So, hab die jetzt am Sonntag auch mal live gesehen. Was soll ich sagen?
1. Ich war vorher kein Riesenfan von AE, lehne das aber auch nicht pauschal ab. Denke auch schon, dass viele bei Gossow oder White- Gluz Dinge aufgesetzt oder inszeniert fanden/finden, die sie bei männlichen Kollegen anstandslos durchgingen liessen. (Ist so meine Erfahrung bei Gesprächen.) Ich fand die Gossow growltechnisch durchaus ordentlich, White-Gluz auch okay, zumindest von dem, was ich von den Alben her kannte.
2. Was die Performance anbelangt, so hat White-Gluz tatsächlich leider ein wenig diesen Nightwish/My little Pony-Faktor, und die Ansprachen ans Publikum - naja, lassen wir das. Geht in Richtung girly Rockstar. Da war die Gossow (zumindest gemessen an dem, was ich von Liveaufnahmen her kannte) doch etwas erwachsener.
3. Was mich tatsächlich bei AE nervt, ist weniger der Gesang, als vielmehr das Ding mit den cheesy Gitarrenlinien, die live dann immer schlagermässig mitgegrölt werden müssen. (Am Sonntag war das grauenhaft.) Würde man z.B. bei "My Apocalypse" das Gegniedel weglassen oder bei "Nemesis" den Chorus, dann wären das hochanständige Knaller. So ergeben sich bei mir aber immer diese ständigen Gefühlswechsel zwischen "Hey, gar nicht schlecht, geht ab" und "ach nee, nicht schon wieder Mitschunkelpart". Gibt nur noch eine Band, bei der mir das noch genauso geht, das ist Machine Head, aber das gehört jetzt nicht hierher.
4. Im Viererpaket mit Vader, Sodom und Kreator war AE ein absoluter Fremdkörper. Hier in der Schweiz ist AE der Metalröstigraben: Die haben wahnsinnig viele Fans in der Westschweiz und bei den Franzosen, die beim Anblick von AE fast den Verstand verlieren und sobald die ihr Set beendet haben, sind die alle aus den vorderen Reihen verschwunden, vermutlich sind die vor Kreator dann schon beim Auto und bei Vader war noch keiner von denen zu sehen. Bei AE gab es auch keinen Pit, natürlich viele Mädels in der Frontrow (was sowohl verständlich als auch vollkommen in Ordnung ist) und sehr viele Handyknipser. Also: Irgendwie merkte man schon, dass da sich zwei Kulturen gegenüberstehen.
5. Ich fand die AE-Performance insegsamt okay, White-Gluz hatte wohl krankheitsbedingt Stimmprobleme, schlug sich aber tapfer. Chancen kriegen die von mir weiterhin (schon allein, weil meine achtjährige Tochter die den ganzen Tag laufen hat) und Ressentiments habe ich keine. Die Anarchoattitüde kaufe ich ihnen nach wie vor nicht ab, die haben vermutlich genauso viel revolutionäre Überzeugung in den Adern wie Karl Sanders ägyptisches Blut. Ist halt Branding, aber das ist es bei Amon Amarth oder Nile auch.