Kinder, hört zu, alle Welt behauptet, morgen würd's was geben. Stimmt nicht, Bescherung ist schon heute. Und jetzt freut euch gefälligst!
28. Queensrÿche - Rage for Order (USA, 1986)
Perfektion. Dies ist das Wort, welches (womöglich nicht nur) mir durch den Kopf geistert, wenn dieses Album im Player seine Runden dreht. Perfektion, was die Verkörperung des auf der Scheibe gebotenen Stils angeht, Perfektion deshalb, weil du diese Art von Musik schlicht nicht besser spielen kannst: Progressive Metal, vorgetragen mit der wohl maximal möglichen Kompaktheit, versehen mit einer erfrischend (glam-)rockigen Note, dabei jedoch nie trivial oder vorhersehbar, immer spannend, durchweg ein wenig sperrig (selbst der intendierte Singlehit), dabei zu jedem Zeitpunkt völlig einzigartig. Perfektion auch deswegen, da Geoff Tate am Mikro Maßstäbe setzt, die auch heute, fast 40 Jahre danach, noch Gültigkeit besitzen; eine neue Regel wäre in diesem Zusammenhang nach wie vor zu formulieren, doch keiner traut sich, wie es scheint. Perfektion nicht zuletzt auch wegen einer Produktion, die vollkommene Zeitlosigkeit atmet, sodass das Album auch in 50 Jahren noch die logische Wahl sein dürfte, um die Qualität eines Soundsystems auf Hertz und Nieren zu prüfen. Und was ist mit dem Nachfolger, so höre ich es raunen im weiten Runde, wie perfekt ist der dann bitte erst? Antwort: genauso, nur halt anders, da in der Anlage ein völlig anderes Album, natürlich ebenfalls ein Gesamtkunstwerk wie "
@RageXX for Order" (nur für dich, mein Lieber, Küsschen!), jedoch in einem völlig anderen (OP-)Gewand daherkommend, doch dazu später dann mehr...
27. Soen - Lotus (S, 2019)
Irgendwann im Jahre 2018 ist es passiert, der genaue Tag ist (zumindest mir) nicht bekannt, aber er müsste eigentlich jedes Jahr von der Prog Community als offizieller Feiertag begangen werden. Worum geht's? Ach, Leute, denkt doch mal mit, die Rede ist natürlich von dem Tag, an dem Cody Ford die Gitarrenplanstelle bei Soen übernahm, und infolgedessen aus einer sehr guten Band eine überragende wurde, ganz so, als sei eine letzte Stellschraube minimal, aber höchst wirkungsvoll nachjustiert worden. Der Effekt dieses Königstransfers zeigt sich bereits im "Lotus"-Dosenöffner "Opponent": diese knackigen Gitarren gleich zu Beginn, dazu das auf höchst effektvolle Weise in den Chorus integrierte Riffing - solch Großartiges durfte man in der Prä-Ford-Phase der Truppe - bei aller bereits vorhandenen Klasse des seinerzeit Gebotenen - noch nicht vernehmen. Dass sich dieses schwindelerregend hohe Niveau durch das gesamte Album zieht, versteht sich von selbst, schließlich singen wir gerade das Loblied auf den Innehaber von Rang 27; ein paar Punkte allerdings können einfach nicht nicht hervorgehoben werden: 1. Der Refrain der Übernummer "Martyrs" transzendiert in seiner Schönheit und Erhabenheit alle bisher dokumentierten irdischen Maßstäbe, und nur die ganz Großen ihrer Zunft sind hinreichend mutig respektive selbstbewusst, vom inflationären Einsatz eines solchen, nachdem man ihn erdacht hat, Abstand zu nehmen, so wie hier tatsächlich geschehen. 2. Der Titeltrack ist bis zum heutigen Tage der wohl stärkste Soen-Song überhaupt und von einer derartigen Intensität, dass man, erklingen die Zeilen "Shake your head to the sides/Wake the animal inside of you", exakt dies zu tun in Betracht zieht. 3. In bester Bandtradition entlässt einen auch das vierte Soen-Album emotional komplett auf links gedreht in die bitterkalte Winternacht; der tieftraurige Schlusspunkt "Lunacy" wirkt noch lange nach, wobei an dieser Stelle offen bleiben muss, ob es der Pre-Chorus ("There's a silhouette beside me...") oder doch der Chorus selbst ("In my head it ain't over...") ist, welcher einen am meisten mitnimmt - herzliche Einladung zum Selbstversuch! Doch egal wie dieser ausgeht: Versäumt es nicht, dem Cody gebührend die Ehre zu geben, im Folgenden ein paar Anregungen: "Blessed Be the Name of the Ford", "Ford, I Lift Your Name on High", "The Ford Is My Shepherd" - die Möglichkeiten sind hier nahezu unbegrenzt. Und sollten einem doch einmal die Ideen ausgehen, so findet man in Huxleys (nicht Maidens!) "Brave New World" sicher noch ein paar Anregungen...
26. Kansas - Leftoverture (USA, 1976)
Heftiger Flirt mit dem Mainstream? Der Hit, den (fast) jeder kennt, als bester Song des Albums? Nur Rang 100 in der prestigeträchtigen Liste des
@Pavlos? Ja, mag alles stimmen, zumindest tendenziell (wobei letzteres freilich eine objektiv überprüfbare Tatsache ist), doch welche Rolle spielt all dies, wenn sich "Leftoverture" im Player die Ehre gibt und für maximalen Spaß inne Backen sorgt? Eben, keine, und somit erfolgt das Einsortieren der Platte in die Top 30 DER LISTE letztlich aus absolut reinem Gewissen, da muss man dann auch nicht krampfhaft nach dem Haar in der Suppe suchen, schmeckt letztere doch vorzüglich; kein Wunder, schließlich wurden ausschließlich hochwertigste Zutaten verkocht: Da wäre zum einen eine kräftige Prise "Britishness", die die kernige US-Rocksound-Grundierung mit einer ordentlichen Ladung Verspieltheit garniert; bisweilen tauchen beim Genuss der Scheibe vor dem geistigen Auge gar herumtollende junge Hunde auf - pure Spielfreude, da lacht das Herz! Eng damit verbunden ist die großartige Keyboardarbeit, bei der man (also ich) des Öfteren mal ans Traumtheater denken muss, wobei es natürlich umgekehrt sein sollte; ach, der Fluch der späten Geburt! Ebenfalls grandios: Albumtitel (bestes Kofferwort nach "satanarchäolügenialkohöllisch"!) und Artwork, das auf herrlich selbstironische Weise auf die Schreibblockade anspielt, an der Steve Walsh im Kontext der Entstehung des Albums zu leiden hatte. Apropos Schreibblockade: Wie krieg' ich jetzt bloß die Kurve hin zu einem stimmigen Abschluss dieses Textes? Wo sind die "Miracles out of Nowhere", wenn man sie braucht? Ach, was soll's, kann ja nicht jede Albenvorstellung ein "Magnum Opus" werden...