Wir Proggis tun höchstens elitär, von Musik und Genres haben wir eh keinen Plan
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Ich würde es sogar noch anders formulieren: Der Vorwurf des Eiltarismusses (ich hoffe, das ist auch wirklich der Genetiv dieses Wortes) kommt ja eigentlich immer von anderen. Den sprechenden Bierbüchsen (noch so´n möglicher Bandname) im Metal, die alles dissen, was über Rülpslaute hinausgeht. "Rotweintrinker" ist ein beliebte Verballhornung für Prog-Hörer. Dabei ist es in Wirklichkeit genau so, wie Du sagst: Von Musik habt Ihr eh keine Ahnung.
Ich hoffe, die Ironie trieft so laut aus den Boxen, daß ich da nicht noch ne Erklärung nachschieben muß. Was ich - günstiger Zeitpunkt gerade - immer schonmal loswerden wollte: Ich habe einen irrsinnigen Respekt vor allen, die zwar in der Tat keine eigentliche Musikausbildung genossen haben, die aber nicht zufrieden waren mit den ewig gleichen vier Akkorden im immer gleichen 4/4-Takt, sondern die sich etwas gesucht haben, wo sie etwas mehr gefordert werden, wo sie etwas mehr entdecken können und wo sich einfach etwas mehr tut: Prog.
DAS ist echt geil, finde ich, wenn jemand so eine Entwicklung durchmacht. Und nicht allergisch oder neidisch auf instrumentale Achterbahnfahrten, auf ungerade Taktarten und komplexe Songstrukturen reagiert. Das ist nebenbei auch der Beweis, daß das gängige Abtun von Prog als "Musik für Musiker" Blödsinn ist.
Jede und jeder kann das hören, wenn sie oder er bereit ist, ihren oder seinen Horizont ein kleines Bißchen zu erweitern. Also er ihren oder sie seinen oder er seinen oder sie ihren. Gendern ist anstrengend. Prog auch. Manchmal. Aber die schönsten Dinge im Leben gibt es eben nie ganz ohne jede Anstrengung. Man muß auch bereit sein, was zu investieren. Zeit, Geduld, Aufmerksamkeit. Naja, und Geld natürlich. Und man muß willens sein eine gewisse Entwicklung als Hörer durchzumachen.
Jedenfalls sehe ich das so. Ich ziehe meinen Hut vor jeder und jedem, die oder der (oder das) diesen Weg zurückgelegt hat.