RageXX
Till Deaf Do Us Part
079. The Vicious Head Society - Extinct Level Event (Irland, 2021)
Ein Album, das mich seinerzeit kurz vor Weihnachten '21 massivst erwischt und seither nicht wieder losgelassen hat. Ist es eine Band oder ein Projekt, schwer zu sagen, de Facto scheint es jedenfalls so zu sein, dass der irische Gitarrist Graham Kean hier die Zügel fest in der Hand hält. Musikalisch erwartet den Hörer eine Reise durch verträumt-klassische Landschaften (der grandiose, instrumentale Opener "Extinct Level Event"), untermalt mit zahlreichen Zutaten, die durchaus aus dem Prog-Metal-Baukasten mit der Aufschrift "Dream Theater" stammen dürften. Die Ausarbeitung der einzelnen Songs indes ist noch eine ganze Ecke liebevoller und detaillierter ausgefallen und wirkt bei Weitem nicht so berechnend, wie die letzten beiden, gutklassigen DT-Werke. Zwischen den beiden Longtracks (neben dem bereits erwähnten Opener das schlichtweg atemberaubende "Judgement") streut man eher kürzere Tracks zum Luftholen ein, was dem Flow des Albums spürbar gut tut. Es wird gerifft, soliert, es wird (selten!) gegrowlt und das ganze Album strahlt den Glanz der 90er-Prog-Werke aus, wobei speziell die Keyboards nicht mit übermäßiger Präsenz nerven, sondern gezielt in einer Schnittmenge zwischen 70er und 80er Prog eingesetzt werden, was dem Gesamtwerk eine eigene Note verleiht: alle Zutaten sind so perfekt gemischt, dass daraus trotz der geläufigen Zutaten ein homogenes Gesamtkonstrukt gestrickt wurde, das nicht selten auch mit leicht alternativen Einsprengseln kokettiert, die aber überaus gekonnt eingeflochten werden. Ich hoffe inständig auf einen baldigen Nachfolger und ärgere mich, dass ich mich mit dem Vorgängeralbum noch immer nicht beschäftigt habe.
Als Appetizer sei "Judgement" empfohlen, das auch ein klein wenig Scar-Symmetry-Flair versprüht:
078. Twilight Kingdom - ADZE (US, 2000)
Ein weiteres "Baby" des leider unlängst verstorbenen Keith Menser. "ADZE " (unlängst auch unter den "Forgotten Jewels" im DF gelistet) tönt schräg, symphonisch, bisweilen metallisch, für manch Einen möglicherweise anstrengend, trotzdem ist ein Vergleich mit Watchtower eher unangebracht, fußt doch das Grundgerüst des Ganzen massiv auf dem Einsatz der Keyboards, die mal verzerrt und schräg, mal neoklassisch, mal verspielt-untermalend auflaufen. Die restliche Instrumentalfraktion stellt sich da keinesfalls hinten an, Tempiwechsel en Masse - wenn man so mag der Gegenentwurf zu Bands wie beispielsweise Rhapsody (of Fire). Klingen viele Progmetal-Alben so, als habe eine METAL-Band Prog-Einflüsse verarbeitet, so wirkt es beim Königreich des Zwielichts umgekehrt: da werden offenkundig 70er -mäßig Progrockanleihen mit verträumten Zutaten à la Warlord vermengt, um am Ende durch temporäre Metal-Fleischwölfe gedreht zu werden, dazu diese perfekt untergebauten Melodieläufe - nicht nur im Bereich der Refrains. "ADZE" ist fordernd und belohnt am Ende mit einer immensen Vielseitigkeit, denn den zahlreichen Spielereien stehen auch eher zugängliche und fast schon klassisch anmutende Metal-Tracks in epischer Form zur Seite: so würde sich das hervorragende "Awakening" mit seinen über 9 Minuten auch prima auf einem Symphony-X-Album machen.
Anspieltipps: "ADZE" https://www.youtube.com/watch?v=8VG75gClHNc
"Awakening": https://www.youtube.com/watch?v=cRdC_yDRm5w (Version vom Demo 1995)
077. Superior - Ultima Ratio (D, 2002)
Ohne Umwege vom experimentiellen Sound des Vorgängers hin zu wohl der "Operation-Mindcrime"-Kopie schlechthin - und ja, wir hatten das ja schon mit "besser gut kopiert als schlecht was Eigenes gemacht" - exakt das ist "Ultima Ratio" und ich versteige mich zu der möglicherweise äußerst gewagten These, dass man dieses Album schlicht lieben muss, wenn man mit QR's Referenzwerk auch nur im Ansatz etwas verbindet. "UR" wirkt rauher, streckenweise metallischer, ist absolut auf den Punkt komponiert, die Songs in sich ein Fluss und mit ausreichender Eigenständigkeit versehen, was nicht nur am Gesang von Michael Tangermann, sondern auch diesem Superior-typischen Keyboard-Sound liegt, der sich als Alleinstellungsmerkmal durch alle Alben der Band zieht. Was soll ich sagen? Es ist einfach schade, dass es diese Band nicht mehr gibt. Der Link: https://www.youtube.com/watch?v=I8mI9XWZRHE