[Top of the Progs - 100 Meisterwerke] - Prog-on's Liste

So, und hiermit wäre das erste Viertel der Liste vollbracht. Krass unterschiedliche Alben diesmal, wie mir gerade erst so richtig bewusst wird...

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76. Ihsahn - Arktis. (NOR, 2016)
Black Metal nicht zu mögen, fällt mir zugegebenermaßen nicht allzu schwer, wofür es hauptsächlich freilich musikalische Gründe gibt, aber eben nicht nur. Wenn "nebenan" der "Black Metal und die negativen Randerscheinungen"-Thread wieder einmal nach oben gespült wird, und man dort dann ein wenig quer liest, ist man doch recht froh darüber, dass es einem als Progger einigermaßen wumpe sein kann, welches Label hinter Band X steht, und dass Musiker Y, dessen, sagen wir, Gitarrenspiel man so abgöttisch liebt, seinen rechten Arm mangels entsprechender Gesinnung zu 100 Prozent im Griff hat. Worauf in diesem Hause jedoch (trotz der auch in diesem Falle vorhandenen, hinreichend bekannten Unappetitlichkeiten) große Stücke gehalten wird, ist das Schaffenswerk des Kaisers aus der Telemark; lauscht man ehrfürchtig den "Anthems to the Welkin at Dusk" und macht man sich bewusst, dass der junge Ihsahn dieses großartige Stück Musik im zarten Alter von 20 Lenzen komponierte, so kann man nur zu dem Schluss kommen, dass der Mann schon immer der Visionär gewesen ist, der gemeinhin (und zurecht) in ihm gesehen wird, seit er auf Solopfaden wandelt. Dabei ist "Arktis." ein im Universum des Vegard Sverre Tveitan noch verhältnismäßig konventionelles Werk, vor allem im Vergleich mit dem polarisierenden Vorgänger "Das Seelenbrechen", der an wenigen Tagen genial, an den meisten jedoch schlicht zu viel des Guten ist. Die Songs sind stets als solche erkennbar, haben teils echte Ohrwurmqualitäten ("Mass Darkness"), lehnen sich gelegentlich recht deutlich an Opeth an ("Disassembled"), rocken bisweilen erstaunlich frei von der Leber weg ("Until I Too Dissolve") und lassen den alten Kaiser trotz Ihsahns gewohnt garstigem Gekeife nur noch selten durchscheinen, am ehesten wohl in "Pressure" (genialer Spannungsaufbau inklusive nicht minder genialer Entladung). Als Anspieltipp für alle mit Lust auf arktische Abenteuer soll hier jedoch der alles überragende Albumcloser "Celestial Violence" () genannt werden, der durch Ihsahns Schwager Einar Solberg (Leprous) auf gewohnt großartige Weise gesanglich veredelt wird. Doch, wirklich tolle Familie, man sieht bzw. hört sie förmlich vor dem geistigen Auge bzw. Ohr unterm Christbaum gemeinsam Weihnachtslieder singen bzw. keifen...

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75. Camel - Mirage (UK, 1974)
Für diese Liste war von Anfang an das zweitgeborene Kamel vorgesehen, welches (zumindest für die Ohren des Verfassers dieser Zeilen) wohl das edelste Tier im Stall von "Guildford's Finest" ist, nicht zuletzt auch wegen des ikonischen Artworks, das Auge proggt schließlich mit. Womöglich ist die optische Komponente am Ende gar einer der Gründe dafür, dass mich das übrige Frühwerk der Band (alles nach "Breathless" ist zugegebenermaßen Wüste) nie vollends vom Höcker gehauen hat, wobei insbesondere "Moonmadness" (Dank geht raus an @RageXX fürs Listen und das daraus resultierende Wiederentdecken des Albums meinerseits!) und die stimmlose Schneegans (wird demnächst sicher nochmal fliegen dürfen) schon ziemlich dufte Werke sind. Apropos stimmlos: Camel im Allgemeinen und "Mirage" im Speziellen legt man nicht auf, wenn einem der Sinn nach hochklassiger Stimmbandakrobatik steht (Sollte Andy Latimer beim 667. Durchlauf der Scheibe spontan entscheiden, das Singen komplett einzustellen, würde man es merken?), und auch die tägliche Portion "Pomp & Circumstance" holt man sich besser bei den Kollegen von Genesis oder Yes ab, der gemeine Paarhufer ist halt bodenständig. Aber er kann Atmosphäre, verträumte Melodien im Überfluss und beeindruckende instrumentale Abfahrten (sogar mit punktueller Querflötenbeteiligung), denen bei aller zweifelsfrei vorhandenen technischen Finesse nie eine gewisse, in höchstem Maße sympathische Nahbarkeit abgeht. Daher gehe man dann auch sogleich auf Tuchfühlung mit dem freundlichen Wüstenbewohner und nähere sich ihm etwa mittels des ganz wunderbaren Instrumentals "Earthrise" (https://m.youtube.com/watch?v=UZhR7_gdwaw).

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74. While Heaven Wept - Vast Oceans Lachrymose (USA, 2009)
Weinen die Himmel, so lachet mein Herz, und dies gilt ausdrücklich nicht erst seit dem nun im Folgenden zu lobenden Album, auch wenn es rückblickend natürlich eben genau dieses war, welches die Band auf der richtigen Seite der Progschranke positionierte. Die Vorgängerwerke, wenngleich stilistisch deutlich anders gelagert (irgendwo las ich mal was von "Romantic Doom", joa, passt schon), haben ebenfalls ihren Reiz, besonders "Sorrow of the Angels" mit seiner epischen 17-minütigen Eröffnung "Thus with a Kiss I Die" (die berühmten letzten Worte des Romeo M. aus V.), ganz großes Gefühlskino, fraglos, doch Obacht, Käpt'n, wir verlieren an Höhe! Da trifft es sich gut (Kurve kriegen und so...), dass "Vast Oceans Lachrymose" ebenfalls durch ein Schwergewicht in Sachen Laufzeit ("The Furthest Shore", knapp 16 Minuten lang) eröffnet wird, das den Hörer ausführlich in den runderneuerten Bandsound einführt, und letzterer hat mit Doom kaum noch etwas zu tun; es wimmelt nur so von mächtigen Riffs, sensationellen Leads, erhabenen Gesangsmelodien, atmosphärischen Zwischenspielen, überraschenden Breaks und Rhythmuswechseln, kurz: es proggt! Doomen tut's am ehesten noch zu Beginn von "To Wander the Void", doch dann mutiert der Song urplötzlich zu einer hinreißenden Fates-Warning-mit-John-Arch-Hommage, was einem umgehend Tränen der Rührung in die Augen treibt (https://m.youtube.com/watch?v=QnVr0ZsiwAA). Und nachdem man sich während des etwas unscheinbareren "Living Sepulchre" schnell frische Taschentücher organisiert hat, heult man bei der Überhymne "Vessel" einfach weiter, einem jener Songs, für die der Herr im weinenden Himmel die Repeat-Taste erschaffen hat. Wobei letztere Aussage im Grunde auf das gesamte Album ausgeweitet werden kann - long may it rain!
 
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76. Ich mochte "After" gerne, die beiden Nachfolger waren mir dann aber zu anstrengend, so dass ich "Arktis" nur mal oberflächlich gehört habe, muss ich wohl mal ändern.
75. Hatte bisher immer mit dem Gesang ein Problem, wird aber noch mal gecheckt.
74. Ganz tolles Album, das ich aber für mich auf der anderen Seite einsortiert habe, wird aber in Kürze mal wieder gehört. Wird Zeit.
 
Bei While Heaven Wept bin ich ganz klar Team "Romantic Doom"! :D
Fave natürlich "Of Empires Forlorn", damals dank dem grandiosen Auftritt beim Doom Shall Rise kennen- und lieben gelernt. :verehr::verehr::verehr:
Mit "Vast Oceans Lachrymose" hatten sie mich dann leider schon wieder verloren...
 
Tja, wieder mal eine sehr spannende Auswahl, zumindest war mir hier schon mal nichts unbekannt.
Ihsahn: da hatte ich mal reingehört, aber es klickte nicht. 2. Chance? Wieso nicht, aber kommt erstmal auf den digitalen Stapel.
Camel? Nein danke, ich bin Nichtraucher.
While Heaven Wept: absolut großartig, ganz klar. Eigenartigerweise sind die bei mir noch nicht mal ansatzweise in die Auswahl für meine Liste gekommen, aber wenn ich mir meine anderen Grenzgänger so anschaue, frage ich mich wieso?
 
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76: Unbekannt. Wird gestestet!
75: Bestimmt gute Musik. Denke aber nicht, dass sich die Band langfristig in mein Herz spielen wird.
74: Grandioses Album. Wäre in vielen Top Listen von mir drin. Aber für mich ist das (Epic) Doom. Wenn ich es gelistet hätte, wäre es viiiiel weiter vorne! ;)
 
So, und hiermit wäre das erste Viertel der Liste vollbracht. Krass unterschiedliche Alben diesmal, wie mir gerade erst so richtig bewusst wird...

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76. Ihsahn - Arktis. (NOR, 2016)
Black Metal nicht zu mögen, fällt mir zugegebenermaßen nicht allzu schwer, wofür es hauptsächlich freilich musikalische Gründe gibt, aber eben nicht nur. Wenn "nebenan" der "Black Metal und die negativen Randerscheinungen"-Thread wieder einmal nach oben gespült wird, und man dort dann ein wenig quer liest, ist man doch recht froh darüber, dass es einem als Progger einigermaßen wumpe sein kann, welches Label hinter Band X steht, und dass Musiker Y, dessen, sagen wir, Gitarrenspiel man so abgöttisch liebt, seinen rechten Arm mangels entsprechender Gesinnung zu 100 Prozent im Griff hat. Worauf in diesem Hause jedoch (trotz der auch in diesem Falle vorhandenen, hinreichend bekannten Unappetitlichkeiten) große Stücke gehalten wird, ist das Schaffenswerk des Kaisers aus der Telemark; lauscht man ehrfürchtig den "Anthems to the Welkin at Dusk" und macht man sich bewusst, dass der junge Ihsahn dieses großartige Stück Musik im zarten Alter von 20 Lenzen komponierte, so kann man nur zu dem Schluss kommen, dass der Mann schon immer der Visionär gewesen ist, der gemeinhin (und zurecht) in ihm gesehen wird, seit er auf Solopfaden wandelt. Dabei ist "Arktis." ein im Universum des Vegard Sverre Tveitan noch verhältnismäßig konventionelles Werk, vor allem im Vergleich mit dem polarisierenden Vorgänger "Das Seelenbrechen", der an wenigen Tagen genial, an den meisten jedoch schlicht zu viel des Guten ist. Die Songs sind stets als solche erkennbar, haben teils echte Ohrwurmqualitäten ("Mass Darkness"), lehnen sich gelegentlich recht deutlich an Opeth an ("Disassembled"), rocken bisweilen erstaunlich frei von der Leber weg ("Until I Too Dissolve") und lassen den alten Kaiser trotz Ihsahns gewohnt garstigem Gekeife nur noch selten durchscheinen, am ehesten wohl in "Pressure" (genialer Spannungsaufbau inklusive nicht minder genialer Entladung). Als Anspieltipp für alle mit Lust auf arktische Abenteuer soll hier jedoch der alles überragende Albumcloser "Celestial Violence" () genannt werden, der durch Ihsahns Schwager Einar Solberg (Leprous) auf gewohnt großartige Weise gesanglich veredelt wird. Doch, wirklich tolle Familie, man sieht bzw. hört sie förmlich vor dem geistigen Auge bzw. Ohr unterm Christbaum gemeinsam Weihnachtslieder singen bzw. keifen...

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75. Camel - Mirage (UK, 1974)
Für diese Liste war von Anfang an das zweitgeborene Kamel vorgesehen, welches (zumindest für die Ohren des Verfassers dieser Zeilen) wohl das edelste Tier im Stall von "Guildford's Finest" ist, nicht zuletzt auch wegen des ikonischen Artworks, das Auge proggt schließlich mit. Womöglich ist die optische Komponente am Ende gar einer der Gründe dafür, dass mich das übrige Frühwerk der Band (alles nach "Breathless" ist zugegebenermaßen Wüste) nie vollends vom Höcker gehauen hat, wobei insbesondere "Moonmadness" (Dank geht raus an @RageXX fürs Listen und das daraus resultierende Wiederentdecken des Albums meinerseits!) und die stimmlose Schneegans (wird demnächst sicher nochmal fliegen dürfen) schon ziemlich dufte Werke sind. Apropos stimmlos: Camel im Allgemeinen und "Mirage" im Speziellen legt man nicht auf, wenn einem der Sinn nach hochklassiger Stimmbandakrobatik steht (Sollte Andy Latimer beim 667. Durchlauf der Scheibe spontan entscheiden, das Singen komplett einzustellen, würde man es merken?), und auch die tägliche Portion "Pomp & Circumstance" holt man sich besser bei den Kollegen von Genesis oder Yes ab, der gemeine Paarhufer ist halt bodenständig. Aber er kann Atmosphäre, verträumte Melodien im Überfluss und beeindruckende instrumentale Abfahrten (sogar mit punktueller Querflötenbeteiligung), denen bei aller zweifelsfrei vorhandenen technischen Finesse nie eine gewisse, in höchstem Maße sympathische Nahbarkeit abgeht. Daher gehe man dann auch sogleich auf Tuchfühlung mit dem freundlichen Wüstenbewohner und nähere sich ihm etwa mittels des ganz wunderbaren Instrumentals "Earthrise" (https://m.youtube.com/watch?v=UZhR7_gdwaw).

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74. While Heaven Wept - Vast Oceans Lachrymose (USA, 2009)
Weinen die Himmel, so lachet mein Herz, und dies gilt ausdrücklich nicht erst seit dem nun im Folgenden zu lobenden Album, auch wenn es rückblickend natürlich eben genau dieses war, welches die Band auf der richtigen Seite der Progschranke positionierte. Die Vorgängerwerke, wenngleich stilistisch deutlich anders gelagert (irgendwo las ich mal was von "Romantic Doom", joa, passt schon), haben ebenfalls ihren Reiz, besonders "Sorrow of the Angels" mit seiner epischen 17-minütigen Eröffnung "Thus with a Kiss I Die" (die berühmten letzten Worte des Romeo M. aus V.), ganz großes Gefühlskino, fraglos, doch Obacht, Käpt'n, wir verlieren an Höhe! Da trifft es sich gut (Kurve kriegen und so...), dass "Vast Oceans Lachrymose" ebenfalls durch ein Schwergewicht in Sachen Laufzeit ("The Furthest Shore", knapp 16 Minuten lang) eröffnet wird, das den Hörer ausführlich in den runderneuerten Bandsound einführt, und letzterer hat mit Doom kaum noch etwas zu tun; es wimmelt nur so von mächtigen Riffs, sensationellen Leads, erhabenen Gesangsmelodien, atmosphärischen Zwischenspielen, überraschenden Breaks und Rhythmuswechseln, kurz: es proggt! Doomen tut's am ehesten noch zu Beginn von "To Wander the Void", doch dann mutiert der Song urplötzlich zu einer hinreißenden Fates-Warning-mit-John-Arch-Hommage, was einem umgehend Tränen der Rührung in die Augen treibt (https://m.youtube.com/watch?v=QnVr0ZsiwAA). Und nachdem man sich während des etwas unscheinbareren "Living Sepulchre" schnell frische Taschentücher organisiert hat, heult man bei der Überhymne "Vessel" einfach weiter, einem jener Songs, für die der Herr im weinenden Himmel die Repeat-Taste erschaffen hat. Wobei letztere Aussage im Grunde auf das gesamte Album ausgeweitet werden kann - long may it rain!
Wieder mal wundervoll geschrieben, da macht das Lesen auch dann Spaß, wenn man musikalisch mal nicht auf einen Nenner kommt!
Mit IHSAHN und mir ist das so eine Sache - ich liebe EMPEROR, IHSAHN solo konnte mich aber auf Albumlänge bisher nicht überzeugen, obwohl ich einzelne Stücke sogar oft grandios finde. Vielleicht hab ich irgendwann noch mal die Muße, mich mit seinem Werk zu beschäftigen...
CAMEL: hab's ja schon mal erwähnt, "nur" mein drittliebstes Album der Band, aber trotzdem ein Klassiker!
WHW war nie so ganz mein Ding, obwohl einzelne Parts mich immer aufhorchen lassen. Hätte es, wie einige hier, auch nicht direkt in die Prog-Schublade gepackt, auch wenn es da sicher ähnlich gut reinpasst, wie "The Spectre Within" oder vielleicht sogar "Awaken The Guardian".
 
76: immer wieder mal versucht, immer wieder gescheitert - obwohl ich seine Interviews immer gerne lese

75: ein fast perfekter Klassiker einer meiner All Time Fave Bands - ich finde tatsächlich die erwähnten "Moonmadness" und "Snow Goose" etwas besser

74: tolle Band, die mich aber nie so 100%ig gepackt hat - allerdings war dieser Griff bei der hier gelisteten Scheibe am intensivsten, denn da sind wirklich ein paar wirklich tolle Stücke drauf
 
Akuter Anfall von Listenwahn im Urlaub, aber was willste denn auch sonst machen, wenn Frau und Kinder völlig unverhofft schon so früh am Abend an der Matratze horchen?

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73. Katatonia - The Great Cold Distance (S, 2006)
Es gibt zwei Alben in dieser Liste, deren Klänge die Umgebungstemperatur signifikant zu senken vermögen. Dies ist eines dieser beiden, das andere taucht deutlich weiter vorn auf. Der hier zu Grunde liegende Abkühlungsprozess startet unmittelbar mit den ersten unheilsschwangeren Akkorden des Openers "Leaders" (), schreitet mit zunehmender Spieldauer stetig voran und erreicht den absoluten Nullpunkt entweder in dem vor Unbehagen nur so triefenden "In the White" (welch mächtiger Chorus!) oder dem nicht minder beklemmenden, äußerst treffend betitelten "The Itch" (krass-krankes Riffing!), hier streiten sich die Gelehrten. Einigkeit besteht zumindest darin, dass erst mit dem Albumcloser "Journey Through Pressure" halbwegs versöhnliche Töne angeschlagen werden, sodass man immerhin seine Zehen wieder spürt, jedenfalls ein bisschen. Man ahnt es womöglich: Dies ist keine Musik für alle Lebenslagen, eher solche für besondere Stunden, in denen man eine derartig abgründig-abweisende Atmosphäre gut wegstecken kann. Vom Drücken der Repeat-Taste allerdings wird man wohl eher großen kalten Abstand nehmen; wenn die letzten Klänge dieses Albums verstummt sind, sehnt man sich vor allem nach einem: Wärme.

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72. Symphony X - Twilight in Olympus (USA, 1998)
Alben, über welche ich eine Band und ihr Schaffen kennen und letztlich lieben lerne, haben bei mir meist einen Stein im Brett, und der zwielichtige Göttersitz bildet hier keine Ausnahme ("Fear of the Dark" etwa wäre eine solche). Der speedige, melodische und in gesundem Maße pompöse Progressive Metal von Michael Romeo und Konsorten erfreut Herz und Seele auch heute noch genauso wie vor rund 25 Jahren, als sich ganz langsam und vorsichtig der musikalische Horizont hin zur zwielichtigen Seite des Mondes zu verschieben begann. Auf dem Berg der Götter hingegen verschiebt sich im Vergleich zum überragenden Vorgänger (über den perspektivisch ebenfalls noch zu reden sein wird) vergleichsweise wenig, auch wenn die Songs tendenziell etwas sperriger daherkommen und somit nicht ganz so leicht zu knacken sind (umso beachtlicher, dass die 16-jährige Version meiner Selbst damals drangeblieben ist!). Gerade das dreiteilige, an Dream Theater erinnernde Alice-im-Wunderland-Epos "Through the Looking Glass" braucht Zeit, bis sich seine ganz Pracht entfaltet, gleiches gilt für die drei weiteren Songs mit leichtem Hang zur Überlänge, "Church of the Machine", "Orion - The Hunter", und das balladeske "Lady of the Snow". Auch die Refrains der kompakteren Tracks wie "In the Dragon's Den" und "The Relic" kicken nicht gleich beim ersten Durchlauf im Gegensatz zu im Grunde jedem Chorus auf dem bereits gelisteten "The Damnation Game", die Langzeitwirkung jedoch ist durchaus beachtlich, hält sie doch bis heute an. Als Einstieg ins Werk sei der knackige Opener "Smoke and Mirrors" empfohlen (https://m.youtube.com/watch?v=i4p_PO8_OnY), der alle Stärken der Band in sich vereint und darüber hinaus, surprise, surprise, auch noch ausgesprochen gut ins Ohr geht.

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71. Control Denied - The Fragile Art of Existence (USA, 1999)
Expect the unexpected? Nun, das eher nicht, denn im Grunde versorgt einen dieses Album mit exakt dem, was auf dem Papier zu erwarten ist. Im meinem Parallelleben als Fußballfan bedeutet letzteres in den meisten Fällen ein Debakel, hier ist es vollumfänglich zu begrüßen: beharrliche Todesklänge minus Chucks (RIP) Signature-Gekeife, dafür plus Tim Aymars (RIP) Göttervocals, die das ganze Spektrum von Beinahe-Chuck bis Warrel Dane (RIP) abdecken - das lässt man sich ausgesprochen gern gefallen! Im Vergleich zum Quasi-Vorgänger weisen die Songs in der Gesamtbetrachtung etwas weniger Kanten auf, wirken tendenziell gezähmter, vielleicht gar runder, doch natürlich ist das alles relativ zu betrachten, hinreichend komplex und verschachtelt ist das Material allemal (was allein Steve Di Giorgio am Bass abzieht...), sodass das Einsortieren des Albums auf der richtigen Seite der Prog-Demarkationslinie nie ernsthaft zur Disposition gestanden hat (anders als etwa die artverwandten Nevermore, doch dazu später vielleicht mehr...). Anspieltipp? Expect the unexpected! Es ist nicht der überlebensgroße Hit der Scheibe, sondern das von einer dieser wahnsinnigen Basslinien getragene "What If...?" (https://m.youtube.com/watch?v=QhapbRRLeZQ).
 
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73. Ja, tolles Album, tolle Band, aber habe ich - warum auch immer - auch nicht unter Prog einsortiert.
72. diese SymX habe ich immer etwas stiefmütterlich behandelt, neulich aber wieder gehört und für besser als in meiner Erinnerung befunden. Bekommt noch einen Durchlauf in Kürze.
71. lieber Death, sagte ich bereits woanders.
 
Beste Katatonia ever, kurz nach Release fast täglich gesuchtet :verehr:
Muss die mal wieder auflegen, viel zu lange her...
Weiß nur nicht, inwiefern die Scheibe Prog zuzuordnen ist, aber wenn wir rein die Atmosphäre betrachten, ist das schon sehr einzigartig, was hier erschaffen wurde.
 
Beste Katatonia ever, kurz nach Release fast täglich gesuchtet :verehr:
Muss die mal wieder auflegen, viel zu lange her...
Weiß nur nicht, inwiefern die Scheibe Prog zuzuordnen ist, aber wenn wir rein die Atmosphäre betrachten, ist das schon sehr einzigartig, was hier erschaffen wurde.
Zur Frage "Prog oder nicht Prog?" noch folgende Gedanken (ich bin vorbereitet... :)): TGCD ist für mich das Album, mit dem Katatonia die Progschranke nach oben wandern ließen, vorsichtig durchfuhren und im Grenzland auf der richtigen Seite sesshaft wurden. Die Songstrukturen sind verschachtelter, die insbesondere für "Last Fair Deal Gone Down" und "Viva Emptiness" so prägenden Refrains und Harmonien, an denen man sofort andocken kann, rücken in den Hintergrund bzw. werden zu einem Element unter vielen, müssen sich erarbeitet werden. Man nehme dazu noch eine höchst wirkungsvolle Laut-Leise-Dynamik, und fertig ist das eiskalte Prog-Gebräu. Aber es ist und bleibt ein Grenzfall, klar.
 
Zur Frage "Prog oder nicht Prog?" noch folgende Gedanken (ich bin vorbereitet... :)): TGCD ist für mich das Album, mit dem Katatonia die Progschranke nach oben wandern ließen, vorsichtig durchfuhren und im Grenzland auf der richtigen Seite sesshaft wurden. Die Songstrukturen sind verschachtelter, die insbesondere für "Last Fair Deal Gone Down" und "Viva Emptiness" so prägenden Refrains und Harmonien, an denen man sofort andocken kann, rücken in den Hintergrund bzw. werden zu einem Element unter vielen, müssen sich erarbeitet werden. Man nehme dazu noch eine höchst wirkungsvolle Laut-Leise-Dynamik, und fertig ist das eiskalte Prog-Gebräu. Aber es ist und bleibt ein Grenzfall, klar.

Für mich wiederum ist Katatonia mitnichten ein Grenzfall, ich wüsste gar nicht, wo ich die Werke ab der The Great Cold Distance denn sonst stilistisch einordnen sollte? Dementsprechend könnte da auch bei mir noch was auftauchen.

Zu den beiden anderen Alben: mit Symphony X und mir wird das in diesem Leben nichts mehr. Die Control Denied ist gut, aber wenn ich Chuck hören will, greife ich zu Death und wenn ich Tim Aymar hören will, zu Pharaoh.
 
Für mich wiederum ist Katatonia mitnichten ein Grenzfall, ich wüsste gar nicht, wo ich die Werke ab der The Great Cold Distance denn sonst stilistisch einordnen sollte?
Es gibt da ja noch dieses Prädikat "Dark Metal", das gelegentlich im Zusammenhang mit Katatonia ins Feld geführt wird, wobei mir bis heute nicht klar ist, was genau das eigentlich sein soll bzw. was es eigentlich braucht, damit aus Metal "Dark Metal" wird. Sollte mir da jemand helfen können, immer her damit! :)
 
Platz 76
Irgendwie habe ich den Herren (für mich) nie mit "Prog" in Verbindung gebracht, aus Neugier habe ich ausgerechnet mal in die Cover-Version von A-Ha's "Manhatten Skyline" reingehört, die aber nicht mal den Biss des Originals vermitteln konnte. Hm.

Platz 75
Auch "Mirage" ist ein schönes Album, bei mir nicht ganz in Richtung der Top 100 gekommen. Manchmal denke ich mir, ich höre in Summe zu wenig vom Kamel und "Mirage" war schon länger nicht dran, dafür die "Harbour of Tears", die im Grunde genommen schon ein kleines, verkanntes Spätwerk ist. Irgendwie fixt mich diese Band von den "Oldies" hier mit am meisten an momentan.

Platz 74
Eine weitere Band, die ich mir immer mal anhören wollte, denn von den Beschreibungen her passt die in mein Beuteschema.

Platz 73
Katatonia....ja. Ich versuche immer, die Band ein wenig mehr zu mögen, aber auf Albumdistanz klingt es einfach oft wie ein Song (ich habe das irgendwo schon mal in dem Zusammenhang erwähnt). "The great cold Distance" hatte ich erst unlängst wieder auf dem Teller und ich weiß, dass ich es seinerzeit nach der Veröffentlichung sehr gern gemocht habe, ist schlicht eine Band, für die ich in entsprechender Stimmung sein muss.

Platz 72
Gemeinhin wurde "Twilight..." von der (Fach-)Presse als eher schwaches Sy-X-Album angesehen und ich muss zugeben, es ist (neben dem Erstling) auch das, was ich am seltensten höre. Ich denke, die hier angesprochene Vertracktheit hat auch dazu beigetragen, dass ich eher zu den zugänglicheren Werken der Band greife. Irgendwie macht mich das Geschriebene nun wieder neugierig und ich glaube fast, ich werde die Platte in Kürze mal wieder laufen lassen und mit den Ohren eines Ersthörers wahrnehmen...

Platz 71
Ein Album, dass ich mir gerade in letzter Zeit wieder des Öfteren angehört habe. Im Wesentlichen ist Deinen Ausführungen da nichts hinzuzufügen und natürlich passt "The Fragile Art...." wunderbar in eine Prog-Top 100.
 
Langsam, aber unaufhaltsam kommen die oberen beiden Drittel näher...

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70. Communic - Waves of Visual Decay (NOR, 2006)
Der Communic-Zweitling erschien seinerzeit quasi zeitgleich zum Anpfiff der Fußball-WM in Deutschland, und die Frage aller Fragen war, welche Verbindung Fabien Barthez (für alle Fußballverächter: damaliger Nationaltorwart Frankreichs) wohl zur norwegischen Dreierkette um Oddleif Stenstad haben mochte, hatte er doch offensichtlich für das (zugegeben doch recht unterwältigende) Artwork Modell gestanden. Eben jener WM ist es dann auch in die (Fußball-)Schuhe zu schieben, dass die Scheibe in den ersten Wochen nach Release nur wenige Runden bei zudem relativ niedrigem Aufmerksamkeitsgrad drehte und bereits vorsichtig unter "eher enttäuschend" einsortiert worden war. Dann kamen der 4. Juli, Fabio Grosso und die schicksalshafte 119. Minute in Dortmund, und ich lernte, was wirkliche Enttäuschung ist (dass der FC wenige Wochen zuvor wieder einmal abgestiegen war - reine Routine). Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Bei intensiverer Auseinandersetzung mit dem Werk zeigte sich rasch, dass "Waves of Visual Decay" nicht bloß ein durch und durch würdiger Nachfolger des bockstarken Debüts, sondern tatsächlich das bessere, weil reifere (und weniger Nevermore-lastige) Album ist; die Strukturen der gewohnt überlangen Songs sind (noch) weniger vorhersehbar (bereits beim Opener "Under a Luminous Sky" etwa sucht man einen Refrain vergeblich), doch wild zusammengeschustert wirkt hier nichts, im Gegenteil, die einzelnen Songteile fließen jeweils wie selbstverständlich ineinander, und ehe man sich versieht, sind erneut neun Minuten vergangen, und man klappt die Kinnlade wieder hoch in freudiger Erwartung des nächsten Sahnestücks. Wer's ausprobieren will, teste das Albumhighlight "Frozen Asleep in the (Signal Iduna) Park" an ().

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69. Redemption - Snowfall on Judgment Day (USA, 2009)
Das Wetter spielt verrückt, Schnee am Jüngsten Tag, wann hat es sowas schonmal gegeben?! Nun, zumindest nicht in jüngerer Vergangenheit, doch was es hier jüngst schonmal gab, ist die Listung eines Redemption-Albums ("The Art of Loss"), und zwar ganz zu Beginn, sprich ganz hinten. Tja, und nun gilt es also glaubhaft darzulegen, weshalb sich "Snowfall on Judgment Day" gut 30 Plätze weiter vorn einsortieren darf. Ganz ehrlich: Das wird schwierig, denn gefühlt liegen die beiden Alben qualitativ (auch stilistisch) verdammt nah beieinander, doch ebenso gefühlt ist das hier vorzustellende Werk um eine schlussendlich
entscheidende Nuance stärker. Gründe für letzteres könnten der kraftvolle, erstaunlich straighte Opener "Peel", das rhythmisch vertrackte Riffmonster "Leviathan Rising" (https://m.youtube.com/watch?v=TrgKJ7c2PZw&pp=ygUbcmVkZW1wdGlvbiBsZXZpYXRoYW4gcmlzaW5n) oder, und das ist am wahrscheinlichsten, das zum Sterben schöne Abschlussdoppel "Love Kills Us All/Life in One Day" sein, welches womöglich das beste seiner Art seit "Wait for Sleep/Learning to Live" ist.
Die weiteren Aussichten: Einmal Redemption wird's in diesem Ohrenkino noch geben, und bis zum Jüngsten Tag wird man wohl auch nicht warten müssen; Schnee hingegen würde ich für den Moment, wenn's so weit ist, nicht gänzlich ausschließen wollen...

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68. Anathema - Judgement (UK, 1999)
"As ye sow, so shall ye weep" - so lautet der dem Backcover zu entnehmemde programmatische Untertitel dieses Albums, also wehren wir uns nicht und weinen mit. Wobei man sich spätestens bei den Klängen von "Anyone, Anywhere" eher aktiv gegen das Weinen wehren muss, ist dies doch womöglich der traurigste Song aller Zeiten. Generell vermag "Judgement" auf einer emotionalen Ebene zu berühren, die kaum ein anderes Album auch nur annähernd erreicht (am ehesten noch Warnings "Watching from a Distance"), und das liegt auch und insbesondere an den Texten, in denen die Cavanagh-Brüder private Schicksalsschläge (Alkoholsucht und tragischer Tod der Mutter) zu verarbeiten versuchen - man lausche etwa der ergreifenden "Hey You/Wish-You-Were-Here"-Hommage "Forgotten Hopes" (https://m.youtube.com/watch?v=G7pRB574FpU) oder dem Tränentreiber "One Last Goodbye" und achte auf die Lyrics. Ohnehin ist das große Vorbild Pink Floyd über die gesamte Spielzeit omnipräsent, sodass das Einsortieren des Werks in die Prog-Schublade letztlich mit reinem Gewissen erfolgt. "Judgement" ist Heulen auf ganz hohem Niveau!
 
Zuletzt bearbeitet:
70. Jo, die ist gut, vielleicht auch sehr gut, aber bei mir weit weg von Top100.
69. Ganz toll, für mich die zweitbeste. Ray geht eh immer.
68. Ganz tolles Album nach einem noch großartigerem Vorgänger (in meiner All-Time-Top10!), das ich aber nicht in die Prog-Schublade gepackt habe, sonst wäre das aber wohl auch in meinen Top100.
 
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