der Szene während man Death-Industrial-Projekte wie Haiku Funeral und Black Depths Grey Waves, Dark-Wave-Interpreten wie Tearful Moon oder This Cold Night, Electro-Vertreter wie Linea Aspera und Grausame Töchter, Gothic-Rock-Bands wie Ascetic oder Merciful Nuns zumeist weniger beachtete aber ebenso existente Teile der Szene repräsentieren und da bleiben Themen wie Okkultismus und Sexualität weiter wichtige lyrische Bezugspunkte die auch noch auf Baudelaire, Lovecraft, de Sade, Crowley u.ä. verweisen. Das ein großer öffentlichkeitswirksamer und massentauglicherer Teil sich dagegen eher seicht präsentiert ist unbestritten, aber es ist eben nicht die Szene.

Ich sehe nicht, dass wir uns widersprechen: Klar gibt es weiterhin Randphänomene und Nischen für Gruppen wie die von Dir genannten (wobei ich die grausamen Töchter nicht dazu zählen würde). Und bei der Beschäftigung mit zeitgeschichtlichen ambivalenten Themen hatte ich neben den Post Industrial- und ApoFolk-Recken eher an Rozz Williams oder Joy Division gedacht, und nicht an der tatsächlich erfolgten Vereinnahmung von Rechtsaußen. ;-) Bei Sellner und Semlitsch würde ich schon zwischen Vereinnahmung (Sellner) und einem unbestreitbaren, subkulturellen Background (Semlitsch) unterscheiden wollen (ich gebe zu, ich kenne den alten Martin noch von früher).
 
Das ist der Punkt. Wenn jemand sagt der Szenemainstream, OK darüber kann man diskutieren, aber "die Szene an sich", da läuft es mir echt kalt den Rücken runter. In den Metal übertragen könnte man Aufnahmen von besoffen-grölenden Langhaarigen vom W:O:A zeigen und dass dann als "die Metal-Szene an sich" bezeichnen.

Ich würde in die Tischkante beißen wollen.

Aber das ist genau das, was das Außenbild ausmacht: Jedes Jahr zu Wacken gibt es die Bilder der Freizeit-Metaller im Affenkostüm und jedes Jahr zum WGT eben die von @abruptum verlinkten Artikel. Auf diese Außenansicht hat man aber keinen Einfluss.
 
  • Like
Reaktionen: avi
Eine Szene ist keine geschlossene soziale Einheit. Sie ist immer ein offenes und loses soziales Netzwerk unterschiedlicher zum Teil einander konträr gegenüberstehender Peers. Die Definition einer Szene ist zumeist nur über einen gemeinsamen kleinsten Nenner (oft, aber nicht immer eine bestimmte Musikrichtung in all ihren Facetten) möglich. Es gibt jenseits dieses einen Themas keine Zugangsbedingungen oder -beschränkung. Die engeren Zugehörigkeitsregeln werden erst in den kleineren Gruppierungen verhandelt und haben keine übertragbare Gültigkeit. Dennoch besteht ein übergreifendes z.T. kodiertes Kommunikationssystem zur Bestimmung der Gemeinschaft. Die Tiefe des Vordringes in den Szenkern ist dabei mitunter von der Kenntnis dieses Szenevokabulars abhängig.
Es ist in der Szene nicht ein mal die Klamottenfarbe, es ist das habitualisierte Schwarzsein selbst.

Vom Neofolker über den Grufti und Horrorpunk bis zum Steampunk-LARPer und Cyber kann sich jeder Problemlos als Teil der Szene begreifen. Andockpunkte gibt es ja genug und groß genug ist das Konglomerat aus Stilen und Peers mittlerweile ebenfalls. Da die Vergemeinschaftung in dieser Szene in heterotopischen Gesellungsräumen stattfindet ist es durchaus interessant zu beobachten wie weit sich in dieser Szene das Thema als Basis verselbstständigt hat. Mit der Loslösung vom Dark Wave als vergemeinschaftendes Thema im Verlauf der 1990er hat sich das was da noch die Gothic-Szene war zu einem auf sich selbst referenzierenden Netzwerk entwickelt. Heute kann man eigentlich nur noch sagen: Schwarz ist wer sich im schwarzen Gesellungsraum als Schwarz definiert, auf das schwarze Szenevokabular zurückgreift und damit zumindest von einem Teil der Szene als Teil der Szene angenommen wird. Das kann im weiß-wallendem-Feenkleid, mit Knicklichtern oder im Steampunk-Gehrock sein. Die Offenheit einer Szene finden -gerade in der Schwarzen Szene gut abzulesen- viele Szenegänger ätzend und plädieren für eine engere Definition, die ja zum Teil z.B. mit Anti-Cyber-Partys und ähnlichem auch durchgesetzt wurde/wird, aber so eben nicht die Szene als ganzes verändern sondern nur einen Ein- und Ausschluss in Teilbereichen ausmacht.

Dem würde ich bezüglich des "Szene an sich"-Punktes soweit zustimmen, dass sie sich nicht so weit definieren lässt. Allerdings hätte ich den Post jetzt auch anders verstanden. Es ging @abruptum so wie ich es verstanden habe, aber gar nicht darum, die Szene damit abschließend zu definieren, sondern er wollte einen bestimmten Teil (Unter dem sich vermutlich gerade alle von dir angesprochenen Personen, welche sich zu besagter Schwarzer Szene dazuzählen und in ihr bewegen, etwas vorstellen können) als "an sich" größtenteils hohle und oberflächliche Gruppierung von Verkleideten diskreditieren. Also nicht die musikalische Seite der Szene, sondern die Personen und das "Szeneleben" (Veranstaltungen, Konzerte, Diskotheken, etc. ) "an sich". Egal wen man da jetzt genau dazu zählt.

Mir ist da ziemlich klar, worauf er anspielt. Ich kenne auch die ganzen komischen Menschen in den Dunkel-Diskos, welche sich -mehr schlecht, als recht- komische Linien ums Auge pinseln und Saltatio Mortis Shirts tragen und immer von einem Kerl mit Schnallen an der Hose und Eisbrecher Shirt begleitet werden. Oder die mit Lackmundschutz und neonfarbenen Puscheln irgendwo... Bei denen habe ich auch meist immer eher den Eindruck gehabt, dass die auf den Opel-Treffen keiner mehr haben wollte und deshalb sind sie jetzt in die Dunkel-Diskos eingefallen und haben ihren komischen Techno direkt mitgebracht (irgendwo hab ich vor kurzem von Saltatio Mortis, als Dudelsack-Onkelz gelesen, das passt also auch wunderbar zu der Theorie! :D)...

Aber, und da wäre der entscheidende Punkt: Was jucken jetzt irgendwen die (teilweise echt wunderschön) verkleideten Menschen in den öffentlichen Leipziger Gärtenanlagen? Ich läster ja selber ab und an gerne ein bisschen, über besagtes Klientel in den Diskotheken, einfach weil die der Grund dafür sind, das meist nur der immer gleiche RASPmmsteinogonoizebichristo Mortisbrecher-Brei läuft und man für Joy Division komisch angeguckt wird und bei Siouxie and the Banshees verständnislose Blicke kriegt. Jetzt aber direkt offen über Leute herziehen, die man so gar nicht kennt? Vor allen Dingen, wenn die erstmal nichts anderes machen, als sich relativ stilvoll früh morgens die Kante zu geben. Wie gut, dass die Metalszene, da viel niveauvoller ist...


:D

Jau, aber mein Eindruck ist doch der, dass sich die so genannte schwarze Szene heute überwiegend über Außerlichkeiten definiert. Früher diente "schwarz" in meiner Wahrnehmung eher einem gemeinsamen Common Sense, sich abseits enger musikalischer Genrezuschreibungen mit abseitigen Themen - Okkultismus, Erotik, Zeitgeschichte - zu beschäftigen. Dieser Punkt ist quasi weggefallen: Während die literarischen Vorbilder vieler Künstler früher Les Chants de Maldoror oder Les Fleurs du Mal warem, vertonen ASP oder Corvus Corax heute Otfried Preußler oder Kai Meyer. Gruppen, die sich nicht mit einer Zurschaustellung oberflächlicher Uniformfetischklischees Marke Nachtmahr zufrieden geben, sondern sich mit zeitgeschichtlichen ambivalenten Themen beschäftigen, werden tendenziell eher angefeindet. Als gemeinsamer Nenner rückte hingegen zunehmend das Äußere und vermeintliche "Anderssein" der Szeneanhänger in den Vordergrund, womit wir ja wieder beim Post von @abruptum angelangt werden.

Es gibt in dem Bereich genauso einen Untergrund wie es in ihm Metal gibt. Der ist lediglich nicht so stark und präsent vertreten, wie es vielleicht im Metal der Fall ist. Gerade bei mir in der Ecke, habe ich momentan so viele Postpunk/Wave/Gothic Veranstaltungen gefunden, die fern ab von dem üblichen Utz-Utz und ASP Klientel stattfinden. (Falls übrigens irgendwer Bock hat auf ein kleines, aber feines Event hat: Am 16.06 ist Bruits de la Cave im Chez Heinz in Hannover. Ein kleines Festival, das von Bekannten von mir Veranstaltet wird. Mit u.a. Wisborg, Katzkab und Adam Usi...werde aber auch nochmal nen Faden dafür erstellen! :D)

Die "schwarze Szene" (Zu der ich in so einem großen Gesamtkontext sogar die Metalszene, irgendwie mit dazu zählen würde) ist halt einfach nicht nur die ganze ASP und Rammstein Fraktion, genauso wenig wie die Sabaton und Powerwolf Fans, die Metal-Szene definieren. So habe ich aber auch gedacht, bevor ich für mich wieder tiefer eingetaucht bin und erfreulicher Weise eben auch anderes gefunden habe...
 
Zurück
Oben Unten