[Top of the Progs - 100 Meisterwerke] - Ragexx' Liste

Das geniale Dreigestirn Foxtrot, Nursery Cryme und Selling England ist in meiner Art Rock-Welt übrigens auch visuell das produktivste - wie musikalische Geniestreiche mit optischen Knallern auf der Bühne verschmolzen wurden, ist für Anfang der 70er schon ganz, ganz groß.
Um's nur mal auf Foxtrot einzugrenzen:
Peter Gabriel als Blume, im roten Kleid mit Fuchsmaske und hier als Watcher Of The Skies:
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....da können sich die norwegischen Mummenschanz-Pandabären der 90er gepflegt gehackt legen, was die Visualisierung der zugrunde liegenden storyline angeht .....ist eh nicht vergleichbar, was musikalische Qualität angeht, aber wem erzähl' ich das *g*
 
22 - eine meiner großen Lücken. Keine Ahnung warum. Habe es nie wirklich probiert und ob ich es jetzt noch mal tue, weiß ich nicht.
21 - Überschneidung, klar. Hatte ich vielleicht doch etwas weit unten.
20 - auch eine meiner Lücken, aber hier habe ich es immer mal wieder probiert und so richtig "klick" hat es eben nie gemacht.
 
3/3 - alle drei MEGA, wobei:

20 & 21 = Meisterwerke!!

@Vauxdvihl : ich finde, IQ klingen oft wie Gabriel-Genesis mit E-Gitarre, und IQ magst du doch. Ergo: dranbleiben!!!
 
Marillion mit Fish
Dann viel Spaß beim Entdecken und Abfeiern!
Ich war diesbezüglich selbst Spatzünder.
In den 80ern vom Radiohit Kayleigh eher genervt, legte mir in den späten 90ern eine Arbeitskollegin das großartige 2. Soloalbum "Internal Exile" von Fish ans Herz. Es dauerte aber noch weitere Jahre, bis ich die Fish-Marillion nach und nach für mich entdeckte. Die Alben kannst du wirklich alle ungehört kaufen.
Noch häufiger laufen hier nur diverse Livedokumente wie die "Live From Loreley 1987" DVD. ❤️
 
Dann viel Spaß beim Entdecken und Abfeiern!
Ich war diesbezüglich selbst Spatzünder.
In den 80ern vom Radiohit Kayleigh eher genervt, legte mir in den späten 90ern eine Arbeitskollegin das großartige 2. Soloalbum "Internal Exile" von Fish ans Herz. Es dauerte aber noch weitere Jahre, bis ich die Fish-Marillion nach und nach für mich entdeckte. Die Alben kannst du wirklich alle ungehört kaufen.
Noch häufiger laufen hier nur diverse Livedokumente wie die "Live From Loreley 1987" DVD. ❤️
Klingt großartig und das Projekt gehe ich bald mal an!

Das peinliche ist, dass die Alben hier schon mindestens 10 Jahre original verpackt im Regal stehen :D
Aber so geht es vielen Klassikern in miner Sammlung. Das Problem der späten Geburt und des ständigen Veröffentlichungs-Overkill.

Wäre eigentlich mal eine Thread-Idee:
Wie groß ist euer Pile Of Shame :D

Bei mir sind das sicher 500 Alben ohne es genau zu wissen....
Kaufen geht dann doch wesentlich schneller als hören
 
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19. Kansas - Leftoverture (USA, 1976)
Ich kenne Leute (nicht persönlich bisher, aber durchaus in diesem Forum...), die sortieren dieses Meisterwerk (!) auf der 100 (!!) ihrer Top 100 ein. Nun gut, wir alle machen Fehler, haben einen schlechten Tag oder schlicht eine kurzzeitige Verirrung, aber auf die 100 (!!!!) gehört "Leftoverture" niemals. Für mich vergleiche ich das Album gern mit "Images & Words" von Dream Theater: "Carry on, wayward Son" als Symbiose aus verfrickelten Elementen und Eingängigkeit, "What's on my Mind" als straighten Rocker, "Opus Insert/Cheyenne Anthem" als "Wait for Sleep/Learning to live" (hinkt ein wenig, passt aber trotzdem), "The Wall" das "Another Day", "Miracles out of Nowhere" ist der Glasmond und das Magnum Opus vielleicht Metropolis. Kurzum: das beste Kansas-Album ist ein unwiderstehlich geniales Werk, das es auf unnachahmliche Weise schafft, Eingängigkeit mit frickeligen Spielereien zu verbinden. Über die gesamte Spielzeit des Albums entsteht keine Sekunde Langeweile und jeder Song ist für sich ein musikalisches Kleinod feinster Bauart. Muss ich dazu eigentlich noch mehr schreiben? Brauchen wir da jetzt allen Ernstes einen Anspieltipp? I don't think so, wer das Ding nicht im Regal hat, der sollte das schleunigst ändern.

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18. King Crimson - In the Court of the Crimson King (GB, 1969)
Ich habe durch die Top 100 hier und auch sonst so gelernt, dass der "Prog-Urknall" schon bei den Beatles oder Procul Harum verortet wird. Mein frühester Eintrag ist auf das Jahr 1969 datiert - und ich denke - so viel Einigkeit dürfte herrschen - das King Crimson Debut ist ein Klassiker und dürfte viele weitere Prog-Bands der frühen bis mittleren 70er massiv beeinflusst haben. "In the Court..." umgibt etwas regelrecht Mystisches, schlicht Faszinierendes, was sich nach all den Jahren seiner Existenz in keinster Weise abgenutzt hat. Sei es der unfassbar gute Opener "21st Schizoid Man", der Titeltrack und Epitaph (jeweils für sich Monolithen in Sachen Prog), das regelrecht zerbrechliche "Talk to the Wind" oder das übergroße "Moonchild": "In the Court" ist die Blaupause für Progrock und ganz sicher auch für zahlreiche Progmetalbands (ich verweise an dieser Stelle furchtbar gern auf das unlängst von mir entdeckte "21 Schizoid"-Cover der Von Hertzen Brothers. Robert Fripp ist vielleicht so etwas wie der Ritchie Blackmore des Prog: King Crimson war (ist) sein Vehikel, um stets Innovatives zu transportieren. Das trifft meinen persönlichen Geschmack mal mehr, mal weniger - und um ehrlich zu sein ist der KC-Cosmos mittlerweile derart vielseitig, dass man es kaum schaffen dürfte, da in Summe noch durch zu kommen. "In the Court" indes ist ein unverrückbarer Meilenstein, der - so ich die erste Blütezeit des Prog "live" hätte erleben dürfen (ich war bei Erscheinen des Albums -5) womöglich auf der 1 gelandet wäre in meiner Listung. Da jeder Titel hier ein Anspieltipp ist und das Album möglicherweise ohnehin bekannt ist habe ich als Anspieltipp mal die bereits erwähnte VHB-Version von "21st Century Schizoid Man" verlinkt....viel Spaß damit:


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17. Pink Floyd - Wish you were here (GB, 1975)
Ein weiteres, schlicht völlig perfektes Album, über das man eigentlich nicht viele Worte verlieren muss: der unfassbar wundarbar-melancholische, Syd Barret gewidmete Opener (und Closer) "Shine on you crazy Diamond" ist über einen jeden Zweifel erhaben, völlig unkaputtbar und in Sachen spährischem Prog unter Garantie auch völlig unerreichbar. Pink Floyd haben es nach den eher experimentiellen Alben hier geschafft, ein Gesamtwerk zu konzipieren, bei dem ein jeder Song ineinander greift und den Begriff "Album" auf den Punkt bringt: in "Wish you were here" kann man versinken, sich im Zweifel gar darin verlieren. Mit "Welcome to the Machine" und dem Titelsong sind zwei weitere unsterbliche Klassiker der Band (Korrektur: der Rockgeschichte!) verewigt, die ebenfalls schwer erreichbar sein dürften, die Zigarre geht da vielleicht ein klein wenig unter im Gesamtbild, ist allerdings gleichermaßen unverzichtbar für den Genuss des Gesamtwerks. Ich selbst habe die Band erst weit nach dem Split in den frühen 90ern kennen gelernt (die "Wall"-Hits "Comfortably Numb" und "Anoter Brick..." mal außen vor gelassen) und nach der Divisionsglocke war "Wish..." mein 2. Albumkontakt - eine Liebe, die bis heute anhält und auch, wenn sich in der Discographie von Gilmour, Waters & Co. auch weitere Perlen verstecken, so bleibt dies meine Liebste. Anspieltipps? Hey, Weltkulturerbe, das Ding, oder?
 
Zuletzt bearbeitet:
19 - Großartig. Überschneidung
18 - Hmm, ja. Nee.
17 - Ist wohl schon die beste PF, aber wie bekannt sein dürfte, so richtig groß war PInk Floyd für mich nie.
 
:verehr::verehr::verehr:

Wie gut kann eine Auflistung von 3 Alben sein?

Beste Kansas 10/10
Gleichauf mit Red die beste KC und gleichzeitig vieleicht das wichtigste Album des ganzen Genres 10/10
Beste PF und an manchen Tagen (die an denen das Album läuft) das beste Stück Musik das jemals von Menschenhand erschaffen wurde. sprengt jede Skala

Edit:
Interessanter Vergleich zwischen I&W und Leftoverture. Der Gedanke kam mir noch nie aber das macht schon Sinn
 
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16. Threshold - Wounded Land (GB, 1993)
Im "Jahr 1 nach I & W" war ich regelrecht proggeil (wenn ich mir das so recht überlege, dann hat sich seither wenig daran getan...) und somit landete so ziemlich alles auf meiner Einkaufsliste, was auch nur im Entferntesten mit dem Traumtheater verglichen wurde. Dass mich auf lange Sicht eine noch längere Liebe mit den Briten von Threshold verbinden würde konnte ich natürlich beim Erwerb des Erstlings nicht ahnen: das Bandfoto präsentierte eine blutjunge Band - und das Album selbst einen Mix aus Metal (seinerzeit ein wenig verhaltener als heutzutage) und wirklich klassisch geprägtem Neoprog. Letztlich habe ich mich nach den Ersten Drehungen im Player gefragt, wo sie denn nun sind, die Parallelen zu Dream Theater...ja, die sind schon da, und doch ist das Gespür der Band für große Melodien in Verbindung mit komplexen Arrangements einfach um Längen höher einzusortieren als die der New Yorker. Die Wahl der 3 Threshold-Alben für diese Liste glich einer Qual und anders als bei anderen Bands (wo die Alben von vornherein fest standen) habe ich das ein- ums andere Mal hin- und her geschoben. Was zur Hölle ist denn nun das wirklich "beste" Threshold-Album? Die Wahl für "Wounded Land" begründet sich in rein persönlichen Motiven: "Sanitiy's End", "Consume to live", der Ohrwurm "Paradox", das grandiose "Surface to Air"...alle Songs auf diesem Werk sind gewissermaßen Teil meiner persönlichen Biografie geworden und qualitativ über jeden Zweifel erhaben. Threshold habe ich ab den ersten Tönen des Openers in mein Herz geschlossen und ich bin einfach glücklich, dass die Band auch heute noch auftritt und einen gewissen Erfolg hat, der es möglich macht, die musikalische Reise fortzuführen. "Wounded Land" mag noch ein wenig ungelenk wirken, was am Ende aber den Charme dieses Debuts ausmacht - wobei man mit diesem "ungelenk" der Konkurrenz trotzdem schon in weiten Teilen um Lichtjahre voraus war. Ein Album, auf das man sich einlassen muss und was noch nicht im ersten Durchlauf hängen bleibt.

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15. Shadow Gallery - Tyranny (US, 1998)
"When Kitsch and Virtuosity unite" könnte man auch zu diesem einfach unwiderstehlich tollen Konzeptalbum schreiben - stattdessen mache ich es mir einfach und zitiere aus meinem "Aufgelegt"-Faden:

Nicht Wenige haben in Shadow Gallery nach deren famosem Debut das nächste große Prog-Metal-Ding nach Dream Theater gesehen. Leider blieb der Erfolg auf breiter Basis aus, womöglich waren SG einfach ein wenig zu "speziell" - wer weiß? Im Prinzip waren alle Zutaten vorhanden, die die Band hätte groß werden lassen müssen: phantastische Melodien, Songaufbauten für die Ewigkeit und ein unwiderstehlicher Mix aus progressiven Zutaten, sehr offensichtlichen (Früh-)Queen-Anleihen, ein Händchen für das Arrangieren regelrecht klassischer Songkathedralen.

Los geht's mit einem kurzen, völlig furiosen Intro: knapp 2 Minuten benötigen SG um eine Achterbahnfahrt des progressiven Metals zu eröffnen. Irrwitzige Duelle der Instrumente, Gitarrenläufe, die sich zu überschlagen drohen, dazu virutose Keyboardsounds und ein Schlagzeugspiel, das ein regelrechtes Blitzgewitter auszulösen vermag. "Stiletto in the Sand" ist nicht "nur" ein Alibi-Intro, es ist der perfekte Einstieg in ein perfektes (Konzept-)Album.

"War for Sale" tritt das Gaspedal unmittelbar durch: schneidende US-Metal-Riffs, Keyboards von einer anderen Welt (unfassbar, wie vielseitig und die Tasteninstrumente im Shadow-Gallery-Universum tönen!), eine kurze Verschnaufpause, ein wahnwitziges Gitarrensolo - ab geht die Reise bis hin zu einem großartigen Chorus, der sich unmittelbar in die Gehörgänge fräst. Verkopfter Prog? No Way! SG beweisen hier in knapp fünfeinhalb Minuten, wie man Metal interessant, klassisch und gleichzeitig eingängig gestalten kann. Über all dem thront der regelrecht wahnsinnige Gesang eines Mike Baker (ich bin sicher: ein anderer Mike hätte den Mann gern auf dem Zettel für "seine" Band gehabt....), eine Mischung aus klassischem US-Metal-Shouter, "sauberer" als ein Mike Howe, gleichermaßen trieft die Leidenschaft, mit der er die Texte raushaut durch jede Zeile.

"Out of Nowhere" drosselt das Tempo, atmosphärische Keyboards ersetzen die teils harschen Orgelklänge des Vorgängers, der Gesang mehrstimmig gedoppelt, allein für diesen Chorus müsste man einen eigenen Schrein bauen. Nahezu bar jeglicher Kitschgrenzen ist es der Band hier gelungen, eine Vorzeigeballade zu komponieren: ein Song, in den man sich fallen lassen kann, fast schon mit Soundtrackqualitäten, fast schon modern komponierte Klassik mit den Mitteln und Instrumenten einer Metalband.

"Mystery" ist klassischer Prog-Metal im Midtempobereich, hätte in ähnlicher Form auch von Dream Theater stammen können. Auffällig ist auch hier wieder im Speziellen das Arrangement: Chöre, die Instrumente spielen (trotz Prog) zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form aneinander vorbei und begleiten aller Feinheiten zum Trotz Bakers schier einzigartige Gesangsleitung , die hier klar im Vordergrund steht. Ich glaube, es ist überflüssig, hier den packenden Chorus zu erwähnen, der auch beim dritten "richtigen" Song des Albums voll ins Schwarze trifft.

Mit "Hope for us" hält das leise Piano Einzug - und erneut dieser Gesang! Gänsehautballade mit klassischen 70er Prog-Anleihen, die Gitarrenarbeit so ab Minute 4'20 rum intensiv wie nix. Neben dem Pianothema (welches sich mehr oder minder komplett durch den gesamten Song zieht) atmosphärische Keys, die den Song regelrecht umschmeicheln. Wer mag, der darf hier gerne "Kitsch" rufen, aber verdammt noch eins: noch geiler geht Kitsch einfach nicht. 2 Balladen unter den Songs - und jede hat einen eher wegweisenden Charakter, eigenständig, packend, emotional.

"Victims" bietet ein wenig Mystik auf, zudem Brian-May-Gedächtnisgitarren. "Wohlfühlprog" ohne nennenswerten Härtegrad, obwohl durchaus durchgerifft wird, dezent und im Hintergrund. Auch dieser Song lebt ganz entscheidend von seinem Arrangement, die Gefahr bei der Aneinanderreihung von derart vielen eher ruhig gehalten Songs birgt stets die Gefahr einer gewissen Eintönigkeit. SG umschiffen diese nicht nur geschickt, sie erheben diese Aneinanderreihung regelrecht zu einer Kunstform. Obwohl sich die Songs von der Stilistik her durchaus ähnlich sind ist ein jeder für sich in Form gegossen, liebevoll und detailliert, mit einem tollen Refrain und einer so ausgewogenen Instrumentierung gesegnet, dass einem die Spucke weg bleibt.

Mit "Broken" folgt ein kleines Intermezzo: knapp 2 Minuten "Mini-Ballade", passend eingeflochten in das Konzept des Albums. Aus diesen 2 Minuten hätten andere Bands womöglich abendfüllende Balladen erschaffen.

"I believe" scheint gar zu schweben eingangs: ein wenig Queen-Bombast zum Einstieg, Chöre, gefolgt von einem sanften Pianolauf, der nur marginal durch leichte Gitarrenriffs unterbrochen wird, ehe man in die Strophe wechselt. Hier ist man jetzt bei einem Mix aus getragenen Savatage (incl. Satzgesang), ehe das Stück so ab Minute 5'50 langsam aber sicher über Soli in eine Art "Chance"/"Bho-Rhap"-Variante wechselt, hier untermalt mit 70slastigen Keys und einer entsprechenden Abfahrt, ehe es sich zum Ende hin peut à peut wieder in Richtung ruhigerer, getrangener, ja, teils hymnischer Töne einpendelt.

Das folgende "Roads of Thunder" bietet erneut hymnischen Progressive-Rock, erneut ist hier der Gesang der Star: ob gedoppelt, im Satz oder als Chor, untermalt von stellenweise galoppierender Instrumentierung, garniert mit spährischen Keys und entsprechenden Breaks gelingt es SG problemlos, das hohe Niveau des Albums in Verbindung mit einer immensen Vielseitigkeit zu erhalten.

"Spoken Words" ist ein Duett, zunächst fast schon kammermusikartig, minimalistisch instrumentiert, völlig vom Kontext "Metal" losgelöst, das Stück hat etwas musicalartiges, lebt vom emotionalen Wechselspiel des Herrn Baker und seiner Gesangspartnerin. Großartig.

Mit "New World Order" folgt das Herzstück des Albums: mit einer Laufzeit von etwas mehr als 8 Minuten baut man eine ähnliche Klangkathedrale wie schon bei "I believe". Der schleppende Chorus ("This is the New Word Order"!) wird gebührend vorbereitet, irgendwo zwischen getragen und bedrohlich, ehe sich ab Minute 5 ein symphonischer Zwischenpart einschiebt, der mit knapp einer Minute weder überlang noch überzogen wirkt. Eine Stampfer mal ganz anders.

Ich gebe zu, ein großer Fan von Instrumentals zu sein: somit passed "Chased" dann auch ganz hervorragend ins Konzept. Eine progressive Achterbahnfahrt, die keine Wünsche übrig lässt, ein Parforceritt durch die Welt der Musik, Widerhaken und zahlreiches Breaks inklusive.

"Ghost of a Chance" beginnt eher balladesk, baut sich dann aber im weiteren Verlauf zu einem typischen Progmetalstück auf, die Dramaturgie perfekt auf den Punkt gebracht. Tatsächlich bietet sich hier als Vergleichsstück "Lifting Shadows off a Dream" vom Traumtheater an, wobei Letzeres im direkten Vergleich aber tatsächlich den Kürzeren zieht.

Den Schlusspunkt setzt "Christmas Day", das nochmals an (Früh-)siebziger Queen erinnert. Gleich, ob Gitarrenarbeit oder Songaufbau: SG denken nicht im Traum daran, auch nur im Ansatz zu schwächeln - und tatsächlich kann man erahnen, dass eben jenes "Christmas Eve" ein Cliffhanger (nettes Wortspiel im Zusammenhang mit SG) für eine mögliche Fortsetzung ist.

Fazit: "Tyranny 10 Points". Ohne Wenn und Aber steht dieses Album in einer Reihe mit "OM" oder "Streets" und ist ähnlich sträflich unterbewertet wie beispielsweise "The Edge" von Eternity X. Ähnlich wie auch "Streets" kann man sich "Tyranny" auf einer Broadwaybühne vorstellen. Nach den orchestralen Arrangements dürften sich (für dieses Fach) Möchtegerns wie ein De Mayo oder ein De Feis die Finger lecken: bekommen die leidlich ein "bombastisches Möchtegern-Neoklassik-Arrangement" zusammen, so ist "Tyranny" ein Album, das gleich auf mehreren Ebenen funktioniert: als Konzeptalbum über den ehemaligen Angestellten in einer Waffenfirma und dessen Kampf gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, als Progrock/Metal-Werk, als faszinierende Reise in eine Welt der musikalischen Möglichkeiten. SG liegen diesbezüglich nach meinem Dafürhalten eine echte Nasenlänge vor ihren Kollegen von Symphony X, die ebenfalls in diesem Metier unterwegs sind. Das Verquicken von 70's Elementen zwischen Queen/Steinmann/Kansas/Tull (gelegentlicher Querflöteneinsatz) und doch nicht selten hartem Metal ist eine Disziplin, in der SG unschlagbar waren (muss man wohl sagen).

Das Vermächtnis der Band ist eine phantastische Discographie, aus der "Tyranny" ein Stückchen weit herausragt, die spätere Fortsetzung namens "Room V" ist im Übrigen (im Gegensatz zu QR's "Mindcrime II") kaum unspektakulärer. Traurig: Mike Baker ist im Jahr 2008 mit nur 45 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben. Seine Stimme ist auf ewig mit dem Sound der Band verwoben, auch, wenn sein Nachfolger Brian Ashland auf dem bislang einzigen SG-Album mit seiner Beteiligung ("Digital Ghosts" von 2009) eine sehr gute Figur abgeben hat und über ein Klangfarbe im Tate-Kosmos verfügt. Baker indes war ein gesanglicher Weirdo, ein Ausnahmetalent, in einer Reihe mit einem Alder oder Arch.

Ich bin sehr froh darüber, die Band wenigstens 1 x live erlebt zu haben (vor gefühlt 50 Nasen in der Turock vor mehr als 10 Jahren), leider auch dort schon ohne Mike Baker. Dennoch eine solche Show zu bieten und sichtlich Spaß am Livespielen zu haben, dazu diese Satzgesänge auf den Punkt gebracht (nein, nicht vom Band!), dazu gehört Einiges. So ganz habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass man vielleicht doch noch mal ein Album liefert - der Zauber der bisherigen Veröffentlichungen wird bleiben, diese Musik ist nicht (nur) Prog, sie ist magisch.


OK, das war jetzt nicht sehr kreativ, aber effektiv, denn: diesen Ausführungen ist auch aus heutiger Sicht einfach nichts hinzuzufügen. "Tyranny" ist und bleibt das unverrückbare Meisterstück einer Band, die leider nie die Anerkennung erhalten hat, die sie hätte bekommen können.

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14. Rush - Moving Pictures (CAN, 1981)
Allein schon das Cover ist einfach ein Beleg dafür, wie "anders" diese Band tickt: Rush werden wohl auf ewig immer irgendwie "anders" und doch so großartig sein. Durch alle Phasen der Band zieht sich ihre Suche nach Innovation, kein Album gleicht dem Anderen und doch ist allen Werken eine Perfektion gemein, die ihresgleichen sucht - was sich eben schon im Artwork zeigt. Zu diesem Album viel mehr zu schreiben, als sich in diversen (Unter-)Foren hierzu schon findet ist wie...ja, Bilder in eine Ausstellung zu tragen :D. Von "Tom Sawyer" über die Hexenjagd bis hin zu "Vital Signs" zeigen sich Rush hier wieder einmal runderneuert und folgen doch dem Zeitgeist nur bedingt, reichern ihren unverkennbaren Sound mit frischen Zutaten an und liefern damit einfach ein weiteres Klassikeralbum ab. Sollte man mehr dazu schreiben? Eigentlich nicht, vielleicht aber einfach mal wieder in Gänze auflegen...
 
16 - 11/10-Klassiker. Meine #8.
15 - 10/10-Klassiker. Meine #41
14 - 10/10-Klassiker. Meine #48

Wahrlich traumhafter Dreierpack.
 
16 & 15 peinliche Lücken die noch geschlossen werden müssen
14- Was soll man da noch schreiben? Beste Rush außerhalb der 70er. Weltkulturerbe. 11/10
 
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19. Kansas - Leftoverture (USA, 1976)
Ich kenne Leute (nicht persönlich bisher, aber durchaus in diesem Forum...), die sortieren dieses Meisterwerk (!) auf der 100 (!!) ihrer Top 100 ein. Nun gut, wir alle machen Fehler, haben einen schlechten Tag oder schlicht eine kurzzeitige Verirrung, aber auf die 100 (!!!!) gehört "Leftoverture" niemals. Für mich vergleiche ich das Album gern mit "Images & Words" von Dream Theater: "Carry on, wayward Son" als Symbiose aus verfrickelten Elementen und Eingängigkeit, "What's on my Mind" als straighten Rocker, "Opus Insert/Cheyenne Anthem" als "Wait for Sleep/Learning to live" (hinkt ein wenig, passt aber trotzdem), "The Wall" das "Another Day", "Miracles out of Nowhere" ist der Glasmond und das Magnum Opus vielleicht Metropolis. Kurzum: das beste Kansas-Album ist ein unwiderstehlich geniales Werk, das es auf unnachahmliche Weise schafft, Eingängigkeit mit frickeligen Spielereien zu verbinden. Über die gesamte Spielzeit des Albums entsteht keine Sekunde Langeweile und jeder Song ist für sich ein musikalisches Kleinod feinster Bauart. Muss ich dazu eigentlich noch mehr schreiben? Brauchen wir da jetzt allen Ernstes einen Anspieltipp? I don't think so, wer das Ding nicht im Regal hat, der sollte das schleunigst ändern.

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18. King Crimson - In the Court of the Crimson King (GB, 1969)
Ich habe durch die Top 100 hier und auch sonst so gelernt, dass der "Prog-Urknall" schon bei den Beatles oder Procul Harum verortet wird. Mein frühester Eintrag ist auf das Jahr 1969 datiert - und ich denke - so viel Einigkeit dürfte herrschen - das King Crimson Debut ist ein Klassiker und dürfte viele weitere Prog-Bands der frühen bis mittleren 70er massiv beeinflusst haben. "In the Court..." umgibt etwas regelrecht Mystisches, schlicht Faszinierendes, was sich nach all den Jahren seiner Existenz in keinster Weise abgenutzt hat. Sei es der unfassbar gute Opener "21st Schizoid Man", der Titeltrack und Epitaph (jeweils für sich Monolithen in Sachen Prog), das regelrecht zerbrechliche "Talk to the Wind" oder der übergroße Rausschmeißer "Moonchild": "In the Court" ist die Blaupause für Progrock und ganz sicher auch für zahlreiche Progmetalbands (ich verweise an dieser Stelle furchtbar gern auf das unlängst von mir entdeckte "21 Schizoid"-Cover der Von Hertzen Brothers. Robert Fripp ist vielleicht so etwas wie der Ritchie Blackmore des Prog: King Crimson war (ist) sein Vehikel, um stets Innovatives zu transportieren. Das trifft meinen persönlichen Geschmack mal mehr, mal weniger - und um ehrlich zu sein ist der KC-Cosmos mittlerweile derart vielseitig, dass man es kaum schaffen dürfte, da in Summe noch durch zu kommen. "In the Court" indes ist ein unverrückbarer Meilenstein, der - so ich die erste Blütezeit des Prog "live" hätte erleben dürfen (ich war bei Erscheinen des Albums -5) womöglich auf der 1 gelandet wäre in meiner Listung. Da jeder Titel hier ein Anspieltipp ist und das Album möglicherweise ohnehin bekannt ist habe ich als Anspieltipp mal die bereits erwähnte VHB-Version von "21st Century Schizoid Man" verlinkt....viel Spaß damit:


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17. Pink Floyd - Wish you were here (GB, 1975)
Ein weiteres, schlicht völlig perfektes Album, über das man eigentlich nicht viele Worte verlieren muss: der unfassbar wundarbar-melancholische, Syd Barret gewidmete Opener (und Closer) "Shine on you crazy Diamond" ist über einen jeden Zweifel erhaben, völlig unkaputtbar und in Sachen spährischem Prog unter Garantie auch völlig unerreichbar. Pink Floyd haben es nach den eher experimentiellen Alben hier geschafft, ein Gesamtwerk zu konzipieren, bei dem ein jeder Song ineinander greift und den Begriff "Album" auf den Punkt bringt: in "Wish you were here" kann man versinken, sich im Zweifel gar darin verlieren. Mit "Welcome to the Machine" und dem Titelsong sind zwei weitere unsterbliche Klassiker der Band (Korrektur: der Rockgeschichte!) verewigt, die ebenfalls schwer erreichbar sein dürften, die Zigarre geht da vielleicht ein klein wenig unter im Gesamtbild, ist allerdings gleichermaßen unverzichtbar für den Genuss des Gesamtwerks. Ich selbst habe die Band erst weit nach dem Split in den frühen 90ern kennen gelernt (die "Wall"-Hits "Comfortably Numb" und "Anoter Brick..." mal außen vor gelassen) und nach der Divisionsglocke war "Wish..." mein 2. Albumkontakt - eine Liebe, die bis heute anhält und auch, wenn sich in der Discographie von Gilmour, Waters & Co. auch weitere Perlen verstecken, so bleibt dies meine Liebste. Anspieltipps? Hey, Weltkulturerbe, das Ding, oder?
Drei absolut großartige Meisterwerke, die bei mir wohl auch auftauchen werden!
Aber seit wann ist "Moonchild" der Rausschmeißer auf KCs Debütalbum? Das ist doch immer noch der Titelsong, bzw. dessen "Reprise".
 
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16. Threshold - Wounded Land (GB, 1993)
Im "Jahr 1 nach I & W" war ich regelrecht proggeil (wenn ich mir das so recht überlege, dann hat sich seither wenig daran getan...) und somit landete so ziemlich alles auf meiner Einkaufsliste, was auch nur im Entferntesten mit dem Traumtheater verglichen wurde. Dass mich auf lange Sicht eine noch längere Liebe mit den Briten von Threshold verbinden würde konnte ich natürlich beim Erwerb des Erstlings nicht ahnen: das Bandfoto präsentierte eine blutjunge Band - und das Album selbst einen Mix aus Metal (seinerzeit ein wenig verhaltener als heutzutage) und wirklich klassisch geprägtem Neoprog. Letztlich habe ich mich nach den Ersten Drehungen im Player gefragt, wo sie denn nun sind, die Parallelen zu Dream Theater...ja, die sind schon da, und doch ist das Gespür der Band für große Melodien in Verbindung mit komplexen Arrangements einfach um Längen höher einzusortieren als die der New Yorker. Die Wahl der 3 Threshold-Alben für diese Liste glich einer Qual und anders als bei anderen Bands (wo die Alben von vornherein fest standen) habe ich das ein- ums andere Mal hin- und her geschoben. Was zur Hölle ist denn nun das wirklich "beste" Threshold-Album? Die Wahl für "Wounded Land" begründet sich in rein persönlichen Motiven: "Sanitiy's End", "Consume to live", der Ohrwurm "Paradox", das grandiose "Surface to Air"...alle Songs auf diesem Werk sind gewissermaßen Teil meiner persönlichen Biografie geworden und qualitativ über jeden Zweifel erhaben. Threshold habe ich ab den ersten Tönen des Openers in mein Herz geschlossen und ich bin einfach glücklich, dass die Band auch heute noch auftritt und einen gewissen Erfolg hat, der es möglich macht, die musikalische Reise fortzuführen. "Wounded Land" mag noch ein wenig ungelenk wirken, was am Ende aber den Charme dieses Debuts ausmacht - wobei man mit diesem "ungelenk" der Konkurrenz trotzdem schon in weiten Teilen um Lichtjahre voraus war. Ein Album, auf das man sich einlassen muss und was noch nicht im ersten Durchlauf hängen bleibt.

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15. Shadow Gallery - Tyranny (US, 1998)
"When Kitsch and Virtuosity unite" könnte man auch zu diesem einfach unwiderstehlich tollen Konzeptalbum schreiben - stattdessen mache ich es mir einfach und zitiere aus meinem "Aufgelegt"-Faden:

Nicht Wenige haben in Shadow Gallery nach deren famosem Debut das nächste große Prog-Metal-Ding nach Dream Theater gesehen. Leider blieb der Erfolg auf breiter Basis aus, womöglich waren SG einfach ein wenig zu "speziell" - wer weiß? Im Prinzip waren alle Zutaten vorhanden, die die Band hätte groß werden lassen müssen: phantastische Melodien, Songaufbauten für die Ewigkeit und ein unwiderstehlicher Mix aus progressiven Zutaten, sehr offensichtlichen (Früh-)Queen-Anleihen, ein Händchen für das Arrangieren regelrecht klassischer Songkathedralen.

Los geht's mit einem kurzen, völlig furiosen Intro: knapp 2 Minuten benötigen SG um eine Achterbahnfahrt des progressiven Metals zu eröffnen. Irrwitzige Duelle der Instrumente, Gitarrenläufe, die sich zu überschlagen drohen, dazu virutose Keyboardsounds und ein Schlagzeugspiel, das ein regelrechtes Blitzgewitter auszulösen vermag. "Stiletto in the Sand" ist nicht "nur" ein Alibi-Intro, es ist der perfekte Einstieg in ein perfektes (Konzept-)Album.

"War for Sale" tritt das Gaspedal unmittelbar durch: schneidende US-Metal-Riffs, Keyboards von einer anderen Welt (unfassbar, wie vielseitig und die Tasteninstrumente im Shadow-Gallery-Universum tönen!), eine kurze Verschnaufpause, ein wahnwitziges Gitarrensolo - ab geht die Reise bis hin zu einem großartigen Chorus, der sich unmittelbar in die Gehörgänge fräst. Verkopfter Prog? No Way! SG beweisen hier in knapp fünfeinhalb Minuten, wie man Metal interessant, klassisch und gleichzeitig eingängig gestalten kann. Über all dem thront der regelrecht wahnsinnige Gesang eines Mike Baker (ich bin sicher: ein anderer Mike hätte den Mann gern auf dem Zettel für "seine" Band gehabt....), eine Mischung aus klassischem US-Metal-Shouter, "sauberer" als ein Mike Howe, gleichermaßen trieft die Leidenschaft, mit der er die Texte raushaut durch jede Zeile.

"Out of Nowhere" drosselt das Tempo, atmosphärische Keyboards ersetzen die teils harschen Orgelklänge des Vorgängers, der Gesang mehrstimmig gedoppelt, allein für diesen Chorus müsste man einen eigenen Schrein bauen. Nahezu bar jeglicher Kitschgrenzen ist es der Band hier gelungen, eine Vorzeigeballade zu komponieren: ein Song, in den man sich fallen lassen kann, fast schon mit Soundtrackqualitäten, fast schon modern komponierte Klassik mit den Mitteln und Instrumenten einer Metalband.

"Mystery" ist klassischer Prog-Metal im Midtempobereich, hätte in ähnlicher Form auch von Dream Theater stammen können. Auffällig ist auch hier wieder im Speziellen das Arrangement: Chöre, die Instrumente spielen (trotz Prog) zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form aneinander vorbei und begleiten aller Feinheiten zum Trotz Bakers schier einzigartige Gesangsleitung , die hier klar im Vordergrund steht. Ich glaube, es ist überflüssig, hier den packenden Chorus zu erwähnen, der auch beim dritten "richtigen" Song des Albums voll ins Schwarze trifft.

Mit "Hope for us" hält das leise Piano Einzug - und erneut dieser Gesang! Gänsehautballade mit klassischen 70er Prog-Anleihen, die Gitarrenarbeit so ab Minute 4'20 rum intensiv wie nix. Neben dem Pianothema (welches sich mehr oder minder komplett durch den gesamten Song zieht) atmosphärische Keys, die den Song regelrecht umschmeicheln. Wer mag, der darf hier gerne "Kitsch" rufen, aber verdammt noch eins: noch geiler geht Kitsch einfach nicht. 2 Balladen unter den Songs - und jede hat einen eher wegweisenden Charakter, eigenständig, packend, emotional.

"Victims" bietet ein wenig Mystik auf, zudem Brian-May-Gedächtnisgitarren. "Wohlfühlprog" ohne nennenswerten Härtegrad, obwohl durchaus durchgerifft wird, dezent und im Hintergrund. Auch dieser Song lebt ganz entscheidend von seinem Arrangement, die Gefahr bei der Aneinanderreihung von derart vielen eher ruhig gehalten Songs birgt stets die Gefahr einer gewissen Eintönigkeit. SG umschiffen diese nicht nur geschickt, sie erheben diese Aneinanderreihung regelrecht zu einer Kunstform. Obwohl sich die Songs von der Stilistik her durchaus ähnlich sind ist ein jeder für sich in Form gegossen, liebevoll und detailliert, mit einem tollen Refrain und einer so ausgewogenen Instrumentierung gesegnet, dass einem die Spucke weg bleibt.

Mit "Broken" folgt ein kleines Intermezzo: knapp 2 Minuten "Mini-Ballade", passend eingeflochten in das Konzept des Albums. Aus diesen 2 Minuten hätten andere Bands womöglich abendfüllende Balladen erschaffen.

"I believe" scheint gar zu schweben eingangs: ein wenig Queen-Bombast zum Einstieg, Chöre, gefolgt von einem sanften Pianolauf, der nur marginal durch leichte Gitarrenriffs unterbrochen wird, ehe man in die Strophe wechselt. Hier ist man jetzt bei einem Mix aus getragenen Savatage (incl. Satzgesang), ehe das Stück so ab Minute 5'50 langsam aber sicher über Soli in eine Art "Chance"/"Bho-Rhap"-Variante wechselt, hier untermalt mit 70slastigen Keys und einer entsprechenden Abfahrt, ehe es sich zum Ende hin peut à peut wieder in Richtung ruhigerer, getrangener, ja, teils hymnischer Töne einpendelt.

Das folgende "Roads of Thunder" bietet erneut hymnischen Progressive-Rock, erneut ist hier der Gesang der Star: ob gedoppelt, im Satz oder als Chor, untermalt von stellenweise galoppierender Instrumentierung, garniert mit spährischen Keys und entsprechenden Breaks gelingt es SG problemlos, das hohe Niveau des Albums in Verbindung mit einer immensen Vielseitigkeit zu erhalten.

"Spoken Words" ist ein Duett, zunächst fast schon kammermusikartig, minimalistisch instrumentiert, völlig vom Kontext "Metal" losgelöst, das Stück hat etwas musicalartiges, lebt vom emotionalen Wechselspiel des Herrn Baker und seiner Gesangspartnerin. Großartig.

Mit "New World Order" folgt das Herzstück des Albums: mit einer Laufzeit von etwas mehr als 8 Minuten baut man eine ähnliche Klangkathedrale wie schon bei "I believe". Der schleppende Chorus ("This is the New Word Order"!) wird gebührend vorbereitet, irgendwo zwischen getragen und bedrohlich, ehe sich ab Minute 5 ein symphonischer Zwischenpart einschiebt, der mit knapp einer Minute weder überlang noch überzogen wirkt. Eine Stampfer mal ganz anders.

Ich gebe zu, ein großer Fan von Instrumentals zu sein: somit passed "Chased" dann auch ganz hervorragend ins Konzept. Eine progressive Achterbahnfahrt, die keine Wünsche übrig lässt, ein Parforceritt durch die Welt der Musik, Widerhaken und zahlreiches Breaks inklusive.

"Ghost of a Chance" beginnt eher balladesk, baut sich dann aber im weiteren Verlauf zu einem typischen Progmetalstück auf, die Dramaturgie perfekt auf den Punkt gebracht. Tatsächlich bietet sich hier als Vergleichsstück "Lifting Shadows off a Dream" vom Traumtheater an, wobei Letzeres im direkten Vergleich aber tatsächlich den Kürzeren zieht.

Den Schlusspunkt setzt "Christmas Day", das nochmals an (Früh-)siebziger Queen erinnert. Gleich, ob Gitarrenarbeit oder Songaufbau: SG denken nicht im Traum daran, auch nur im Ansatz zu schwächeln - und tatsächlich kann man erahnen, dass eben jenes "Christmas Eve" ein Cliffhanger (nettes Wortspiel im Zusammenhang mit SG) für eine mögliche Fortsetzung ist.

Fazit: "Tyranny 10 Points". Ohne Wenn und Aber steht dieses Album in einer Reihe mit "OM" oder "Streets" und ist ähnlich sträflich unterbewertet wie beispielsweise "The Edge" von Eternity X. Ähnlich wie auch "Streets" kann man sich "Tyranny" auf einer Broadwaybühne vorstellen. Nach den orchestralen Arrangements dürften sich (für dieses Fach) Möchtegerns wie ein De Mayo oder ein De Feis die Finger lecken: bekommen die leidlich ein "bombastisches Möchtegern-Neoklassik-Arrangement" zusammen, so ist "Tyranny" ein Album, das gleich auf mehreren Ebenen funktioniert: als Konzeptalbum über den ehemaligen Angestellten in einer Waffenfirma und dessen Kampf gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, als Progrock/Metal-Werk, als faszinierende Reise in eine Welt der musikalischen Möglichkeiten. SG liegen diesbezüglich nach meinem Dafürhalten eine echte Nasenlänge vor ihren Kollegen von Symphony X, die ebenfalls in diesem Metier unterwegs sind. Das Verquicken von 70's Elementen zwischen Queen/Steinmann/Kansas/Tull (gelegentlicher Querflöteneinsatz) und doch nicht selten hartem Metal ist eine Disziplin, in der SG unschlagbar waren (muss man wohl sagen).

Das Vermächtnis der Band ist eine phantastische Discographie, aus der "Tyranny" ein Stückchen weit herausragt, die spätere Fortsetzung namens "Room V" ist im Übrigen (im Gegensatz zu QR's "Mindcrime II") kaum unspektakulärer. Traurig: Mike Baker ist im Jahr 2008 mit nur 45 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben. Seine Stimme ist auf ewig mit dem Sound der Band verwoben, auch, wenn sein Nachfolger Brian Ashland auf dem bislang einzigen SG-Album mit seiner Beteiligung ("Digital Ghosts" von 2009) eine sehr gute Figur abgeben hat und über ein Klangfarbe im Tate-Kosmos verfügt. Baker indes war ein gesanglicher Weirdo, ein Ausnahmetalent, in einer Reihe mit einem Alder oder Arch.

Ich bin sehr froh darüber, die Band wenigstens 1 x live erlebt zu haben (vor gefühlt 50 Nasen in der Turock vor mehr als 10 Jahren), leider auch dort schon ohne Mike Baker. Dennoch eine solche Show zu bieten und sichtlich Spaß am Livespielen zu haben, dazu diese Satzgesänge auf den Punkt gebracht (nein, nicht vom Band!), dazu gehört Einiges. So ganz habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass man vielleicht doch noch mal ein Album liefert - der Zauber der bisherigen Veröffentlichungen wird bleiben, diese Musik ist nicht (nur) Prog, sie ist magisch.


OK, das war jetzt nicht sehr kreativ, aber effektiv, denn: diesen Ausführungen ist auch aus heutiger Sicht einfach nichts hinzuzufügen. "Tyranny" ist und bleibt das unverrückbare Meisterstück einer Band, die leider nie die Anerkennung erhalten hat, die sie hätte bekommen können.

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14. Rush - Moving Pictures (CAN, 1981)
Allein schon das Cover ist einfach ein Beleg dafür, wie "anders" diese Band tickt: Rush werden wohl auf ewig immer irgendwie "anders" und doch so großartig sein. Durch alle Phasen der Band zieht sich ihre Suche nach Innovation, kein Album gleicht dem Anderen und doch ist allen Werken eine Perfektion gemein, die ihresgleichen sucht - was sich eben schon im Artwork zeigt. Zu diesem Album viel mehr zu schreiben, als sich in diversen (Unter-)Foren hierzu schon findet ist wie...ja, Bilder in eine Ausstellung zu tragen :D. Von "Tom Sawyer" über die Hexenjagd bis hin zu "Vital Signs" zeigen sich Rush hier wieder einmal runderneuert und folgen doch dem Zeitgeist nur bedingt, reichern ihren unverkennbaren Sound mit frischen Zutaten an und liefern damit einfach ein weiteres Klassikeralbum ab. Sollte man mehr dazu schreiben? Eigentlich nicht, vielleicht aber einfach mal wieder in Gänze auflegen...
Auch wieder drei tolle Alben, von denen aber nur das von Rush bei mir auftauchen wird. Die anderen beiden wären bei mir höchstens in einer Prog-Top-200.
Bei Threshold hab ich andere Favoriten und Shadow Gallery waren auch schon mal höher im Kurs bei mir, wobei das Album zusammen mit dem Zweitling wohl ihren Zenit für mich darstellt.
 
Drei absolut großartige Meisterwerke, die bei mir wohl auch auftauchen werden!
Aber seit wann ist "Moonchild" der Rausschmeißer auf KCs Debütalbum? Das ist doch immer noch der Titelsong, bzw. dessen "Reprise".
Manchmal unterlaufen unerklärliche Fehler, da war ich wohl etwas übermotiviert beim Tippen...tatsächlich peinlich und natürlich hast Du Recht.

Edit: habe das mal korrigiert.
 
Sechs ganz fantastische Scheiben. Vier davon hab ich auch in meiner Liste (wenn auch eine davon "nur" auf der 100, aber dazu steh ich ;) ). Die anderen beiden hätte ich vor 10, 15 Jahren auch drin gehabt. Klasse!!!
 
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